18. Dezember 2022 19:00

Corona-Politik in China Plötzlich und unerwartet …

… kollabiert das chinesische Covid-Regime

von Stephan Unruh

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Noch vor zwei Wochen fürchteten wir einen neuen Lockdown. Doch der unglaubliche heldenhafte Mut einer Handvoll Chinesen änderte alles. Wie geht es nun weiter?

Noch am 30. November warnte die US-Botschaft vor einem chinaweiten Lockdown, der mit militärischer Gewalt durchgesetzt würde, und empfahl jedem US-Bürger hinreichend viel Wasser und Lebensmittel vorzuhalten. 48 Stunden später war alles anders, und weitere 48 Stunden später war klar, dass die Zeit der Null-Covid-Politik (endgültig) vorbei war. Die Helden in Peking, Wuhan, Shanghai nicht zu vergessen, aber auch in Guangzhou und einigen anderen Städten, die mutig gegen das Covid-Regime sprachen, wurden erhört (auch wenn sicher der eine oder andere von ihnen von der kommunistischen Diktatur zur Rechenschaft gezogen werden wird). Am Ende dürfte es die Kombination aus dem immer größer gewordenen Unmut sowie die sich ausweitende schwere Wirtschaftskrise gewesen sein, die auch den größten Betonköpfen in der KPCh deutlich werden ließen, dass ein Weiterso am Ende die Herrschaft der Partei gefährden könnte.

Bemerkenswerterweise wurde dann so schnell in die andere Richtung reagiert, dass die Bürger auch hier kaum mitkommen. Bis auf Einreisebeschränkungen und die geschlossenen Schulen und Universitäten wurden von staatlicher Seite quasi alle Maßnahmen aufgehoben. Sogar diverse Tracking-Apps wurden so schnell abgeschaltet, dass so mancher es nicht mitbekommen hatte: Noch am vergangenen Mittwoch bestand ein Taxifahrer in Dongguan darauf, dass ich den QR-Code der Big-Data-Travel-App scannen solle – dummerweise nur war auch diese App mitternachts abgeschaltet worden. Mit einem grün gefärbten Nonsense-QR-Code war er dann zufriedengestellt. Nun grassiert der Virus frei und die Fallzahlen explodieren – entsprechend sind zahlreiche Bürger höchst nervös. Die Propaganda der letzten zwei Jahre hat Früchte getragen: Viele glauben, dass eine Covid-Infektion hochgefährlich sei und wahrscheinlich den Tod bedeute. Entsprechend testet sich jeder beim kleinesten Kratzen im Halse. Antigenschnelltest sind auf Taobao, dem chinesischen Amazon-Pendant, derzeit nur mit einer Lieferzeit von fünf Tagen zu bekommen – Standard sind selbstredend 24 Stunden. Eingedenk der Jahreszeit und des Wohnstandards, zumal südlich des Jangtze, wo Zentralheizungen verboten sind, verwundert es freilich kaum, dass es derzeit in vielen Kehlen kratzt.

In der Folge haben die Krankhäuser die Testpflicht wieder eingeführt und gewähren nur mit einem höchsten 48 Stunden alten PCR-Test Einlass – dies aber nicht auf staatliche Anordnung hin, sondern aus Eigeninitiative. Denn wer sich infiziert fühlt, begibt sich direkt ins Krankenhaus (ungeachtet der tatsächlichen Schwere der Symptome). Verstärkt wird der Ansturm noch durch alle jene, welche die letzten zwei Jahren Krankenhäuser mieden und nun kommen, um Behandlungen wiederaufzunehmen, Vorsorgeuntersuchen durchführen zu lassen oder verschobene Operationen endlich wahrzunehmen. Mit der Forderung nach einem PCR-Test will man die Patientenströme kontrollieren. Die meisten Teststationen sind nämlich längst nicht nur geschlossen, sondern bereits abgebaut, und die verbliebenen testen nicht mehr kostenlos (also kostenfrei für die zu Testenden, die chinesische Gesellschaft insgesamt hat einen viel zu hohen Preis für den Unsinn der letzten zweieinhalb Jahre gezahlt), und beim Geld werden Chinesen bekanntlich unlustig.

Die Zentralregierung bleibt davon aber unbeeindruckt. Anfang Januar sollen alle Kontrollen zwischen Hongkong und dem Festland (zumindest zur Nachbarprovinz Guangdong) fallen, und man darf davon ausgehen, dass nach dem chinesischen Frühlingsfest, das 2023 auf den 20. Januar fällt, auch zügig die Einschränkungen hinsichtlich der internationalen Einreisen aufgehoben werden. März oder April dürfte das Land wieder mehr oder weniger zurück zur Normalität gefunden haben. Aber die Auswirkungen von zweieinhalb Jahren politischem Wahnsinn und einer völlig außer Rand und Band geratenen Seuchenkontrolle werden uns noch lange beschäftigen. Die chinesischen Bürger, insbesondere die jungen unter ihnen, haben schwer gelitten – über 20 Millionen gut ausgebildeter Chinesen unter 25 Jahren haben keinen Job, und noch mehr müssen sich mit Billigjobs über Wasser halten. Es wurde viel Porzellan zerschlagen und noch mehr Vertrauen verspielt. Es wieder herzustellen, wird nicht einfach werden. Dazu kommt die Krise am Immobilienmarkt. Xis Regierung wird darauf mit massiven Wirtschaftsstimulationen antworten – doch werden die Wirtschaftsprobleme dadurch eher nicht gelöst, sondern nur in die Zukunft verschoben und vermutlich wird dadurch auch die Inflation (weiter) angeheizt. Zudem wird die Dummheit der Europäer, sich selbst von günstiger und stabiler Energieversorgung abzuschneiden und so das ökonomische Herz Europas in eine Krise zu stürzen, auch China betreffen. Europa ist der wichtigste Absatzmarkt für chinesische Produkte ...

Auch in China werden die Aufräumarbeiten noch lange andauern.


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