15. Juni 2023 14:00

Staatsfunk gegen Libertäre Anja Reschke und die freien Privatstädte

Nicht recherchiert oder bewusst gelogen?

von Sascha Koll

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Bildquelle: Antimon / Shutterstock Journalistin und Moderatorin Anja Reschke: Im Frühjahr 2023 startete sie das neue Format „Reschke Fernsehen“ in der ARD

Libertäres Gedankengut im öffentlich-rechtlichen Fernsehen? Das gibt es, aber nur garniert mit einer ordentlichen Portion Spott und Hohn. So geschehen in der vom Norddeutschen Rundfunk produzierten ARD-Sendung „Reschke Fernsehen“. Privatstädte waren der Aufhänger für ein Machwerk unterster Güte. Der Moderatorin Anja Reschke, die bereits von Oliver Janich gefragt wurde, ob sie bewusst lügt oder einfach nur schlecht recherchiert hat, kann erneut die gleiche Frage gestellt werden.

Die Sendung „Reich und radikal: Wie Millionäre den Staat bekämpfen“ vom 8. Juni 2023 beginnt mit schlechten Witzen über vermögende Menschen, einem abgehalfterten „Prinzen“, der davon singt, dass er doch gerne Milliardär wäre und der immer gleichen selbstgefälligen Attitüde der namensgebenden Moderatorin.

Die Zahl der Einkommensmillionäre ist wieder gestiegen. Wie schrecklich! So schrecklich, dass Reschke ihnen unterstellt, Sportwagen, Jachten und Inseln kaufen zu können. Hat diese Frau überhaupt eine Ahnung davon, was der Unterhalt all dieser Luxusgüter kostet? Als Einkommensmillionär wird man sich wohl auf eine der Sachen beschränken müssen, will man nicht bald unter einer Brücke schlafen. Doch Reschke hat ohnehin eine bessere Idee: in Pflegekräfte investieren, in Kindergärten, Justiz und Polizei. Die Fleißigen sollen also wieder schön unter die Millionengrenze besteuert werden. Man darf dem, der etwas erwirtschaftet hat, bloß nicht zu viel lassen. Dann muss sie uns unbedingt offenbaren, dass sie Robin Hood nicht verstanden hat. Sie stellt sich vor, dass er den Reichen genommen und den Armen gegeben und dass nun der Staat diese Aufgabe übernommen hätte. Ein Trugschluss, der einem ständig, wahrscheinlich vor allem wegen solcher Sendungen unterkommt. Robin Hood hat den Steuereintreibern ihre Beute abspenstig gemacht und den rechtmäßigen Eigentümern wiedergegeben. Haben Sie nicht recherchiert, Frau Reschke?

Dann wird uns Marcus Prinz von Anhalt als bestes Beispiel für wohlhabende Menschen präsentiert, also der Deutungsrahmen gesetzt. Reiche seien asozial und dumm, so könnte man meinen. Und dann gibt es auch noch diesen lästigen Staat, der die Steuern eintreibt, „sogar von denen, die richtig viel Geld haben“. Ich möchte anmerken: Gerade von denen, die richtig viel Geld haben. Laut Bundeszentrale für politische Bildung zahlten im Jahr 2018 die oberen zehn Prozent der Einkommensteuerpflichtigen ganze 54,8 Prozent des gesamten Einkommensteueraufkommens. Trotzdem wird hier mal wieder so getan, als ob die bösen Reichen ihren Anteil einfach nicht zahlen wollten.

Es geht weiter mit flachen Witzen über Dinge, die sie nicht versteht, wie etwa den Aktienhandel, und weiteren Gesangseinlagen des an der Zitze des Staates nuckelnden Ex-Punks. Aus irgendeinem Grund wird auch der Cum-ex-Affäre Raum geboten, obwohl diese gar nichts mit Steuerhinterziehung zu tun hat. Hauptsache, die Sendung ist gefüllt.

Nach etwa sieben Minuten kommt das Reschke Fernsehen dann mal zum Punkt: Es geht nach Honduras. Das Land wird mit den schönen Worten „Dschungel, Drogen und Armut“ vorgestellt. Die Kollegen aus dem Podcast der „Marktradikalen“ haben einen passenden Begriff für diese Vorstellung gefunden: „Kulturrassismus“. „Kolonialismus“ nennt der Off-Sprecher die Idee, dort tätig zu werden und etwas Besseres zu schaffen. Wer dort genau unterwirft, vertreibt und die ansässige Bevölkerung ermordet, wird nicht erwähnt, aber „Kolonialismus“ ist in linken Kreisen in aller Munde, und deshalb dachte man sich wohl, dass man es auch mal in diesem Kontext verwenden könnte.

Dass Reschke und ihre Redaktion wirklich keine Ahnung haben, worum es geht, merkt der Zuschauer schnell. Denn das Konzept einer Privatstadt wird mit der heiligen, gottgleichen Demokratie verglichen. Angeblich diene es der Regelvermeidung, doch das Gegenteil ist der Fall: Es gibt Regeln, denen man vorher zustimmen kann, aber nicht muss. Niemand wird gezwungen, bei einem solchen Projekt mitzumachen. Und gerade die festen Regeln sind es doch, die ein Magnet für Libertäre sind. Denn Tatsache ist – was auch nicht verstanden wurde –, dass es uns sauer aufstößt, dass ein Staat die Regeln jederzeit willkürlich ändern kann. Wir sehen es jeden Tag, und davor sollen die Verträge der Privatstädte schützen.

Später wird Reschke sogar zur Demokratiefeindin: Sie moniert, dass die damals demokratisch gewählte Regierung das Projekt auf der Insel Roatán und viele weitere erst möglich gemacht habe. Die neue Regierung, die wohl eher Reschkes politischer Einstellung entspricht, findet das gar nicht gut und will die Entscheidung nun rückgängig machen. Reschke kritisiert sogar, dass die Regierung in dem Fall Schadenersatz zahlen müsste. Es scheint nichts Schlimmeres zu geben, als sich an Verträge zu halten, vor allem dann, wenn dazu der heilige Staat verpflichtet wird.

Irgendwann wird auch Titus Gebel vorgestellt: „Aber trotzdem scheint, wie für jeden großen Freiheitskämpfer, auch für ihn das Prinzip der parlamentarischen Demokratie irgendwie uncool.“ Eine Frau, die von erpresstem Geld lebt, muss wohl nicht versuchen zu verstehen, wie er zu der Ansicht kommt. Für sie ist Freiheit eben das: sich des Geldes anderer Leute bedienen. Und dafür ist die parlamentarische Demokratie direkt nach der Diktatur das beste Mittel.

Nach etwa der Hälfte der Spielzeit wird versucht, sich ein Netzwerk herbeizuphantasieren. Gebel habe mal für die „NZZ“ und „Achgut“ geschrieben. Ich glaube, da ist sie etwas ganz Heißem auf der Spur. Auch dass Gebel einige Libertäre kennt und Firmen gründete, um seine Projekte voranzubringen, scheint eine riesige Verschwörung zu sein. Es ist eine wahre Sensation, wie hier die geheimen Bünde aufgedeckt werden. Reschke Fernsehen darf man nach dieser Sendung wohl als Speerspitze des investigativen Journalismus bezeichnen. Scherz beiseite: Das hätte auch jemand von der Schülerzeitung herausfinden können. Immerhin schreibt Gebel regelmäßig über seine Ideen und Projekte. Doch das, was er schrieb, hat man wohl nicht gelesen, sonst könnte man sich nicht erklären, wie dieser Beitrag entstehen konnte.

Es ist alles lahm und langweilig, sogar so sehr, dass man noch versucht, die Freie Republik Liberland zwischen Kroatien und Serbien als freie Privatstadt zu verkaufen. Es handelt sich hier um Niemandsland (keines der beiden Nachbarländer erhebt Anspruch auf die Donauinsel) und bei der Idee um eine Staatsidee, also genau das, was freie Privatstädte nicht sein wollen.

„Reich und radikal: Wie Millionäre den Staat bekämpfen“ ist, wie nicht anders zu erwarten war, lausig recherchiert, trotz versuchter Komik überhaupt nicht zum Lachen, und die meisten Personen in diesem Film werden falsch dargestellt. Über die falsche Darstellung wird dann auch noch spöttisch gelacht. Das Ganze lässt sich eigentlich nur mithilfe des Kommentars der „Marktradikalen“ ertragen, wodurch es sogar unterhaltsam wird..

Nach dem Anschauen dieses Schmutzwerks frage ich mich wieder: Was ist so schwer daran, die Leute einfach in Ruhe zu lassen? Ständig hört man „Wenn es dir hier nicht passt, dann geh doch!“. Jetzt wollen einige der Empfehlung folgen, und dann ist es auch wieder nicht gut. Die Sozialisten können nicht mit und nicht ohne Kapitalisten. Nimmt der Zahlsklave seinen Hut und geht, muss alles schlechtgeredet werden. Und wenn das nicht hilft, gibt es ja noch die Wegzugsteuer, die man vielleicht mal erhöhen könnte, wenn zu viele Menschen das Drecksloch Deutschland verlassen wollen.


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