Gesellschaft: Hass und Hetze im öffentlich-rechtlichen Rundfunk
Body Positivity auf dem Prüfstand
von Sascha Koll
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Die letzten Wochen machte ein Beitrag des ZDF die Runde. Das Format „13 Fragen“ ist eine Debatten-Sendung im Zweiten Deutschen Fernsehen. Das Ziel der Sendung soll sein, Kompromisse zu schließen. Dazu stellt der Sender ein Thema und lädt jeweils drei Vertreter einer Position ein. Die Auswahl der Gäste ist, wie nicht anders von dem öffentlich-rechtlichen Sender zu erwarten, durchweg hochkarätig. Doch in der Ausstrahlung vom 2. November 2022 mit dem Titel „Schadet uns die aktuelle Body-Positivity-Bewegung?“ hat sich ein wirklich fieser Hetzer eingeschlichen.
Ausgerechnet einen Mediziner haben die Produzenten von „13 Fragen“ eingeladen, um über das sensible Thema des Körperideals zu sprechen. Felix Berndt ist jemand, dem Gefühle egal zu sein scheinen. Er tritt mit als Fakten getarnten Mikro-Aggressionen und merklicher internalisierter Fettfeindlichkeit auf. So erdreistete er sich zu fragen, ob die Menschen „artgerecht“ mit ihrem Körper umgehen, wie sie sich ernähren oder ob sie viel Stress haben und die Folge daraus ein nicht normschöner Körper sein könnte. Ein weiteres Hassverbrechen, das er begangen hat, ist, dass er von denen, die vorgeben, ihren Körper zu lieben, erwartet, ihn auch so zu behandeln, als würden sie ihn lieben. Er kritisiert in geradezu hetzerischer Manier, dass viele Body Positivity nur als Rechtfertigung benutzen, um sich ungesund zu verhalten. Dabei lässt er vollkommen außer Acht, dass junge Mädchen sich normschöne Körper als Vorbild nehmen könnten und die Diversität infolge einer gesunden Lebensweise abnehmen würde. Die Sichtbarkeit marginalisierter Körper würde fahrlässig gefährdet, was zur Folge haben könnte, dass normschöne Frauen mit Konfektionsgröße 42 wieder in den Vordergrund träten. Aussehen mit Gesundheit gleichzusetzen, ist immer falsch. Fadenscheinig versuchte sich Felix Berndt aus der Affäre zu ziehen, indem er von „nicht alle“ sprach und im gleichen Atemzug seinem Hass freien Lauf ließ, als er sagte, dass Adipositas eine Krankheit sei. Seine Maske fiel spätestens dann, als er sich als Corona-Leugner outete: „Gerade bei Covid ist eine der größten Komorbiditäten das Übergewicht.“ Dinge, die nur ein Putin-Troll sagen kann. Dann zog er sich in seine Opferrolle zurück und behauptete, dass er der Einladung in die Sendung fast nicht gefolgt wäre, da er Angst gehabt habe, den Menschen zu sagen, dass Übergewicht häufig mit einer ungesunden Lebensweise zusammenhänge. Wie kann man nur auf die Idee kommen, dass man, wenn man sich gesünder ernährt und regelmäßig Sport treibt, auch als schöner wahrgenommen wird? Wie kann man nur behaupten, dass Übergewicht gesundheitliche Folgen haben kann, wenn auch schlanke Menschen krank werden? Wenn wir ehrlich zu uns selbst sind, müssen wir uns eingestehen, dass es die Diversität, von der immer alle sprechen, gar nicht gibt. Wenn man genauer hinschaut, sind die meisten Netflix-Serien noch nicht fett, behindert und schwarz genug. Krumme Nasen, Einäugige und PoG („People of Geheimratsecken“) sieht man ebenfalls viel zu selten. Ich denke, es gibt noch viel zu tun, um wirklich alle Körper sichtbar zu machen.
Jetzt ernsthaft: Auffallend während der ganzen Sendung war, dass die Moderatorin ihren Job nicht ernst zu nehmen scheint, da sie immer wieder Partei gegen Felix Berndt ergriff. Beispielsweise warf auch sie ihm internalisierte Fettfeindlichkeit vor und machte so aus einem Streit, drei gegen drei, eine Jagd, sechs gegen einen. Als kurios empfand ich auch, dass gerade die Personen, die ihre gesamte Identität rein aus ihrem Äußerlichen ziehen, dem Mediziner Oberflächlichkeit vorwerfen. Gerade die zwei Plus-Size-Models haben in ihrem Leben nichts erreicht, außer sich fett zu fressen. Sie haben derzeit das Glück, dass es gerade einen Hype um fette Körper gibt und können so ihr Geld verdienen. Sie sind nichts weiter als der Poster-Boy und das Poster-Girl einer krankheitsfördernden und massiv oberflächlichen Ideologie und haben ihren Job nur deshalb, weil ihre Auftraggeber oberflächlich sind. Wenn Schauspieler und Models hauptsächlich wegen ihrer Behinderung, Körperform oder Hautfarbe ausgewählt werden und andere Qualitäten in den Hintergrund rücken, ist es nicht weniger oberflächlich als früher, als nur besonders schlanke Körper die Reklametafeln zierten. Auch die, sogar in der Sendung durch einen Faktencheck belegte Aussage, dass Menschen mit Übergewicht häufiger unter psychischen Erkrankungen leiden, sorgte für empörtes Zurücktreten der anderen Diskutanten, und Herr Berndt sah sich wieder dazu gezwungen, zu beschwichtigen: „Ihr Lieben, tut mir doch nur den Gefallen. Es ist nur ein Fakt, den ich bringe.“ Man bekommt das Gefühl der Mann versuche gerade auf Eierschalen zu wandern und es solle nur ja keine einen Riss bekommen, während die anderen wegen bewiesener Tatsachen auf ihn einprügeln. Die Sorge Felix Berndts, er könne nicht in eine TV-Show gehen und dort einfach nur faktisch argumentieren, scheint berechtigt gewesen zu sein. Er wusste vorher schon, auf welchem Niveau diese Diskussion ablaufen würde, und bekam die Bestätigung: „Aber meine Fühlies!!!“
Den eigenen Körper zu akzeptieren und lieben zu lernen, ist sicher keine schlechte Strategie für Menschen mit Behinderung ab Geburt oder nach einem Unfall. Diese Menschen haben praktisch keine andere Wahl, als ihren Körper in der gegebenen Form zu akzeptieren. Doch weitet man die „Positivity“ auf eigens verschuldete körperliche Eigenheiten aus, spielt man nicht nur mit seiner eigenen Gesundheit, sondern animiert auch andere betroffene Personen dazu, nichts an sich zu ändern. Die Glorifizierung einer krankhaften Fettleibigkeit kann und soll dazu führen, dass weiter hemmungslos geschlemmt und die Verantwortung an jemand anderen delegiert werden kann.
Als Libertärer sollte es uns eigentlich gleichgültig sein, ob jemand seinen Körper durch Fett-, Drogen- oder Nikotinsucht zugrunde richtet, doch wir leben in einem Gesundheitssystem, das alle Konsequenzen vom zuständigen Individuum auf die Gesamtbevölkerung umlegt. Maßlos lebende Personen kommen in den Genuss der Suchtbefriedigung, die Kosten tragen aber für gewöhnlich jene, die ihren Körper nicht zugrunde gerichtet haben und noch in der Lage sind, Nettozahler im Gesundheitssystem zu sein. So ist die woke Auslegung der Body Positivity nicht nur ein gesellschaftliches, sondern auch ein ökonomisches Thema.
Wie absurd das Abfeiern krankhafter Fettleibigkeit ist, macht ein Vergleich mit Meth-Junkies deutlich. Auch diese erleiden durch ihre Sucht eine massive Schädigung ihres Körpers. Doch es würde niemand auf die Idee kommen, einen Meth-Head in eine TV-Sendung zu stellen und ihn, seine ausgefallenen Zähne und den fauligen Kiefer als etwas Schönes zu präsentieren. Da müsste doch eigentlich selbst die Moderatorin zugeben, dass eben nicht alle Körper schön sind. Doch Body Positivity ist eine Entschuldigung für jedes maßlose Verhalten, und damit sind wir vermutlich nicht mehr weit davon entfernt, auch Drogenopfer als schöne Wesen akzeptieren zu müssen. Warum müssen? Wie in der Sendung gibt es zahlreiche Rufe danach, faktisch korrekte Äußerungen wie die des Mediziners unter Strafe zu stellen. Durch Fakten verletzte Gefühle sind in Deutschland schlussendlich mehr wert als die freie Meinungsäußerung. Ein Hinweis auf Erkrankungen aufgrund von Übergewicht soll sich künftig wohl kein Arzt mehr erlauben können, und Patienten müssen aufgrund der Gefahr einer Klage ohne Diagnose nach Hause gehen.
Krankhafte Fettsucht sollte wie jede andere Sucht behandelt und nicht auch noch als ungefährliche oder gar gesunde Lebensweise dargestellt werden. Viele Menschen leiden sowohl psychisch als auch physisch unter ihrem Übergewicht. Ihnen der Psyche wegen einzureden, dass alles in Ordnung sei und sie ihren Körper lieber feiern sollten, als sich um ihn zu kümmern, wird vor allem im höheren Alter mehr physisches Leid verursachen als die so wahnsinnig kränkende Frage eines Arztes nach dem Körpergewicht. Es scheint mir zunehmend so zu sein, dass einige lieber eine Lüge leben, um ein gutes Gefühl im Bauchi zu haben, als sich mit den realen Konsequenzen ihres Handelns auseinanderzusetzen.
Wie kann man eigentlich von der Liebe zum eigenen Körper sprechen, wenn man ihn so derart schlecht behandelt? In einer zwischenmenschlichen Beziehung wäre es geradezu grotesk, von Liebe zu sprechen, wenn man den Partner so behandelte wie zum Beispiel Ricarda Lang ihren eigenen Körper. Würde man nicht eher der Athletin Alica Schmidt zuschreiben, dass sie ihren Körper liebt? Einen Hund, den man liebt, würde man auch nicht so lange mästen, bis er Probleme mit den Beinen bekommt und sich keine 30 Sekunden mehr bewegen kann, ohne ein Sauerstoffzelt zu brauchen.
Letztendlich sollte man nicht alles pauschal verurteilen, was marginalisierte Gruppen oder Personen in den Vordergrund rückt. Gerade Filme, Serien und Dokumentationen, die Menschen mit Behinderung oder Abnormalitäten, wie zum Beispiel Asperger, als Hauptdarsteller oder die Behinderung selbst zum Thema haben, sind sehr wertvoll, um in einen Einblick in eine Welt zu bekommen, die einem selbst aufgrund der fehlenden „Abnormalität“ verborgen bleibt. Die Probleme von nicht der Norm entsprechenden Personen sind einem häufig nicht bewusst, und mediale Sichtbarkeit kann dabei helfen, auf betroffene Personen besser einzugehen und ihren Bedürfnissen gerecht zu werden.
So ... Und nun mache ich mir Gedanken, wie schlecht ich meinen Körper behandle, und danach lehne ich mich wie immer zurück, genieße den Untergang dieser Clownwelt in vollen Zügen und warte auf den Ansager in der Manage, der die „Drug Addict Positivity“ ausruft.
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