03. Mai 2022 08:00

Personalprüfung zur Landtagswahl in NRW 2022 Die Unwählbaren

Betrachtungen zu den Spitzenkandidaten des größten Bundeslandes

von David Andres

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Zu den Büchern, die bei Hendrik Wüst im Hotelzimmer liegen, gehört auch ein Bildband von Vincent van Gogh. Der Stapel wirkt behaglich, sicher hat der amtierende Ministerpräsident von NRW die schweren Folianten nicht selber im Koffer mitgeschleppt, man sieht es ja auch an den teils hebräischen Schriftzeichen auf den Buchrücken. Der Hendrik, er genießt seine Auszeit im King David Hotel zu Jerusalem, da er sich nach einem positiven Corona-Test in Isolation begeben hat. Das Selfie in dem „Spiegel“-Beitrag vom 20. März zeigt ihn etwas gestelzt, aber doch voll sichtlicher Freude über die angenehme Pause, die freiwillig ist. Den lokalen Vorgaben gemäß gilt er bereits als „genesen“, aber er bleibt noch ein bisschen. Das King David steht auf der Liste der „Leading Hotels of the World“, ein Edelschuppen. Wer kann es ihm verdenken? „Mir geht's ganz prima“, antwortet er per Skype auf die Frage des „spiegelnden“ Vorlagengebers, „ich habe offensichtlich einen sehr flachen Verlauf. Ich bin dreimal geimpft – gut so!“ Hiermit können wir die Personalprüfung zum ersten Spitzenkandidaten und Titelverteidiger bei der Landtagswahl in NRW also im Prinzip schon abhaken. Es sei noch erwähnt, dass der Hendrik ein wüster Verfechter der Impfpflicht war und bei Anne Will im Januar betonte, sie sei vor allem ein Signal an „die anderen“, die „sich bisher geweigert haben“, also eher eine Strafmaßnahme, ein Akt ausgleichender Gerechtigkeit. In die Geschichte wird er eingehen mit dem Satz: „Wir lassen das nicht weiter zu, dass Menschen ihre individuelle Freiheit über die Freiheit der gesamten Gesellschaft stellen.“ Wüsts Stammberuf: Jurist. Von 2000 bis 2005 arbeitete er laut Wikipedia „bei der Lobbyagentur Eutop International GmbH in Berlin, deren Klienten Unternehmen sind, „die mithilfe von Eutop Einfluss auf Ministerien ausüben wollen“.

Thomas Kutschaty von der SPD ist ebenfalls großer Impf-Fan. So groß, dass er nach dem Scheitern der Impfpflicht im Bundestag auf einen neuen Anlauf hofft, da die Abgeordneten der CDU angeblich einem üblen Gruppenzwang unterlagen: „Ich hoffe sehr, dass die Unionsführung sich noch mal einen Ruck gibt“, sagt er gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, dessen größte Kommandistin das Medienbeteiligungsunternehmen seiner Partei ist, „und es ihren Abgeordneten ermöglicht, über die Impfpflicht frei nach dem Gewissen zu entscheiden. Vielleicht gibt es ja nach den Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen eine neue Chance.“ Es stellt sich nur die Frage, was genau durch Kutschatys Adern fließt. Bodo Löttgen, Fraktionschef der CDU im Landtag, vermutet sogar, es könnte Sputnik V sein, der russische Impfstoff. In einem aktuellen Brief, zu dem es im WDR ein amüsantes Video gibt, wirft er der NRW-SPD zu große „Russland-Nähe“ vor – der neue Joker, das neue „current thing“, wie es Twitter-Aufkäufer Elon Musk sarkastisch sagen würde. Kutschaty ist von Berufs wegen ebenfalls Jurist und entstammt als erster Akademiker einer Essener Eisenbahnerfamilie.

Die Grünen haben in NRW mit Mona Neubaur eine Spitzenkandidatin auserkoren, von der sie sich womöglich einen Namensähnlichkeitseffekt erhoffen. Wenn die Zielgruppe den Namen hört, denkt sie an Luisa Neubauer, die deutsche Greta und Freitagsschwänzeranführerin. Die Mona ist ein wenig älter als die Luisa, hat eine fesche Herbheit an sich und trägt aus Prinzip „immer nur schwarze Klamotten“. Ihre Anliegen sind die „Energiewende“, die „westliche Geschlossenheit im Ukraine-Krieg“ und „kostenlose Bildung für alle“. Mit ihr wird NRW noch „vor 2040 klimaneutral“, und zwar durch energetische Gebäudesanierung, „1.000 neue Windräder in den nächsten fünf Jahren“ und „Solaranlagen auf jede(r) geeignete(n) Fläche“. „Pauschale Mindestabstände“ für die Spargeltarzane in der Landschaft sollen verschwinden. Neubaur ist gelernte Diplom-Pädagogin und war einige Jahre in der Öffentlichkeitsarbeit der Naturstrom AG.

Die Linken-Kandidatin Carolin Butterwegge ist die Gattin des „Armutsforschers“ Christoph Butterwegge und in einem aktuellen Artikel der „FAZ“ in besonders unvorteilhaft fanatischer Pose abgebildet. Der Beitrag lautet „Sozialisten im Selbstzerstörungsmodus“ und handelt mehr von der parteiinternen Spaltung angesichts Sahra Wagenknechts als von der „Sozialforscherin“ Butterwegge, die mit „einer Arbeit zur Armut von Kindern mit Migrationshintergrund promoviert wurde“ und „das Thema Gerechtigkeit in alle Felder der Landespolitik tragen“ werde. Sie teilt sich die Parteispitze mit Jules El-Khatib, der laut „Bild“ dem „vom Verfassungsschutz beobachteten trotzkistischen Netzwerk ‚Marx21‘ angehört, das unter anderem die Boykottbewegung ‚BDS‘ gegen Israel unterstützt“ und der einst als Landesvorstand der Partei eine Demo mitorganisiert hat, auf der von den üblichen Verdächtigen ihren antisemitischen Ressentiments freien Lauf und freier Steinwurf auf eine pro-israelische Demo gelassen wurde. Über den Kauf von Twitter durch Elon Musk twittert er: „#ElonMusk kauft sich Twitter und kündigt ‚Freedom of speech‘ an oder anders gesagt ein gewerkschaftsfeindlicher Multimilliardär wird wohl bald dafür sorgen, dass sich hier Rassisten und andere Hetzer hier richtig austoben können.“ El-Khatib hat einen Magister in Soziologie.

AfD-Kandidat Markus Wagner möchte, dass Kinder von Flüchtlingen nicht in den Regelschulen, sondern in den Unterkünften unterrichtet werden, fordert zügige Rückführungen nicht Asylberechtigter und war Anfang der Nullerjahre stellvertretender Vorsitzender der Schill-Partei. Seit 1993, so verzeichnet es sein offizielles Porträt im Landtag, ist er geschäftsführender Gesellschafter einer Einrichtung zur Eingliederungshilfe für psychisch erkrankte Menschen. Das klingt überaus sozial, ebenso wie die Reaktion der AfD-Fraktion auf einen Brief entlassener Bergleute der Ruhrkohle AG, aus dem die Partei, die laut Eigenaussage als einzige reagiert habe, einen Antrag gestrickt habe, der „von den Altparteien kleingeredet und lächerlich gemacht“ worden sei. Genaueres dazu ließe sich einem Beitrag in der „WAZ“ entnehmen, wäre nicht mittlerweile jede noch so kleine Meldung von gewisser Relevanz hinter einer Paywall versteckt. Der nicht bezahlbeschränkten Zeitung der linksradikalen MLPD lässt sich entnehmen, dass „eine Mehrheit des Gelsenkirchener Stadtrats eine Diskussion über das Schicksal der rund 200 ins Bergfreie fallenden Kumpel und die Politik der verbrannten Erde durch die RAG“ abgelehnt habe. Gegen einen entsprechenden Antrag der Stadträtin Monika Gärtner-Engel von AUF Gelsenkirchen „stimmten unter anderem SPD, CDU und Grüne“ und „die AfD – die sich in den vergangenen Tagen immer wieder als angebliches Sprachrohr der Kumpel dar(zu)stellen versuchte“.

Es gibt noch die FDP, sagen Sie? Jene, die sich wenigstens in Teilen auf Bundesebene gegen die Impfpflicht gestellt haben? Die sich bei ihrer auf dem FDP-Youtube-Kanal (satte 951 Abonnenten) zu sehenden „Präsentation der Kampagne zur Landtagswahl 2022“ als Verteidigerin der Grundrechte gibt? Nun, ihr Spitzenkandidat heißt Joachim Stamp, und dieser Joachim hat bei der Verleihung des Ordens wider den tierischen Ernst den Kölschen Klassiker „Drink doch eine met“ zum Pro-Impf-Schlager „Impf doch eine met“ umgedichtet … und das, das müssen Sie mit jedem Wort und jedem Ton selber sehen – wenn Sie sich trauen und der Blutdruck in Ordnung ist.

Nehmen Sie also einen guten Stift mit, spazieren Sie am 15. Mai zur Wahl und schreiben Sie unter die Kandidatenliste der Erststimme doch einfach ein nettes Zitat von Roland Baader oder Max Stirner in Schönschrift. Vielleicht bringen Sie somit wenigstens einen neugierigen Wahlhelfer beim Auszählen erstmals auf eine neue Fährte …

„Spiegel“ – Hendrik Wüst verlängert freiwillig seine Isolationszeit

SHZ – Impfpflicht nur als „Zeichen an Geimpfte“? Streit bei Anne Will

WDR – Landtagswahl NRW 2022: „Schlammschlacht“ zwischen SPD und CDU

RND – Kutschaty: „Jeder Euro, den wir Putin für Energie überweisen, tut weh“

„t-online“ – Diese Grüne will Kohle-Arbeiter umschulen

„Kölner Stadt-Anzeiger – Wer ist Mona Neubaur? Grünen-Kandidatin in Schwarz ist auf dem Weg zur Macht

„FAZ“ – Sozialisten im Selbstzerstörungsmodus

„Bild“ – Ist der NRW-Linke-Chef ein Israel-Hasser?

„AfD Kompakt“ – AfD-Spitzenkandidat Wagner zur NRW-Wahl: „Wir sind so stark wie nie zuvor!“

„WAZ“ – RAG kündigt 200 Bergleuten – Mitarbeiter ziehen vor Gericht (WAZ)

„Rote Fahne News“ – Stadtrat will nicht über Bergleute sprechen

FDP NRW – Präsentation der Kampagne zur Landtagswahl 2022

„Impf doch eine met“ | Joachim Stamp bei Wider den tierischen Ernst 2022


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