24. Mai 2023

Die Kommunikationsstrategie der Grünen Ist noch Wasser im Gardasee?

Nebenkriegsschauplätze im kollektivistischen Kulturkampf

von Oliver Gorus

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Bildquelle: Stefano Termanini / Shutterstock Aller grüner Unkenrufe zum Trotz: Der Gardasee bietet auch 2023 noch reichlich Wasser zum Baden ...

„Shitstorm” ist eine gute Metapher, denn die sozialen Phänomene dieses Namens ziehen in Windeseile herauf, toben wie ein Orkantief ein wenig herum und verziehen sich dann auch schnell wieder. Wer meinungsstark in den Social Media publiziert, der erntet unweigerlich alle paar Monate einen solchen Sturm, in dem die teilhabenden und beitragenden Menschen alle guten Sitten fahren und die Sau rauslassen, wie man so schön sagt.

Am Wochenende hat’s mich mal wieder erwischt. Das ist nicht weiter schlimm und stört keinen großen Geist, wie mein Idol Karlsson vom Dach zu sagen pflegte, aber interessant sind diese sich hochschaukelnden Wellen schon. Hinterher kann man gut analysieren, warum und wie es dazu kam, vorher allerdings ahnt man es nicht, und absichtlich erzeugen lassen sich Shitstürmchen gleich gar nicht, denn bei solchen Energieausbrüchen handelt sich um emergente Phänomene komplexer chaotischer Netzwerke – also eine Eigenschaft von unkontrollierbaren Systemen wie etwa die Erdatmosphäre, womit wir beim Thema wären.

Ein selten dämlicher Tweet

Folgendes war passiert: Der grüne Bewohner des europaparlamentarischen Filzes Michael Bloss wollte wie an jedem gewöhnlichen Tag ein wenig Panik schüren und postete melodramatisch auf Twitter: „Die Klimakrise lässt die Wasservorräte weltweit schrumpfen. Der Wasserstand im Gardasee hat sich halbiert, in Spanien sind die Füllstände bei 26 Prozent. Wasser ist Leben und ohne Wasser gibt es kein Leben.“

Nun ist dieser Tweet auf so vielen Ebenen dämlich, dass es gleich mehrerer Retweets bedürfte, um ihn in die intellektuellen Schranken zu weisen. Er fordert den daherschlendernden Twitter-Passanten geradezu unwiderstehlich dazu heraus, ihn aufzuspießen.

Da ist schon mal die Tatsache, dass Einheimische in Norditalien derzeit nichts Ungewöhnliches am Wasserstand des Gardasees feststellen können, weil zu dieser Sorte Alpenrandsee natürlicherweise saisonale Schwankungen von Zu- und Abflüssen gehören und außerdem sein Ablauf im Süden in jahreszeitlich unterschiedlichem Maße für landwirtschaftliche Bewässerung genutzt wird, während im Oberlauf manche Zuflüsse zum Zwecke der Stromerzeugung reguliert werden. Mit anderen Worten: Der Wasserstand des Gardasees ist so, wie es die Anwohner gerade wollen, und es gibt überhaupt kein Problem damit.

Aber da Wasser ja Leben ist und keiner gerne stirbt, kann so ein grüner Filzling eben kaum widerstehen, auch einen bisweilen etwas tiefer stehenden Pegel am Gardasee zur Panikmache zu missbrauchen. Das ist zum Gähnen, aber zur Mobilisation der grünen Klientel genügt es offensichtlich.

Außerdem ist es natürlich Unfug, dass die Wasservorräte weltweit schrumpfen. Das Gegenteil ist der Fall: Noch nie in der Geschichte der Menschheit hatten so viele Menschen Zugang zu sauberem Trinkwasser wie heute: Laut WHO, Unicef und Weltbank haben mittlerweile 88 Prozent der Menschen Zugang zu einer nachhaltig sicheren, sofort verfügbaren und sauberen Quelle – so viele wie noch nie, sowohl in relativen als auch in absoluten Zahlen. Der Rest kann eine Trinkwasserquelle in höchstens 30 Minuten Fußweg erreichen. Und dann gibt es selbstverständlich auch immer noch einige Ausnahmen von Menschen, die im Elend leben und kein sauberes Trinkwasser haben. Aber wenn man anerkennt, wie dramatisch sich neben dem Wasserzugang auch die Einkommens-, Ernährungs-, Gesundheits- und Sterblichkeitssituation in den letzten Jahrzehnten verbessert hat, und das bei steigender Weltbevölkerung, dann klingt so eine sachgrundlose Panikmache einfach nur hohl.

Fakt ist: Mit steigendem Energieverbrauch und unter den Bedingungen von Marktwirtschaft und Freihandel verbessert sich die Situation der Menschen auf der ganzen Welt in phantastischem Ausmaß, und zwar seit vielen Jahrzehnten immer mehr.

Ich konnte aber nicht widerstehen, die offensichtlichste Desinformationsformulierung dieses Politiker-Tweets zu verwursten: Wie kann man nur so schamfrei behaupten, der Wasserstand des Gardasees habe sich halbiert?

Kampagnenmechanik

Der Mann (ich setze dieses Geschlecht einfach mal voraus) schreibt ja nicht umsonst „Wasserstand“. Und nicht etwa Pegelstand. Da ein Pegel willkürlich irgendwo in Ufernähe knapp unter dem durchschnittlichen Wasserstand gesetzt wird, um Schwankungen zu messen, und somit ein völlig willkürliches Längenmaß verwendet, ist eine Verdopplung oder Halbierung des Pegelstands inhaltlich bedeutungslos. Wenn der Pegel von zehn Zentimetern auf einen Zentimeter sinkt, verringert er sich um 90 Prozent, aber der Wasserstand des Sees ändert sich dennoch nur minimal. Den Pegel kann er also nicht gemeint haben.

Nun, der Pegel in Peschiera am südlichsten Punkt des Gardasees misst am 20. Mai im Durchschnitt der letzten Jahre etwa 106 Zentimeter, höchstens 145, mindestens aber 26 Zentimeter. Als Bloss tweetete, maß man 77 Zentimeter, was also ein wenig unterhalb des langjährigen Durchschnitts lag.

Der Panikpolitiker verwendete also nicht nur eine falsche Größe und falsche Zahlenverhältnisse, sondern bewusst eine Formulierung, die dem angstbereiten Leser einen gehörigen Schrecken versetzt: Oh, Gott, der Wasserstand ist halbiert? Da ist ja der halbe See weg! Oh Gott, Katastrophe! Tempolimit! Dieselverbot! Kohleausstieg! Kommunismus! Hilfe!

Also tweetete ich, dass der Gardasee 364 Meter tief sei und ein halbierter Wasserstand (also die Höhe der Wasseroberfläche über der Gewässersohle) ja bedeuten würde, dass der Wasserspiegel über 150 Meter tiefer läge.

Das wiederum nahm die hübsche, obgleich schmallippige und spitzzüngige Mainstream-Queen des Flachwitzes, die Sozialdemokratin Marie von den Benken, die einen mehr als zehnmal so großen Twitter-Account hat wie ich, zum Anlass, mir gehörig eins zu womansplainen: „Dieser physikalische Geniestreich wäre eventuell zutreffend, wenn der Gardasee ein Eimer wäre.“

Nun ja, sie verwechselte nun nicht Pegel- mit Wasserstand, sondern gleich noch Wasserstand mit Füllmenge oder Volumen, wovon ja nun überhaupt nicht die Rede war, aber sie diskutierte damit immerhin auf der Ebene der Inhalte.

Allerdings: Durch ihre Reichweite brachen anschließend die Dämme bei den Mitläufern und Untertanen. Und dadurch wurde dann dieser Twitterstrang zur grünen Milieustudie.

Schwarmdummheit

Der Mob nahm den Tweet der Spottdrossel von den Benken als Markierung wahr: Hier, diesen Menschen, über den sie sich da gestellt hat, darf man jetzt im Schutz der Masse beleidigen! Und sie beleidigten drauflos. Sie wühlten auf meinen Firmenwebsites herum, zogen meine Familie durch den Kakao, bezeichneten mich aber vor allem in kreativster Vielfältigkeit als dumm und ungebildet, hundertfach, mit einer Überheblichkeit, die in normalen Konversationen zwischen zivilisierten Menschen unmöglich wäre.

Wenn diese kollektivistischen Massentiere in der Herde auftauchen und durch eine Führerpersönlichkeit auf ein Ziel ausgerichtet werden, dann kennen sie kein Halten. Menschliche Ziele werden dann entmenschlicht, isoliert, herabgewürdigt und, wenn es geht, ohne mit der Wimper zu zucken vernichtet. Wenn so etwas Leute mit einem schlechten Selbstwertgefühl oder mit Depressionen trifft, dann ist das lebensgefährlich.

Dass die Masse sich selbst dabei als dumm präsentiert, ist völlig einerlei. Sie frönen der Projektion ihrer eigenen Dummheit auf das Zielobjekt umso mehr. Sie hassen im Verbund.

Das Phänomen wurde vor knapp 130 Jahren von Gustave Le Bon in seinem phantastischen Buch „Psychologie der Massen“ ausgiebig und detailliert beschrieben und ergründet.

Ohne diesen Massenhass wären Unrechtsstaaten wie das Dritte Reich oder die DDR schlicht nicht beherrschbar gewesen. Das Mobverhalten wurde in diesen Moraldiktaturen stets instrumentalisiert. Was auch der Grund dafür ist, dass Herrscher, die Unrechtssysteme errichten wollen, sich zuverlässig täglich darin üben, Hass und Angst zu schüren und zu entfachen. Das ist ein untrügliches Erkennungsmerkmal.

Ablenkungsmanöver

In diesem konkreten Fall versuchte der grüne Filzling mit seinem faktenfreien Gardasee-Schwulst allerdings lediglich, abzulenken. Denn gerade ist sein Häuptling Habeck schwer unter Beschuss, weil sich herausgestellt hat, dass ein grüner Politiker mit Amt genauso korrupt ist wie ein Politiker anderer Farbe mit Amt. Die Grünen haben sich, kaum in Regierungsverantwortung, in einer Geschwindigkeit entzaubert, dass man nur staunen kann. Ein Staatssekretär nach dem anderen gerät wegen Vorteilsnahme und Vetterleswirtschaft unter Beschuss, die verfilzten NGOs rund um die Agora Energiewende werden unter die Lupe genommen, und es vergeht kaum ein Tag, an dem kein Dreck aufgewühlt wird. Da muss man dann halt seinem Häuptling sekundieren und Unsinn über den Wasserstand des Gardasees schwafeln, um die Aufmerksamkeit der Leute zu lenken.

Des Weiteren kursieren gerade für Klimapaniker hochnotpeinliche Schaubilder von offiziellen Temperaturkurven, die belegen, dass sich in den letzten 15 bis 20 Jahren die globalen Durchschnittstemperaturen nicht weiter erhöht haben – obwohl die Menschen so viel Kohlendioxid emittiert haben wie noch nie zuvor in der Geschichte. Der kausale Zusammenhang zwischen dem menschengemachten Kohlendioxid und der Temperatur wird damit sehr deutlich falsifiziert. Die Temperaturveränderungen nach oben oder unten müssen demnach anderen Einflüssen unterliegen, und die ganzen hübschen Klimamodellierungen des IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change), die alle auf dem postulierten Treibhauseffekt beruhen, sind nun eher Kunst als Wissenschaft.

Wenn aber dieser von den grünen Milieus in Politik, Wissenschaft und Medien behauptete und tief in unser Leben hineinregierende kausale Zusammenhang gar nicht besteht, ist die komplette Energiewende, ja, das ganze grüne Projekt hinfällig.

Würden Sie da als Grüner nicht lieber auch über die Wasserspiegel von oberitalienischen Seen streiten als über die wissenschaftliche Grundlage einer ganzen Ära der Politik?


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