17. Juni 2023 20:00

Meinungsfreiheit Kritik an der Obrigkeit ist in Bayern nicht erwünscht

Künstler soll wegen Söder-Kritik blechen

von Thorsten Brückner

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Bildquelle: Foto-berlin.net / Shutterstock Not amused: Söder fühlt sich von Graffito „beleidigt“

Seine eigene Meinung zu sagen, hatte in Bayern schon immer einen Preis. Für bestimmte Jobs kommt man im Freistaat bis heute nur mit dem richtigen Parteibuch oder zumindest mit der richtigen Meinung über die CSU infrage, und wer etwas Negatives über den jeweiligen Ministerpräsidenten zu sagen wusste, flog schon auch mal von der Schule. Doch mittlerweile hat der Krieg gegen die Meinungsfreiheit im Freistaat eine ganz neue Dimension erreicht. Staatsregierung und Gerichte versuchen bisweilen noch nicht einmal mehr eine rechtsstaatliche Fassade aufrechtzuerhalten. Sprachlos über die Grenzen Bayerns hinaus machte zuletzt der Fall des Künstlers Fabian Zolar. Selbst die „Welt“ titelte: „Die engen Grenzen der Meinungsfreiheit in Söder-Land“. 

Hintergrund ist ein Graffiti an einer Scheune im Nürnberger Stadtteil Katzwang, mit dem der Künstler offensichtlich Polizeigewalt in Bayern anprangern will. Zwei der dort zu sehenden drei Bilder zeigen Polizisten, wie sie brutal auf einen am Boden liegenden Menschen einprügeln. Darüber ein Mann, der an Markus Söder erinnert und so was wie eine SS-Uniform trägt. „Liebesgrüße aus Bayern“, so der sarkastische Titel des Kunstwerks. 

2.700 Euro soll Zolar nun zahlen, nachdem die Bayerische Staatskanzlei ihn angezeigt, das Amtsgericht Nürnberg ihn verurteilt und das Landgericht Nürnberg-Fürth vergangene Woche dieses Urteil bestätigt hat. Zolar verwies auf satirische Überspitzung und die Freiheit der Kunst. Es nutzte ihm nichts. Nun bleibt dem 39-Jährigen wohl nur noch die Möglichkeit der Revision beim Bundesgerichtshof. 

Als ich Anfang des Jahres erstmals von der Anzeige der Staatsregierung gehört habe, hätte ich mir nicht träumen lassen, dass ein solches Graffiti letzten Endes zu einer Verurteilung führen würde. Zumal Zolar nicht einfach nur abstrakt gegen die Polizei stänkert, sondern das Verhalten der Staatsdiener in Blau aus gutem Grund anprangert. Er und sein Bruder sind laut Zolar vor der besagten Scheune in Katzwang Opfer von Polizeigewalt geworden. 

Er habe seinen an Schizophrenie leidenden Bruder lediglich beruhigen wollen, als ihn die Beamten „niedergerannt und zu Boden gedrückt“ hätten, sodass er ein Würgetrauma davontrug. Zudem sprach Zolar von „psychischer Folter und Freiheitsentzug“. Das Bild sei keine Söder-Karikatur, sondern „ein Mahnmal gegen Polizeigewalt“. Er wolle damit verarbeiten, von „übergriffigen Polizisten aus heiterem Himmel zusammengeschlagen“ worden zu sein. Es gibt einfach zu viele ähnliche Berichte aus Bayern, um solche Schilderungen von vornherein für zu weit hergeholt zu halten. Mittlerweile ermittelt in der Sache auch das bayerische Landeskriminalamt.

Viel spannender finde ich aber die Frage, was denn die Staatskanzlei dabei umtreibt, solche Nichtigkeiten zur Anzeige zu bringen. Da soll der österreichische Publizist Gerald Grosz vor Gericht gezerrt werden, weil er „Södolf“ gesagt hat, und ein Künstler, weil er in satirisch-überspitzer Form den bayerischen Polizeiapparat anprangert? Wie unsouverän ist das denn? Man könnte dies in der Tat als Nervosität im Wahljahr interpretieren. Dazu passt auch die fast schon kindlich-trotzige Reaktion Söders auf die ihm geltenden „Hau ab“-Rufe bei der Heizungsdemo in Erding. „Haut selber ab“, giftete Söder zurück. „Wer so agiert, ist kein Demokrat für unser Land. Von solchen Leuten grenzen wir uns ab – und zwar grundlegend.“ 

Ist es also Nervosität oder hat der bayerische Ministerpräsident einfach den autoritären Habitus der vergangenen drei Jahre zu stark verinnerlicht? Am Ende ist es egal. Zusammen mit den Freien Wählern wird die CSU mit Söder an der Spitze nach der Wahl im Oktober weitere fünf Jahre Bayern regieren. Weil die Menschen es nicht anders wollen und selbst viele Opfer des Covid-Wahnsinns an Amnesie zu leiden scheinen. Der frühere bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber meinte während des Wahlkampfs 2005 mit Verweis auf die Linken-Wähler im Osten: „Nur die dümmsten Kälber wählen ihre Metzger selber.“ Mit Blick auf die derzeitigen Umfragewerte für die Corona-Diktatur-Parteien CSU und Freie Wähler, die mittlerweile in allen Erhebungen stabil über 50 Prozent liegen, können einem Zweifel kommen, ob die dümmsten Kälber tatsächlich im Osten zu finden sind. 


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