04. Mai 2024 06:00

Freiheit – was bist du? Freiheit kommt, Freiheit geht

Macht sie süchtig?

von Manuel Maggio

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Bildquelle: New Africa / Shutterstock „Das ist der Weisheit Schluss: Nur der verdient sich Freiheit wie das Leben, der täglich sie erobern muss“ (Johann Wolfgang von Goethe)

Freiheit – was bist du eigentlich? Da du mir bekannt bist, habe ich Verlangen nach dir. Dein Abhandenkommen macht mir große Sorgen; daher stelle ich mir die Frage: Was wäre, wenn ich nie von dir erfahren hätte?

Wer einmal verstanden hat, was es bedeutet, frei zu sein, der wird – so könnte man meinen – diesen Gedanken auch nicht mehr los. Ist das aber wirklich so? Ist der Drang nach Freiheit etwas Unumkehrbares, eine Art Einbahnstraße? Meine Beobachtungen haben mir gezeigt, dass man sehr wohl auch wieder dieses Bewusstsein in Bezug auf die eigene Freiheit verlieren kann. Wieso kommst und gehst du wieder, Freiheit? Wieso bleibst du nicht einfach da und breitest dich immer weiter aus?

Es gab eine Zeit, als ich dachte, dass Freiheit so etwas wie ein ansteckender Virus sei. Wer einmal damit infiziert sei, komme nicht mehr davon los. Mein heutiger Kenntnisstand ist ein anderer. Freiheit vergeht, wenn sie nicht gepflegt und geschützt wird – ähnlich wie eine Freundschaft. Gute Freundschaften werden auch immer wieder auf die Probe gestellt, und so in etwa sehe ich es auch mit der Freiheit. Es lauern unendlich viele Gefahren und Verführungen, denen man, wenn man nicht aufpasst, schnell aufsitzen kann. Ist es nicht so, dass sich die Unfreiheit im Gewand der Freiheit tarnt? Oft ist der Weg einer vermeintlichen Freiheit so verlockend und erscheint viel einfacher als der Weg der echten Freiheit. Daher ist es auch kein Wunder, dass viele Menschen im Laufe ihres Lebens in eine dieser Fallen tappen. Anders kann ich es mir nicht erklären. Die Freiheit hat also auch etwas Flüchtiges an sich. Etwas, auf das man achtgeben muss, da es anderenfalls einfach weg ist – quasi in Luft aufgelöst.

Von allen Lebewesen auf dieser Erde kennen nur wir Menschen die Idee von Freiheit. Ist dies auch der Grund, wieso wir sie wieder verlieren können? Wenn ich auf die Geschichte unserer Vorfahren blicke, dann erkenne ich Wellen der Freiheit – ein ständiges Auf und Ab. Einmal waren die Menschen hier sehr frei, dann wieder in einem totalitären System gefangen. Es fällt mir schwer, dies in Worte zu fassen, aber es fühlt sich nicht linear an. Die Entwicklung des Menschen hat nicht mit Unfreiheit begonnen, um sich dann immer weiter in Richtung Freiheit zu entwickeln. Würden wir unter diesem Aspekt die letzten 1.000 Jahre unserer Geschichte betrachten und Punkte vergeben, die den Grad der Freiheit der Menschen zur entsprechenden Zeit beschreiben, dann wäre ich nicht überrascht, wenn in einer entsprechenden Tabelle kein stetiges Wachstum zu erkennen wäre. Wie viel von der Freiheit unserer Vorfahren ist heute überhaupt noch übriggeblieben? Wie frei waren Menschen zum Beispiel im Jahr 1920 im Vergleich zu heute? Auf der einen Seite ist das Bewusstsein und somit auch die Erkenntnis von Freiheit durch das Internet um ein Vielfaches einfacher zu erlangen, auf der anderen Seite sind beispielsweise Smartphones und soziale Medien ein Zeitfresser und Ablenkungsmanöver vom eigenen Sein. Was ich damit sagen möchte: Trotz der Unmenge an Wissen und Informationen zum Thema Freiheit sind die Gefahren und Verführungen heute trickreicher und häufiger als noch vor 100 Jahren. Somit erkläre ich mir auch den heutigen Grad an Unfreiheit, den wir trotz der Möglichkeit, jederzeit an entsprechende Inhalte und Literatur zu kommen, haben.

Macht Freiheit süchtig?

In meinem Fall kann ich diese Frage mit einem klaren Ja beantworten, doch lässt sich dies keineswegs bei allen Menschen beobachten. Freiheit sei eine Droge, habe ich einmal gehört. Doch beim Vergleich der Eigenschaften von harten Drogen mit jenen der Freiheit sehe ich wenig Gemeinsamkeiten. Das Gegenteil von Freiheit, auch Politik genannt, scheint mir da näher am Vergleich mit den Drogen zu liegen. Freiheit ist daher weniger wie eine Droge, bei der man sofort in Abhängigkeit gerät; vielmehr muss sich der Konsument von Freiheit stets selbst darum bemühen, den Gefallen am Rausch der Freiheit nicht zu verlieren. Freiheit ist nicht wie Süßigkeiten, die man einfach willenlos in sich hineinstopft. Ein Dealer von Freiheit hat es sehr schwer und muss jeden einzelnen Kunden jeden Tag erneut von seiner Abhängigkeit überzeugen, bis es einmal wirklich Klick gemacht hat. Das Verteilen von Gratisfreiheitsproben, um die Konsumenten langsam, aber sicher süchtig zu machen, funktioniert einfach nicht. Wenn ich Freiheit mit einem Gericht vergleichen würde, dann wäre das ein ehrlicher Brotlaib, den man selbst am Lagerfeuer gebacken hat: etwas trocken, teilweise verbrannt und geschmacklich nicht der Brüller – aber genau so ist das mit der Freiheit. Wäre Freiheit eine Droge, dann wäre der Rausch kein Flug, auf dem man high ist, sondern es wäre eine anstrengende Wanderung, bei der man sehr geerdet und auf sich allein gestellt ans Ziel gelangt.


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