10. Juli 2023 14:00

Entlarvende Rede über Genmanipulation und Freiheitseinschränkung Wie die Herrscherklasse die Menschheit unter Kontrolle bringen will

Vortrag aus dem Jahr 2009 deutet an, dass es unsere „Elite“ mit der Realisierung von „1984“ und „Schöne Neue Welt“ ernst meint

von Robert Grözinger

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Bildquelle: Edmond J. Safra Center for Ethics / Wikimedia Commons Julian Savulescu oder: Postmoderne „Bioethik“ und ihre Protagonisten

„Die Menschheit muss in diesem Jahrhundert Orwells ‚1984‘ und Huxleys ‚Schöne neue Welt‘ realisieren, oder sie wird untergehen.“ Das sagte vor einigen Jahren ein renommierter Philosoph und Bioethiker – natürlich nicht wortwörtlich. Aber die wesentliche Aussage seiner Rede, auf die ich kürzlich stieß, die er 2009 im australischen Sydney im Rahmen einer „Festival of Dangerous Ideas“ genannten Veranstaltung hielt, kann man durchaus mit diesen Worten zusammenfassen. Sein Name: Julian Savulescu.

Der jetzt 59-jährige Australier mit rumänischen Wurzeln ist nicht „irgendwer“. Das war er schon damals nicht. Er war und ist ein „Jemand“, auf den andere mächtige und einflussreiche Leute hören. Denn er gehört zweifellos zur weltweiten wissenschaftlichen Elite. Angesichts der Tatsache, dass sich die Welt seit dieser Rede unverkennbar in genau diese Richtung bewegt hat, lohnt sich ein genauerer Blick auf den Redner und die Rede. Hier ist, was die englische Wikipedia-Seite über Savulescu schreibt:

„Er ist Chen Su Lan Centennial Professor für Medizinische Ethik und Direktor des Zentrums für Biomedizinische Ethik an der National University of Singapore. Zuvor war er Uehiro-Lehrstuhlinhaber für Praktische Ethik an der Universität Oxford, Fellow des St. Cross College, Oxford, Direktor des Oxford ,Uehiro Centre for Practical Ethics‘ und Co-Direktor des ,Welcome Centre for Ethics and Humanities‘. Er ist Gastprofessor für Biomedizinische Ethik am ,Murdoch Children's Research Institute‘ in Australien und seit 2017 angesehener Gastprofessor für Recht an der Universität Melbourne. Er leitet die Forschungsgruppe für Biomedizinische Ethik und ist Mitglied des ,Centre for Ethics of Pediatric Genomics‘ (Zentrum für Ethik in der pädiatrischen Genomforschung) in Australien. Er ist ehemaliger Herausgeber und derzeitiges Vorstandsmitglied des ‚Journal of Medical Ethics‘ (2001–2004 und 2011–2018), das laut ,Google Scholar Metrics‘ ab 2022 weltweit auf Platz zwei der Fachzeitschriften für Bioethik rangiert.“

Der zentrale Punkt in der erwähnten Rede Savulescus ist folgender: Die Menschheit habe sich in ein gefährliches „Bermuda-Dreieck der Auslöschung“ hineinmanövriert, aus dem sie nur herauskommt, wenn sie mindestens einen der drei Eckpunkte radikal reformiert. Diese drei Eckpunkte seien, erstens: Dezentralisierung technischer Macht aufgrund fortschreitender Miniaturisierung – immer mehr und immer „gefährlichere“ Hände hätten Zugang zu immer gefährlicheren Geräten und Stoffen, bis hin zu Massenvernichtungswaffen; zweitens: Die „liberale Demokratie“, die, weil ohne moralische Richtschnur versehen, maximale Freiheit verspricht – was er meint, ist das, was wir unter individueller Freiheit verstehen; drittens: Eine menschliche Natur, die in ihrer Fähigkeit, moderne Herausforderungen zu meistern, erheblich eingeschränkt ist.

Den letzten Punkt erläutert Savulescu, indem er als Beispiele das Wohlstandsgefälle in der Welt und globale Umweltprobleme nennt. Diese Probleme seien wir unfähig zu lösen, weil unsere Empathie und unser Zeithorizont seit der Steinzeit auf Reichweiten eingestellt sind, die für ein funktionierendes globales Zusammenleben viel zu kurz sind. Hinzu komme, dass wir wüssten oder spürten, dass unser individueller Beitrag zu diesen Problemen verschwindend gering ist und daher wenig geneigt sind, persönliche Nachteile in Kauf zu nehmen, die nötig seien, um diese Probleme zu lösen. Die für den typischen Problemhorizont der Steinzeit gut eingepeilte menschliche Natur sei also bei dem Versuch, moderne, globale Probleme zu lösen, hoffnungslos überfordert.

Was also sollten wir tun, um dem „Bermuda-Dreieck der Auslöschung“ zu entkommen? Savulescu meint, den technischen Fortschritt, die Miniaturisierung zu stoppen oder gar umzukehren sei unmöglich. Aber die anderen beiden Punkte könne man durchaus reformieren. Und ab hier wird die Rede wirklich interessant. In erster Linie schlägt der „Bioethiker“ vor, die menschliche Natur zu ändern, und zwar mittels Genmanipulation. Er plädiert für mehr Forschung, die es uns ermöglichen soll, den Menschen intelligenter, weniger aggressiv, umsichtiger und moralischer zu machen. Das sei möglich, glaubt er, weil es gute Gründe für die Vermutung gebe, dass „unser Gerechtigkeitssinn und unsere moralische Einstellung stark von der Biologie beeinflusst werden“. So hätten Verhaltensexperimente gezeigt, dass Empathie zu 40 Prozent genetisch bedingt sei.

Gleichzeitig sei eine Einschränkung der individuellen Freiheit nötig, so Savulescu. Der Schutz der Privatsphäre müsse „aufgeweicht“ werden. Zudem sollten „wir“ über das Bildungssystem einen „gewissen Wertekanon fördern“, der Empathie und Altruismus und so weiter betont. Er fordert zudem die Einschränkung des Konsums und die Akzeptanz „eines niedrigeren Lebensstandards“ sowie die Setzung „langfristiger Ziele“. All das bedeute „Abkehr von den extremsten Formen individueller Freiheit“.

Als Savulescu nach der Rede gefragt wird, was er von der Gefahr unerwünschter Nebenwirkungen der Genmanipulation hält, kommt von ihm die überhebliche Standardantwort aller Etatisten weltweit: Es müsse mehr Geld in die Forschung gelenkt werden, um solche Wirkungen so weit wie möglich auszuschließen. 

Zwei Aspekte werden wir hier beleuchten: Die unverfrorene Herrenmenschen-Attitüte Savulescus sowie eine alternative Lösung für das von ihm aufgezeigte Grundproblem. Denn das dargestellte „Bermuda-Dreieck der Auslöschung“ ist tatsächlich ein reales Problem – das sollte jedem spätestens seit der Coronakrise, dem Ukrainekrieg und der alltäglichen Nutzung künstlicher Intelligenz mehr als klar sein.

Die Attitüde – die deutsche Herrscherklasse bevorzugt für sich und ihre servile Gefolgschaft das Wort „Haltung“ – Savulescus durchzieht seine Rede wie ein roter Faden: „Wir“ Experten wissen, was die globalen Probleme sind und wie sie zu lösen seien. Widerstand dagegen muss unterdrückt werden. Dissidenten müssen mit Zensur, Kontolöschungen, Verfolgung durch aufgepeitschte Horden und so weiter mund- oder sonstwie tot gemacht werden.

Die „Lösung“, die Savulescu vorschwebt, lässt sich in Abwandlung des bekannten Brecht-Wortes aus seinem gleichnamigen Gedicht so formulieren: Wäre es da nicht doch einfacher, die (Welt-)Regierung löste die Menschheit auf und schaffte sich eine andere?

Interessant an seiner Rede war aber auch der Hinweis auf die Moral, die von der Doktrin „extremer individueller Freiheit“ ausgeblendet werde. Die er über „das“ Bildungssystem – also das staatlich geprägte, denn über echte Privatisierung hier oder sonstwo verliert Savulescu kein Wort – vermittelt sehen möchte. Wenn man dagegen das Gegenteil täte und die Bildung gänzlich vom Staat trennte, würde der Wettbewerb jene Moralvorstellungen zum Tragen bringen, den zukunftsorientierte Eltern ihren Kindern zu vermitteln wünschen. Doch die Bildung vom Staat abzukoppeln, daran denken Savulescu und seine geistigen Klone nicht im Entferntesten. Stattdessen setzt er auf die Einheit von Staat und Religion, auch wenn er das nicht so sagt.  

Das erkennt man daran, dass der Expertokrat bei seinen Beschreibungen der Probleme Wohlstandsgefälle und Umwelt die UNO als unhinterfragbare Bestimmerin des Problemrahmens zitiert. Bei den Themen Wohlstandsgefälle und Umwelt berief er sich völlig unkritisch auf Zahlen und Empfehlungen der Vereinten Nationen  – als ob die Weigerung, dieser Organisation zu glauben oder ihr zu folgen, einem Sakrileg gleichkomme. Dieser Aspekt seiner Haltung weist klar in eine Richtung: „Wir“ brauchen eine Weltregierung. Selbstverständlich geführt von Leuten wie ihm – oder Leuten, die auf ihn und seinesgleichen hören und auf sonst niemanden.

Nun könnte Savulescu, selbst wenn er akzeptierte, dass im Bereich Bildung und Moral ein staatlich geschaffenes Problem existiert, einwenden, dass dann immer noch das Problem der Reichweite beziehungsweise der Geringfügigkeit des individuellen Beitrags zu den globalen Problemen bestünde. Dafür bräuchte man immer noch Genmanipulation, sonst bestünde das „Bermuda-Dreieck der Auslöschung“ weiter. 

Das stimmt. Doch dafür gibt es seit langem einen nahezu perfekten, aber in vergangenen Jahrzehnten immer stärker unterdrückten Lösungsmechanismus: Den Markt. Gewährt man dem Privateigentum den hohen Platz in der Rechtehierarchie, der ihm zusteht – einschließlich des Rechts auf private Geldproduktion – dann löst sich das globale Wohlstandsgefälle zwar nicht auf, aber dessen Neigungswinkel wird abflachen und nicht länger regionalspezifisch ausgeprägt sein. Mit anderen Worten: Es wird aufhören, ein Problem zu sein. Die Umweltprobleme könnten ebenfalls durch den Markt gelöst werden, wenn man ihn denn ließe. Und zwar, indem Gerichte feststellen, wer wessen Privateigentum auf welche Weise geschädigt hat und wie hoch der Schadensersatz zu sein hat – statt „Experten“ der Sorte Savulescu, die Grenzwerte willkürlich festlegen und von ignoranten Bürokraten durchsetzen lassen. Die „Tragödie der Allmende“ – Gemeineigentum tendiert dazu, übernutzt zu werden – vermeidet man, indem man Gemeineigentum so weit wie möglich abschafft. Nicht, indem man es von sich noch so schlau haltenden „Experten“ „regulieren“ lässt.

So viele Gene kann man gar nicht manipulieren, die notwendig wären, solche Experten zu schaffen, die so allwissend und vorausschauend wären, dass sie die Umwelt maximal schützen können, ohne der Menschheit zu schaden. Vielleicht deswegen fügte Savulescu in seiner Rede vorsorglich mit ein, dass wir gefälligst einen „niedrigeren Lebensstandard“ zu akzeptieren hätten.

Savulescu steht für den modernen Turmbau zu Babel, dem sich die Herrscherklassen weltweit widmen – um den erheblichen Machtverlust auszugleichen, den sie seit der Industriellen Revolution erlitten haben. Um das zu erkennen, ist keine Verschwörungstheorie nötig, sondern lediglich ein Glaubensbekenntnis. Dieses hat Savulescu 2009 in Sydney abgelegt. Dass die Herrscherklasse und ihre Diener seinem Glaubensbekenntnis – „wir können, dürfen und müssen uns eine neue Menschheit erschaffen“ – anhängen, beweisen sie jeden Tag durch ihre Worte und Taten. Das historisch bisher einzig wirksame Gegengift ist ein anderes Glaubensbekenntnis, das dem eben erwähnten mit der Entschlossenheit einer höheren Autorität entgegenhält: „Du sollst das nicht tun.“  

Quelle:

Unfit for the Future – Genetically Enhance Humanity or Face Extinction (Rede von Julian Savulescu auf dem „Festival of Dangerous Ideas“ in Sydney, Australien, Oktober 2009, englisch)


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