27. November 2023 22:00

Tragische Todesfälle Bis zum letzten Atemzug für die Freiheit

Gedanken zu Gunnar Kaiser und Susanne Kablitz

von Philipp A. Mende (Pausiert)

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Bildquelle: Philipp Mende Viel zu früh von uns gegangen: Gunnar Kaiser und Susanne Kablitz

Personen, die mich gut kennen, wissen, dass ich zeitlebens ein sehr „spezielles“ Verhältnis zum Tod hatte. Er – und nur er – war der Grund, warum ich mein erstes Buch „Die Nihilismus-Party“ geschrieben hatte. Bereits im Kindergarten bereitete er mir schlaflose Nächte. Ob natürliche oder tragische Todesfälle in der Verwandtschaft, Bekanntschaft oder auch nur entfernten Bekanntschaft, Gedanken darüber beschäftigen mich schier endlos. Jeder einzelne Todesfall eines mir bekannten oder verwandten Zeitgenossen gesellt sich zu einer Art Allgegenwärtigkeit in meinem Bewusstsein. Dabei spielt es keine Rolle, ob nun eine geliebte, liebenswürdige oder einfach nur sympathische Person gestern oder vor 35 Jahren starb. Die Intensität der Trauer ist freilich unterschiedlich, aber präsent sind mir alle. Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht an irgendeine verblichene Person denken muss.

Nach dem unfassbar tragischen Tod von Gunnar Kaiser (1976–2023) musste ich in letzter Zeit folglich sehr viel über ihn nachdenken. Ebenso über meine einstige Verlegerin und wichtige Freiheitskämpferin Susanne Kablitz (1970–2017). Beide wurden nur 47 Jahre alt. Wie wichtig die beiden für so viele Menschen innerhalb und außerhalb der „Freiheitsbewegung“ waren, lässt sich mit Worten kaum beschreiben. Für Susanne schrieb ich damals einen Nachruf (siehe unten). Mit beiden hatte ich jeweils etwas geplant, wozu es in der Folge bedauerlicherweise nicht mehr kommen konnte.

Susanne hatte für das Frühjahr 2017 eine Buchparty geplant, an der ich aufgrund meiner damaligen Werktätigkeit in China zwar nicht physisch teilnehmen konnte, aber zumindest via Videobotschaft. Die Aufnahmen waren mehr oder weniger gerade fertiggestellt, als ich von ihrem tragischen Tod erfuhr. Und Gunnar? Einerseits betrübt es mich zutiefst, wenn ich heute in unseren Chatverlauf blicke und feststelle, dass wir zuletzt über ein Zoom-Interview bezüglich „Widerstand“ gesprochen hatten, es aber nicht mehr dazu kam. Andererseits – und das passt auch dazu – faszinierte mich an ihm stets seine Energie, im Auftrag der Freiheit und der Aufklärung so viele Dinge gleichzeitig unter einen Hut zu bekommen. Dasselbe gilt für Susanne. Vor allem während der unsäglichen Phase des verbrecherischen Corona-Regimes war Gunnar für unzählige Menschen eine Art Rettungsanker und Lichtblick geworden. Seine natürliche Neugierde sowie seine kritische und gleichsam ruhige Art, anscheinend „in Stein gemeißelte“ Narrative zu hinterfragen, sprach viele Zuhörer an, um nicht zu sagen „aus der Seele“ – mich eingeschlossen.

Und trotz allem werde ich die Frage nicht los, inwieweit sich eine dauerhafte, aufopferungsvolle und passionierte Tätigkeit für ein friedvolleres Miteinander und gegen überbordende Staatsgängelung negativ auf den eigenen Gesundheitszustand auswirkt, während gleichzeitig die destruktivsten Grusel-Figuren in Politik und Medien sich (aufgrund ihrer Gewissenlosigkeit?) bis ins hohe Alter einer guten Gesundheit erfreuen und täglich den Schlaf der Gerechten schlafen – sich der Generationen-Schäden, die sie anrichten, nicht bewusst oder wohlwissend ignorierend.

Gunnar hatte laut eigener Aussage nie geraucht. Er trank nicht, war sportlich und schlank. Auch eine genetische Veranlagung habe nicht bestanden. Sofern es darüber hinaus auch stimmen sollte, dass Gunnar einst selbst gesagt hatte, er habe sich seine schlimme Krankheit aufgrund von „Überforderung“ eingefangen, und sollte es ferner ebenso stimmen, dass Susanne kurz vor ihrem Suizid dieselbe Diagnose wie Gunnar (also zur selben Krankheit) erhielt, so stellt sich mir die Frage, ob der permanente Stressfaktor, den der konsequente Freiheitskampf mit sich bringt, am Ende vielleicht eine nicht zu unterschätzende Gefahr für scharfsinnige, aber dennoch sensible Personen darstellt, denen die der Zwangsherrschaft respektive Herrschaftsgläubigkeit geschuldeten, freiheitszersetzenden Entwicklungen nahegehen. (Selbst wenn es nicht stimmen sollte, bleibt die Frage eine berechtigte.)

Susanne selbst schrieb in ihrem letzten Artikel mit dem Titel „Dieses Land ist unrettbar verloren“ (siehe unten) unter anderem:

„Egal, wie sehr man auch darauf hinweist, dass die meisten Menschen auf dem direkten Weg in die Hölle sind – nichts ändert sich. Im Gegenteil. Man wird sogar beschimpft, belächelt und verleugnet (…) Man kann sogar Bücher dazu veröffentlichen, die absolut sicher und faktenreich feststellen, dass jede einzelne Problematik für sich allein bereits ausreicht, um Deutschland komplett zu vernichten. Doch was ist meist das Echo? Ungläubigkeit, die Preisgabe der Lächerlichkeit und das Etikett des Miesmachers und Verschwörungstheoretikers. Kaum einer will raus aus seinem Glauben an die Allmächtigkeit der staatlichen Propaganda.“

Aus persönlichen Gesprächen mit Susanne weiß ich, dass sie trotz aller Wortgewalt und allen Engagements ein sensibles Naturell hatte. Und Gunnar? In vielen seiner großartigen Videos kann man sich von demselben Umstand überzeugen.

Ich möchte hier gewiss nicht dazu aufrufen, eine meines Erachtens über die Maßen wichtige Arbeit wie beispielsweise von Gunnar oder Susanne (oder auch Roland Baader, der ebenfalls an Krebs verstarb) aufgrund der potenziellen Gefahr, sich damit gesundheitlich zu schaden, sein zu lassen; zumal man natürlich auch genau umgekehrt argumentieren könnte, dass einen die Arbeit, die man liebt, gesund macht oder hält. Es handelt sich, wie gesagt, nur um einen Gedanken, der in letzter Zeit häufiger in mir herumspukt.

Wenn es neben dem Umstand, dass ich Gunnar und Susanne (und Roland) für ihre Arbeit sehr dankbar bin und sie niemals vergessen werde, an dieser Stelle überhaupt irgendein Fazit gibt, dann das, dass ich mir wünsche, die eigene Belastbarkeit angemessen einzuschätzen. Handelt es sich um eine (Aufklärungs-) Arbeit, die man wirklich liebt, oder womöglich eher um eine, die man – zumindest ab einem bestimmten Zeitpunkt – „nur noch“ aus Pflichtgefühl heraus macht? Ist Letzteres der Fall, so sollte man meines Erachtens Wege finden, immer wieder einen gesunden Abstand zu den seit nunmehr Dekaden stattfindenden, wahnwitzigen Verwerfungen innerhalb unseres postmodernistischen Entklärungszeitalters zu wahren. Denn eines sollte allen freiheitsliebenden Individuen mit Tatendrang ebenfalls stets bewusst sein: Der Einfluss von staatskritisch, vernünftig und logisch argumentierenden Personen ist in Deutschland marginal. Das erkennt man unter anderem daran, welche historischen Figuren nach wie vor verehrt werden (zum Beispiel Karl Marx) und welche stellenweise nicht einmal bekannt sind (zum Beispiel Carl Menger). Das erkennt man unter anderem daran, was doziert wird (zum Beispiel Keynesianismus) und was nicht (zum Beispiel die österreichische Grenznutzenschule). Das erkennt man unter anderem daran, wer „Wirtschaftsminister“ ist und wer nicht. Die Liste ließe sich erweitern, aber ich denke, Sie verstehen den Punkt.

Natürlich ist auch das regelmäßige Wahren von Abstand keine Garantie für irgendetwas, aber vielleicht wird somit zumindest ein Raum geschaffen, um die eigenen Prioritäten zu reflektieren und die eigene Belastbarkeit rational zu beurteilen.

Nachruf auf Susanne Kablitz (Meinungsfreiheit 2.0 Blog)

Dieses Land ist unrettbar verloren (Susanne Kablitz)

Krebs als Weckruf – Gunnar Kaiser im Gespräch mit Jens Lehrich (Youtube)


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