12. Mai 2022 14:00

Corona-Evaluation Jasager und Zero-Covid-Anhänger

Das Ergebnis der Sachverständigenkommission ist mir schon jetzt klar

von Sascha Koll

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Gedankenspiel

Stellen Sie sich vor: Sie sind Leiter eines Unternehmens und benötigen für ein Kunden-Projekt die Beratung externer Dienstleister. Statt sich aber mit den ausführenden und planenden Abteilungen kurzzuschließen, um Berater zu finden, die ihren Anforderungen entsprechen, entscheiden Sie sich frei heraus für mehrere Berater, die Ihnen die größten Wunder versprechen. Dass diese Wunder unrealistisch sind, wissen Sie nicht, da Sie die Fachabteilung nicht ins Boot geholt haben. Aus der Fachabteilung selbst gibt es zu Projektbeginn erste Bedenken, ob die Berater geeignet seien, aber Sie finden weitere Berater, die Ihre Meinung unterstützen, weisen die Fachabteilung zurecht und bestimmen, dass alles seine Richtigkeit hat. Um den Prozess etwas abzukürzen: Sie sind auf Scharlatane reingefallen, die Ihnen nach dem Mund geredet haben und deren Lösungsvorschläge nicht das gewünschte Ergebnis erzielten. Sie haben dem Kunden ein Produkt geliefert, das nicht seinen Anforderungen entspricht und ihm, neben den direkten finanziellen, weitere Schäden verursacht hat. Der Kunde wird Sie nun in Regress nehmen.

Jetzt gilt es zu evaluieren, wo die Fehler aufgetreten sind, die zu einem so eklatant schlechten Produkt geführt haben. Intern stellen Sie fest: Die Vorprodukte waren von hoher Güte und die Ausführung geschah augenscheinlich nach Vorgaben der Berater. Ihnen dämmert, dass die Vorgaben nicht korrekt zu sein scheinen. Sie gründen eine Taskforce, die begutachten soll, ob den Beratern möglicherweise Fehler unterlaufen sind. Diese Taskforce besteht aus den gleichen Beratern, deren Arbeit Sie überprüfen lassen wollen. – Moment mal! Ist das eine gute Idee?

Als lösungsorientierter Unternehmer, der seinen Kunden zufriedenstellen und den entstandenen Schaden kompensiert haben möchte, sollten Sie sich nicht auf die gleichen Leute verlassen, die Sie möglicherweise in die missliche Lage gebracht haben. Die Berater werden sich selbst attestieren, dass ihre Beratung einwandfrei war, und darauf bestehen, bezahlt zu werden.

Politische Unternehmer

Einem Unternehmer, dem etwas an seinem Fortbestand liegt, leuchtet dies sofort ein. Er würde einen externen Gutachter beauftragen und nicht den Bock zum Gärtner machen. Aber was ist, wenn der Unternehmer ein politischer Unternehmer ist? Politische Unternehmer haften nicht unmittelbar finanziell für Schäden, die sie angerichtet haben, und sind nicht an der Aufklärung von Fehlern interessiert, da sie von den Wählern dafür verantwortlich gemacht werden könnten. Die Konsequenzen treten erst bei der nächsten Wahl ein, und der politische Unternehmer muss um seine üppigen Bezüge bangen. Wir sehen eine Umkehrung der Anreize zwischen Unternehmern und politischen Unternehmern. Während der Unternehmer den Anreiz hat, den Kunden zufriedenzustellen, und damit gezwungen ist, Fehler zu erkennen und abzustellen, ist der politische Unternehmer darauf bedacht, Fehler möglichst nicht an die Öffentlichkeit dringen zu lassen. Genauso würde es in von Sozialisten geforderten demokratischen Unternehmen ablaufen. Ein von den Mitarbeitern gewählter Vorstand wäre darauf angewiesen, keine Fehler einzugestehen, um die Wiederwahl nicht zu gefährden. Zudem fehlt ihm der Anreiz, möglichst gute Produkte abzuliefern, da seine Bezahlung unabhängig vom Umsatz wäre. Es kostet ihn nichts, Unbeteiligte für Fehler verantwortlich zu machen. Wohingegen ein kapitalistischer Unternehmer selbst Schaden erleiden würde, wenn er mit der Schuldzuweisung die Falschen adressiert und damit auf den Kosten sitzen bleibt, den Kunden nie mehr als solchen wiedersieht und um seine Reputation bangen muss.

Der Sachverständigenrat

Wie komme ich eigentlich auf dieses Gedankenexperiment? Mich trieb die Frage um: „Wer sitzt eigentlich im Sachverständigenrat, der die Corona-Maßnahmen evaluieren soll?“

Erstmalig erfuhr ich von der Existenz eines solchen Sachverständigenrats, als Christian Drosten am 28. April 2022 nach einer Anfrage des FDP-Politikers Wolfgang Kubicki aus diesem Rat zurücktrat. Mein erster Gedanke war: „Jetzt bestätigen sich die Hardliner und Panikmacher also auch noch offiziell, selbst alles richtig gemacht zu haben.“ Wer hielt es für eine gute Idee, die Berater der Regierung zu fragen, ob die Regierung korrekt gehandelt hat? Politische Unternehmer, genauer: zur Hälfte die Regierung und zur Hälfte der Bundestag, also alle – bis auf die AfD und Die Linke –, die zu Corona-Zeiten in Regierungsverantwortung waren oder aktuell sind.

Wen sollten sie auch sonst mit der Begutachtung beauftragen als die, die davon profitieren, wenn die Regierung in einem guten Licht steht? Da sie selbst die Berater waren, bleibt ihnen ja gar nichts anderes übrig als sich selbst und der Regierung auf die Schulter zu klopfen, wie hervorragend sie doch gehandelt hätten. Welcher Anreiz sollte für Dr. Drosten bestehen, der Regierung zu widersprechen? Es hat seinen Grund, warum die Namen Bhakdi, Wodarg und Co nicht in der Liste der mit der Evaluation Beauftragten auftauchen – und zwar den, dass eine ernstzunehmende Auseinandersetzung mit den Corona-Maßnahmen und deren Wirkungen nicht gewollt ist. Politisch würde diese nur Schaden, aber keinen Nutzen bringen.

Die „Sachverständigen“

Ich informierte mich nun über die Mitglieder der Sachverständigenkommission und recherchierte ihre Aussagen während der Corona-Maßnahmen-Pandemie. Es überraschte mich nicht, dass der größte Teil der Sachverständigen sich vorher regierungskonform geäußert oder härtere Maßnahmen gefordert hatte. Bei nur drei Mitgliedern konnte ich kritische Worte finden, die eher dafürsprechen, dass die Regierungen überreagiert haben.

Befürworter und Zero-Covid-Anhänger

Jutta Allmendinger (Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung) wusste Corona gekonnt für feministische Propaganda und Geschwätz über Geschlechtergerechtigkeit zu nutzen.

Der Verfassungsrechtler Michael Brenner erachtet Einschränkungen gegen Nicht-Geimpfte als rechtlich vertretbar.

Anne Bunte (Leiterin des Gesundheitsamtes des Kreises Gütersloh) setzte sich für die Weiterführung der epidemischen Lage und gleiche Regeln für alle Bundesländer ein.

Katharina Domschke, die als ärztliche Direktorin der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Universitätsklinikum Freiburg arbeitet und Leopoldina-Mitglied ist, sieht Drohungen als probates Mittel an, um die jungen Leute von den Maßnahmen zu überzeugen.

Dem Rechtsphilosophen Horst Dreier kamen die Maßnahmen sowieso viel zu spät.

Für den Vorsitzenden Stefan Huster gibt es nur Impfpflicht oder Lockdowns.

Andrea Kießling (Inhaberin der Professur für Öffentliches Recht mit Schwerpunkt Sozialrecht an der Goethe-Universität Frankfurt am Main) sieht die Behauptung, die Bürger würden im Kampf gegen die Pandemie entrechtet, als „Quatsch“ an.

Heyo K. Kroemer (Vorstandsvorsitzender der Charité-Universitätsmedizin Berlin) hat sein Urteil mit „Ich glaube, dass im Verlauf der Pandemie viele Dinge schnell und richtig gemacht wurden“ scheinbar schon gefällt.

Rolf Rosenbrock (Vorsitzender des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes) war schon zu Beginn der Pandemie im Panikmodus und findet, dass die Lockdowns notwendig gewesen seien.

Helga Rübsamen-Schaeff (Virologin und Infektiologin) ist ebenfalls im Team Panik. Sie sagte in Sandra Maischbergers Sendung, Corona würde uns noch drei weitere Jahre beschäftigen. Von ihr ist also auch kein kritischer Blick auf die Maßnahmen zu erwarten.

Der Ökonom Christoph M. Schmidt warnte noch im Februar vor Lockerungen. Vorwürfe, Forscher hätten sich für politische Zwecke einspannen lassen, weist er zurück.

Jochen Taupitz (Gesundheitsrecht und Bioethik der Universitäten Heidelberg und Mannheim) ist ebenfalls jedes Mittel recht: „Es ist verfassungskonform, so viele Leben wie möglich zu retten.“

Ute Teichert (Direktorin der Akademie für Öffentliches Gesundheitswesen in Düsseldorf) sagte im Interview mit „Kommunal“: „Neben dem Impfen ist es dringend erforderlich, die Kontakte massiv einzuschränken“ und „Es reicht nicht, Großveranstaltungen auf einige Tausend Teilnehmer zu begrenzen. Großveranstaltungen sollten vorerst bundesweit ausgesetzt werden.“

Britta Siegmund (Charité-Universitätsmedizin Berlin) ist schwierig einzuordnen, da sie medial wenig präsent war.

Kritiker in meinem Sinne

Die Einzigen, die ich als Kritiker oder zumindest nicht als ständige Jasager identifizieren konnte, waren:

Werner Bergholz, der den PCR-Test kritisierte und flächendeckende Testung für Unsinn hält.

Thorsten Kingreen sprach sich als Lehrstuhlinhaber für Öffentliches Recht dafür aus, die pandemische Notlage rasch zu beenden.

Hendrik Streeck (Direktor des Instituts für Virologie am Universitätsklinikum Bonn) war seit Beginn der Alibi-Kritiker. Es würde merkwürdig wirken, wenn er fehlte.

Mein Urteil

In Anbetracht dieses Gruselkabinetts gehe ich davon aus, dass das Ergebnis der Evaluierung, dass am 30. Juni 2022 der Bundesregierung vorgelegt werden muss, in etwa wie folgt aussehen wird: „Die Bundesregierung hat weitestgehend richtig gehandelt. In einigen Fällen hätte früher reagiert werden können und die Maßnahmen waren in Härte und Dauer nicht immer ausreichend.“

Auf das offizielle Ergebnis müssen die Bürger allerdings bis zum 30. September 2022 warten. Zu diesem Stichtag muss die Regierung dem Bundestag eine Stellungnahme dazu abgeben.

Ich bin wenig gespannt. Das Ergebnis ist mir jetzt schon klar, aber ich lasse mich gerne überraschen.


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