08. April 2023

Lasst uns die verlorenen Eier suchen Ostern und der Angsthase

Gegen den Einheitsbrei der Mutbefreiten

von Manuel Maggio

Da morgen Ostern ist, wollte ich passend zum Thema schreiben oder zumindest versuchen, eine gute Metapher zu finden, die mir als Vorlage für die heutige Kolumne dienen kann. Mein erster Gedanke galt den Eiern und der, wie ich finde, eierlosen Gesellschaft heutzutage. Es ist alles so weichgespült und politisch korrekt, dass ich mir wünschen würde, wieder etwas mehr Mut in Songtexten, Artikeln und Videobeiträgen zu finden. Wo sind die ganzen Rebellen hin? Was ist mit den Campinos von gestern, wo sind die Punks von damals? Die Liste wäre sehr lang, wenn ich alle Künstler oder Publizisten aufzählen würde, die sich einst kritisch gegenüber Herrschaft und staatlicher Bevormundung geäußert haben, aber jetzt zum Sprachrohr der Staatspropaganda geworden sind.

Aber nicht nur den Textern und Musikern fehlen meiner Meinung nach die Eier – vielmehr beginnt es bereits bei der Nachfrage nach kritischer Literatur oder Kunst generell. Wo sind die Fans der Toten Hosen von damals hin? Ich frage mich, ob diese mittlerweile auch alle genauso weichgespült und regierungskonform wie ihre einst so rebellischen Vorbilder sind? Einiges spricht dafür, denn wenn wir uns an der Impfquote orientieren, sind es knapp 80 Prozent unserer Mitmenschen in diesem Land, die einem Staat blind folgen, wenn die „Gefahr“ nur groß genug ist. Insofern ist auch von Fans solcher umgefallenen Freiheitskämpfer kein Protest zu erwarten.

Ich hatte mich vor einiger Zeit zu dem Gedanken einer seelenlosen beziehungsweise geistlosen Gesellschaft geäußert und darüber, wie sich diese auf uns und die Umwelt auswirkt. Ich gehe davon aus, dass wir es hier mit einem ähnlichen Effekt zu tun haben, nämlich mit der Entmenschlichung oder Entseelung der Menschen. Es fehlt an echten authentischen Publizisten ebenso wie an eigenständig denkenden Künstlern. Die Angst aufzufallen oder anzuecken, treibt Konsumenten und Akteure gleichermaßen in die Enge und veranlasst viele, sich dem Tenor und den Inhalten der breiten Masse anzugleichen. Die Normopathie ist in meinen Augen ein Teufelskreis, der auf der einen Seite die Macher von Inhalten beeinflusst, aber eben auf der anderen Seite auch die Konsumenten so sehr in der Normalität gefangen hält, dass Einheitsbrei erfolgreich ist und individuelle Kunst nicht mehr die nötige Wertschätzung erfährt. Wie könnte man diesen Kreislauf durchbrechen? Ich sehe diesbezüglich zwei Möglichkeiten: Entweder werden Leser, Hörer oder Fans mutiger und geben kritischen Inhalten die nötige Aufmerksamkeit, oder Publizisten und Künstler erkennen ihr Dilemma und beginnen damit, sich aus den Tentakeln der Staatsindoktrination zu befreien und wieder neue kreative Wege einzuschlagen.

Ich hoffe Sie verstehen, was ich meine. Das Phänomen, keine Eier zu besitzen, ist nicht nur auf Künstler oder Publizisten beschränkt – auch ich hatte teilweise in den letzten Jahren meine Eier verloren, als ich zum Beispiel, um Stress aus dem Weg zu gehen, beim Einkaufen eine Maske getragen habe – nur weil es alle gemacht haben und ich nicht auffallen wollte. Ja, es ist so, ich schäme mich dafür, derart bequem gewesen zu sein.

Wenn wir gerade bei einer Gesellschaft ohne Rückgrat und Eier sind: Was ist eigentlich mit Menschen los, die sich den Corona-Regeln gebeugt, sich im schlimmsten Fall mehrfach der Spritze unterzogen haben und jetzt neue Erkenntnisse erlangt haben und der Meinung sind, man habe sie getäuscht und betrogen? Wäre dies nicht ein guter Zeitpunkt, um Kritiker zu unterstützen und selbst laut zu werden? Man muss ja nicht gleich ein Querdenker-Shirt anziehen und ein Fanboy von Michael Ballweg sein. Wo sind die Einsicht und die Bereitschaft, Fehler einzugestehen, bei vielen Menschen nur hin? Mir kommt es so vor, als würden alle Mitläufer und Mittäter der letzten Jahre einfach hoffen, dass die Zeit schon alles richten werde. Die Zeit mag viele Wunden heilen, doch die Enttäuschung und das Entsetzen, was ich immer noch verspüre, wird nicht einfach so weggehen. Ich bin über die Bereitwilligkeit meiner Mitmenschen, andere Menschen zu körperlichen Eingriffen zu zwingen, immer noch erschüttert und irgendwie aus den Fugen geraten. Wenn ich ehrlich bin, nervt es mich enorm, dass alle so tun, als sei nichts gewesen.

Abschließend möchte ich auf den Osterhasen zu sprechen kommen, der für mich in diesen Tagen einen Angsthasen symbolisiert. Wegrennen mag in einigen Notsituationen die richtige Wahl sein, aktuell befinden wir uns aber gesellschaftlich in einer Lage, in der dies keinen Sinn macht, da es fast keinen Ort mehr gibt, auf den das Gewaltmonopol des Staates nicht zugreifen kann. Wer denkt, er könne einer Krise wie dieser durch Auswandern entfliehen, kann sich leider in vielen Fällen sehr schnell täuschen. Ich erinnere mich da an Tansania und den Tod des coronakritischen Präsidenten. Ein Regime kann sich heute so schnell ändern, dass man kaum noch von sicheren Paradiesen zum Auswandern sprechen kann.

Was bleibt, sind die Suche nach meinen eigenen Eiern vor meiner eigenen Haustüre und das Ermutigen aller Angsthasen, sich mal wieder etwas zu trauen, was nicht der Norm entspricht. Ein klares und vor allem lautes Nein könnte, wie ich finde, oft schon so vieles bewegen. Bei den kleinen alltäglichen Verbrechen an der Freiheit und der Menschheit nicht mitzumachen und bereit zu sein, dafür auch die Verantwortung zu übernehmen, scheint mir heutzutage eines der Schlüsselelemente zu sein, wenn es um die Frage Freiheit oder Sklaverei geht.


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