05. Dezember 2022 13:00

Totalitarismus Warum eigentlich die Welt retten?

Ein paar kritisch-aufklärerische, christlich fundierte Fragen an die Klimakleber

von Robert Grözinger

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„Rassenvergiftung war in Hitlers Jugendzeit eine vergleichsweise weit verbreitete Obsession, ähnlich wie die ökologische Vergiftung in den 1970er und 1980er Jahren zu einer Obsession vieler wurde. Wie die späteren Ökologisten glaubten die Rassenhygieniker, dass die totale Katastrophe unmittelbar bevorstand und dass es eine lange Zeit dauern würde, um sie rückgängig zu machen, selbst wenn die richtigen politischen Maßnahmen sofort ergriffen würden.“

Diese Sätze veröffentlichte im Jahr 1991 der britische Historiker Paul Johnson in seinem Buch „Modern Times“. Mit diesem umfangreichen Schriftstück, heißt es auf der deutschen Wikipedia-Seite über den produktiven Autor, „gelang ihm ein Welterfolg, der als eines der einflussreichsten Werke zur Geschichte des ‚kurzen 20. Jahrhunderts‘ gilt“. Die obigen Aussagen stehen auf den Seiten 342 und 343 der amerikanischen Perennial Classics Ausgabe von 2001, ein Abdruck der HarperCollins-Ausgabe – eine Überarbeitung der Originalfassung von 1984, die mir nicht vorliegt. 2005 erschien eine weitere Neuauflage, in dem auch noch das Jahrzehnt bis 2000 behandelt wird.

Seltsam nur, dass dieses Buch eines weltweit renommierten Historikers – der 1928 geborene Journalist ist Träger britischer und amerikanischer Ehrenauszeichnungen – nicht in deutscher Übersetzung erschienen ist. Oder vielleicht nicht so seltsam, wenn man darin Sätze wie die obigen findet. „Cancel Culture“ existiert in Deutschland schon länger. Es gab bloß zuvor noch kein Wort dafür, denn in diesem Land ist eine solche Kultur der Normalzustand.

Deutschland, Europa und inzwischen so gut wie die ganze Welt lebt seit 1914, oder genauer gesagt seit dem „Kipppunktjahr“ 1917, nachdem der Westen ein ernst gemeintes Friedensgesprächsangebot Deutschlands abgelehnt hatte, in einer Ära des Totalitarismus – in mal stärkerer, mal weniger intensiver Ausprägung. Nach dem Zweiten Weltkrieg und des für alle offensichtlichen Scheiterns einer totalitären Ideologie lebten die Werte des seit Mitte des 19 Jahrhunderts im gesamten Abendland auf dem Rückzug befindlichen Christentums kurzzeitig auf. Sie wurden aber nicht als solche wiederbelebt, sondern kamen stattdessen im Gewand und auf dem Fundament der Aufklärung daher. „Menschenwürde“ und „Menschenrechte“ waren die führenden Schlagworte. Doch ohne das Transzendente hielt das allein aufklärerische Fundament dem Totalitarismus nur ein paar Jahrzehnte stand.

Der Grund dafür ist, dass auch der Totalitarismus seine Wurzeln in der Aufklärung hat. Genauer gesagt in jenem Zweig der Aufklärung, den der Ökonom Friedrich A. von Hayek „Konstruktivismus“ nannte. Dieser Zweig leugnet das Transzendente. Das bedeutet: Er glaubt zwar wie der andere, von Hayek so genannte „kritische“ Zweig der Aufklärung an die Existenz einer objektiven Wahrheit, doch anders als jener glaubt er, dass die objektive Wahrheit vom Menschen vollständig erfassbar und formbar sei. Es ist leicht zu sehen, dass in Ermangelung eines weitverbreiteten Glaubens an das Transzendente der Konstruktivismus über die kritische Aufklärung, die Gott denkmöglich zuließ, obsiegt. Wenn Gott tot ist, dass wusste uns der Philosoph Friedrich Nietzsche zu sagen, wird die hinterlassene Lücke von Übermenschen gefüllt – beziehungsweise von solchen, die sich dafür halten. Heute nennt man sie „Experten“.   

Das vermeintliche Heilmittel gegen den Totalitarismus seit 1945 war daher zumindest unzureichend und ermöglichte die aktuelle Misere – jene des Klimafanatismus, der Corona-Hysterie und anderer tyranneifördernder psychischer „Zustände“: die der konstruktivistischen Aufklärung innewohnende Ablehnung der Vorstellung eines Schöpfergottes und die Erhebung der Vorstellung, der Mensch könne „es“ besser als die „Phantasiegestalt“ Gott. „Es“ steht für die Schöpfung aus dem Nichts.

Eine echte, erfolgreiche Schöpfung aus dem Nichts kann definitionsgemäß nur ein echter Gott bewerkstelligen. Menschliche Imitate solcher Handlungen beruhen immer auf Betrug – siehe das allgegenwärtige Fiatgeld, siehe die aktuell zu reiner Phantasie mutierenden Wissenschaften, siehe die herrschende Erzählung von der endlosen Transmutabilität des Menschen. Das sind alles Produkte des konstruktivistischen Zweigs der Aufklärung. Erfolg haben solche Betrugsmaschen aufgrund magischen Denkens. Im Englischen gibt es den Spruch: „Einen ehrlichen Menschen kann man nicht betrügen.“ Wer an Magie glaubt, wer sich derart „verzaubern“ lässt, wird zum Opfer der Totalitären und des Konstruktivismus. Nicht zufällig erhob sich im Verlauf der Aufklärung auch der Okkultismus wieder.

Siehe übrigens auch die Projektion des Bösen allein im „anderen“ und die Leugnung der eigenen Fehlbarkeit. Letzteres gab es lange vor der Aufklärung. Vor dem Christentum sogar, das dieses Denken zwar nicht abschaffte, aber deutlich abschwächte. So sehr, dass auf seinem Boden schließlich Bescheidenheit, Fleiß, Sparsamkeit, Ehrlichkeit und Fürsorge und Vorausschau als allgemein verbreitete Werte aufblühten. Die Folge davon waren ein wirtschaftliches Wachstum und ein Siegeszug der Wissenschaft, was in der Menschheitsgeschichte einzigartig war. Nach nur zwei Jahrhunderten machte dieser Fortschritt ein langes, erträgliches, sogar freudvolles Leben erst vieler Millionen, dann Milliarden Menschen statt nur weniger Tausend möglich. Mit anderen Worten: Es fand eine Annäherung an das Reich Gottes statt. Im Diesseits.   

Das heißt nicht, dass Konzepte wie „Menschenwürde“ und „Menschenrechte“ abzulehnen seien. Im Gegenteil, es heißt, sie auf ein felsenfestes Fundament zu stellen, das nicht wankt, wenn Möchtegerntyrannen Schauermärchen erzählen.

Schauermärchen etwa wie das von der unmittelbar bevorstehenden Klimakatastrophe, die die Erde für die Menschheit unbewohnbar machen werde. Den selbsternannten „Rettern“ der Welt, deren totalitäres Denken sie sichtbar immer weiter in Richtung Terrorismus führt, würde ein Christ, der seinen Glauben ernst nimmt – was die überwiegende Mehrheit der gegenwärtigen Kleriker in Westeuropa und Nordamerika noch zu beweisen haben – die folgenden Fragen stellen:

Wenn euch die Weltrettung so wichtig ist, warum behindert ihr, gefährdet ihr sogar mit euren Aktionen das Leben der Schwachen und nicht das der Mächtigen? Warum klebt ihr nicht die Zugänge zu den Parlamenten, Ministerien und Behörden zu? Nicht, dass ich das je empfehlen oder gar gutheißen würde, aber seht ihr nicht den Widerspruch in der Wahl eurer Taktik? Was sagt das über eure wirkliche Motivation aus? Seid ihr nicht in Wirklichkeit Möchtegern-Cäsaren, die ihr mit euren Handlungen eure Verachtung alles Guten und Schönen im und vom Menschen zum Ausdruck bringt?  

Warum glaubt ihr, dass die von euch geforderten Maßnahmen die Welt „retten“ werden – ihr Alleswisser? Weil ein paar Typen Dinge gesagt haben, die ihre Geldgeber hören wollten, die sich zufällig an diesen Maßnahmen eine goldene Nase verdienen? Weil ganz viele Typen diese Dinge wiederholt haben, weil ihre Arbeitgeber das von ihnen hören wollen? Weil der Glaube daran ihre Macht ausweitete? Schon mal was von „Befangenheit“ gehört?  

Was heißt für euch eigentlich „die Welt retten“ – ihr jämmerlichen Werkzeuge der herrschenden Klasse? Wie soll sie aussehen, diese Welt? Wer hat euch zum Richter darüber ernannt, wie sie auszusehen, was ihre Zukunft zu sein hat?   

Weshalb wollt ihr eigentlich die Welt retten? Zu welchem Zweck? Behaupten die meisten von euch Heuchlern nicht, dass die Welt aus purem Zufall entstanden ist und sich irgendwann in einer sinnlosen Entropie auflösen wird? Warum wollt ihr diese Sinnlosigkeit verlängern? Was wollt ihr mit der „Rettung“ erreichen? Ein paar Jahre mehr für das „Zufallsprodukt“ Mensch? Ein paar Jahre mehr essen, trinken und sich des Lebens freuen? Ist das wirklich alles, wofür ihr kämpft?

Ich glaube, dass die Welt mit Absicht entstanden ist, dass der Mensch ein Ebenbild Gottes, ihm aber nicht ebenbürtig ist oder jemals sein kann. Dass wir mit Absicht in die Welt gesetzt worden sind, um sie im Sinne des Schöpfers „zu bebauen und zu hüten“ – in der Reihenfolge – und nicht, um von ihr beherrscht zu werden. Sich der Erde unterordnen zu wollen, ist Ausdruck eines zutiefst rückschrittlichen Glaubens, nicht des Atheismus, sondern des Heidentums. Ich verweise wieder auf den mit der Aufklärung aufgestiegenen Okkultismus.

Ich glaube ferner, dass uns mit unserem Gehirn ein Instrument gegeben wurde, mit dem wir die Welt nach und nach besser verstehen und daher besser „bebauen und behüten“ können. Dass Gott natürliche und moralische Gesetze geschaffen hat, die wir nach und nach entdeckten und noch immer entdecken und für deren Beachtung wir belohnt werden. Der moderne Begriff für diese Belohnung heißt Wirtschaftswachstum.

Für die Missachtung der natürlichen und moralischen Gesetze werden wir dagegen bestraft. Eine regelmäßig auftretende Form der Strafe ist schon immer gewesen, von skrupellosen, herrschsüchtigen und grausamen Cäsaren regiert zu werden. Die die Ideologie wechseln wie andere das Hemd, solange sie ihrem totalitären Anspruch dient.

Die Aufklärung braucht dringend wieder Anschluss an das christliche Fundament. Sonst mutieren Möchtegern-Cäsaren in unschöner Regelmäßigkeit zu echten Cäsaren.


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