13. Januar 2023

Der Staat und seine Entscheider Größte anzunehmende Klumpenrisiken?

Was Europas Machthaber aus dem epochalen Abstieg Chinas nicht gelernt haben!

von Benjamin Mudlack

Angst vor Freihandel und Machtverlust? Chinas Ming-Dynastie steht sinnbildlich dafür, wie eine einzelne durch Machthaber getroffene Entscheidung einen über 200 Jahre andauernden wirtschaftlichen Abschwung zur Folge hatte. Im Jahre 1400 war China die Seefahrernation schlechthin. Die Schiffe waren teilweise fünfmal so groß wie europäische Schiffe zu jener Zeit. Das Schiff von Christoph Kolumbus maß beispielsweise 19 Meter. Die großen Schiffe in China waren 120 Meter lang. Die US-Navy verfügt heute über etwas mehr als 400 Schiffe. Die chinesische Schatzflotte brachte es seinerzeit auf eine sagenhafte Stückzahl von 3.500. Trotzdem hat China damals das fragwürdige Wunderwerk vollbracht und diesen Vorsprung durch die Fehlentscheidung einiger weniger Machthaber verspielt. Europa stieß in den frei gewordenen Raum und ging bekanntlich als Kontinent der Seefahrer in die Geschichte ein. Der wirtschaftliche Aufstieg Europas nahm durch den Handel Fahrt auf. Was aber war in China passiert?

Der Nobelpreisträger und Ökonom Angus Deaton von der Universität Princeton legte in seinem 2017 veröffentlichten Buch „Der große Ausbruch: Von Armut und Wohlstand der Nationen“ eine gut dokumentierte Begründung dar. Die politische Elite hatte Sorge, die Kontrolle über die neureiche kaufmännische Mittelschicht zu verlieren. Es ging also um die Angst vor dem Machtverlust, und so wollte man den Außenhandel einschränken. Im Jahr 1430 sollen deshalb Hochseereisen per Diktat untersagt worden sein. Andere Historiker führen die Kriege gegen die Mongolen als Grund ins Feld. In jedem Falle handelte es sich um eine durch die Machthaber zentralistisch getroffene Entscheidung, die Schiffe nicht weiter zu betreiben. Bis 1525 waren alle Schiffe der Schatzflotte und somit erhebliche Vermögenswerte vernichtet, und der wirtschaftliche Abstieg Chinas, mit signifikanten Wohlstandsverlusten für die Bevölkerung, war bereits in vollem Gange. Für mich hält dieser Vorgang eine unglaublich lehrreiche Lektion parat. Die Entscheidung einiger weniger machtbewusster Menschen hat wirtschaftliches und gesellschaftliches Unheil über viele Generationen gebracht. Und ein Punkt ist mit hoher Wahrscheinlichkeit zutreffend: Die damaligen Bewohner Chinas hatten wenig bis gar keine Möglichkeit der Einflussnahme. Es war nicht die Weisheit vieler Menschen (Schwarmintelligenz), die eine logische evolutionsbedingte Entwicklung durch freiwilliges Handeln herbeigeführt hat, sondern es handelte sich um eine durch Macht korrumpierte kurzsichtige Entscheidung.

Kommen wir nun zu unserer heutigen Zeit. Regel Nummer eins, wenn es um Investmentthemen und die Aufteilung des Vermögens geht, lautet, das Vermögen auf verschiedene Anlageklassen und Länder zu verteilen – breit diversifiziert aufstellen, wie der Fachmann sagt. Oder nicht alle Eier in ein Nest legen, um es vor Nesträuberei zu schützen. Risikostreuung wäre ein weiterer Begriff dafür. Auch für Unternehmen gilt dieses Prinzip. Die Abhängigkeit von einem großen Kunden beinhaltet sehr große Risiken.

Interessanterweise häufen die Menschen, trotz der goldenen Regel der Risikostreuung, große Klumpenrisiken in ihrem Heimatland an. Sie verfügen möglicherweise über ein selbst bewohntes Eigenheim, arbeiten in Deutschland oder besitzen ein in Deutschland beheimatetes Unternehmen. Und unter Umständen haben sie für die Altersvorsorge noch ein Wohnobjekt, das sie vermieten sowie darüber hinaus eventuell noch ein europäisches Portfolio in Form von Unternehmensanteilen (Aktien), Investmentfonds oder Ähnliches und vielleicht ein paar Edelmetalle. Dieser umschriebene „Avatar“ ist ganz sicher schon überdurchschnittlich begütert. Jedoch bieten seine Vermögenswerte im Falle der sich aktuell verschärfenden Krise in Deutschland und Europa erhebliches Potenzial eines Werteverfalls. Der Plan, den Lebensabend in Wohlstand zu begehen, droht zu zerbröseln. Immerhin hat man die Möglichkeit, seine Situation durch freiwilliges Handeln zu verändern und seinen Fokus auf den Abbau der Klumpenrisiken zu legen. Es ist also durchaus überlegenswert, Vermögenswerte in Deutschland und Europa zu veräußern und die frei gewordenen liquiden Mittel auf anderen Kontinenten zu investieren. Die aktuelle Energiekrise betrifft nahezu ausschließlich Europa – ein weiterer triftiger Grund, seine Vermögenswerte weltweit investiert zu wissen.

Wie damals in China können die Menschen ihre Lage nicht beeinflussen, wenn die Entscheidungen für ein Land oder für eine Staatengemeinschaft (Europäische Union) von anderen (einzelnen/einigen wenigen) Menschen getroffen werden. Einmal gewählt, gilt die Entscheidungsbefugnis dann für einige Jahre, und die Wähler sind im Grunde permanent mit Verträgen zu Lasten Dritter konfrontiert. Die Menschen haben also nach Stimmabgabe keine oder kaum eine Möglichkeit der Einflussnahme, sind aber von den Konsequenzen der Entscheidungen betroffen. Bei der Energiepolitik sind die Auswirkungen besonders eklatant. Am 6. Juni 2011 beschloss das Kabinett Merkel II das Aus für acht Atomkraftwerke. Stufenweise bis Ende 2022 sollten alle Kernkraftwerke vom Netz gehen. International gibt es keine Nachahmer und das „Wallstreet Journal“ bezeichnete die deutsche Energiepolitik als die dümmste auf der Welt. Die sogenannte Übergangstechnologie in Deutschland sollte via Gasverstromung abgebildet werden. Kritiker der politischen Entscheidung wiesen schon damals auf mangelnde Grundlastfähigkeit hin, da die Versorgung durch Wind- und Sonnenenergie hohen Schwankungen unterworfen ist. Gerade an kalten, dunklen und windstillen Wintertagen kann es zu sogenannten Dunkelflauten kommen. Anstatt auf viele Gaslieferanten und Risikostreuung zu setzen, baute Deutschland hauptsächlich auf Russland als verlässlichen Partner. Dieses Klumpenrisiko hätte man nicht zwingend eingehen müssen. Im Ägäischen Meer sollen sich laut geologischen Gutachten Gasvorkommen befinden, welche die gesamte EU für weit mehr als 50 Jahre versorgen könnten. Per Ende 2021 wurden nun drei der letzten sechs Kernkraftwerke abgeschaltet. Zudem ereignete sich 2021 eine längere Dunkelflaute. Es wurde mehr Gas zur Erzeugung elektrischer Energie verfeuert. Die Folge im Zuge der steigenden Nachfrage nach Gas: Der Gaspreis (Terminkontrakt Dutch TTF Natural Gas) stieg um mehr als 800Prozent von 20 Euro die Megawattstunde im Mai 2021 auf knapp 180 Euro kurz vor Weihnachten 2021. Der Strompreis (Terminkontrakt German Power Baseload) versechsfachte sich im identischen Zeitraum. Die Folgen sind bekannt. Produzierende Unternehmen gerieten in schweres Fahrwasser, und durchschnittliche Einkommensbezieher (Angestellte, Rentner und so weiter) verarmen zunehmend. Überdies wurden im globalen Vergleich moderne Kohlekraftwerke vom Netz genommen, während China 200 neue Kohlekraftwerke baut. Das neue Kohlekraftwerk in Moorburg wurde beispielsweise lediglich von 2015 bis Juni 2021 betrieben, soll nun abgerissen und damit Vermögenswerte vernichtet werden.

Darüber hinaus zeichnet sich der Staat in Deutschland mittlerweile für mehr als 50 Prozent der Wirtschaftsleistung (Staatsquote) verantwortlich. Der ehemalige Bundeskanzler Helmut Kohl bezeichnete eine Staatsquote größer 50Prozent als sozialistisches Wirtschaftssystem. Eine derart hohe Staatsquote nimmt der Wirtschaft nicht nur den Raum (oder die Freiheit), sondern steht auch für ein enormes Klumpenrisiko. Was passiert, wenn der Staat an seine finanziellen Grenzen gerät und als Nachfrager zunehmend ausfällt?

Die Staatsverschuldung bringt die Menschen auch in eine unangenehme Lage. Ein neu geborener deutscher Staatsbürger ist aufgrund der Staatsverschuldung mit etwa 30.000 Euro verschuldet. Würde der deutsche Staat wie ein Unternehmen bilanzieren, so wäre die Pro-Kopf-Verschuldung laut Stiftung Marktwirtschaft auf ungefähr 150.000 Euro zu quantifizieren. Ein weiteres Problem sind die sogenannten umlagefinanzierten Sozialsysteme. Die heute arbeitenden Menschen finanzieren diejenigen, die ihren wohlverdienten Ruhestand verleben. Laut Berechnungen des DIW (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung) alimentierten 100 Einzahler 60 Ruheständler. Im Jahr 2030 soll sich das Verhältnis auf eins zu eins verschieben. Im Grunde weisen diese Systeme die Anatomie eines Schneeballsystems auf. Rücken nicht genug Einzahler nach, so schauen die Empfänger eines Tages buchstäblich in die Röhre. Seit 1964 sind die Geburten kontinuierlich rückläufig. Die Babyboomer der 60er Jahre treten in den nächsten Jahren den Gang in den Ruhestand an, und so kommt es zu der skizzierten Verschiebung der Relationen. Die sogenannte demographische Entwicklung ist seit Jahren bekannt. Die Preissteigerungen setzen zudem den Tauschwert der Renten und Pensionen herab. Die staatliche Altersvorsorge reicht bei vielen Ruheständlern hinten und vorne nicht mehr aus, um den Lebensunterhalt bestreiten zu können.

Aus den vormals vielen Einzelwährungen wurde die europäische Einheitswährung Euro. Auch an der Stelle sehen wir weniger Währungswettbewerb als zu Zeiten der Nationalwährungen und können nach meiner Definition ein klares Klumpenrisiko identifizieren. Vor der Euro-Einführung versprach man den deutschen Wählern, dass kein Land für die Schulden eines anderen Landes haften würde. Die sogenannte Nichtbeistandsklausel (Artikel 125 AEUV) sollte dieses Versprechen vertraglich dokumentieren. Wenige Jahre nach der Lancierung des Euro folgte die Euro-Krise. Der Euro sollte weiter Bestand haben, koste es, was es wolle. Einige Jahre später stellen die Menschen fest, dass die Maßnahmen zur Erhaltung des Euro tatsächlich einiges kosten würde. Aus einem Euro 1999 wurden per Ende 2021 durch die Ausdehnung der Geldmenge (Inflation) mehr als drei Euro. Die Geldmenge wurde folglich verdreifacht, und der Tauschwert wurde so rein quantitativ betrachtet um zwei Drittel herabgesetzt. Mittlerweile finanziert die Europäische Zentralbank aktiv die Staaten und weitet so die Geldmenge immer weiter aus. Das Mandat der EZB sieht die Staatenfinanzierung offiziell nicht vor. Es handelt sich also um einen Verstoß gegen das Mandat. Selbiger wird abgefedert, indem die Staatsschuldpapiere den Umweg über die Geschäftsbanken nehmen. Die gesamte Geldmenge beträgt 16.000 Milliarden Euro, und 5.000 Milliarden Euro befinden sich auf der Vermögensseite der Bilanz der Zentralbank. Kein europäischer Bürger wurde gefragt, ob er mit diesen Maßnahmen einverstanden sei. Es ist logisch, dass der sogenannte Geldmengenüberhang (Differenz zwischen Geldmengen- und Wirtschaftswachstum) sich kaufkraftmindernd auf das Portemonnaie der Menschen auswirkt.

Erinnern wir uns noch mal an die Einschränkung des Handels durch die chinesischen Machthaber nach 1400. Im Jahr 2020 und auch danach erduldeten die Menschen eine Maßnahme, die fast im globalen Gleichschritt nach dem Muster einer Weltregierung ablief. Die Rede ist von der Lockdown-Politik – mit verheerenden Folgen für die Menschen in Ländern der Dritten Welt. Diese Länder konnten deutlich weniger exportieren, und die Armut stieg nachweislich. Auch in den Industrienationen sind Wohlstandsverluste durch das Zusammenbrechen der filigranen Lieferketten zu vermelden. Unser Wohlstand beruht zu großen Teilen auf der internationalen Arbeitsteilung. Ohne Zulieferung von Vorprodukten aus anderen Kontinenten kann keine Produktion in Europa stattfinden. Auch die Sanktionspolitik des Westens gegen Russland, das jüngst in Kraft getretene EU-Ölembargo und der Ölpreis-Deckel haben erhebliche Auswirkungen auf Wirtschaft und Wohlstand.

Fazit: Die Aufzählung könnte noch erheblich erweitert werden. Die Problematik sollte jedoch bereits klar geworden sein. Durch zu viel Machtbefugnis (bei einigen wenigen Personen/Personengruppen) verlieren die Menschen zunehmend die Kontrolle über ihre Möglichkeit, die dringlichsten Bedürfnisse zu befriedigen. Verantwortungsversagen hat auch viel mit mangelnder Haftung zu tun: ein Thema, das mein geschätzter Mit-Kolumnist und Rechtsanwalt Carlos A. Gebauer so vortrefflich auf die Agenda gehoben hat. Staatslenker treffen Entscheidungen mit einem Volumen von mittlerweile mehr als 1.000 Milliarden Euro. Ohne mit der Wimper zu zucken werden Verbindlichkeiten von 100 Milliarden Euro für ein Sondervermögen der Bundeswehr geschaffen. Sondervermögen ... eine interessante Bezeichnung für den Akt, sich Geld aus der eigenen ungewissen Zukunft zu leihen. Selbstverständlich wirken sich auch dieses und andere Sondervermögen kaufkraftmindernd auf Geldguthaben und Einkommen aus. Ich verweise, wie auch letzte Woche, auf das Projekt der Bürgergenossenschaft Mittelsachsen und einige andere Projekte aus der freiheitlichen Community. Die Menschen werden weiter an derartigen Lösungen arbeiten, um sich der staatlichen Klumpenrisiken zu entledigen. Die besten Chancen sind die eigenen!

Schließen möchte ich auch heute wieder mit zwei Fragen, die Sie sich bitte gedanklich stellen mögen:

Erstens: Erinnert Sie der Abstieg Chinas vor über 700 Jahren und die damit einhergehende Hybris der Machthaber auch an die heutige Situation in Europa?

Zweitens: Sind Sie sich Ihrer Klumpenrisiken in Deutschland wie auch der staatlichen Klumpenrisiken bewusst gewesen?

Bürgergenossenschaft Mittelsachsen

Link zur Free Cities Foundation

Freiheitliche Siedlungsprojekte

Free State Project New Hampshire

Boston.com: What to know about New Hampshire’s Free State Project

Titus Gebel: Freie Privatstädte: Mehr Wettbewerb im wichtigsten Markt der Welt

Angus Deaton: Der große Ausbruch: Von Armut und Wohlstand der Nationen

„Focus“: 200 neue Kohlekraftwerke im Bau: China trickst die EU klimapolitisch brutal aus

„Business Insider“: Vor 500 Jahren zerstörte China seine Marine, weil die Herrscher des Landes Angst vor Freihandel hatten

Deutschlandfunk: Jede zehnte Brücke ist ein Sanierungsfall

Tagesschau: EU-Embargo und Preisdeckel: Wie sich der Ölpreis nun entwickeln wird

Kraftwerk Moorburg

Informationen zum deutschen Atomausstieg


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