Staat und Wirtschaft: Das Märchen von Monopolen in freien Märkten
Über eine unbegründete Angst
von Sascha Koll
von Sascha Koll drucken
Dieser Text ist eine leicht abgewandelte Form des Videos „Die ‚bösen Monopole‘ des freien Marktes“ auf dem Youtube-Kanal „FreiwilligFrei“ von Jacob Spinney (Übersetzung: Peter Müller).
Der Begriff des Monopols stammt aus dem Merkantilismus des 17. Jahrhunderts. Damals zahlten die Geschäftsleute den Königinnen und Königen Bestechungsgelder, um das exklusive Recht zu erhalten, bestimmte Waren auf einem bestimmten Gebiet zu verkaufen.
Doch heute sollen Monopole angeblich kein staatsgemachtes Problem sein. Anstatt des Staates soll heute der freie Markt für Monopole verantwortlich sein. Und ausgerechnet der Staat wird immer wieder bemüht, um Monopole zu verhindern. Doch gerade staatliche Regulierungen eines Marktes und Kartellbehörden sind häufig ein Markteintrittshemmnis für Konkurrenten und tragen maßgeblich zur Monopolbildung bei.
Kartellbehörden
Folgende Situation könnte sich heute so ereignen: Drei Männer sitzen im Gefängnis. Sie haben gegen das Kartellgesetz verstoßen. Der erste hat einen höheren Preis verlangt als alle anderen Marktteilnehmer und wurde wegen Wucher und Preistreiberei bestraft. Der zweite hat einen geringeren Preis verlangt und wurde wegen Preisdumping und Behinderung des Wettbewerbs bestraft. Der dritte hat genau den gleichen Preis wie andere Marktteilnehmer verlangt und wurde wegen Preisabsprachen und Kartellbildung bestraft.
Wie soll der freie Markt verhindern, dass Monopole entstehen, wenn kein Staat mehr eingreifen kann?
Es hört sich wieder zu einfach an, um wahr zu sein, doch die Kunden verhindern die Entstehung von Monopolen. Monopole können nur dann entstehen, wenn die Kunden es zulassen. Sicherlich kann ein Unternehmen einen hohen Marktanteil erreichen, wenn es ein besseres oder günstigeres Produkt anbietet, aber auch in diesem Fall ist es selten bis nahezu unmöglich, dass es einen Marktanteil von 100 Prozent erreicht. Normalerweise gelingt das nur, wenn ein Unternehmen mit einer neuen Innovation auftaucht und einen komplett neuen Markt entstehen lässt, wie beispielsweise Apple mit seinem iPhone – wobei es nur eine Frage der Zeit ist, bis ein Konkurrent mit einem vergleichbaren Produkt auf den Markt geht. Auch wenn ein Unternehmen auf einen Marktanteil von 90 Prozent kommt, wird die Konkurrenz dafür sorgen, dass es seinen Marktanteil wieder verliert, sobald es überzogene Preise verlangt.
Doch was ist, wenn ein Unternehmen zuerst mit Dumpingpreisen auf den Markt geht, um die Konkurrenz zu verdrängen, und dann die Preise erhöht, sobald es 100 Prozent Marktanteil hat?
Dumpingpreise können kurzfristig funktionieren, aber spätestens dann, wenn das Unternehmen die Preise erhöht, kommen die Konkurrenten wieder in den Markt.
Aber was ist, wenn der Ex-Monopolist die Preise wieder auf Dumping-Niveau treibt, um die Konkurrenten erneut zu verdrängen, bis sie aufgeben?
Ein Mechanismus, der das verhindert, ist die Reputation, also das Ansehen eines Unternehmens bei den Kunden. Wenn sie das Unternehmen gut finden, bleiben sie bei der Marke, und zwar auch dann, wenn ein anderer ein vergleichbares Produkt für weniger Geld anbietet. Sie wissen, dass man sich auf den guten Ruf des Unternehmens verlassen kann. Wenn ein Unternehmen ohne erkennbaren Grund die Preise erhöht, geht das Kundenvertrauen verloren und kehrt auch dann nicht mehr zurück, wenn die Preiserhöhung wieder zurückgenommen wird. Eine weitere Möglichkeit, Dumpingpreis-Strategien zu verhindern, ist, die Produkte vom betreffenden Unternehmen einfach zu einem Preis unter den eigenen Produktionskosten aufzukaufen und sie mit Gewinn weiterzuverkaufen. So machen ausgerechnet die Konkurrenten des Möchtegern-Monopolisten Gewinne. Mit dieser einfachen Strategie verliert er kontinuierlich Marktanteile an die Konkurrenz, bis er aufgeben muss. Diese Strategie hat Herbert Dow im 20. Jahrhundert gegen das Brom-Kartell erfolgreich durchgeführt.
Aber nehmen wir einmal an, dass ein Unternehmen trotzdem 100 Prozent Marktanteil erreicht hat. Wenn es jetzt die Preise erhöht, wird es ziemlich lange dauern, bis es ein Konkurrent schafft, diesen Preis zu unterbieten.
Das Unternehmen soll also das Zeitfenster ausnutzen, das die Konkurrenz braucht, um den Vorsprung wieder aufzuholen. Es verlangt von seinen Kunden beliebig hohe Preise. Diese Annahme ist schlicht falsch. Die Investoren würden schnell merken, dass das Unternehmen seine Kunden mit überhöhten Preisen über den Tisch zieht. Es ist für sie absehbar, dass bald Konkurrenz aufkommt und Kunden verloren gehen. Der Aktienkurs würde einbrechen, Finanzinvestoren würden das Unternehmen übernehmen und die Wucherstrategie schnell beenden, bevor das Vertrauen der Kunden vollständig verloren ginge. Denn je höher der Preis ist, umso mehr Kunden werden auf andere Produkte ausweichen oder überhaupt nichts kaufen. Außerdem kann man mehr Geld damit verdienen, eine Million Einheiten zum Preis von 100 Euro als nur eine Einheit zum Preis von 100.000 Euro zu verkaufen. Also auch wenn es keine Grenzen durch Wettbewerb gäbe, so bestünden doch andere Grenzen durch Angebot und Nachfrage. Mir konnte auch noch nie jemand ein Monopol nennen, das auf einem freien Markt entstanden wäre und gleichzeitig die Preise drastisch erhöht hätte. Das geschieht nur bei staatlich gestützten Monopolen.
Aber was ist, wenn ein Monopol einen bestimmten Rohstoff vollständig kontrollieren würde? Dann hätte der Wettbewerb doch gar keine Chance?
Das einzige Beispiel, in dem dies nur annähernd gelungen ist, war die De-Beers-Gruppe, das Kartell der Diamantminen und -händler. Die Monopolstellung kam aber auch nur dadurch zustande, dass die südafrikanische und russische Regierung ihre Diamanten-Produktion verstaatlicht haben und bestochen wurden, damit sie ihre Diamanten exklusiv über De Beers handeln. Zu dieser Situation wäre es in einem wirklich freien Markt nie gekommen. Immer wieder in der Geschichte zeigt sich, dass es die staatlich gestützten Monopole sind, die ihre Kunden ausbeuten, und nicht die Monopole, die auf dem freien Markt entstehen, wenn sie denn entstehen.
Wenn man Monopole ablehnt, dann wäre es auch widersprüchlich, sich ausgerechnet an das größte Monopol zu wenden, das es gibt, also den Staat, um eine Monopolbildung zu verhindern. Unternehmen, die schlecht wirtschaften und nicht mehr wettbewerbsfähig sind, schüren die Angst vor den bösen Monopolen des freien Marktes, um vom Staat ihr Monopol gestützt zu bekommen, obwohl sie nicht mehr wettbewerbsfähig sind. Es sind nicht die freien Märkte, vor denen wir Angst haben sollten, sondern der staatliche Zwang. Er ist verantwortlich für Preiskontrollen, die Monopole hervorrufen, für Tarife, exklusive Verträge, Steuersubventionen, Sondersteuern, Kreditbürgschaften, Konzessionen, Lizenzen, Genehmigungen, Zertifikate, Bailouts, Verstaatlichungen, Regulierungen und so weiter. Alles unter dem Vorwand des Verbraucherschutzes und der Sicherheit. Das ist es, wovor wir wirklich Angst haben sollten. Die Angst vor Monopolen in einem freien Markt ist unbegründet.
Kommentare
Die Kommentarfunktion (lesen und schreiben) steht exklusiv nur registrierten Benutzern zur Verfügung.
Wenn Sie bereits ein Benutzerkonto haben, melden Sie sich bitte an. Wenn Sie noch kein Benutzerkonto haben, können Sie sich mit dem Registrierungsformular ein kostenloses Konto erstellen.