Freiheit als Floskel? Sezession als Antwort: Wohlmeinende Staatslenker haben mit Freiheit und Sezession kein Problem!
Selbstbestimmung befriedigt die Bedürfnisse der Menschen deutlich besser als Mitbestimmung ...
von Benjamin Mudlack
Jüngst wurde hierzulande das Wort Freiheit mit einem sogenannten Negativpreis versehen und zur Floskel des Jahres gekürt. Die Floskel des Jahres ist, ebenso wie das Wort oder Unwort des Jahres, eine recht neue Erscheinung und scheint ein zeitgenössisches Phänomen zu sein. Die rein subjektive Auswahl und Verkündung der Floskel des Jahres war vielen Medien eine Schlagzeile wert, so auch der Tagesschau (siehe Quellenanagaben am Ende der Kolumne).
Nur in einer rezessiven Phase der Freiheit ist es ohne großen Aufschrei in der Bevölkerung möglich, die Freiheit zu einer Floskel verkommen zu lassen. Allein diese Tatsache sagt mehr über den Zeitgeist aus als so manch anderer Kommentar ...
Freiheit ist jedoch für all diejenigen, die sie verstanden haben, alles andere als eine oberflächliche Floskel. Freiheit ist die Essenz, die Basis, steht für Individualität und vieles Weitere des menschlichen Seins. Die Menschheitsgeschichte zeugt von einem permanenten Schlagabtausch zwischen Freiheit und Unfreiheit – also mehr Freiheit für die Menschen oder mehr Unterdrückung und Unfreiheit durch eine Obrigkeit. Je mehr die Obrigkeit unter Druck geriet, desto totalitärer und gewalttätiger reagierten die jeweiligen Machthaber. Je aufgeklärter die Menschen sind, desto größer ist der Wille und Drang nach Freiheit.
Der Mensch wird frei geboren. Wie frei er geboren ist, können wir bei einem neugeborenen Kind beobachten. Das Kind beziehungsweise der Säugling hat klare Vorstellungen in Bezug auf seine Bedürfnisbefriedigung. Solange die Bedürfnisse nicht befriedigt sind, wird geschrien. Insofern sind die Dienstleister, in dem Fall die Eltern, darum bemüht, die Bedürfnisse zu erfüllen, damit das Geschrei ein Ende findet und alle zufrieden sind.
Die zufriedenstellende Bedürfnisbefriedigung wird den Menschen in einigen zentralen Lebensbereichen, zumindest nach meiner Auffassung, im Laufe des Lebens abtrainiert. Bedürfnisbefriedigung fußt im Grunde auch auf einer Wahlmöglichkeit zwischen verschiedenen Anbietern der Produkte und Dienstleistungen. Ist die Pizza von Anbieter A nicht schmackhaft oder der Preis zu hoch, stimmen die Menschen mit den Füßen ab und kaufen bei Anbieter B. Lehnen viele Menschen Pizza-Anbieter A ab, verschwindet er womöglich vom Markt, weil er den Bedürfnissen seiner Kunden nicht gerecht wird.
Wenn uns beispielsweise das Angebot des Fußballvereins zur Ausübung unseres Hobbys nicht mehr gefällt, so wählen wir einen anderen ortsansässigen Verein oder aber einen Verein aus den Nachbarorten. Durch den positiven Druck und Anreiz des Wettbewerbs sind die jeweiligen Anbieter darum bestrebt, ihre Waren und Dienstleistungen preislich attraktiv und qualitativ hochwertig zu gestalten. Wettbewerb erhalten wir jedoch nur, wenn es genügend bewegliche Unternehmen beziehungsweise Anbieter gibt. An der Stelle sind leichte Markteintrittsbarrieren und möglichst wenig Bürokratie beziehungsweise wenige Vorschriften eine notwendige Bedingung für freies Unternehmertum.
Der Mauerbau in der DDR sollte ein Abstimmen der Bürger mit den Füßen verhindern. Bis dahin hatten viele DDR-Bürger, und vor allem Teile der arbeitenden Bevölkerung, das Land gewechselt und sich die Freiheit genommen. Mit dem Bau der Mauer stoppte die SED-Regierung die Auswanderung und verlängerte so die Haltbarkeit des sozialistisch-planwirtschaftlichen Systems. Die SED-Führung scheute ganz offensichtlich den Wettbewerb mit Westdeutschland und anderen Ländern. Durch Mauer, Zwang, Gewalt und unter Einsatz von Schusswaffen wurden die Menschen davon abgehalten, das Land zu verlassen.
Der Staat, wie wir ihn heute kennen, scheut ebenfalls den Wettbewerb mit anderen staatlichen Anbietern. Die Wegzugbesteuerung ist nur ein Beispiel einer subtilen und physisch nicht sichtbaren Mauer. Aber auch die Bildung von staatlichen Kartellen (G7, G20, Europäische Union in der heutigen Ausgestaltung) sind beispielsweise im Rahmen einer globalen Mindestbesteuerung als wettbewerbsfeindliche Entwicklung zu nennen. Welche zentralen Aufgaben hat denn ein Staat aus Sicht eines Befürworters des Minimalstaates? Innere und äußere Sicherheit sind die beiden zentralen staatlichen Aufgaben. Der Zustand der inneren Sicherheit wurde zur Silvesternacht eindrücklich dokumentiert, und die Wehrfähigkeit wie auch Materialausstattung der deutschen Bundeswehr befindet sich auf unterstem Niveau.
Die eigentlichen Staatsaufgaben werden also kaum noch erfüllt. Darüber hinaus reißt der Staat immer mehr Macht und Aufgaben an sich. Per Diktat werden funktionstüchtige und im globalen Vergleich moderne Kraftwerke abgestellt. Das Ergebnis sind steigende Energiepreise, mangelnde Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft und eine damit einhergehende Deindustrialisierung des Landes und Verarmung der Bevölkerung. Ebenso per Diktat sollen ab 2035 Verbrennungsmotoren und ab 2024 Gasheizungen verboten sein. Letzteres ist, wie auch die politisch herbeigeführte Energiepreisverteuerung, ein klarer Angriff auf das Privateigentum und damit auf die Freiheit der Menschen. Überdies gibt es den Mietendeckel in Berlin, Preisobergrenzen für Kinderhustensäfte, die sogenannte Gaspreisbremse, ein Mindestlohndiktat und viele andere staatliche Eingriffe, die das freie menschliche Handeln, marktwirtschaftliche Prozesse sowie den freiwilligen Tausch einschränken und damit die Güterversorgung massiv gefährden. All diese Anordnungen und Diktate lassen sich auf Dauer nur durch Zwang, Gewaltandrohung und Gewalt durchführen. Dessen sollten sich die Menschen bewusst sein. Und jedes Jahr nehmen die Anordnungen und Diktate zu, und die Freiheit nimmt ab.
Der Wohlstand der Menschen fußt zentral auf der Freiheit. Je größer die persönliche und ökonomische Freiheit ist, desto besser können sich die Menschen entfalten und desto mehr Wohlstand entwickelt die jeweilige Volkswirtschaft. Wir Menschen funktionieren auf Basis des freiwilligen Tausches. Wir führen den Tausch oder das Geschäft nur freiwillig durch, wenn wir danach besser als vorher gestellt sind. Wir mögen von Natur aus „Win-win-Situationen“ und lehnen Zwang und Gewalt ab.
Die Korrelation zwischen Freiheit und Wohlstand wird auch von einigen Institutionen gemessen. Ein Beispiel ist der Index für wirtschaftliche Freiheit. Er wird seit 1995 von der Heritage Foundation und vom „Wall Street Journal“ berechnet. Messgrundlagen sind unter anderem das Eigentum, die Staatsausgaben, die Arbeitsfreiheit, die Rechtstaatlichkeit, die Rolle des Staates in der Wirtschaft, die Effizienz der Regulierung und die Freiheit/Offenheit der Märkte.
Es ist kein Zufall, dass die Freiheit und der Wohlstand positiv korrelieren. Länder wie Singapur, die Schweiz, aber auch Liechtenstein sind als Beispiele zu nennen. Kleine Länder, eine geringe Staatsquote, niedrige Steuerlast und hohe persönliche wie auch wirtschaftliche Freiheit gehen mit einem hohen Wohlstandsniveau einher. Deutschland rutscht gerade im Hinblick auf die Unfreiheit am Arbeitsmarkt und die hohen Staatsausgaben immer weiter im Ranking ab. Blicken wir auf die schon skizzierten Eingriffe des Staates hierzulande und in der Europäischen Union, dann ist der durch Unfreiheit hervorgerufene wirtschaftliche Abstieg vorgezeichnet. Insofern ist Freiheit keine Floskel. Im Gegenteil: die Freiheit weist eine extrem hohe positive Korrelation mit dem Wohlstand eines Landes auf.
Liechtenstein ist in vielerlei Hinsicht ein leuchtendes Beispiel. Die staatliche Kollektivverschuldung sucht man vergeblich, und die Staatsquote (Anteil des Staates an der Jahreswirtschaftsleistung) ist so niedrig wie in kaum einem anderen Land der Welt. Darüber hinaus ist Liechtenstein das einzige Land, das seinen Gemeinden kraft Verfassung die Sezession, also den Austritt, und damit die Selbstbestimmung erlaubt. Der Fürst von und zu Liechtenstein hat ganz offensichtlich kein Problem mit Wettbewerb und erlaubt den Menschen die Freiheit der Sezession. Mehr noch: Fürst Hans-Adam II von und zu Liechtenstein veröffentlichte im Jahr 2010 ein Buch mit dem Titel „Der Staat im dritten Jahrtausend“. Fürst Hans Adam II. versteht den Staat als Dienstleistungsunternehmen, das sich der Konkurrenz/dem Wettbewerb der privaten Dienstleister zu stellen hat und nicht als Monopolist mit schlechtem Service und hohen Preisen auftritt. In der Einleitung schreibt er wortwörtlich: „Es wäre schön, wenn es der Menschheit im dritten Jahrtausend gelingt, alle Staaten in Dienstleistungsunternehmen zu verwandeln, die den Menschen auf der Basis der direkten und indirekten Demokratie sowie des Selbstbestimmungsrechtes auf Gemeindeebene dienen.“
Das Buch von Titus Gebel zu den Freien Privatstädten ist in diesem Zusammenhang ebenfalls als Grundlagenwerk und Pflichtlektüre zu empfehlen. Auch er definiert den Staat als Dienstleister, tritt mittlerweile selbst als Staatsdienstleister in Erscheinung und führt in seinem Werk viele Beispiele zur besseren Veranschaulichung an.
2001 wurde bereits in New Hampshire das sogenannte „Free State Project“ ins Leben gerufen. Überall in der Welt suchen die Menschen nach Lösungen außerhalb des heute bekannten Staatsmodells. Gerade in der Bitcoin-Anhängerschaft finden diese Entwicklungen rund um alternative Staatsmodelle breite Zustimmung.
Auch in Deutschland geht die Bürgergenossenschaft Mittelsachsen in alter Tradition des Genossenschaftsmodells den Weg der Selbstbestimmung. Die Reduktion der staatlichen Pfadabhängigkeiten scheint viele Menschen gedanklich zu beschäftigen. Gerade auch der Hinweis staatlicher Institutionen in Bezug auf die schwindende Energieversorgungssicherheit befördert offenbar den Handlungsdruck. Die Menschen möchten ihre tagtäglichen Herausforderungen wieder selbst in der Hand haben und nicht mehr in staatlicher Abhängigkeit verweilen. Freiheit durch Selbstbestimmung und Eigenverantwortung ist das Motto!
Fazit
Der Wettbewerb schränkt die Macht ein, hält sie in Grenzen, folgt den Naturgesetzen und ist essenziell für die Weiterentwicklung der Menschheit. Das gilt für Unternehmen und Staaten gleichermaßen. Insofern ist es nur logisch, dass Machtmenschen stets mit großer Anstrengung den Wettbewerb einzuschränken suchen, um zusätzliche Macht und auch Marktanteile zu generieren. Machtvolle Sonderinteressengruppen versuchen die Gesetzgebung mit Lobbyarbeit in die Richtung zu lenken, dass kleine Unternehmen mit stetig wachsendem Bürokratieerfüllungsaufwand zu kämpfen haben und sukzessive vom Markt verschwinden. Die aktuell in sämtlichen Güterarten zu beobachtenden Preissteigerungen beschleunigen diese Entwicklung zusätzlich. Die frei gewordenen Marktanteile der vom Markt verschwindenden Unternehmen akkumulieren zunehmend die großen multinationalen Konzerne. Das reduziert im Zeitablauf die freie Wahlmöglichkeit zwischen einer Vielzahl von Anbietern. Die Dienstleistungen und Güter werden durch den mangelnden wettbewerblichen Druck schlechter sowie durch oligopolistische Marktstrukturen teurer, und die Güterversorgung kann ins Stocken geraten.
Alle Fäden der Entwicklung hin zu oligarchischen (Macht-) Strukturen laufen bei den Staaten in ihrer aktuellen Dominanz und ihrer freiheitseinschränkenden Tendenz zusammen. Die aktuelle Krise kann viele Menschen zum Hinterfragen des Status quo ermutigen. Kriege werden tendenziell eher von großen Imperien und großen Staaten geführt. Auch das lehrt uns die Menschheitsgeschichte. Denken Sie an den kriegerischen, gewaltvollen Aufstieg Preußens und die darauffolgenden Katastrophen der beiden Weltkriege. Kleine staatliche Einheiten sind auf friedvolle Kooperation angewiesen, weil sie alleine nicht existieren können. Nur der freie Markt als dynamisches Entdeckungsverfahren um die beste Staatsdienstleistung und der positive Druck wettbewerblicher Strukturen halten die Staaten, oder aber staatliche Dienstleister, auf Dauer klein, effizient, friedvoll und leistungsstark.
Ludwig von Mises im Jahre 1919 schrieb in „Nation, Staat und Wirtschaft“ auf Seite 77: „Wer Frieden zwischen den Völkern will, muss den Staat und seinen Einfluss auf das Stärkste einzuschränken versuchen.“
Beantworten Sie sich im Hinblick auf unsere Freiheit bitte abschließend einmal gedanklich die beiden nachfolgenden Fragen:
Erstens: Wie frei können wir Menschen in Deutschland eigentlich sein, wenn ein angestellter Durchschnittsverdiener ungefähr 70 Prozent (inklusive aller indirekten Abgaben, GEZ-Beitrag und so weiter) seines Einkommens an den Staat eher unfreiwillig und unter Androhung von Gewalt abzugeben hat?
Zweitens: Wie frei und folglich wie marktwirtschaftlich kann die Wirtschaft bei einem staatlichen Anteil an der Jahreswirtschaftsleistung (Staatsquote) von deutlich mehr als 50 Prozent sein?
Bürgergenossenschaft Mittelsachsen
Freiheitliche Siedlungsprojekte
Free State Project New Hampshire
Boston.com: What to know about New Hampshire’s Free State Project
Tagesschau: Negativpreis: „Freiheit“ zur Floskel des Jahres gekürt
Heritage Foundation – Index für wirtschaftliche Freiheit
Titus Gebel: Freie Privatstädte: Mehr Wettbewerb im wichtigsten Markt der Welt
Kommentare
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