20. März 2024 07:00

Streik im öffentlichen Sektor Entlasst die Lokführer!

Warum die GDL und ihr Streik verboten werden sollten

von Oliver Gorus

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Bildquelle: Pusteflower9024 / Shutterstock GDL-Bahnstreiks: Reisende müssen derzeit in Deutschland ständig mit Zugausfällen rechnen

Es gibt für niemanden, nirgendwo, niemals ein Recht auf Streik gegen die öffentliche Sicherheit!“ Dieser Satz stammt von Calvin Coolidge, einem der besten und erfolgreichsten Präsidenten der USA überhaupt. Damals, 1918, als er sich mit der Polizeigewerkschaft angelegt hatte, war er noch nicht Präsident, sondern Gouverneur von Massachusetts. In dieser Zeit hatte der Kommunismus auch in Nordamerika Fuß gefasst; eine Folge davon waren etliche Gewerkschaftsgründungen, unter anderem auch die der Polizisten.

Die Gewerkschaftsführer forderten Gouverneur Coolidge auf, entlassene Polizisten wieder einzustellen. Coolidge lehnte ab. Die Gewerkschaft streikte. Der Gouverneur sandte den Führern ein Telegramm, das in den ganzen USA öffentlich bekannt wurde. Es enthielt den eingangs erwähnten Satz: Kein Recht auf Streik! Coolidge stellte nicht nur die entlassenen Polizisten nicht mehr ein, nein, er entließ auch kurzerhand sämtliche Polizisten, die gestreikt hatten. Und das mit vollem Recht.

Das fanden auch die Einwohner von Massachusetts, die ihn feierten und mit 61 Prozent der Stimmen wiederwählten. Die Beliebtheit, die er sich als Gouverneur mit Law and Order erwarb, spülte ihn auch ins Weiße Haus, zuerst als Vizepräsident, dann nach dem Tod seines Vorgängers Harding auch als Präsident, von 1923 bis 1929.

Don’t mess with Ronald Reagan!

Ein anderer, sehr erfolgreicher und bis heute einer der beliebtesten, ja verehrtesten Präsidenten der USA, Ronald Reagan, machte 1981, im dramatischen ersten Jahr seiner Präsidentschaft, ähnliche Erfahrungen: Die beim Staat angestellten Fluglotsen forderten mitten in eine schwierige Wirtschaftslage hinein eine drastische Lohnerhöhung von 36.000 Dollar auf 46.000 Dollar, also knapp 28 Prozent mehr Geld, höhere Renten und eine 32-Stunden-Woche. Reagan sagte Nein. Die Fluglotsen streikten, und zwar fast alle: 13.000 von 15.000 gingen in den Ausstand, um den Staat, also alle Steuer zahlenden US-Bürger zu erpressen. Aber sie waren bei Reagan an den Falschen geraten.

Nicht die Maßlosigkeit der Forderungen ließen den Präsidenten hart werden, sondern die Illegalität des Streiks, der deshalb gesetzwidrig war, weil er dazu geeignet war, die ganze Nation in Not zu stürzen: Der gewollte Zusammenbruch des Verkehrs nimmt ein ganzes Volk in Geiselhaft und schadet der gesamten Wirtschaft und damit allen Bürgern.

Noch am Abend des ersten Streiktags trat Reagan vor die Presse und wandte sich wie Coolidge 63 Jahre zuvor an die Öffentlichkeit: Wer nicht binnen 48 Stunden an seinen Arbeitsplatz zurückkehre, werde gefeuert. Kurz darauf beschloss der Kongress ein lebenslanges Wiedereinstellungsverbot für die Streikenden.

Aber der Kampf hatte erst begonnen und erstreckte sich über Monate. Nur etwa 1.800 Lotsen lenkten ein. Die Gewerkschaft rief andere Gewerkschaften zu Hilfe, um aus „Solidarität” das ganze Land lahmzulegen, aber die anderen Gewerkschaftsführer sahen ihre Verantwortung für das große Ganze und scheuten den Generalstreik.

Die Luftfahrtbehörde versuchte, den Flugverkehr in einer gewaltigen Kraftanstrengung aufrechtzuerhalten, indem sie kurzerhand Fluglotsen in Schnellkursen einlernte und Militärangehörige auf den Verkehrsflughäfen landesweit einsetzte. Und Reagan behielt die Oberhand: Die Streikposten, die mit Gewalt versuchten, die neuen Fluglotsen als „Streikbrecher“ von ihrer Arbeit abzuhalten, wurden festgenommen, die mit 3,5 Millionen US-Dollar gut gefüllte Streikkasse wurde beschlagnahmt, die Gewerkschaft wurde verboten – und der Flugverkehr brach nirgends zusammen. Der Präsident ging als Sieger aus der Auseinandersetzung hervor, obwohl er zwischendurch bei einem Attentat von einem Verrückten angeschossen worden war. Sein erstes Jahr als Präsident war hart. Aber Reagan war härter.

Selbstregulation

Warum hatten Coolidge und Reagan recht? Aus dem gleichen Grund, warum die von der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer GDL vertretenen Lokführer im Deutschland des Jahres 2024 kein Recht auf Streik haben!

Sowohl die Lokführer als auch die Fluglotsen als auch die Polizisten waren und sind de facto Staatsangestellte. Es sind Mitarbeiter im öffentlichen Sektor. Die Deutsche Bahn ist zwar formal eine Aktiengesellschaft, ist aber zu 100 Prozent im Staatseigentum und sie hat ein Monopol inne. Und das ist etwas grundlegend anderes, als wenn in der freien Wirtschaft gestreikt wird. Diese Differenzierung wird immer wieder übersehen, und insbesondere die unternehmerfeindliche gesellschaftliche Linke wirft regelmäßig die Streiks im öffentlichen Sektor mit denen im Privatsektor in einen Topf. Es ist aber nicht dasselbe.

Wenn sich in der freien Wirtschaft Mitarbeiter rechtmäßig in einer Gewerkschaft zusammenschließen und für bessere Arbeitsbedingungen oder ein besseres Gehalt kämpfen, indem sie die Arbeitgeber durch ihr vertragswidriges Fernbleiben von der Arbeit erpressen, dann werfen sie damit eine real vorhandene relative Verhandlungsmacht in den Ring, denn die Arbeitgeber sind auf die Mitarbeiter in relativem Maße angewiesen.

Beide Seiten haben ein grundsätzlich zuwiderlaufendes materielles Interesse: Die Arbeitgeber wollen möglichst wenig Geld für möglichst viel Arbeit bezahlen und die Arbeitnehmer wollen möglichst viel Geld für möglichst wenig Arbeit erhalten. Dieser Interessenkonflikt muss ausgehandelt werden und wenn das nicht am Verhandlungstisch gelingt, lassen beide Seiten eben die Muskeln spielen. Aber die Opfer, die in diesem Kampf für die eigenen Interessen erbracht werden, beschränken sich auf die bestreikten Betriebe und ihre Mitarbeiter.

Wenn während des Streiks das Unternehmen seine Leistungen nicht erbringen kann, dann wandern die Kunden in einer privaten Marktwirtschaft schlicht und kurzerhand zur Konkurrenz ab, was dem Unternehmen schadet. Doch was dem Unternehmen schadet, schadet letztlich auch den Arbeitnehmern, denn wenn sie es übertreiben, muss das Unternehmen Arbeitsplätze streichen, um den entgangenen Umsatz aufzufangen und Kosten einzusparen, wenn es nicht Konkurs gehen will.

Die Streikenden können so zwar das Unternehmen potenziell in die Knie zwingen, aber sie gehen mit in die Knie und schießen sich damit potenziell in die Arbeitslosigkeit. Streiks in der freien Wirtschaft sind also ein Phänomen eines insgesamt stabilen, sich selbst regulierenden komplexen Systems: Streiks dämmen sich selbst ein, weil die Streikenden den Preis dafür mitbezahlen.

Auch die Arbeitgeber machen eine Rechnung auf: Ist es billiger, den Streik auszusitzen oder den Arbeitnehmern mehr zu bezahlen? Am Ende findet sich immer ein Kompromiss, bei dem beide Seiten in der Gegenwart einen begrenzten Preis bezahlen, um in der Zukunft besser dran zu sein.

Parasitäre Streiks

Ganz anders bei Streiks im öffentlichen Sektor: Wenn Staatsmitarbeiter streiken, ist das Risiko des Arbeitsplatzverlustes vergesellschaftet: Die Bahn kann nicht pleitegehen, denn sie wird zur Not mit Steuergeld gestopft. Zu hohe Gehälter und die Kosten des Streiks bezahlen also völlig Unbeteiligte. Und die Kunden können nicht zur Konkurrenz abwandern, weil die Bahn ein Staatsmonopolist ist. Ja, sie können temporär aufs Auto, auf den Flugverkehr oder auf Busse ausweichen, aber die Bahn selbst hat keine direkte Konkurrenz, die ein problemloses und kostenfreies Umsteigen ermöglicht. Die Passagiere sind die Leidtragenden und zahlen einen mitunter hohen Preis in Form von Zeit oder Geld. Und das nur dafür, dass eine kleine Minderheit ihre Interessen auf Kosten einer riesigen Mehrheit durchsetzen will. Die Lokführer nehmen Unbeteiligte in Geiselhaft, genauso wie das die US-Fluglotsen 1981 und die Polizisten in Massachusetts 1918 gemacht haben.

Die Lokführer wollen einfach nur mehr haben, und zwar gewaltig. Aber sie bringen dafür keinen persönlichen Einsatz wie Streikende in der freien Wirtschaft. Sie schaden der ganzen Bevölkerung und belasten die Wirtschaft, die Steuerzahler und die Fahrgäste.

Mit den krassen Forderungen und den Interessenskonflikten der GDL brauche ich da gar nicht erst anzufangen: Diese Gewerkschaft hat selbst eine Leiharbeiterfirma namens „Fair Train“ als Genossenschaft gegründet. Durch ihre Forderungen nach Arbeitszeitverkürzung will sie im Prinzip mehr Arbeitsplätze durchsetzen, was ihrem eigenen Leiharbeitsgeschäft einen Vorteil und mehr Profit verschaffen würde. Dass so eine Konstruktion nicht in Ordnung ist, sieht jeder.

Aber ohnedies: Wer das Privileg des Monopolisten genießen will und als beim Staat Beschäftigter ohnehin potenziell auf Kosten jener arbeitet, deren Privateigentum mit Zwang und Gewalt vom Staat eingezogen wird, um die Arbeitsplätze im öffentlichen Sektor zu sichern, der kann nicht obendrauf auch noch alle Bürger schädigen, indem er seinen Monopolisten bestreikt. Wer die Sicherheit des Staatsmonopols im Kreuz haben will, muss auch den Preis dafür bezahlen.

Aus diesem Grund müsste in einem strengen und gerechten Rechtsstaat der Streik im öffentlichen Sektor generell verboten werden, die Bahn sollte die Lokführer entlassen. Und die GDL und alle anderen Gewerkschaften im staatlichen Teil der Wirtschaft, also im öffentlichen Sektor, sollten verboten werden.

Einen Staatsmann vom Schlage eines Calvin Coolidge oder eines Ronald Reagan wird man aber in der linkshinkenden Parteienherrschaft der spätherbstlichen Bundesrepublik Deutschland nicht mehr finden.


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