14. März 2023

Der Weg in den Verfall Warum funktioniert nur nichts mehr?

Eine Gesellschaft, die nach Bedürfnis zuteilt und wegnimmt, geht direkt in den Untergang

von Christian Paulwitz

Einkehr auf einer kleinen Reise in das am schönsten gelegene kleine Restaurant oben am Berg an der Burganlage mit schönem Blick durch allerdings teilweise etwas blinde Fenster über das kleine, im Kern mit historischen Fachwerkhäusern bestückte Städtchen am Westerwald hinweg. Das Essen war ausgezeichnet; wir sind die letzten Gäste, werden gleich noch draußen die erste Märzsonne genießen und wechseln ein paar Worte mit dem italienischen Wirt. Dreizehn Jahre ist er schon da; er habe die Lokalität in einem schlechten Zustand als Pächter übernommen; die ganze Inneneinrichtung sei von ihm, alles renoviert, unter anderem die Toiletten. Nächstes Jahr laufe der Pachtvertrag aus – er wird wohl nicht verlängern. Die Stadt als Eigentümer investiert nicht. Schon lange müssten die Fenster erneuert werden – er stößt nur auf taube Ohren. Niemand fühlt sich zuständig, nur die Pacht wird gerne eingenommen. Dafür gibt es jede Menge Auflagen und Bürokratie. Es macht keinen Spaß mehr, und die Stadt selbst hat auch kein Leben mehr.

Unten in der Stadt schwinden die kleinen Läden – Bäcker, Metzger, nach und nach geben sie auf. Am Rande der Innenstadt gab es bis vor wenigen Jahren noch einen Supermarkt. Die Stadtverwaltung wollte dort ein neues Zentrum bauen. Dem Supermarkt wurde daher gekündigt, seither steht das Gebäude leer, ohne dass etwas passiert wäre. Von der bereits seit Jahrzehnten laufenden Besiedelung des Stadtzentrums durch Personen westasiatischen Migrationshintergrundes und der damit involvierten sozialstaatsgeförderten, kulturellen Ostverschiebung muss man gar nicht reden.

Handwerker und Kleingewerbe – überall geben sie auf; das Phänomen ist nicht auf einen bestimmten Ort in Deutschland festzulegen. Als die „digitale Gesundheitskarte“ jüngst von Lauterbach verkündet wurde, sagte eine Ärztin, jetzt wisse sie ja, dass sie nächstes Jahr in Ruhestand gehe. Die erforderlichen Umstellungen, den Bürokratieaufwand, bis alles wenigstens einigermaßen wieder handhabbar sei, das werde sie gewiss nicht mehr mitmachen. Die Investitionen und der Umstellungsaufwand könnten sich erst wieder über mehrere Jahre rechnen. Nur eines der vielen Frühverrentungsprogramme der Regierung, die ansonsten auch gerne über Fachkräftemangel klagt, aber nur, um ihren Kurs der mit „Staatsgeldern“ finanzierten Masseneinwanderung zu begründen. – Sie wissen schon, die Fachkräfte, die alle hyper-produktiv sein werden, selbst ohne die abgeschafften Energieträger, und sich später genauso willig wie die Michels ausplündern lassen wollen, um nicht nur die gestiegenen Aufwendungen der staatlichen Krebsgeschwüre, sondern auch – ja, natürlich – genau Ihre Altersversorgung zu finanzieren. Klar doch.

Die Schleifung der Wirtschaft in Deutschland geht ziemlich schnell, auch wenn man das Gesamtbild als unaufmerksamer Betrachter nicht leicht erkennt und schwer einschätzen kann – einzelne Geschäftsaufgaben gibt es ja immer und sind auch nicht ungewöhnlich. Doch die Anreize waren in der Kombination nie so hoch wie heute: Hohe Energiekosten, wöchentlich neue Ankündigungen von Verboten und bürokratischen Folterinstrumenten, und andererseits eine Erwerbstätigen- und Unternehmerschicht im Altersschwerpunkt jenseits des fünfzigsten Lebensjahrs. Wer jünger ist, den zieht es nicht selten ins nicht ganz so produktivitätsfeindliche Ausland, wer älter ist und über finanzielle Reserven verfügt, den ebenfalls. Die Masse klammert sich an ihre „Ansprüche“ an den Staat, der sie doch versorgen müsse. Doch wer in seiner Erwerbstätigkeit immobil ist und mit seiner Identität über Generationen gebunden, leistet den erbittertsten Widerstand. In den Niederlanden waren am Wochenende wieder zigtausende von Landwirten zu Protesten auf der Straße gegen die geplanten Enteignungen vorgeblich zur Reduzierung des Stickstoffaustrags. In Den Haag sollten die bisher größten Demonstrationen stattfinden, und wahrscheinlich waren sie es auch. Jedenfalls zeigen die Bilder riesige Menschenmengen. Die deutschen Landwirte sind nicht weniger bedroht durch staatliche Tyrannei – sie wird bisher nur zeitlich besser gestreckt, um den kumulativen Widerstand nicht zu sehr herauszufordern. Wohin die Zerstörung der landwirtschaftlichen Produktion führen wird, sollte eigentlich klar sein. Man kann zwar Geld beliebig drucken und verteilen, aber nicht auch das, was man dafür eintauschen will.

Ich fühle mich beinahe täglich an Ayn Rands „Atlas Shrugged“ (deutsch: „Der Streik“) erinnert. Ich denke da eine Szene, wo eine der Hauptfiguren des fiktiven Romans, die Eisenbahn-Unternehmerin Dagny Taggart, über ihre Beobachtungen reflektiert, wie die zuvor blühende Wirtschaft der USA mehr und mehr herunterkommt: Unpünktlichkeit, Unzuverlässigkeit, Wartungsmängel, Verantwortungslosigkeit. Sie beobachtet eine Verwandlung der Menschen; es wird immer schwerer, fähige Mitarbeiter zu finden – Fachkräftemangel, würde man heute sagen. Doch der Blick ist ein anderer. Wenn die Politik von „Fachkräftemangel“ spricht, denkt sie nicht an fähige Mitarbeiter – diese Kategorie gibt es aus dem Blickwinkel der Politik nicht, denn ein kollektiver Bewertungsmaßstab hierfür ist nicht möglich – sondern an Zahlen von Menschen, die beruflich kategorisiert sind. In „Atlas Shrugged“ ist die Ursache die moralische Korruption durch eine sozialistische Moral, die Anspruch mit Bedürfnis begründet und Anspruch aufgrund von Leistung denunziert. Wir sehen das heute, wenn wir die Augen aufmachen, an jeder Ecke – die Anspruchshaltung begründet in der Identifizierung mit der eigenen Bedürftigkeit und nicht in der eigenen Leistung. Daher macht die Politik so weiter, bedient das Trägheitsbedürfnis und bekämpft die Leistung.

Doch es gibt heute noch einen ideologischen Brandbeschleuniger gegenüber der Welt, die Ayn Rand gezeichnet hat. Der Verteilungsanspruch aufgrund Bedürftigkeit muss zwangsläufig durch eine bevorzugte Kaste durchgesetzt werden, die die Definitionshoheit darüber behauptet, wer bedürftig ist. Zuteilung nach Bedürfnis kann nicht bedeuten, dass nach objektiver Notwendigkeit zugeteilt wird, denn die Bewertung ist immer subjektiv. Sonderinteressen fließen bei denjenigen ein, die die Bewertung vornehmen. Da mittlerweile die Bevölkerung als Ganzes korrumpiert ist, findet sie in der Masse auch gar nichts mehr grundsätzlich Problematisches dabei, wenn nicht nur genommen, zugeteilt und verboten wird, sondern auch die Anlässe dafür praktisch nach Belieben von oben festgesetzt werden: Viren, Klima, Festlegung von Stoffverboten. Das war so zu Ayn Rands Zeiten noch nicht erahnbar, obwohl sie das Gesamtbild, das entsteht, wenn diejenigen, die nie etwas produziert haben, vorschreiben dürfen, ob, was, wie und unter welchen Umständen produziert werden darf, sehr realitätsnah vorgezeichnet hat.

Auf dem Nachhauseweg vom Büro kommt am Freitagabend dann die Meldung im Radio, dass es in Bayern zu wenig Notärzte gäbe und die Politik diesen Mangel erkannt habe und beheben wolle. Ach was, warum soll es auch ausgerechnet bei Notärzten, denen man die letzten drei Jahre wie allen anderen Medizinern mit allerlei Schwachsinnsvorschriften und Erpressungen – wie die haupt- aber nicht nebenwirkungsfreie Spritze – die Arbeit erschwert hat, anders sein als überall sonst? Nach zwei bis drei Sätzen merkt man schon die offenkundige Unehrlichkeit. Solche Meldungen werden fast immer mit politnahen Verbandsvertretern oder anderen Sprechpuppen bearbeitet, die nie eine Kritik an der zentralen Systemorganisation äußern würden, sondern die Möglichkeit suchen, mit ihren Vorschlägen bestimmten Sonderinteressen plausibel Geltung zu verschaffen. In diesem Fall war es ein Vertreter irgendeines Krankenhausverbands, der vorschlug, der Notarztdienst könnte ja von fest angestellten Krankenhausärzten übernommen werden und nicht unbedingt von niedergelassenen Ärzten. Da wittert man wohl ein neues, regulativ gut abgesichertes Geschäftsmodell. Mangel formulieren, Durchsetzung von Sonderinteressen mit einer vorgeblichen Lösung vorbringen; da es gar nicht um die ehrliche Auseinandersetzung mit Ursachen geht, die in der Regel in politischer Regulierung und Organisation liegen, wird der Mangel auch nicht behoben, eher verschärft, und die Sache kann in die nächste Runde gehen. Die unzähligen Sonderinteressen, die dank des umfassenden korporativen Filzes im Land politisches Gehör finden, verhindern zuverlässig auch ohne neue Krisen jede positive Entwicklung.

Im „Handelsblatt“ gab es unter der putzigen Einleitung, dass aufgrund zahlreicher Krisen „das Wirtschaftswachstum in Deutschland zuletzt ein wenig unter die Räder“ gekommen sei – nominales Nullwachstum bei einer Inflation in der Größenordnung von zehn Prozent könnte man auch anders umschreiben – die Meldung, dass Bundeskanzler Scholz optimistisch in die Zukunft blicke und an eine Wiederholung des „Wirtschaftswunders“ glaube. – Schön, wenn Menschen über sich und ihre Amtszeit hinausdenken können. Ob er auch an die Voraussetzungen gedacht hat? Um nur zwei wichtige zu nennen: Zerschlagung aller Gewerkschaften und Verbände mit politischem Einfluss (das war die Situation 1945 – die mussten auch erst wieder aufgebaut werden) und Aufhebung der Preisbindungen. Wie schnell doch das Umverteilungskarussell unter Kontrolle wäre, wenn erst einmal die Sozial- und die Klimamafia ausgetrocknet wären!

Freiwillig werden die Pfründe natürlich nicht aufgegeben, aber sie können auch nur solange behauptet werden, wie das geduldet wird. Da das „Wirtschaftswunder“ kein Wunder war, ist es jederzeit wiederholbar. Der Weg zur Einsicht ist steinig, aber möglich. In „Atlas Shrugged“ steht übrigens auch, wie der Weg aussehen kann – nur mal zur Empfehlung. Ein auch moralischer Zusammenbruch wie 1945 mit einem Neubeginn ist vermutlich die erfolgversprechendste Grundlage. So unwahrscheinlich ist das Szenario in absehbarer Zeit ja tatsächlich nicht.


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