16. Dezember 2022 19:00

Kalkulation unmöglich Ein Kilo ist ein Kilo – aber ein Euro ist nicht ein Euro!

Wie Geldpolitik Unternehmen und Versorgungslage gefährdet und unser Leben „verwässert“

von Benjamin Mudlack

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Den Begriff des Geldsozialismus verbinde ich persönlich mit dem populären Ökonomen und Unternehmer Roland Baader. Wenn wir auf die intellektuellen Ursprünge blicken und noch weiter zurückgehen, dann landen wir jedoch bei Ludwig von Mises und seinem bahnbrechenden Werk, „Die Gemeinwirtschaft – Untersuchungen über den Sozialismus“ aus dem Jahre 1922.

Ludwig von Mises stellte zentral unter anderem fest, dass der Sozialismus zum Scheitern verurteilt ist, weil die Wirtschaftsrechnung nicht möglich ist. Ohne Privateigentum an den Produktionsmitteln (Grund, Boden, Maschinen und so weiter) gibt es keinen Güteraustausch und folglich keine Marktpreise. Ohne Austauschbeziehungen oder Austauschverhältnisse tappt die Wirtschaft in Bezug auf Knappheit und Überfluss in einzelnen Gütermärkten im Nebel. Hohe Preise signalisieren Knappheit und machen die Produktion dieser Güterfraktion attraktiv. Die Produktion wird in diesen knappen Gütermärkten durch bestehende oder auch neue Anbieter der betreffenden Produkte ausgeweitet, und in der Folge dominiert das Güterangebot wieder die Nachfrage und die Preise fallen. Umgekehrt verhält sich die Angelegenheit, wenn es zu einer fallenden Preistendenz kommt. Niedrige Preise signalisieren auch rückläufige Gewinne. Das Angebot ist also zu hoch, der betreffende Markt überversorgt (gesättigt), und infolge der fallenden Preise ist die Produktion weniger attraktiv. Im weiteren Verlauf wird die Produktion zurückgefahren, bis sich der Zyklus, der auch als Schweinezyklus bekannt ist, wieder umgekehrt. Preissignale sind für eine Volkswirtschaft unerlässlich. Sie zeigen den Unternehmern an, welche Güter knapp und welche im Überfluss vorhanden sind. Ohne Preissignale drohen Mangel, Unterversorgung, das aus dem Sozialismus bekannte Schlangestehen, Hunger, Not und Elend. Die Bilder aus der DDR sind ebenso bekannt wie die Folgen des Sozialismus in Venezuela oder die aktuelle Nahrungsmittelknappheit in Sri Lanka.

Zurück zu der von Roland Baader geprägten These des Geldsozialismus. Ebendieser verunmöglicht in sozialistischer Manier die Wirtschaftsrechnung. Diesem Thema gehen wir nun auf den Grund.

Stellen Sie sich vor, Sie sind ein Koch der Extraklasse und Sie können nicht nach Gefühl ihre Rezepte abarbeiten. Um immer hervorragende Resultate zu produzieren, müssen Sie mit gewissen Konstanten rechnen: 100 Milliliter Wasser, 200 Gramm von dieser und jener Zutat. Wie in der Überschrift steht, sind ein Kilo ein Kilo, ein Liter ein Liter und ein Gramm ein Gramm. Sie wissen, dass es sich hierbei um konstante Rechnungsgrößen handelt, auf die Sie sich, bei entsprechender Genauigkeit des Messgerätes, verlassen können. Nehmen Sie zu viel Wasser, ist das Gericht verwässert und im Extremfall sogar ungenießbar. Der Koch würde seinen Ruf riskieren, und auf die Dauer wäre gar seine Existenz gefährdet. Er wird also penibel auf die Qualität und exakte Zusammensetzung seiner Speisen achten.

Eine Waage bei einem Schrottplatz wird sogar vom Eichamt amtlich überprüft, damit die Kunden und Lieferanten eine korrekte Abrechnung der gehandelten Metallsorten erhalten.

Anders ist es beim Geld. Da nimmt die Gesellschaft billigend die durch Zinsdiktat und Geldmengenwachstum systemisch bedingten Verwässerungseffekte in Kauf. Die Geldmenge der Euro-Zone wurde von Anfang 2020 bis nun Ende 2022 um weit mehr als 20 Prozent inflationiert (erweitert/verwässert/Geld verschlechtert). In den Vereinigten Staaten von Amerika sprechen wir gar von einer Geldmengenerweiterung von mehr als 40 Prozent. Ein Euro (oder US-Dollar) per Dezember 2022 ist also in der Tat nicht mehr mit der identischen Güte ausgestattet, wie es zu Beginn des Jahres 2020 der Fall war. Mit jeder neu geschaffenen Geldeinheit nimmt der Grenznutzen ab. Der Tauschwert sinkt, und zwar je nachdem, in welchen Gütermärkten das neu geschaffene Geld zu einer Ausweitung der Nachfrage, Verknappung des Angebotes und damit zu steigenden Preisen führt.

Blicken wir auf einen längeren Zeitraum, so fällt der ausgeführte Umstand sehr drastisch aus. Die US-Geldmenge wurde seit 1971 um mehr als den Faktor 30 gesteigert (verwässert beziehungsweise Geld verschlechtert). Im Euro-Raum erreicht man innerhalb kurzer Zeit, von 1980 an gerechnet, eine Steigerung um den Faktor 15. Güterpreise, die in diesen Einheiten gehandelt werden, können im Laufe der Zeit zwangsläufig nur eine steigende Tendenz entwickeln. Die steigenden Geldmengen führen nun zu falschen Preissignalen, und zwar deshalb, weil die Preise nicht aufgrund der reinen Güterknappheit steigen, sondern aufgrund der quantitativen Geldmengenausweitung. Das Knappheitssignal eines jeweiligen Gütermarktes wird unter Umständen verwässert und ist von geringerer Aussagekraft, als dies auf Basis einer konstanten Geldmenge der Fall wäre. Die Qualität der Versorgungssituation kann über die Jahre erheblich geschwächt werden – ein sozialistisches Problem beziehungsweise ein planwirtschaftliches Phänomen.

Kommen wir nun zur Wirtschaftsrechnung der Unternehmen. Ein Kaufmann benötigt für seine Kalkulation, analog zum Koch, ebenfalls verlässliche Größen, um seine Wirtschaftlichkeitsrechnung, also seine Kalkulation aller Produkte, die sein Unternehmen produziert, seriös gestalten zu können. Das heutige Geld wird jedoch, wie schon erläutert, immer weiter ausgeweitet. Der Unternehmer kann also nicht mit einer Konstanten rechnen, sondern er ist dazu gezwungen, permanent gestiegene Preise weiterzureichen. Das Statistische Bundesamt errechnete von Oktober 2021 bis Oktober 2022 eine Steigerungsrate bei den Erzeugerpreisen (zusammengestellter Preisindex für die Produzenten) von 34,5 Prozent. In den Vormonaten erfuhr dieser fragwürdige und willkürlich zusammengestellte Index im Vorjahresvergleich gar eine Zuwachsrate von über 45 Prozent. Einige Vorprodukte sind durch die wegen der Lockdown-Politik entstandenen Lieferkettenproblematik gar nicht verfügbar. Lieferzeiten haben sich durch die politischen Interventionen dramatisch nach hinten verschoben. Vollständige Produktionsketten sind zerfallen. Die gesamtwirtschaftliche Produktivität leidet aufgrund der Beschaffungsproblematik und der permanent steigenden Preise, was denn Wohlstand der Volkswirtschaften gefährdet. Für einige Produkte gelten Tagespreise. Im Bereich der Tagespreisgestaltung ist keine Kalkulation oder Angebotsabgabe mehr möglich. Wir kommen zurück zu Ludwig von Mises und der wissenschaftlichen Ausarbeitung, dass der Sozialismus aufgrund der Undurchführbarkeit der Wirtschaftsrechnung scheitern müsse. Ludwig von Mises veröffentlichte seine Untersuchungen zum Sozialismus, noch bevor der real existierende Sozialismus/Kommunismus in der DDR oder Sowjetunion scheiterte. Es spricht nicht für die Lernfähigkeit der Menschheit, dass wir uns heute wiederum in diese Sackgasse haben manövrieren lassen.

Darüber hinaus befinden sich Unternehmer seit einiger Zeit öfter als sonst in Preisgesprächen, um die gestiegenen Kosten zumindest zum Teil weiterzureichen. Auch das kostet Zeit, Nerven, Produktivität und Wohlstand. Um bei der Analogie mit dem Koch zu bleiben: Die Zutaten für ein gutes und nicht versalzenes Jahresergebnis und einen nachhaltigen Unternehmenserfolg sind im Rahmen dieser Gesamtkonstellation extrem gefährdet. Einige Zutaten (Vorprodukte, Importware et cetera) sind im Zuge der zusammengebrochenen Lieferketten gar nicht oder nur schwer verfügbar. Ursprüngliche Kalkulationen gehen nicht mehr auf. Aus geplanten und kalkulierten Gewinnen akkumulieren Unternehmen Verluste.

Kürzlich unterhielt ich mich mit einem befreundeten mittelständischen Unternehmer. Der Unternehmer ist im produzierenden Gewerbe tätig und konnte seinen Umsatz auf Basis der aktuellen betriebswirtschaftlichen Auswertung um ungefähr 50 Prozent steigern. Der Gewinn blieb jedoch konstant und entsprach dem des Vorjahres. Die Umsatzrendite (Relation Gewinn zu Umsatz) ging folglich erheblich, und zwar um rund ein Drittel zurück. Höhere Umsätze implizieren automatisch höhere Risiken, einen höheren zeitlichen Aufwand und mehr Verantwortung. Jedoch erfährt der besagte Unternehmer dafür keine angemessene Entlohnung in Form höherer Gewinne.

Er zeigte sich aufgrund der aktuellen Gesamtlage und der dramatisch gestiegenen Energiepreise noch dankbar, dass der Gewinn in seinem Unternehmen immerhin konstant geblieben sei. Branchenkollegen und befreundete Unternehmer aus dem Mittelstand würden bereits in arge existenzbedrohende Bedrängnis geraten. Bereinigt um das Geldmengenwachstum, hat aber auch mein befreundeter Unternehmer an Boden verloren. Sein Gewinn hat nun im Jahr 2022 aufgrund der gestiegenen Geldmenge nicht mehr den Tauschwert wie im Jahr 2021. Ein Euro ist eben nun ein deutlich leichterer Euro mit weniger Substanz, geringerer Werthaltigkeit und niedrigerem Tauschwert in Relation zu anderen knapp gebliebenen oder noch knapper gewordenen Gütern.

Geld nutzen die Menschen als Tauschmittel, um im Gütertausch (Geld ist das Tauschgut schlechthin) die aktuelle Situation zu verbessern und die subjektiv gesteckten Ziele zu erreichen. Geld ist also notwendig zur Güterverteilung, die auch Güterallokation genannt wird. Der Preis des Geldes ist der Zins. Und der Zins ist notwendigerweise elementar für die Geldverteilung. Im Grunde handelt es sich bei dem Zins um das wichtigste Preissignal und den wichtigsten Preis einer Volkswirtschaft. Der Zins funktioniert zudem wie ein Rentabilitätskompass. Wird er durch Geldmengenüberangebot und Zentralverwaltungsdiktat künstlich abgesenkt, rechnen sich plötzlich auch eigentlich unrentable Investitionsobjekte und Unternehmen. In der heutigen Welt wird der Zins nicht durch freiwilliges Geldangebot und freiwillige Geldnachfrage ermittelt, sondern durch die Zentralbank planwirtschaftlich festgelegt. Die Zinsen wurden seit den 80er Jahren immer weiter abgesenkt und befinden sich deutlich unter dem Marktzins, der sich auf Basis der sogenannten Zeitpräferenzrate einstellen würde. Durch den deutlich zu niedrigen Zins bevorzugen die Menschen den Gegenwartskonsum. Sparen ist bei niedrigen Zinsen unattraktiv – ein klarer Fehlanreiz. Die Menschen sparen weniger und leihen sich durch den Fehlanreiz des vermeintlich billigen Geldes immer mehr Mittel aus ihrer eigenen ungewissen Zukunft. Ein gefährliches Spiel, denn gesamte Volkswirtschaften geraten so schleichend und später dynamisch in die Schuldenfalle. Plakativ gesprochen hat eine überbordende Kreditaufnahme noch kein Land auf lange Sicht reicher gemacht. Zudem führt der planwirtschaftliche Zins die Menschen und Wirtschaftsteilnehmer (Wirtschaftssubjekte) wie ein defekter Kompass auf die falsche Fährte. Geld fließt in nicht rentable, unsinnige Investitionen. Große Unternehmen können ihre Marktposition schneller ausbauen, und zwar deshalb, weil sie auch gering rentable mittelständische Unternehmen aufgrund des niedrigen Fremdkapitalzinses aufkaufen können. Ressourcen (Rohstoffe, Zeit, Kapital) werden verschwendet und die Umwelt wird belastet. Produktivität und Wohlstand gehen nachweislich zurück. Die Produktivität pro Arbeitsstunde befindet sich in Deutschland seit der Finanzkrise 2007 in einer Seitwärtsphase. Da dieser Wohlstandsanzeiger in Euro errechnet und nicht um das Geldmengenwachstum bereinigt wird, ist die Produktivität also schon deutlich stärker rückläufig, als es die errechnete, nicht bereinigte Arbeitsproduktivität vermuten lässt.

Fazit: Durch die nahezu zügellose Ausweitung der Geldmenge generiert eine Volkswirtschaft defekte und in die Irre führende Preissignale. Daraus folgen über kurz oder lang Unterversorgung und eine Fehlleitung von Geld, Arbeitszeit und Ressourcen. Der planwirtschaftliche und künstlich abgesenkte Zins beschleunigt diesen Effekt. Für das Geld selbst gibt es auf dieser Basis kein werthaltiges und aussagekräftiges Preissignal (Zins) mehr. Unternehmer wissen nicht mehr, wie sie kalkulieren sollen, befinden sich buchstäblich in einem wirtschaftlichen Blindflug und laufen Gefahr, ihre Existenz zu verlieren. Wirtschaftsleistung, Unternehmenserfolg, Produktivitätsentwicklungen und Unternehmenskalkulationen können unmöglich in einer nicht konstanten Einheit verlässlich errechnet werden. Sämtliche in Euro (US-Dollar und so weiter) errechnete Indikatoren sind unbrauchbar. Nur in einer konstanten Einheit lässt sich verlässlich rechnen. Darin unterscheidet sich der Koch nicht vom Unternehmer.

Um es mit den Worten Roland Baaders sinngemäß auf den Punkt zu bringen: „Der planwirtschaftlich künstlich abgesenkte Zins und die permanente Geldmengenerweiterung vergiften den Blutkreislauf einer Marktwirtschaft. Aufgrund dieser Art Blutvergiftung kann diese dann auch automatisch unmöglich als Marktwirtschaft definiert werden!“

Ludwig von Mises schrieb: „Verzichtet man auf die Geldrechnung, dann wird jedes Wirtschaftliche schlechthin unmöglich.“ Ich füge an, dass die Verwässerungseffekte durch Gelddrucken und Zinsfestlegung die Wirtschaftsrechnung verunmöglichen und unseren Frieden, unsere Freiheit und unseren Wohlstand gefährden.

Ludwig von Mises stellte zudem fest: „Damit eine Wirtschaftsrechnung in Geld erfolgen kann, müssen zwei Bedingungen erfüllt sein. Zuerst müssen sowohl Konsum- als auch Produktionsgüter in den Tauschverkehr einbezogen sein. Es müssen Austauschverhältnisse am Markt entstehen. Zweitens muss ein allgemein gebräuchliches Tauschmittel – also Geld – in Verwendung sein, das den Austausch am Markt ermittelt, und sich so die Geldpreise auf einen gemeinsamen Nenner zurückführen lassen. Jeder Schritt, der uns vom Sondereigentum an den Produktionsmitteln und vom Geldgebrauch wegführt, führt uns auch von der rationellen Wirtschaft weg.“

An der Stelle erlaube ich mir zum Abschluss zwei Fragen anzuschließen, die Sie sich als geschätzter Leser vielleicht selbst beantworten möchten:

Wie werthaltig und verlässlich kann dieser gemeinsame komplett verwässerte Nenner (Geld gleich Euro, US-Dollar und so weiter) noch sein?

Wie aussagekräftig sind in dem Zusammenhang die Knappheitssignale in Bezug auf die Versorgungslage und das Nachfrageverhalten der Menschen?

Möge alsbald das Zeitalter der geldplanwirtschaftlichen Verwässerung dem Zeitalter der Verlässlichkeit und Konstanz Platz machen ...

„eigentümlich frei“: Wie, Sie rechnen noch in Euro? (Benjamin Mudlack)

Mises Institut Deutschland: Wie, Sie rechnen noch mit Fiat-Geld ?

Statistisches Bundesamt: Erzeugerpreise in Deutschland – Vergleich Oktober 2021 mit Oktober 2022


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