09. Dezember 2022 19:00

Inflationsverklärung Desaströses Versagen der EZB – nicht der Krieg oder Corona!

Die irreführende Kommunikationspolitik der Institutionen ist nicht mehr glaubwürdig/seriös: ein konstruktiver Lösungsvorschlag

von Benjamin Mudlack

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Transparent und fair wäre es, die Menschen über das Wachstum der Geldmenge zu informieren, anstatt eine Preissteigerungsrate in Form eines beliebig veränderbaren statistischen Maßes zu veröffentlichen. Kaufkraftverlust ist keine Naturkatastrophe, sondern menschliches Versagen.

Relativ zeitnah nach Ausbruch des zu verurteilenden Krieges in der Ukraine twitterte der Regierungschef Deutschlands, Putin sei verantwortlich für die Preissteigerungen, unter denen nun die Menschen in Deutschland zu leiden hätten. Dieser Satz wurde inhaltlich von anderen politischen Akteuren wiederholt, und auch die Medien griffen die Herleitung der Kaufkraftentwertung dankbar auf. So einfach ist die Begründung jedoch nicht. Leider werden die Bürger des Landes durch die permanente Wiederholung dieser vereinfachten, irreführenden und nicht zutreffenden These darauf programmiert und glauben diese unseriösen Wahrheitsverzerrungen. Die Menschen haben nun die Chance, aus dem entstandenen Schaden der Kaufkraftminderung zu lernen und Veränderungen in Form einer Geldreform zu fordern.

Zunächst gilt es mit exakter Klarheit abzugrenzen, was Inflation tatsächlich ist und welche Begriffsdefinitionen zutreffend und logisch sind.

Die Geldmenge in der Euro-Zone wurde unter anderem durch den Umstand der sogenannten monetären Staatsfinanzierung von 1999 bis Ende 2021 deutlich mehr als verdreifacht. Diese Aufblähung (von lateinisch inflare) der Geldmenge ist auch das, was die Ökonomen der Österreichischen Schule der Nationalökonomie als Inflation bezeichnen. Mit jedem neu geschaffenen Euro sinkt der Tauschwert beziehungsweise die Kaufkraft jedes einzelnen Euro. Man könnte auch sagen, dass der Euro an Tauschwert gegen relativ knapp gebliebene Güter eingebüßt hat und der Grenznutzen sinkt. Während die Aufblähung der Geldmenge folglich die Ursache ist, sind die Kaufkraftminderungen in Form von Güterpreissteigerungen das Symptom der Inflation. In der öffentlichen Diskussion findet diese Abgrenzung oder die Unterscheidung zwischen Ursache (Aufblähung der Geldmenge gleich Inflation) und Symptom (Kaufkraftminderung/Geldwertverlust) nicht statt.

Grundsätzlich ist es die Aufgabe der Zentralbank, wenn es denn überhaupt eine derartige Institution geben muss, die Stabilität der Kaufkraft zu gewährleisten. Diesem Ziel ist folgerichtig alles unterzuordnen, denn es handelt sich um das einzig wirkliche Mandat der selbsternannten Währungshüter. Auch zu Zeiten der Deutschen Bundesbank vor 1999 hat das, wenn auch in den Denkstrukturen der Menschen anders hinterlegt, nicht richtig gut funktioniert. Auch die D-Mark hat, gerechnet in den vom Statistischen Bundesamt erfassten Konsumgüterpreisen, ungefähr 75 bis 80 Prozent ihres Tauschwertes verloren. Die Deutsche Bundesbank war seinerzeit noch unabhängiger von der Politik und fühlte sich im Gegensatz zu den Zentralbanken der südlichen Euroländer an ihr Mandat gebunden. Überspitzt formuliert: Die D-Mark war einäugig in der Welt der blinden Fiatgeld-Einheiten.

Die Gesamtgeldmenge im Euro-Raum (Geldmenge M3) ist mittlerweile auf über 16.000 Milliarden Euro aufgebläht (inflationiert) worden. Ungefähr 5.000 Milliarden Euro wurden im Rahmen der monetären Staatsfinanzierung der EZB geschaffen und befinden sich als Vermögenswert auf der Aktivseite der Zentralbankbilanz. Dieser Betrag entspricht auch ungefähr dem Geldmengenüberhang. Dieser ergibt sich aus dem Wachstum der Geldmenge im Vergleich zur Entwicklung der jährlich produzierten Güter und erbrachten Dienstleistungen. Letztere wird in Euro gerechnet und ist auch als Wirtschaftsleistung bekannt. Die Errechnung in Euro ist höchst problematisch. Eine inflationäre Einheit impliziert automatisch auch höhere Preise, und durch diesen Umstand steigt die Wirtschaftsleistung auch stetig an. Dieser Thematik werden wir uns in den nächsten Wochen noch einmal im Detail widmen.

Der besagte Geldmengenüberhang in Höhe von circa 5.000 Milliarden Euro stellt schon die Differenz zwischen Geldmengenwachstum und Wirtschaftswachstum dar. Die gestiegene Geldmenge wird also nicht mehr nur allein durch einen Anstieg der Wirtschaftsleistung aufgesogen, sie wird mittlerweile durch erheblich ansteigende Preise absorbiert. Diese gestiegene Geldmenge war gewissermaßen der prall mit Kerosin gefüllte Tank, der nun durch die Auswirkungen der Corona-Politik und den Krieg beziehungsweise die Energieproblematik Entzündung fand. Ohne die gestiegene Geldmenge hätte es nicht zu dieser massiven Preisexplosion kommen können. Das sollte jedem vernunftbegabten Menschen bewusst sein.

Interessant ist auch der Blick auf die Kommunikationspolitik der Europäischen Zentralbank oder staatsnaher Ökonomen. Noch bis in die zweite Jahreshälfte des Jahres 2021 wurde die Kaufkraftminderung von Vertretern der EZB kleingeredet beziehungsweise als vorübergehendes Phänomen abgetan. Kritikern der EZB-Geldpolitik warf man gar gezielte und übertriebene Panikmache vor. Sachliche Kritik wurde folglich nicht ernst genommen, sondern man versuchte, die Kritiker in Misskredit zu bringen.

Überdies malten Vertreter der EZB das vermeintliche Gespenst der Deflation an die Wand. Unter diesem Beitrag können sie sich den Verlauf der Geldmenge in der Euro-Zone zu Gemüte führen. Es ist kein Jahr-zu-Jahr-Vergleich ersichtlich, der einen Rückgang der Geldmenge und damit Deflation erkennen lässt. Seit 1980 wurde die Geldmenge im Euro-Raum fast um den Faktor 15 gesteigert.

Aufschlussreich ist auch ein Blick auf das statistische Maß, mit dem die Menschen über die jährlichen Preissteigerungsraten informiert werden. Der mehr oder weniger subjektiv zusammengestellte Warenkorb repräsentiert lediglich Konsumgüter und lässt die Steigerungsraten in den Vermögensgüterpreisen (Immobilien, Aktien, Edelmetalle, Oldtimer, Ackerland und so weiter) komplett außer Acht. Die Vermögensgüter sind bekanntermaßen nach der Finanzkrise 2007 enorm gestiegen. Zusätzlich gilt es zu berücksichtigen, dass der Preisindex auch immer wieder verändert wird. Der letzte Internetlink dieses Artikels führt sie auf die Seite von „shadowstats“ aus den USA. Dort sehen Sie sehr schön, dass der Konsumentenpreisindex in den USA im Vergleich zu der Berechnungsgrundlage der 90er Jahre deutlich kleingerechnet wurde. Wer eine lockere Geldpolitik rechtfertigen möchte, hat kein Interesse an aufgeklärten und gut informierten Menschen und versucht die Lage zu beschönigen. Es liegt ein klarer Interessenkonflikt vor.

Um den Interessenkonflikt zu entschärfen, empfehle ich den Blick auf die Entwicklung der Geldmenge. Während die im Euro-Raum veröffentlichten Preissteigerungsraten von 1999 bis Ende 2020 kumuliert um 34,6 Prozent gestiegen sind, hat sich die Geldmenge verdreifacht. Die durchschnittlichen Gehälter sind deutlich langsamer und auch geringer als die Preise für Vermögensgüter gestiegen. Es wird also immer schwieriger für die Mittelschicht, Wohneigentum zu erwerben oder für das Rentenalter vorzusorgen. In Folge der Energiepreissteigerungen hat sich diese Problematik deutlich verschärft. Übrigens war der Gaspreis, bezogen auf den Terminkontrakt, bereits von April 2021 bis kurz vor Weihnachten 2021 um 900 Prozent angestiegen. Der Strompreis (ebenfalls Terminbörse) hatte sich im identischen Zeitraum versechsfacht. Auch die Konsumgüterpreise sowie die Preise für landwirtschaftliche Erzeugnisse und Importprodukte zogen bereits im Jahr 2021 deutlich an. Sicher haben der Ukraine-Krieg und insbesondere die Sanktionspolitik der deutschen Regierung diese Effekte deutlich beschleunigt. Dennoch scheint es gerade beim Strom- und Gaspreis andere Einflussfaktoren (Dunkelflaute, politisch verfügtes Abschalten funktionsfähiger und moderner Kraftwerke) gegeben zu haben. Darüber hinaus gilt festzuhalten, dass kein umsichtig agierender Unternehmer sich so abhängig von einem Lieferanten gemacht hätte, wie es die Bundesrepublik Deutschland in puncto Gaslieferungen von Russland getan hat.

Preissteigerungsraten zu erfassen oder zu berechnen, ergibt keinen Sinn. Ich verweise an der Stelle gerne auf den Artikel von Prof. Dr. Mueller. Das Thema Inflation sollte komplett anders gedacht werden. Im neuen Youtube-Format „Habenicht und Mudlack – offen & ehrlich“ sprachen wir mit dem Leiter des Flossbach von Storch Research Institute, Prof. Dr. Thomas Mayer (ehemals Top-Manager beim IWF, bei Goldman Sachs und Chef-Volkswirt bei der Deutschen Bank), über die Themen Geld, Euro und Inflation. Mayer stützt die von mir in diesem Artikel aufgestellten Thesen.

Die Orientierung an der Geldmenge sei komplett verloren gegangen, sagte Mayer. Der Mainstream behaupte immer noch, wir würden an einer Abfolge von Zufallsschocks (Corona, Ukraine-Krieg) leiden. Aber dahinter stehe der riesige Geld-Tsunami. Diesen Umstand hätten sowohl die EZB als auch die amerikanische Notenbank FED komplett verpasst, gab der Notenbankexperte Mayer zu Protokoll.

Sehen wir daher Inflation als das an, was es ist: das durch menschliches Handeln herbeigeführte Ausdehnen der Geldmenge. Wann in in welchem Ausmaß die Preise in den einzelnen Güterkategorien steigen, kann Ihnen kein Amt oder keine Institution errechnen, weil die Steigerungen nicht synchron stattfinden und schlichtweg nicht zu prognostizieren sind. Das gilt besonders in den heutigen Zeiten, wenn es darum geht, die immer weiter ausufernde Staatsverschuldung durch neue Kreditaufnahme und damit stark wachsende Geldmengen zu finanzieren.

Gespräch mit Prof. Dr. Thomas Mayer

Entwicklung der Geldmenge in der Eurozone (Geldmenge M3)

Artikel von Prof. Dr. Antony P. Mueller beim Mises Institut Deutschland „Warum man Inflation nicht messen kann“

Konsumentenpreisindex USA (heute angewandtes statistisches Maß im Vergleich zu der Zusammensetzung von 1990)


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