11. Oktober 2022 08:00

Guter Einkauf: Alte Ladekabel Das Einheitskabel des Politbüros

… und die Freude am Bewahren der alten Modellvielfalt

von David Andres

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Vergangene Woche feierten sie alle. Die Nachrichten. Die Sendungen für Verbraucher und Innen. Sogar im Kinderprogramm des WDR, „MausLive“, also der „Sendung mit der Maus“ fürs Radio, verkündete die Sprecherin, dass „die Politik“ sich nun „endlich“ um dieses drängende Problem gekümmert, ja, dass sie „uns“ gleichsam „befreit“ habe. Wovon? Vom „Kabelsalat“.

So war das Wording, so hörte man es überall. Bis heute leiden wir alle ganz furchtbar unter dem Kabelsalat, diesem unüberschaubaren Chaos bei den verschiedenen Strippen, mit denen wir unsere Smartphones, unsere Tablets oder anderes Kleingerät aufladen. Ab 2024 nicht mehr, denn dann gibt es für alles nur noch das Format USB-C. So hat es die EU-Kommission beschlossen. Und so feierte es der öffentlich-rechtliche Verkündungsfunk für Jung bis Alt.

Das „Chaos“ hat sich dabei ohnehin längst auf drei Formate reduziert. Micro-USB, USB-C und Lightning. In den Nullerjahren sah das noch ganz anders aus. Damals hatte tatsächlich gefühlt jeder Hersteller sein eigenes Format, und ein freiheitlich denkender Mensch zuckte schon in jenen dunklen Tagen der Vielfalt mit den Schultern und dachte sich: Na, und? Die EU zuckte nicht, tagte bereits 2009 zu diesem drängenden Problem, wollte das eine Kabel für alle und scheiterte – so schreibt es sogar die „Tagesschau“ – „durch Beschwerden von iPhone- und Android-Nutzern“. Es endete „in einer Selbstverpflichtung auf einen einheitlichen Standard für Handy-Netzteile“, die sogar ohne Gesetz bereits alle Modelle auf die besagten drei herunterbrachte.

Mein Tipp daher in dieser Woche: Kaufen Sie ein paar bald abgeschaffte Kabel. Lagern Sie ein wenig Micro-USB ein und vor allem ein wenig Lightning, denn die Apple-Nutzer sind zahlreich und sie werden ihr Originalmaterial lange nutzen wollen, bevor die Politik auch sie zum sozialistischen Einheitsstecker zwingt. Ich persönlich habe sogar noch Ladegeräte für alte Nokia-Telefone zu Hause, die Stecker mit dem dünnen runden Ende, für daheim ebenso wie für das Auto. Für sich genommen sind sie noch Centware, aber ein gut erhaltenes Knüppelhandy aus der alten Zeit liegt in den Kleinanzeigen mit Kabel, geputzt und geleert schon bei 50 Euro. Außerdem macht der Besitz aller Dinge, die von der Politik verboten worden sind, schlichtweg Freude. Horten wird auf diese Weise zur Rebellion.

Es gibt weitere Produkte, die in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten nicht den Marktkräften, sondern der Politik zum Opfer gefallen sind. Die klassische Glühbirne bildet das berühmteste Beispiel. Als klar wurde, dass sie fällt, lagerte ich vor vielen Jahren mehrere Paletten davon ein. Mittlerweile sind noch fünf Stück übrig … und der Rest hat ordentlich Profit erzeugt.

Bis das Gesetz auf dem Weg und der Rest der bereits hergestellten Produkte abverkauft ist, wird kabelgebundenes Laden vor allem bei Smartphones allerdings ohnehin aussterben. Die entsprechenden Qi-Ladestationen mittels Induktion, die es bereits gibt, wird Brüssel dann sicherlich ebenfalls vereinheitlichen.

Hoffnung auf gesunden Menschenverstand bei den Bürgern gibt es beim Blick in das Forum von mactechnews.de. Statt, wie von den Öffentlichen verlangt, unsere Befreiung durch Brüssel zu feiern, schreibt dort ein Nutzer namens SYS64738: „... hihi: wenn ich das Wort ‚EU‘ in Konnotation mit ‚Beschluss‘ lese, fühle ich mich an das Politbüro erinnert ...“

Und da wäre er schon, der erste potenzielle Kunde für pfleglich eingelagerte Kabel …

„Tagesschau“: Einheitliches Ladekabel kommt

„MacTechNews“: Kurz: iPod-Erfinder lobt USB-C-Beschluss der EU +++ Gericht reduziert Rekordstrafe für Apple


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