18. Juli 2023 13:00

Guter Einkauf: Die örtliche Frittenbude Wo das Fett spritzt…

Ein Herz für die rustikalen Einzelkämpfer

von David Andres

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Bildquelle: Shutterstock Unterstützenswert: Traditionelle Pommesbuden und ihre Betreiber

Damit wir uns in einem Magazin, das den, wie Klimakinder und Salonsozis sagen würden, „entfesselten“ Kapitalismus feiert, nicht missverstehen – ich liebe die amerikanischen Ketten. Ein goldenes M an einem hohen Mast entlang der Autobahn, gerne auch nachts um zwei Uhr? Ich fahre ab. Die Flammen der angeblich so authentischen Grills von Burger King? Sie ziehen mich an. Pizza Hut, KFC, was Ihnen einfällt, Sie werden mich darin oder davor finden, versunken im Genuss der Nervennahrung, der fettig-salzig-süßen Unvernunft, dem Stinkefinger in Richtung aller freudlosen Ökotrophologen.

Aber, neulich abends, da erinnerte ich mich wieder. An das alte Herz. An die Nächte der Jugend in der Provinz, wo Kabutzen mit Namen wie „Die Schlemmerecke“ am Wochenende so lange geöffnet hatten, bis die letzten Betrunkenen aus dem Kneipenviertel ihren nächtlichen Hungeranfall befriedigt hatten. Denn neulich abends, da hielt ich nach einem langen, unnachgiebig terminreichen Tag irgendwo in einer Kleinstadt, die ich ob eines Staus auf der Autobahn durchquerte, auf dem Vorplatz einer solchen winzigen Frittenbude. Der Asphalt der Parkbucht quoll auf vor Wunden, aus denen Unkraut wuchs. Vor der Tür nur eine handbeschriebene Tafel und der Schwall des rustikalen Dufts, wie ihn bloß die echte Bude kennt, eine Mischung aus Freibadpommes der Kindheit und irgendwas mit Fleisch. Das Fenster lebte ohne Dekoration, der Blick fiel direkt auf die beiden Damen, die hinter der kleinen Theke Fritten oder Biftekiröllchen ins Fett warfen und auf der Hitzeplatte Würste wendeten. Ein Beistelltisch nahm Prospekte auf, die der Postbote, der örtlich gastierende Zirkus und ein Kneipenbetreiber mit Ü-40-Party dort hin geworfen hatten. Die Party war schon gewesen, der Zirkus lief noch vier Tage.

In Buden dieser Art gibt es kein Marketing, keine englischen Fantasiebegriffe, keine Schnörkel. Es gibt das Zigeuner und das Jäger, nicht mal der Zusatz „-Schnitzel“ geht den Damen über die Lippen, denn jeder weiß ja, was gemeint ist. Hier leben noch die Schaschlikspieße und der Krautsalat, die Currywurst wird mit der Schere geschnitten und bei einer Pommes Spezial verschwindet jedes bisschen krosse Kartoffel unter zwei halben Tuben Ketchup und Majo sowie Röstzwiebeln aus dem Eimer. Das ist der eine Grund, weshalb ich sie so liebe. Sie sind der noch größere, innigste Widerstand gegen alle Formen der Gesundheitsapostelei. Auf ihren Parkplätzen oder an ihren Stehtischen diese herzkranzverfettenden Wunderwerke jahrzehntelanger Tradition zu verspeisen, ist zutiefst befriedigend auf allen Ebenen. Vor allem, weil man rundherum ausschließlich Leute trifft, über welche die Charaktere der alten Tom-Gerhardt-Komödien gesagt hätten: „Endlich normale Menschen.“

Meine Unterstützung gilt diesen Buden aber auch, weil ich mir kaum vorzustellen vermag, wie schwer es die kleinen Unternehmer haben müssen, sich in Zeiten hoher Material- und immenser Energiekosten, Mindestlöhnen für legale Angestellte, immer neuen Vorschriften sowie einem Fiskus zu behaupten, der die logistisch Wehrlosen stets ganz besonders rannimmt wie der feige Schulhofschläger. Jeder Cent, den ich bei solchen Imbissen lasse, hat in diesem Sinne eine weitaus größere Wertigkeit als die 785. Bestellung des Tages am neutralen Digitalterminal des rotnasigen Clowns.

Gönnen Sie es sich auch mal wieder!


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