05. Mai 2022 14:00

Staatliche Wirtschaftslenkung Adieu, StreamOn!

Der Staat greift wieder in die Vertragsfreiheit ein

von Sascha Koll

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Der ehemalige Staatskonzern Telekom streicht einen beliebten Bestandteil ihrer Verträge ersatzlos. Es geht um die kostenlose StreamOn-Option, die es Kunden erlaubte, Streaming-Dienste ohne Anrechnung auf das gebuchte Datenvolumen zu nutzen. In günstigen Verträgen war zum Beispiel Musik-Streaming vom Verbrauch des Volumens ausgeschlossen. In kostspieligeren Tarifen konnten die Kunden darüber hinaus hemmungslos beliebte Video-Streaming-Dienste nutzen. Doch warum streicht die Telekom diese gerne angenommenen Angebote? Haben sie sich wirtschaftlich nicht gerechnet? Möchte der rosa Riese teurere Tarife, wie etwa den mit unbegrenztem Datenvolumen, verkaufen? Handelt es sich hier um den sogenannten Raubtierkapitalismus? Nein. Der Staat hat mal wieder seine Finger im Spiel.

Wer dachte, in Deutschland gäbe es so etwas wie Vertragsfreiheit, wird wieder eines Besseren belehrt: Wo kommen wir hin, wenn ein Unternehmen ein attraktives Angebot macht, der Kunde mit den Konditionen zufrieden ist und den Vertrag unterzeichnet? Was wäre es für eine freiheitliche Demokratie, wenn sich nicht irgendjemand zwischen Anbieter und Kunde stellte, den Zeigefinger erhöbe und sagte „So geht das aber nicht, ihr beiden!“? Genau das tat die Bundesnetzagentur nun nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Der EuGH sieht in der Option einen Verstoß gegen die Netzneutralität, da die Telekom angeblich den Datenverkehr durch diesen Service nicht gleich behandeln würde.

Ab dem 1. Juli 2022 muss die Telekom die Neuvermarktung von StreamOn einstellen. Für Bestandskunden darf die Option bis Ende März 2023 angeboten werden. Als langjähriger und glücklicher Kunde der Telekom habe ich damals als einer der Ersten den Tarif mit unbegrenztem Datenvolumen gebucht, später bin ich in den kleineren Tarif mit StreamOn-Option gewechselt, da ich außerhalb des Musik- und Videostreamings meinen Datenbedarf gedeckt sah und so ein paar Euro im Monat sparen konnte. Diese Kostenersparnis wird mir zukünftig dank staatlichen Zwangs verwehrt und ich muss wieder in den teuersten Tarif der Telekom wechseln. – Danke, Vater Staat!

Natürlich gibt es am Markt günstigere Tarife mit unbegrenzten Datenvolumen, doch bei keinem Netzbetreiber war ich jemals so zufrieden wie bei der Telekom. Doch eigentlich geht es mir hier wieder nur ums Prinzip. Ich lehne es ab, vom Staat bevormundet zu werden, mir vorschreiben zu lassen, unter welchen Bedingungen ich Verträge schließen darf. Es ist unsäglich, wie der Staat, oder die mittlerweile zum Staat der Staaten mutierte Europäische Union, immer wieder in die Vertragsfreiheit der Bürger eingreift. Es gibt doch praktisch keinen Vertrag mehr, wo nicht irgendwer daherkommen kann und ihn in Gänze oder Teilen für nichtig erklären kann, weil machtgeile Politiker im Kontrollwahn mal wieder beschlossen haben, irgendwo herumzupfuschen.

Wie bei der Meinungsfreiheit und den Eigentumsrechten verhält es sich auch mit der Vertragsfreiheit so, dass sie ihren Namen nicht verdient hat. Es steht einem frei, mit wem man Verträge schließt, aber über den Inhalt bestimmt in großen Teilen der Staat von oben herab. Sie dürfen auch sagen, was Sie möchten, aber wehe, Ihre Meinung passt den Herrschern nicht. Sie haben Wohneigentum? Wie? Sie möchten eine Gartenhütte bauen oder einen lästigen Baum fällen? Wagen Sie es bloß nicht, den Staat vorher nicht um Erlaubnis zu bitten. Am besten auf Knien und verbunden mit einer üppigen Spende an den Bürgermeister.

Es ist erschütternd, wenn man sich bewusst wird, dass alles, was die Demokraten als Freiheit anpreisen, eigentlich nichts weiter als die letzten Zugeständnisse sind, die uns die Herrscher noch machen. Es gibt kein Eigentum, keine Meinungsfreiheit und keine Vertragsfreiheit in Deutschland. Bloß die letzten Brocken dessen, was diese Freiheiten eigentlich sein sollten.

Passend dazu schrieb eine in der liberalen Twitter-Szene bekannte und selbsternannte Kommunikationsexpertin: „Meinungsfreiheit endet dort, wo geltendes Recht verletzt wird.“

Mit dieser Aussage erklärt sie die Meinungsfreiheit für nichtig und setzt das, was wir noch sagen dürfen, der Willkür der Herrscher aus. Dasselbe gilt natürlich für alle anderen Freiheiten, wie zum Beispiel der Vertragsfreiheit. Sobald eine sich als legitim betrachtende Institution der Meinung ist, „da müsste man mal was tun“, können sich die Vertragspartner, salopp gesagt, halt mal ficken gehen.


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