02. März 2024 23:00

Unnötige Hürden zum Führerschein Fahrschulzwang macht keine Straße sicherer

Den Fahrlehrermangel kann die Politik leicht beenden

von Thorsten Brückner

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Bildquelle: RomanR / Shutterstock Fahrlehrer: Greifen auch schon mal gerne ins Lenkrad – oder vergreifen sich im Ton

„Wer nichts wird, wird Wirt“, heißt es ja oft. Mit meiner Erfahrung deckt sich dieser Spruch nicht. Vielleicht auch, weil wir hier im ländlichen Oberfranken mit ebenso rührigen wie geselligen Wirten gesegnet sind. Wirte bieten eine Leistung an, die wir freiwillig in Anspruch nehmen und ohne die zumindest mein Leben ein Stück ärmer wäre. 

Anders schaut es mit Berufen aus, die ihre ganze Existenzberechtigung ausschließlich auf staatliche Gesetzgebung zurückführen können. Ein solcher Job ist der Beruf des Fahrlehrers. Würde nicht der Staat Theorie- und Fahrstunden in einer Fahrschule als Bedingung für den Erwerb des Führerscheins verlangen, wer würde dann so viel Geld ausgeben, um eine doch vergleichsweise banale Sache wie das Fahren eines Autos zu lernen? In den meisten Bundesstaaten der USA ist es üblich, dass Teenager oder junge Erwachsene das Fahren bei den Eltern, Geschwistern oder Freunden erlernen. 

Meine Frau etwa fährt Auto, seit sie 14 Jahre ist. Die ersten zwei Jahre zunächst in Begleitung der Eltern, danach alleine. Im Bundesstaat Kansas ist das bis heute möglich. Als sie mit 16 Jahren ihre Prüfung ablegte, hatte meine Frau bereits Tausende Meilen an Fahrpraxis unter den Rädern. Nur wenige Staaten verlangen einen Nachweis über Übungsstunden. Darunter hat ironischerweise der „Live Free or Die“-Staat New Hampshire, zumindest auf dem Papier, die restriktivsten Anforderungen. Auch Texas gehört seltsamerweise zu den wenigen Staaten, die den Nachweis von Fahrstunden für Erwachsene fordern, die den Führerschein neu erwerben wollen. Zahlreiche Bundesstaaten haben entsprechende Regelungen für Minderjährige. Die Fahrprüfungen sind jenseits des Atlantiks allerdings oft ein Witz und verdienen den Namen kaum. Wer in der Lage ist, ein Stoppschild zu lesen und die Spur zu wechseln, sollte über ausreichend kognitive Fähigkeiten verfügen, um in Amerika einen Führerschein erwerben zu können. 

Mein Weg zum Führerschein in Deutschland war da doch wesentlich steiniger. Ich weiß nicht, ob dies ein bundesweites Phänomen ist, aber zumindest hier bei uns in der Region handelt es sich bei sehr vielen Fahrlehrern um ehemalige Bundeswehr-Angehörige. Das merkt man dann auch am Ton. Im Nachhinein bereue ich es, dass ich damals nicht einfach rechts rangefahren und ausgestiegen bin, als mein Fahrlehrer mich mal wieder im Kommandoton anbrüllte. Der Ton würde sich schnell ändern, wenn es kein Fahrschulmonopol mehr geben würde und der Bundeswehr-Brüllaffe potenzielle Fahrschüler davon überzeugen müsste, warum sie besser für Geld bei ihm lernen statt gratis bei den Eltern.

Wer nichts wird, wird also Fahrlehrer? Reimt sich nicht und stimmt auch nicht in allen Fällen. Nach zwei Bundeswehr-Fahrlehrern geriet ich dann Gott sei Dank an einen Fahrlehrer, der mir die Grundkenntnisse mit der nötigen Menschlichkeit vermittelte. Zumindest das für all das Geld, das mich der Staat genötigt hat, bei ihm zu lassen. Über das Gejammer, es gebe immer weniger Fahrlehrer, kann ich nur den Kopf schütteln. Es läge an der Politik, die „besonderen Ausbildungsfahrten“ abzuschaffen, und schon gäbe es keinen Fahrlehrermangel mehr. 

Das Problem geht jedoch über das Fahrschulmonopol und die Zwangsfahrstunden hinaus. Denn das eigentliche Übel ist grundsätzlicher: nämlich, dass der Staat entscheidet, wer fahren darf und wer nicht. Was qualifiziert den Staat dazu? Ich behaupte mal kühn: Könnte jeder einfach ohne Führerschein sein Auto auf deutschen Straßen bewegen, gäbe es allerhöchstens vorübergehend mehr Verkehrstote. Es ist schwierig, diese These durch Vergleiche zu untermauern, da so ziemlich jedes Land der Welt einen Führerschein für die Teilnahme am Straßenverkehr vorschreibt. Aber ist es nicht erstaunlich, dass sich in der Liste der verkehrssichersten Länder dann ausgerechnet Länder wie die Schweiz, Singapur, die Niederlande oder Schweden finden, wo Zwangsfahrstunden unbekannt sind?

Dann gibt es noch Länder wie Indien, wo man für den Führerschein nicht mal eine Fahrprüfung ablegen muss, sondern einfach Bargeld auf den Tisch legt und seine Fahrlizenz bekommt. Gleiches gilt auch für die mexikanische Hauptstadt Mexico City, wo man einen Führerschein für etwas über 30 Euro erwerben kann. Wie unterscheidet sich denn bitte mit Blick auf die Verkehrssicherheit eine Fahrlizenz ohne jede Prüfung von gar keiner Fahrlizenz? Die hohe Zahl von Unfällen in Indien und Mexiko der Tatsache zuzuschreiben, dass dort keine oder regional keine Führerscheinprüfung abgelegt werden muss, ist übrigens mehr als abenteuerlich und offenbart eine ziemlich eindimensionale Sichtweise. Im Vergleich der lateinamerikanischen Länder etwa liegt Mexiko bei der Zahl der Verkehrsunfälle Jahr für Jahr eher im hinteren Drittel. Also bitte keine Äpfel mit Birnen vergleichen! Privathaftung halte ich in puncto Verkehrssicherheit übrigens für einen wesentlich wichtigeren Aspekt als irgendwelche ziemlich willkürlichen Regierungslizenzen.

Während man die hohen Anforderungen in Deutschland ganz sicher nicht mit Fahrsicherheitserfordernissen begründen kann, glaube ich aber auch nicht, dass es bei der Lizenzierungspraxis nur um Geld geht. Auch der Kontrollaspekt sollte nicht außer Acht gelassen werden. Nehme ich jemandem den Führerschein weg, bedeutet das für Menschen hier im ländlichen Bayern auch ganz oft den Verlust des Arbeitsplatzes. Wenn der Staat Menschen den Führerschein abnimmt, vernichtet er dabei nicht selten Existenzen. Was liegt da also näher, als mit der Drohung des Führerscheinentzugs die Bürger zu erwünschteren Verhaltensweisen zu erziehen? Diese Gefahr wird gerade mit der derzeit fortschreitenden Ideologisierung aller Lebensbereiche immer realer.

Bereits 2015 hat der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, gefordert, Hass-Kommentare im Internet mit dem Verlust der Fahrlizenz zu bestrafen. Mit Geldstrafen beeindrucke man die Täter nicht, so der selten um ein autoritäres Statement verlegene Wendt damals. „Hier wäre zum Beispiel der Führerscheinentzug das richtige Mittel.“ Auch der seit 2017 mögliche Führerscheinentzug bei verkehrsunabhängigen Delikten hat hier die Tür ein Stück weiter für staatliche Schikanen geöffnet.

Finden Sie, dass das, was Sie täglich auf deutschen Straßen so erleben, in Einklang zu bringen ist mit den angeblich weltweit höchsten Standards an Führerscheinausbildung und Prüfung? Ich wurde einmal in meinem Leben als Fußgänger von einem Auto angefahren. Nicht in den palästinensischen Gebieten oder Jordanien, nicht in Albanien oder Mazedonien, noch nicht mal auf Kuba, sondern im hessischen Wetzlar. Von einer Linksabbiegerin, die, während ich noch auf der Straße lag, stammelte: „Aber ich hatte doch Grün“, bevor sie wieder ins Auto sprang und Fahrerflucht beging. An diesen Moment denke ich gerne zurück, wenn ich von den angeblich superhohen deutschen Standards höre. Common Sense und Rücksichtnahme lernt man eben nicht in der Fahrschule. 

Ich habe so richtig gut Auto fahren erst Jahre später in Albanien gelernt. Als Fahrlehrerin saß diesmal meine Frau neben mir. Albanische Autofahrer habe ich übrigens entgegen landläufigen Vorurteilen als überwiegend sehr zurückhaltend, kooperativ und umsichtig wahrgenommen. Und auch die dortigen Straßen sind oft besser als ihr Ruf – mit ein paar Ausnahmen. Und anders als ihre deutschen Kollegen, ganz zu schweigen von den Straßenräubern in Slowenien und Kroatien, lassen albanische Polizisten Ausländer in der Regel auch dann unbehelligt, wenn die mal etwas flotter unterwegs sind. 


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