11. November 2023 07:00

Feindbild Islam Mein Besuch in Marokko 2014 – das habe ich daraus gelernt

Dialog oder pures Schwarz-Weiß-Denken

von Manuel Maggio

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Bildquelle: Soptnicki / Shutterstock Muslimisch geprägtes Marokko mit gastfreundlichen Menschen: Ein Land wie aus tausendundeiner Nacht

In meiner letzten Kolumne habe ich von der These der Migrationsfalle geschrieben. Damit meine ich die bewusste Flutung von Europa mit Migranten aus muslimischen Ländern, um damit Spannungen bis hin zu einem möglichen Weltkrieg erzeugen zu können. Die aktuelle Front verläuft nicht nur zwischen Israel und Gaza – nein, wir sehen eine Verlängerung dieses Konflikts auch auf deutschen Straßen. Pro-Palästina-Demonstrationen in deutschen Städten werden zu Recht auch in gewisser Weise als Anti-Israel-Demos angesehen und tragen leider oft auch eine Note Antisemitismus in sich. Ich würde die Realität nicht richtig beschreiben, wenn ich den durch Migration importierten Judenhass nicht an dieser Stelle aufzählen und somit kritisieren würde.

Meine heutige Kolumne ist daher kein Schönreden von Missständen; vielmehr möchte ich versuchen, mögliche Ansätze zur Lösung von Spannungen und Konflikten zu liefern. Bei manchen Patrioten, die jetzt in die Migrationsfalle getappt sind, wird die aktuelle Situation extrem auffällig ausgenutzt, und man fühlt sich durch die barbarischen Angriffe vom 7. Oktober in seiner Einschätzung gegenüber dem Islam bestätigt. „Der Islam ist keine friedvolle Religion, die Migration kommt einer Landnahme gleich und man muss sich gegen die Islamisierung währen.“ So oder so ähnlich hört man es dann bei Stammtischen oder in Telegramgruppen – was keinen großen Unterschied macht. Irgendwie läuft am Ende alles auf dieses Schwarz-Weiß-Denken hinaus: Der Islam ist böse, und wir, die Christen, gemeinsam mit Israel und den Juden dieser Welt, sind auf der Seite der Guten.

Ich kann mich dieser Denkweise nicht anschließen, denn ich sehe die Welt – und auch die Menschen – mit meinen eigenen Augen. Auch wenn bereits seit 9/11 das Feindbild Islam aufgebaut wird, ist eben Muslim nicht gleich Muslim, genauso wenig, wie man eine Aussage über alle Christen oder alle Deutschen machen könnte. Genau aus diesem Grund möchte ich heute eine sehr starke emotionale Erfahrung aus dem Jahr 2014 mit Ihnen teilen, die damals meine Sicht auf den muslimischen Glauben enorm verändert hat und mir auch heute noch dabei hilft, die Weltlage etwas differenzierter zu sehen. Ich gehe sogar davon aus, dass das Verhältnis von eingewanderten Muslimen zu uns, den sogenannten Bio-Deutschen, einen entscheidenden Teil der Lösung eines bevorstehenden Konfliktes im eigenen Land darstellen könnte. Verständnis und Austausch sind ein gutes Mittel zur Problemlösung, wo ansonsten Ablehnung und Vorurteile unser Handeln so gerne bestimmen.

Nun aber zurück in das Jahr 2014. Als Eventmanager hat man auch mal Glück, und so wurde ich damals für die Betreuung eines Incentives in Marokko gebucht. 25 Top-Firmenmitarbeiter wurden für das Erreichen von Sales-Zielen belohnt und von ihrem Unternehmen zu einer Reise eingeladen. In diesem konkreten Fall ging es nach Marrakesch in Marokko – fünf Tage im Fünf-Sterne-Resort und obendrauf ein volles Unterhaltungsprogramm. Als Eventagentur aus Deutschland holt man sich für solche Veranstaltungen in der Regel noch Hilfe vor Ort, damit Abläufe besser besprochen werden können und auch auf ein gewisses Insiderwissen zurückgegriffen werden kann. Daher stand mir für die gesamte Veranstaltung eine Agentur aus Marokko zur Seite. Diese stellte mir einen Guide zur Verfügung, der mit mir gemeinsam für einen einwandfreien Ablauf des Events sorgte. Mein Guide hieß Khaled, war ungefähr Mitte 50, wohnte mit Frau und Kind in Marrakesch und arbeitete für die von uns beauftragte Eventagentur. So kam es, dass ich jeden Tag mit Khaled unterwegs war und immer dann, wenn die Kunden beim Essen oder bei einer anderen Aktion waren, saß ich mit Khaled etwas abseits und wir unterhielten uns auf Englisch miteinander – so auch am zweiten Tag, dem Tag der Jeep-Safari. Hier hatte die Gruppe mehrere Jeeps inklusive Guides zur Erkundung des Atlasgebirges angemietet, und ich verbrachte einige Stunden im letzten Jeep mit Khaled. Er war sehr zurückhaltend und niemals aufdringlich. Neugierig, wie ich bin, stellte ich bereits bei dieser Jeep-Tour einige Fragen zu seinem Glauben, denn in Marokko geht man auf Koranschulen und das ganze Land ist sehr muslimisch geprägt. Anfangs hatte er auch noch betont, dass er sehr gerne von seinem Glauben erzähle, jedoch nur, wenn man ihn dazu auffordere. Ich empfand dies sehr ehrlich von ihm und in keiner Weise vorgespielt; da war nichts, was ich als missionierend hätte empfinden können.

Ich stellte sehr viele Fragen und wir setzten unser Gespräch auch am nächsten Tag fort. Khaled taute so richtig auf und wir hatten eine wirklich sehr angenehme Zeit zusammen. Da war nichts gespielt, nichts aufgesetzt, da war alles ehrlich und aufrichtig. Seine Liebe zu Allah war echt, ich habe das in seinen Augen gesehen, und genauso echt war auch mein Interesse daran, ihn und seinen Glauben zu verstehen. Bei allem, was er mir so erzählte, hatte ich niemals das Gefühl, von einer unterdrückenden Religion zu hören, nichts war da aggressiv oder ausgrenzend. Nur selten habe ich seitdem in meinem Leben einen so tiefgläubigen Menschen wieder getroffen, ja, Khaled und seine Worte hatten mich damals wirklich berührt. Es gab sogar Momente, an denen ich dachte, dass sich alles so echt anfühle, echter als alles, was ich unter Religion und Kirche in Deutschland bis dahin jemals erfahren hatte. Keine Sorge, ich bin nicht zum Islam konvertiert, aber meine damaligen Erfahrungen in Marokko hätten durchaus der Start zu einer Glaubensfindung werden können.

Das Firmenevent ging dem Ende zu und ich entschloss mich, noch einen Tag zu verlängern, um der Einladung von Khaled nachzukommen, mit ihm und seiner Frau noch einen Abend auf dem berühmten Platz „Djemaa el Fna“ in Marrakesch zu verbringen. Natürlich fand ich es verstörend, als seine Frau immer einen gewissen Abstand zu uns einhielt und auch während des Essens am Nachbartisch saß. Auch fühlte es sich für mich etwas irritierend an, als ich dann noch eine besondere Spezialität zum Nachtisch, nämlich Scharfhirn, probieren durfte. Aber was ist schon normal?

Dies alles ist nun fast zehn Jahre her und bis heute haben mich vor allem die emotionalen Erfahrungen aus den Gesprächen mit Khaled nachhaltig geprägt. Khaled ist nicht mit allen Muslimen vergleichbar, das ist mir klar, und ich möchte hier die Schattenseiten muslimisch geprägter Einwanderung nicht kleinreden. Ich möchte Sie lediglich dazu einladen, wieder in den Dialog mit ihren Mitmenschen zu gehen und auch Fremdes verstehen zu können, ohne es für sich selbst annehmen zu müssen.


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