26. Januar 2023 13:00

Verfilzt wie Dreadlocks Die vierte Gewalt ist ein Mythos

Politik und Medien sind eins

von Sascha Koll

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Würden Sie für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk arbeiten, könnte die Krönung Ihrer Arbeit ein Posten in der PR-Abteilung der Regierung sein. Aber auch beim „Spiegel“, bei der „Zeit“ oder auch der „Süddeutschen Zeitung“ hätten Sie gute Chance auf eine Stelle als Verkünder der frohen Botschaften der Herrscherklasse. Der Wechsel vom Journalismus in die Propaganda-Abteilung der Regierung ist kein neues Phänomen. Seit der frühen 50er Jahren tummeln sich ehemalige Journalisten in den Reihen der Regierungssprecher. Angefangen bei Felix von Eckardt, dem ehemaligen Chefredakteur des „Weser-Kurier“ von 1952 bis 1955 bis hin zum letzten Regierungssprecher Steffen Seibert, der frisch aus dem Hause des ZDF kam und ganze zehn Jahre Merkels Sprachrohr war. Heute ist Steffen Hebestreit der aktuelle Regierungssprecher. Auch er hat sich zuvor durch etliche Medienhäuser geschrieben.

Jetzt könnte man verständlicherweise einwenden, dass das Profil eines Journalisten perfekt zu den Anforderungen eines Pressesprechers passt. Gute Sprachkenntnisse in Wort und Schrift, komplexe Sachverhalte verständlich erklären zu können und ein Verständnis für die Medienwelt sind in der Politik sicher sehr gefragt. Doch wenn Demokraten von der vierten Macht im Staat sprechen, muss man doch gelegentlich mal hinterfragen, wie unabhängig dieses angebliche Korrektiv der Medien überhaupt ist.

Ich wage zu behaupten, dass sich Regierungen und Minister nicht ihre Gegenspieler, sondern die Wohlgesonnenen der Medienbranche für die Tätigkeit als ihre Sprecher aussuchen. So muss auch im aktuellen Fall die Frage gestellt werden: „Wie unabhängig sind Beiträge von Journalisten gegenüber Politikern, die kurze Zeit später in den Genuss eines Sprecherpostens kommen?“ So äußerte sich der ARD-Korrespondent und neue Sprecher des Verteidigungsministeriums Michael Stemple in einem Beitrag äußerst positiv über seinen zukünftigen Arbeitgeber Boris Pistorius: „Neuer Verteidigungsminister Pistorius – ein Vollblutpolitiker, der anpackt“. Mehr Anerkennung für den SPD-Politiker Pistorius geht wohl kaum. Wonach mag der Stiefel wohl geschmeckt haben?

Aber machen wir uns nichts vor. Wer die Presselandschaft das letzte Jahrzehnt genauer betrachtete, wird festgestellt haben, dass sie hauptsächlich aus Stiefelleckern besteht, neben den Journalisten, die die Regierung nur kritisieren, wenn noch nicht genug Sozialismus gemacht wird. Ich bekomme den Eindruck, dass viele hochrangige Journalisten gezielt auf eine Sprecher-Position in der Regierung hinarbeiten. Allgemein fällt auf, dass gerade junge Journalisten gerne nette Selfies mit ihren Lieblingspolitikern machen. Journalisten umgeben sich gerne mit Politikern. Vermutlich, weil die meisten Journalisten auch ungehemmt als politische Aktivisten auftreten. Besonders auffallend ist das bei den Themen Klima, Corona, Kernkraft, Wohnen und Soziales. Man kann nicht mehr genau sagen, ob die Medien die Politik vor sich hertreiben oder ob es Zufall ist, dass sie alles frenetisch beklatschen, was die Mäuler der Politiker verlässt.

Ehrlicher wäre es, wenn sich Politiker bei den unzähligen Werbe- und PR-Agenturen bedienen würden. Es ist eines Journalisten unwürdig, sich als Marionette der Machthaber, mit denen man angeblich zuvor hart ins Gericht gegangen ist, herzugeben. Wenn die Unabhängigkeit mit ein paar weniger hübsch bedruckten Papierscheinen und einer als ehrenvoll betrachteten Aufgabe über Bord geht, wird auch vorher kein getrenntes Verhältnis bestanden haben. Wie bereits oben geschrieben, suchen sich Politiker wohl eher die Speichellecker für den Posten aus als kritische Journalisten. Vielleicht ist auch ein wenig Belohnung für vergangene genehme Berichterstattung dabei. Die Nähe zwischen Politik und Journalismus ist jedenfalls unbestreitbar und aus Kreisen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks liest und hört man immer wieder zwischen den Zeilen, dass es nicht um Berichterstattung geht, sondern darum, den Politikern den Arsch zu retten, wenn das Volk mal wieder auf die Straßen drängt. Politik und Hauptstrom-Medien sind bereits eins, die meisten Journalisten sind längst freiwillige Pressesprecher.


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