18. August 2022 14:00

Kryptowährungen Bitcoin ist nicht demokratisch

Eigenverantwortung und Freiheit gehen hier Hand in Hand

von Sascha Koll

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Viele Leser der eigentümlich frei werden sich schon mit der Demokratie auseinandergesetzt haben. Weniger von ihnen haben sich bereits über Bitcoin informiert und werden dann sicher schon einmal gehört haben, dass Bitcoin demokratisch sei. Mit diesem Missverständnis möchte ich heute aufräumen.

Der Zustand der Demokratie

Demokratie ist in der Praxis die Herrschaft der Mehrheit über die Minderheit und über das Eigentum der Gesamtheit demokratisch regierter Menschen. Regeln können durch Regierungen nahezu willkürlich geändert werden, und jeder auf einem festgelegten Gebiet Geborener wird ohne seine Zustimmung in das demokratische System aufgenommen. Verluste, die durch falsche Entscheidungen auftreten, werden durch die Herrscher sozialisiert, egal, ob die Fehlentscheidungen durch Politiker getroffen werden oder von Bossen der Großkonzerne, die „too big to fail“ sind. In der Endphase der Demokratien, in der wir uns gerade befinden, gibt es praktisch keine Verantwortlichen mehr; Kosten für politische Fehlentscheidungen werden demokratisiert. Das wird Bitcoin ändern.

Bitcoin ist Privateigentum

Das Eigentum am eigenen Körper ist unveräußerlich, und die Gedanken sind frei, wie es im gleichnamigen deutschen Volkslied so schön heißt. Der Zugang zu den eigenen Bitcoins ist lediglich Information, ein Schlüssel, der aus zwölf Wörtern generiert werden kann. Wer sich diese Wörter merken kann, sie niemals aufschreibt und nirgendwo hinterlegt, kann nicht enteignet werden. Bitcoin ist ein Geheimnis wie jeder Gedanke, und niemand kann es Ihnen entlocken, wenn Sie es nicht wollen. Das ist auch ein Vorteil gegenüber physischem Gold, das Sie zwar verstecken können, aber auch durch Dritte aufgefunden werden kann. Bitcoin ist das ultimative Eigentum und allein deshalb undemokratisch.

Keine Abstimmungen und Mehrheiten

Es gibt keine Abstimmungen in Bitcoin und keine zentrale Instanz, die Abstimmungsergebnisse durchsetzen könnte. Auch wenn es immer wieder so dargestellt wird, gibt es keine Möglichkeit, Bitcoin durch Abstimmungen zu verändern. Die festen Regeln werden vom Individuum durchgesetzt. In der Vergangenheit gab es einige Versuche, Bitcoin zu „verbessern“. Ich möchte nicht zu technisch werden, aber es gab eine große Gruppe, die die Blockgröße erhöhen wollte, um mehr Transaktionen in einem Block unterzubringen. Dieser Versuch nennt sich heute „Bitcoin Cash“ und findet auch heute noch genug Anhänger, sodass diese Abspaltung von Bitcoin nicht vollständig in der Bedeutungslosigkeit versunken ist wie viele andere zuvor und danach. Jetzt könnte man argumentieren, dass die Gruppe der Blockvergrößerer auch in der Mehrheit und damit demokratischer Abstimmungsgewinner dieser Auseinandersetzung hätte sein können. Doch hätte dies Bitcoin verändert? Ich behaupte: Nein. Auch wenn es eine Mehrheit gegeben hätte, würde Bitcoin nach wie vor unverändert weiter bestehen. Es wäre eine Abspaltung von der Original-Blockchain gewesen, wie auch jetzt, und Transaktionen würden weiterhin auf der ursprünglichen Blockkette validiert. Bitcoin wäre nicht demokratisch geändert worden, es hätte lediglich einen „fork“, eine Gabelung, gegeben, und es wäre ein Wettbewerb um das bessere Geld in Gang gesetzt worden.

Feste Regeln und freier Konsens

Es gibt feste und transparente Regel, acht Seiten, die für alle offen einsehbar sind. Der Code von Bitcoin ist ebenfalls offen einsehbar. Diese Regeln können, wie oben beschrieben, nicht einfach geändert werden. Wenn Individuen oder Gruppen mit den Regeln nicht einverstanden sind, können sie den Code und damit die Regeln zwar ändern, sich praktisch mit einem neuen Regelwerk abspalten, aber nicht den Konsens der anderen Teilnehmer brechen. Das unterscheidet Bitcoin maßgeblich von demokratischen Systemen, die alle Nutzer zu den neuen Regeln mithilfe von Gewalt zwingen können. Man könnte eine Abspaltung vom geltenden Regelwerk auch als Sezession sehen, die in Demokratien so nicht vorgesehen beziehungsweise nicht so einfach durchzuführen ist.

Das Individuum entscheidet

Wie bereits erwähnt, werden die Regeln vom Individuum und nicht von einer zentralen Instanz oder Mehrheit durchgesetzt. Es ist jedem mit geringem Aufwand möglich, einen Netzwerkknoten zu betreiben. Diese Knoten sind am Ende die Instanzen, die überprüfen, ob die Miner die Transaktionen in neue Blöcke verpackt haben, sich an die Regeln gehalten haben, und ihnen dann ihre Vergütung zusprechen. Es liegt also an jedem Knotenbetreiber selbst, ob er einen neuen Block annimmt oder nicht. Somit ist auch die Frage beantwortet, ob Miner nicht einfach die Regeln ändern können, wenn sie mehr als 50 Prozent der Rechenleistung im Netzwerk haben. Wenn Sie nicht damit einverstanden sind, dass sich die Regeln ändern, nehmen Sie eben nur Blöcke von Minern an, die sich an die Regeln gehalten haben, denen Sie zuvor zugestimmt haben. Mit diesem Mechanismus ist das Bitcoin-Netzwerk auch zensurresistent. Sollten sich Miner dazu entscheiden, Transaktionen von bestimmten Teilnehmern nicht mehr anzunehmen, können diese vom Netzwerk ausgeschlossen werden und arbeiten so unter Umständen nicht mehr profitabel oder unfreiwillig an einer abgespalteten Blockkette, die niemand außer ihnen nutzt. Hört sich das noch demokratisch an?

Absolute Freiheit und Eigenverantwortung

Im Bitcoin-Netzwerk können Transaktionen nicht rückgängig gemacht werden, unabhängig davon, wie viele Menschen dafür abstimmen. Es ist wichtig, eigenverantwortlich mit dem Netzwerk zu interagieren. Fehler bei Empfängeradressen, Überweisungsbeträgen oder Netzwerkgebühren können nicht rückabgewickelt werden. Es gibt keine übergeordnete Instanz, die einen rettet. Auch verlorene Schlüssel können nicht wiederhergestellt werden. Hier sehen wir die Kehrseite von Eigentum und absoluter Freiheit. Eigenverantwortung und Freiheit gehen auch bei Bitcoin Hand in Hand.

Keine Rettungsaktionen

Vorteilhaft ist, dass im Bitcoin-Netzwerk niemand auf Kosten anderer entschädigt werden kann, wenn Fehler gemacht wurden. Unternehmen, die in einem Bitcoin-Standard agieren, können sich nicht wie im demokratischen System darauf verlassen, auf Kosten aller anderen gerettet zu werden. Es gibt niemanden, der frisches Geld drucken oder die anderen Nutzer ausrauben kann, um eine Firma zu retten, die schlecht gewirtschaftet hat. So wird das Kapital frei für besser wirtschaftende Geschäftsleute und verbleibt nicht bei denen, die bereits unter Beweis gestellt haben, dass sie nicht in der Lage sind, ein Unternehmen profitabel zu betreiben.

Große Kriege werden unfinanzierbar

Die Herrscher in Demokratien, Monarchien und Diktaturen führen auch gerne mal Krieg auf Kosten anderer Menschen. Sie finanzieren ihre Überfälle entweder durch geraubtes und enteignetes Geld oder durch Inflation. Wie bereits festgestellt, ist es praktisch unmöglich, jemandem unfreiwillig seine Bitcoins wegzunehmen. Und auch die Geldmenge kann nicht ausgeweitet werden. Bitcoin ist auf 21 Millionen Einheiten begrenzt. Es ist also auch unmöglich, Kriege durch die Ausweitung der Geldmenge zu finanzieren. Das führt dazu, dass Auseinandersetzungen nur so lange militärisch geführt werden können, wie sich jemand findet, der freiwillig seine in Bitcoin gespeicherte Leistung hergeben möchte.

Bitcoin ist keine demokratische Clown-Welt

Bitcoin ist der Zusammenschluss einer voluntaristischen, auf Freiwilligkeit beruhenden Gesellschaft. Bitcoin ist Privateigentum, genauso privat wie der eigene Körper, da die Zugangsschlüssel zum eigenen Vermögen allein in den grauen Zellen im eigenen Kopf abgespeichert werden können. Raub oder Enteignungen sind nicht möglich, und die Geldmenge kann nicht ausgeweitet werden. Alles basiert auf Regeln, denen man vorher zugestimmt hat und die nicht durch einen Herrscher geändert werden können. Bitcoin ist voluntaristisch und die Welt mit dem Bitcoin-Standard wird völlig anders aussehen als die demokratische Clown-Welt von 2022.


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