Die Euro-Tragödie – Teil 1: Kollektivierung der Ungleichgewichte
Euro-Geldplanwirtschaft versus Privateigentum
von Benjamin Mudlack
Der Euro-Causa und den verschiedenen Hintergründen habe ich mich recht ausführlich in meinem ersten Buch, der „Geld-Zeitenwende“, gewidmet. Allerdings ist es sinnvoll, auf Basis eines kurzen Überblicks den Euro zu beleuchten.
Die Problematik zwangsmonopolistischer kollektivistischer Staatsgelder ist schon an sich als höchst problematisch einzustufen. Diese Problematik ergibt sich bereits aus der monopolistischen Ordnung. Der machtmindernde Faktor einer konkurrenzwirtschaftlichen Ordnung ist gerade beim Geld als besonders wichtig anzusehen. Wettbewerbsdruck ist wichtig, damit der Geldverschlechterung (Inflation) durch alternative Angebote Einhalt geboten wird und jeder Mensch frei in der Wahl der von ihm präferierten Tauschmittel ist. Vor der Einführung des Euro gab es die verschiedenen Nationalwährungen. Während die Deutsche Bundesbank einen vergleichsweise scharfen Blick auf die Geldwertstabilität warf, legten die Zentralbanken der südlichen Euro-Länder eine deutlich lockerere Geldpolitik an den Tag. Durch die Zentralisierung wurde per Zentralentscheidung (per Gesetz) aus den kollektivistischen Nationalwährungen eine kollektivistische Kontinentalwährung. Der Wettbewerb wurde de facto abgeschafft, und zwar ohne Einflussmöglichkeit der in der Euro-Zone lebenden Menschen.
Ungleichgewichte türmen sich auf
So wie ein Mensch ein- und ausatmet, gilt dies auch für andere Bereiche, wie zum Beispiel in den außenwirtschaftlichen Beziehungen. Dieser Punkt lässt sich auf vielfältige Art und Weise ausführen. Wären die Volkswirtschaften ähnlich stark aufgestellt, würde eine gemeinsame Währung wohl kein Problem darstellen. Das ist allerdings nicht der Fall. Deutschland exportiert deutlich mehr in die anderen Euro-Länder, als dass es importiert. Ausatmen (Export) und Einatmen halten sich nicht die Waage und es entsteht ein Ungleichgewicht. Dieses Ungleichgewicht wird durch schwankende Wechselkurse ausgeglichen. Die D-Mark wurde zur Bezahlung der Exportüberschüsse nachgefragt. Die Italiener tauschten so ihre Lira gegen die D-Mark, und die D-Mark wertete sukzessive gegen die Lira und andere Währungen der südlichen Euro-Länder auf.
Dieser marktwirtschaftlich sehr wichtige Effekt blieb mit der Einführung des Euro aus, wodurch die Probleme in den südlichen Euro-Ländern entstanden. Kurz gesagt, waren sie nicht mehr wettbewerbsfähig, da ihre Währung nicht mehr abwertete. Die deutschen Unternehmen wiederum hatten durch die harte D-Mark immer das Problem, zu teuer zu sein. Dieser Druck entfaltete sich positiv. Man sprach vom Produktivitätsschwert. Die deutschen Exporteure hatten den Druck, Produktivitäts- und Qualitätsfortschritte zu generieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Seit 2007 kann die deutsche Volkswirtschaft per Saldo keine Produktivitätszugewinne mehr generieren. Die fatalen Auswirkungen auf den Wohlstand Deutschlands wurden bereits thematisiert.
Der Effekt des wirtschaftlichen Niedergangs stellte sich unmittelbar nach der Finanzkrise 2007 in einigen südlichen Euro-Ländern ein. Die Staatschuldenkrise dieser Länder folgte auf den Fuß, wodurch in Folge auch das Vertrauen in deren Kapitalstärke förmlich erodierte. Die Halter der Staatsanleihen bekamen kalte Füße und stießen die Papiere ab.
Die Situation lässt sich wie folgt zusammenfassen:
Erstens: Die Zentralisierung und Abschaffung der Nationalwährungen verunmöglichte schwankende Wechselkurse.
Zweitens: Vollkommen normale Ungleichgewichte – resultierend aus Exportüberschüssen und -defiziten – zwischen den Volkswirtschaften konnten nicht mehr ausgeglichen werden.
Drittens: Die zu weiche Währung hat in den exportorientierten Ländern die Produktivität signifikant gehemmt. Die Folge sind unter anderem Wohlstandsverluste und eine Schwächung der Wettbewerbsposition der Unternehmen. Die zu weiche Währung gaukelt eine nicht vorhandene Wettbewerbsposition vor.
Viertens: In den importdominierten Ländern wurde die Wettbewerbsfähigkeit durch die zu harte Währung stark beeinträchtigt. Unternehmenspleiten und Arbeitslosigkeit waren die Folge.
Fünftens: Durch den Niedergang der Wirtschaft wuchsen die Staatsdefizite in den südlichen Euro-Ländern.
Sechstens: Es kam zur Staatsschuldenkrise.
Siebtens: Große Bestände an Staatsanleihen wurden – wie schon zuvor zu Zeiten der Finanzkrise nach 2007 – von der Europäischen Zentralbank aus den Bilanzen der Banken und Kapitalsammelstellen herausgekauft.
Achtens: Die Aufblähung der Geldmenge (Inflation) hat die Güterpreise dynamischer steigen lassen als die Nettoeinkommen. Auf diese Weise lassen sich umverteilende Effekte (Cantillon-Effekt) beobachten.
Sind die Probleme gelöst worden?
Die strukturellen Probleme der Gemeinschaftswährung sind weiterhin vorhanden. Es gibt genügend gescheiterte Währungsprojekte ähnlicher Art und Weise. Die Lateinische Münzunion, die Kronenzone wie auch die Rubelzone sind als gescheiterte Gemeinschaftswährungen ins Feld zu führen.
Trotz der gescheiterten historischen Projekte und trotz der erheblichen Probleme des Euro wird politisch an der Ideologie der Gemeinschaftswährung festgehalten. Die Ungleichgewichte sind nach wie vor existent und die systemischen Fehlkonstruktionen vergrößern sie. Das Risiko der Staatspleiten und somit die Verluste aus dem Ausfall der Forderungen gegen die Euro-Länder wurde von den privaten Banken und Kapitalsammelstellen zur EZB und somit auf alle Menschen der Euro-Zone verlagert.
Die EZB hat die Papiere mit neu geschöpftem Geld gekauft und dadurch den Euro inflationiert. Die ausgedehnte Geldmenge hat über die Zeit die Kaufkraft des Euro deutlich herabgesetzt. Insofern ist klar, wer die Zeche für die politisch herbeigeführten Entscheidungen zu zahlen hat.
In der Zwischenzeit sind die Ungleichgewichte noch größer geworden und die sozial ungerechte Werteumverteilung hat weiter an Dynamik gewonnen. Überdies hat Deutschland gewaltige Forderungen gegen das Euro-System angehäuft. Diese Forderungen resultieren aus den Exportüberschüssen und finden sich buchhalterisch in dem sogenannten Target2-System wieder. Per Ende März 2024 weist die Deutsche Bundesbank einen Forderungssaldo von über 1.065 Milliarden Euro aus. Bei dem Target2-System handelt sich um ein Verrechnungssystem. Die Forderungen sind im Rahmen der Anleihekäufe zur Fortführung des Euro-Systems entstanden. Präzise sind es Forderungen der Deutschen Bundesbank gegen das Euro-System. Selbstverständlich handelt es sich um Forderungen, die in Euro denominiert sind. Das heißt, wir sprechen von Nominalwertforderungen, die der fortlaufenden Geldverschlechterung schutzlos ausgesetzt sind. Deutschland hat harte Warten geliefert und verfügt nun über weiche Nominalwertforderungen.
Nächste Woche thematisieren wir den Ausbeutungswettbewerb rund um den Euro.
Benjamin Mudlack: „Geld-Zeitenwende – vom Enteignungsgeld zurück zum gedeckten Geld“
Youtube-Kanal: „Der Ökonomische IQ“
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