Faesers Angriff auf die Freiheit: Bargeldobergrenze und der neue Lauschangriff
Die Technik wird es richten
von Sascha Koll
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Die Bundesinnenministerin Nancy Faeser plant offenbar weitere Freiheitseinschränkungen. Als SPD-Politikerin scheint ihr die Anonymität der Bürger weniger wert zu sein als scheinbare Sicherheit. Sie spricht von einer Bedrohung durch weitverbreitete kriminelle Strukturen der schweren und organisierten Kriminalität, die angeblich die Menschen, den Staat, die Wirtschaft und die Gesellschaft bedrohen. Hätte sie die Bedrohung des Staates nicht erwähnt, so hätte ich gedacht, sie redet von ebendiesem durchweg kriminellen Haufen von Nichtskönnern, aber offenbar geht es mal wieder um die ach so bösen Bürger. Denn mit den von ihr gewählten Mitteln bekämpft man nur wenige Kriminelle, aber hauptsächlich die Menschen, die sich nichts zuschulden kommen haben lassen.
Am vergangenen Mittwoch stellte Faeser auf der Herbsttagung des Bundeskriminalamts ein Papier mit 20 Maßnahmen zur Bekämpfung von Kriminalität vor. Zwei der Punkte sind die Einführung einer Bargeldobergrenze von 10.000 Euro und ein Angriff auf die gesicherte Kommunikation der Bürger. Die faktische Teilabschaffung des Bargelds begründet sie mit einer Verringerung der Gefahr, dass größere Vermögenswerte verschleiert werden könnten. Große Transaktionen müssen künftig auf nachvollziehbaren Finanzwegen erfolgen. Der Staat möchte also ganz genau wissen, was sich die von 16 Jahren Merkel und der neuen Ampel-Koalition gebeutelten Menschen noch leisten können. Auch die EU-Kommission hatte in der Vergangenheit bereits eine Bargeldobergrenze in Höhe von 10.000 Euro gefordert, um damit angeblich Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu verhindern.
Der Angriff auf die sichere Kommunikation soll durch die Hintertür geschehen. Verschlüsselung kann praktisch nicht verboten beziehungsweise kann das Verbot praktisch nicht kontrolliert und durchgesetzt werden. Deshalb beabsichtigt Nancy Faeser an den Orten Daten abzuschöpfen, auf die die Nutzer von Messengerdiensten keinen Zugriff haben: die Infrastruktur der Messengerbetreiber. Da die „Täter-Kommunikation“ zunehmend im digitalen Raum stattfindet, soll eine Analyseplattform eingerichtet werden, die mithilfe „zielgerichteter Nutzung von künstlicher Intelligenz (KI-Tools)“ Daten aufbereiten, analysieren und auswerten soll. Datenschützer warnen schon länger vor KI-gestützter Strafverfolgung, da diese immer noch sehr fehleranfällig ist und die Unschuldsvermutung aushebeln könnte. Hier ist abermals der Nutzen der Dezentralisierung zu betonen. Heute haben es die Behörden relativ leicht, ein Gesetz zu schreiben, das die Betreiber von Messengern und Social-Media-Plattformen dazu zwingt, die Daten ihrer Kunden wie bei einer Art „Man-in-the-Middle-Attacke“ zu entschlüsseln, zu scannen und vor dem Weiterversand wieder zu verschlüsseln. Das ist im Prinzip nichts anderes, als wenn die Post jeden Brief öffnet, analysiert und vor dem Weiterversand wieder verschließt. Durch Dezentralisierung und Peer-to-Peer-Technologie könnte dieser Mittelsmann, der durch den Staat leicht zur Kooperation zu zwingen ist, wegfallen. Die Zeit für neue Messenger wird bald schlagen. Im Wettrennen um die Privatsphäre ist Dezentralisierung der nächste große Schritt. Mehrere Millionen Knotenpunkte können die Behörden nicht zur Kooperation zwingen.
Wenn die Herrscher meinen, ihre technischen Fähigkeiten und Befugnisse der Spitzel entsprechend dem Wandel in der digitalen Welt anpassen zu müssen, dann muss sich die digitale Welt wieder den neu ausgedachten Gesetzen anpassen. Wir können froh sein, dass der Staat der technischen Entwicklung permanent hinterherläuft und die Mathematiker und Programmierer dort draußen den Herrschern immer einen Schritt voraus sind.
Auch am Staatstrojaner will das Bundesinnenministerium scheinbar festhalten. Denn der Einsatz von „Software zur informationstechnischen Überwachung (Quellen-TKÜ und Online-Durchsuchung) ist für die Arbeit der Sicherheitsbehörden bei der Abwehr von Gefahren für hohe Rechtsgüter und im Rahmen der Strafverfolgung“ angeblich „unverzichtbar“. Wer hat nicht schon immer von einer Software auf dem eigenen Mobiltelefon geträumt, die alles protokolliert und bei Auffälligkeiten den Behörden meldet? Der totale Überwachungsstaat war früher eine Befürchtung, welche die Linken immer den Konservativen aus CDU und CSU angelastet haben, doch die Sozen-Nancy scheint nicht weniger zurückhaltend zu sein. Auch Bitcoin findet sich im Plan des Innenministeriums wieder. Sie wollen ein „Kompetenzzentrum für digitale Finanzermittlungen“ einrichten, um zu verhindern, dass Bürger ihre Vermögenswerte mithilfe von Bitcoin verschleiern. Aber da Bitcoin für die meisten Staatsbediensteten frischeres Neuland als das Internet zu sein scheint, wissen sie wohl nur unzureichend, welche Möglichkeiten Bitcoin und andere Kryptowährungen bieten, um Anonymität sicherzustellen. Wie zuvor erwähnt: Die Technologie ist immer mindestens einen Schritt vor den Staatzis, die gar nicht mehr wissen, wie sie der Sache überhaupt noch Herr werden sollen.
Im Ministerium scheint man es auch für nötig zu halten, ein „einheitliches und flächendeckendes Register mit Informationen zu Gebäuden und Wohnungen“ einzuführen. Das kennen wir schon aus dem Finanzministerium. Dieses Register scheint so wichtig zu sein, dass nicht nur das Finanzministerium, sondern auch das Bundesinnenministerium Interesse an den Daten hat. Für welchen Zweck die Daten tatsächlich missbraucht werden, wird die Zukunft zeigen. Die Schreie nach einer Vermögensabgabe und die damit verbundene Notwendigkeit der Erfassung aller Immobilien hallen immerhin alle paar Monate durch die Republik.
Vielleicht sollte dem ein oder anderen Politiker erneut klargemacht werden, dass Orwells „1984“ nicht als Anleitung zur bestmöglichen Überwachung gedacht ist, sondern als Warnung verstanden werden sollte. Die Technik-Nerds werden jedenfalls bald wieder etwas zu tun bekommen, um es den Herrschern nicht allzu leicht zu machen.
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