27. Oktober 2023 12:00

Politische Zustandsbeschreibung Weimarer Assoziationen

Grünspan an der Rampe

von Carlos A. Gebauer

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Bildquelle: penefoto / Shutterstock Obergrün*in Ricarda Lang: Polischer Restposten, der Grünspan angesetzt hat?

Günther Jauch bezeichnete politisches Personal der Bundesrepublik Deutschland kürzlich wenig schmeichelhaft als „politische Resterampe“. Das weckt Assoziationen an wertlose Waren, die nicht mehr in regulären Geschäften verkauft werden können, sondern stattdessen – um die Müllkippe zu vermeiden – auf dem Hinterhof irgendeines Betriebes lieblos für kleines Geld an Interessenten verscherbelt werden.

Jauch ist gedanken- und sprachgewandt genug, um die Wirkung seiner Begriffsbildung genau kalkuliert zu haben. Einem wie ihm, dem jahrzehntelangen Medienprofi, entgleitet eine solche Wortwahl nicht unbedachtsam. Nur kurz vorher hatte er in einem offenen Kanal des Regionalblattes „Trierischer Volksfreund“ gegen den wundersamen politischen Einfluss auf den unabhängigen öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland geätzt. Der Fernsehmeister ist offenbar genervt vom politischen Zustand des Landes.

Ich hatte diese beiden Ausflüge des einstigen Lieblingsschwiegersohns der Republik schon fast vergessen, als mir das Internet auf einem abendlichen Surfausflug ein Kurzvideo von Ricarda Lang vor die Augen spülte. Dort erläutert die Obergrüne einem nicht näher sichtbaren Publikum, warum ein Unternehmen nicht von dem gesteuert werden solle, der es aufgebaut habe oder dem es gehöre, sondern von allen, denen der Betrieb irgendwie dienlich sei. Allem Anschein nach muss die Politikerin zuvor mit dem Unterschied zwischen Shareholdern und Stakeholdern konfrontiert worden sein und sich dazu ein paar eigene Gedanken gemacht haben.

Dass das Ergebnis dieser protoakademischen Überlegungen wenig elaboriert daherkommt, kann nicht überraschen. Die ordnungspolitische Vision der gewichtigen grünen Stimme ähnelt damit nur zu folgerichtig den weithin bekannten Insolvenztheorien des Bundeswirtschaftsministers und den weltvermessenden Entfernungsangaben der Bundesaußenministerin. Wo Exzellenz sein sollte, herrscht ein Vakuum, wo Expertise glänzen müsste, schimmert matt ein wohlgekämmtes, fein gepudertes Nichts, wo ein demütiger Staatsmann staunend den Fähigkeiten aller Bürger zusehen könnte, schmiedet eine übermütige Disziplinlosigkeit wilde Pläne für immer groteskere Weisungen an das energieverarmte, überregulierte und von Abgaben ausgezehrte Gemeinwesen.

Als Kinder riefen wir uns zu „Angeschmiert!“, wenn einer den anderen hinter die Fichte geführt hatte. Heute ist das Brandenburger Tor angeschmiert und es werden Kameras hinter das Denkmal geführt. Was sich auf dem Pariser Platz nicht mehr verkaufen lässt, wird nun auf der anderen Seite der Quadriga verklappt. Währenddessen werden die Verhältnisse in Stadt und Land immer ruppiger. Ob die grünen Experten wohl wissen, warum die Weimarer Republik in Weimar gegründet wurde und nicht in Berlin?


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