13. Februar 2023

Freiheitskampf Fehlt es Libertären an Realitätssinn?

Nichtbeachtung führt zu unterschiedlichen Strategien

von Philipp A. Mende (Pausiert)

Ich schreibe heute diese Kolumne, da mir beim Lesen von Artikeln wohlgemerkt sehr geschätzter und zweifelsfrei (hoch-) gebildeter Libertärer immer wieder zwei Dinge auffallen, die mich einigermaßen erstaunen. Gleichzeitig bilden sie einen der Gründe, warum ich mich im Laufe der Zeit aus der „Szene“ etwas herausgenommen habe. Doch der Reihe nach.

Zunächst einmal stehen die ethisch-moralischen Grundpfeiler des Libertarismus für mich außer Frage, wonach prinzipiell kein Zweck Zwang heiligt oder rechtfertigt. Ein auf Zwang basierender Staat, also letztlich irgendwelche Leute, die sich einfach so nennen, um daraus Ansprüche ableiten zu können, die sie zur Not mittels Gewalt eintreiben, – der sich also mittels erzwungener „Besteuerung“ finanziert und mittels kollektivistischer „Mehrheitsentscheidungen“ (die streng genommen noch nicht einmal welche sind) legitimiert, ist für mich in sich völlig widersprüchlich und von daher abzulehnen. Dies liegt darin begründet, da die Philosophie des Libertarismus auf dem Prinzip der Nichtaggression fußt. Jede Aggression verletzt das Eigentum des Angegriffenen an seinem Körper und/oder dem von ihm rechtmäßig erworbenen Vermögen. Jeder Mensch ist jedoch alleiniger Eigentümer seines Körpers und hat demzufolge das alleinige Verfügungsrecht darüber. Dasselbe gilt für den mit Hilfe des eigenen Körpers geschaffenen Wohlstand, soweit dabei die physische Integrität des Eigentums anderer nicht verletzt wurde. Der Einsatz von Gewalt und die Drohung mit Gewalt sind ausschließlich in Notwehr zulässig, also zur Abwehr von gegenwärtigen, „rechtswidrigen“ Angriffen auf Leben, Leib, Freiheit, Eigentum, Besitz, Hausrecht et cetera.

So weit, so gut.

Wie oben erwähnt, fallen mir immer wieder zwei Dinge unter Libertären auf, die nach meinem Empfinden beide bisweilen völlig an der Realität vorbeigehen und deshalb – ebenfalls nur meines Erachtens nach – kontraproduktiv sind. Ich möchte gewiss nicht abstreiten, dass womöglich meine Wahrnehmung falsch ist.

Die erste Begebenheit ist im Grunde genommen ein alter Hut und fällt unter die Rubrik „elfenbeinturmartiges Theoretisieren“. Bitte verstehen Sie mich nicht falsch: Für in sich widerspruchsfreie Handlungsmaximen benötigt es gewiss eines logischen, das heißt in sich schlüssigen, theoretischen Unterbaus beziehungsweise Fundaments bezüglich Ethik und Moral. Problematisch wird die Sache für mich ab dem Zeitpunkt, da dieser „Elfenbeinturm“ um kein Jota mehr verlassen werden „kann“ und im Zuge dessen jeder, der es wagt, einen Schritt heraus zu treten, um in der Realität irgendetwas Konkretes – also nicht theoretisch – zu unternehmen, das seine (ökonomische) Handlungsfreiheit vielleicht erweitern könnte (sei es auch nur ein wenig), sogleich dafür gemaßregelt wird, nicht selten von eben jenem theoretischen Elfenbeinpodest herab. Diese Maßregelung kann bereits dann erfolgen, sollte es gewagt werden, irgendeinem Politiker in irgendeiner Sache ausnahmsweise einmal zuzustimmen. Das sei „Etatismus“; da sei man den linken oder rechten Rattenfängern „auf den Leim gegangen“ und so weiter. Freilich ist es einfach, sich hinter einem rein theoretischen Standpunkt – den die meisten „Verräter“ wohlgemerkt teilen – zu verschanzen oder es sich zumindest bequem darin zu machen, nicht verstehend, dass Politik aufgrund mehrerer Faktoren (allen voran genetischer) niemals verschwinden wird. Da wird auch die eintausenddreihundervierundachtzigste Abhandlung, messerscharfe Kritik und Aufklärung gegen das „kälteste aller Ungeheuer“ nichts bewirken – außer den eintausenddreihundertvierundachtzigsten Schulterklopfer von hauptsächlich denjenigen, die das besagte staatliche „Ungeheuer“ als solches ebenso erkennen, durchschauen und ablehnen.

Die zweite Begebenheit ist womöglich eine Folge der ersten. Wenn man nun über einen längeren Zeitraum feststellt – sei es auch nur unterbewusst –, dass die berechtigte libertäre Kritik an erzwungener Herrschaft, Herrschaftsgläubigkeit, Verantwortungstransfer und allem, was dazugehört, weder zu einem signifikanten und nach wie vor dringend notwendigen Umdenken in „der Gesellschaft“ führt, noch sonst irgendwie über ein Schattendasein in diversen, perlengleichen Hinterhöfen des Internets hinausgeht, kann man anscheinend auf drei verschiedene Weisen damit umgehen.

Erstens: Der Libertäre lässt den Dingen schlichtweg ihren Lauf und tut gar nichts (mehr). Kritiker könnten hier von Resignation oder Ähnlichem sprechen. Vieles spricht jedoch für einen natürlichen Zyklus von Aufstiegen und Niedergängen ganzer Kulturen (und damit verbunden Volkswirtschaften) – und vieles, wenn nicht alles, spricht in diesem Zusammenhang dagegen, dass Menschen jemals von der Politik die Finger lassen. Zu tief ist sie mit unserer Genetik verbandelt beziehungsweise die konkrete Manifestation dessen, was wir bereits einen evolutionspsychologischen Selektionsprozess genannt haben. Auf diesem Gebiet versuche ich seit geraumer Zeit etwas mehr Licht ins Dunkel zu bringen.

Zweitens: Der Libertäre gibt niemals auf und schreibt und redet zeitlebens gegen den Leviathan an. Hier besteht die Gefahr (siehe Begebenheit eins), aufgrund des Desinteresses und der Ignoranz innerhalb „der Bevölkerung“ (und durchaus auch aufgrund mangelhafter intellektueller Kapazitäten, Kritik als solche überhaupt nachvollziehen zu können) Frust zu entwickeln oder gar „wahnsinnig“ zu werden. In einer Art Übersprunghandlung verlässt dann nach meinem Empfinden der eine oder andere den Hauptkriegsschauplatz und kritisiert auf kleinen und exklusiven Nebenschauplätzen den eigentlichen Verbündeten aufgrund des Verlassens (s)eines „Elfenbeinturms“ – vielleicht, um nicht wahnsinnig zu werden...

Drittens: Der Libertäre beginnt, „Geister zu sehen“. Soll heißen: Er interpretiert selbst die kleinste öffentliche Kritik an der außer Rand und Band geratenen, staatlichen Regulierungs- und Bevormundungsflut als Zeichen eines allgemeinen Umdenkens. Dass hierfür nun – um nur ein Beispiel zu nennen – ausgerechnet der (viel zu späte) Widerstand im Zuge der unsäglichen „Coronakrise“ als Beleg angeführt wird, lässt mich, wie oben bereits gesagt, erstaunen. Nochmal: Ich möchte nicht abstreiten, dass womöglich meine Wahrnehmung die falsche ist, jedoch scheint mir hier vornehmlich der Wunsch der Vater des Gedankens zu sein. Denn wenn „wir“ aus der staatsterroristischen, gewollten und sorgfältig geplanten „Krise“ der vergangenen drei Jahre etwas gelernt haben, dann doch in erster Linie, dass die überwiegende und damit alles niederwalzende Mehrheit „aufgeklärter“ Bürger massenpsychotisch einfach absolut alles mit sich machen lässt und im Sog ihres Kollektivismus-Rauschs selbst noch die abstruseste Regierungslinie gegen den leisesten Anflug von Kritik und Aufbegehren verteidigt. Ich möchte hier nicht zu weit abschweifen, aber in meiner alten Heimat Franken wurde mir unter anderem von Wirten berichtet, die während der schlimmsten Phase des Staatsterrors nicht etwa geschlossen zusammenhielten, sondern sich gegenseitig verpfiffen, sofern irgendwer beispielsweise einen „unmaskierten“ Gast in seinem gastronomischen Gewerbe duldete – am Ende womöglich gar trotz „Ausgangssperre“.

Hätte die politische Niedrig-IQ-Sekte in Berlin ein von „der Wissenschaft™“ gestütztes Gesetz erlassen, wonach jeder Bürger nur noch im Handstand vor die Tür treten hätte dürfen – die Massen hätten sich beim Versuch reihenweise die Knochen gebrochen und jeden, der dies zurecht als Blödsinn bezeichnete, als „Aufrechtgehschwurbler“ oder Ähnliches diffamiert – und massenmedial verkündet.

Und selbst den Widerstand als solchen kann man als Libertärer kritisieren. Bei diesem ging es nämlich zu keinem Zeitpunkt darum, darauf aufmerksam zu machen, dass die katastrophalen und verbrecherischen Zustände ja überhaupt nur wegen einer allgemeinen Politsucht und damit verbunden Herrschaftsgläubigkeit entstehen konnten. Nein! Es ging lediglich darum, den ebenso katastrophalen politischen Status quo ante mit all seinen Gesetzen zurückzubekommen, also den Davor-Zustand, der den Nährboden für den darauffolgenden Zustand überhaupt erst möglich gemacht hatte. Inwiefern dies Hoffnung machen sollte, erschließt sich mir nicht.

Zuletzt noch eine Prognose aus der Rubrik „Glaskugel“: Ich könnte mir durchaus vorstellen, dass wir nun, wenn wir Glück haben, gnädigerweise ein paar Jahre „Ruhe“ haben werden, zumindest, was „tödliche Krankheiten“ betrifft, nachdem selbst die gegenwärtigen Berliner Turbo-Etatisten – Politiker vom verkommensten Schlage – erkannten, dass sie auf die Bremse in Sachen Folter und Knechtschaft treten müssen. Vorerst zumindest. Es würde mich nicht wundern, wenn wir in einigen Jahren „plötzlich“ wieder mit einem „pandemischen Virus“ oder irgendetwas Vergleichbarem drangsaliert werden – denkbar ist auch irgendetwas mit „Klima™“. Und es würde mich ebenfalls nicht wundern, wenn von Regierigen (pun intended) sodann die nächste Eskalationsstufe bezüglich Freiheitsberaubung und Terror gezündet werden würde. Denn wenn Letztere aus den vergangenen Jahren irgendwelche Schlüsse ziehen können, dann, dass sie schalten und walten können, wie sie gerade lustig sind, ohne jemals irgendwelche Konsequenzen fürchten zu müssen. – In Deutschland zumindest. Das r-selektierte Staatstreiben ist noch nicht am Ende.

Philipp A. Mende: Widerstand. Warum zwischen linker und rechter Politik eine Schlacht der Gene wütet.

Philipp A. Mende: Geschosse wider den Einheitsbrei. Politisch unkorrekte Gedanken zur Hirnwäsche weiter Teile einer Nation. (Lichtschlag-Verlag)


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