Säulen der Hegemonialmacht: US-Dollar, Militär und Öl (Petro-Dollar) – Teil 1
Imperien steigen mit werthaltigem Geld auf und brechen oftmals im Zeichen der Geldverschlechterung und Überschuldung zusammen
von Benjamin Mudlack
Mit dieser Kolumne möchte ich einen kleinen Denkanstoß mit Blick auf die Säulen einer Weltmacht geben und eine Friedensbotschaft senden. Selbstverständlich kann einer vollständigen geopolitischen Analyse nicht vollumfänglich Rechnung getragen werden. Dennoch sollte nach diesem Beitrag klar sein, dass die Kontrolle über das Geld nach meiner Einschätzung DAS Mittel zur Machtzentralisierung, Machtakkumulation und auch zum Machterhalt ist.
Aufstieg und Fall von Imperien
Wirkliche Weltgeltung erlangen aufstrebende Imperien ausschließlich durch Gewalt. Mit Krieg, wirtschaftlicher Erpressung, auch Sanktionen genannt, und durch militärische Stärke werden andere Länder und Regionen unterworfen beziehungsweise gefügig gemacht. Auch durch geheimdienstliche Spezialoperationen erwirkte Regimewechsel stellen ein probates Mittel dar, um eine Regierung zu „installieren“, die der jeweiligen Weltmacht vermeintlich wohlgesonnener ist, als es die vorherige war. Historische Beispiele, auch in der jüngeren Vergangenheit, lassen sich zur Genüge finden.
Sowohl für einen Putsch als auch für Kriege sind finanzielle Ressourcen erforderlich. Zumeist finanziert wird und wurde diese Politik durch neue Staatsschulden und in letzter Konsequenz durch Geldverschlechterung. Die neuen Staatsschulden erweitern die Geldmenge (Inflation) und verschlechtern folglich den Tauschwert (Kaufkraftentwertung) des Geldes. Die Geldverschlechterung ist seit jeher das staatliche Privileg zur Beschaffung finanzieller Ressourcen. Der Geld- und auch Machtexpansion wären enge Grenzen gesteckt, wenn erst ein anderer Marktteilnehmer sparen müsste, damit die Kriege oder Putschaktivitäten der Machtelite bezahlt werden könnten. Eine konstante und nicht verschlechterbare Geldmenge (absolut konstantes Geld) wäre ohne Zweifel ein wahrhaftiges Friedensgeld!
Geld ist das Tauschgut schlechthin und folglich als Produkt oder Gut anzusehen. Die mengenmäßige Erweiterung setzt die Qualität herab, weil die Kaufkraft beziehungsweise der Tauschwert sinkt.
Ein Kaufmann oder Unternehmer, der seine Produkte und Dienstleistungen in der Qualität betrugsmäßig herabsetzen und damit vertragswidrig handeln würde, hätte vollkommen zu Recht eine straf- oder zivilrechtliche Verfolgung zu erwarten. Der oder die Staaten und deren Lenker hingegen praktizieren diese Art der Finanzierung, ohne je etwas befürchten zu müssen.
Die Ausweitung der Staatsschulden und Geldmenge ist heute nicht mehr als ein Buchungssatz. Das Geld ist komplett entmaterialisiert, es liegt keine Sachwertdeckung vor. Mit Aufkommen des deckungslosen Papiergeldes, der Druckerpresse und des Buchgeldes wurde die Geldmengenerweiterung (Geldverschlechterung) gewissermaßen hocheffizient.
Und so vollziehen sich die Überschuldung der Staaten und die Kaufkraftentwertung einer jeden einzelnen Einheit deutlich dynamischer, als es zu früheren Zeiten überhaupt möglich gewesen wäre. Der US-Dollar hat, in Relation zum Gold, seit 1971 mehr als 98 Prozent seines Tauschwertes verloren, der Euro seit 1999 gut 80 Prozent. Im Römischen Reich vollzog sich der Niedergang des römischen Denarius über mehr als 250 Jahre. Auch damals wurden Kriege und putschähnliche Aktivitäten durch Geldverschlechterung finanziert. So sank der Silbergehalt des Denarius von 60 nach Christus von knapp 100 Prozent Silbergehalt bis zum Jahre 300 nach Christus auf einen kaum nennenswerten Silbergehalt herab.
Beginnende Imperien starten, wie einst das Römische Reich, zumeist mit einer 100 Prozent sach- oder rohstoffgedeckten Währung. Im Zuge der Kriege und allgemeinen Haushaltsfinanzierung wurde das Geld immer weiter verschlechtert. Das Römische Reich verlor nach der Geldverschlechterung zunehmend an Einfluss und verschwand im fünften Jahrhundert nach Christus komplett von der Bildfläche.
Ludwig von Mises im Jahre 1919 in „Nation, Staat und Wirtschaft“ auf Seite 77: „Wer Frieden zwischen den Völkern will, muss den Staat und seinen Einfluss auf das Stärkste einzuschränken versuchen.“
Der Erste Weltkrieg und das Ende des tatsächlichen Goldstandards
Bis zur Gründung der amerikanischen Notenbank Fed am 23. Dezember 1913 verfügten die Vereinigten Staaten von Amerika per Definition über eine echte Golddeckung. Sie begann mit der Gründung beziehungsweise Unabhängigkeitserklärung und wurde durch die Einführung des sogenannten Bruchteilreservesystems (Geldschöpfung durch die Geschäftsbanken unter Hinterlegung eines Bruchteils der per Kredit neu geschaffenen liquiden Mittel) im Jahre 1914 aus der Welt geschaffen.
Nahezu zeitgleich nahm die westliche Welt Abstand von den gold- und teilgoldgedeckten Währungen. In einem Umfeld der Golddeckung hätte man den Ersten Weltkrieg vermutlich nur wenige Monate oder Wochen finanzieren können. In den USA bestand seit 1914 dann eine, wie ich sie nenne, formale Golddeckung. 20 US-Dollar standen einer Unze Gold gegenüber. Mit dieser Tauschrelation begannen die damalige Geldreform und der Einstieg in die bis heute bestehende Fiatgeld-Welt.
Der fiatgeldgetriebene und kreditfinanzierte wenig substanzstarke Boom kam 1929 zum Einsturz. Es folgten der Bust und schließlich die Große Depression. 1934 wählte die Politik im Rahmen des New Deals unter dem damaligen Präsidenten Franklin D. Roosevelt den staatsplanwirtschaftlichen Weg zur Abmilderung der Depression. Ab 1934 erfolgte ein Schlag der kalten Enteignung. Für eine Unze Gold waren von nun an per staatlichem Dekret 35 US-Dollar und damit 75 Prozent mehr zu berappen. Der US-Dollar hatte in den knapp 20 Jahren also 75 Prozent gegen das Gold an Tauschwert verloren – ein klarer Ausdruck für die Verschiebung der Knappheitsrelation von Gold zum US-Dollar.
Mehr noch: Ab dem 1. Mai 1933 verbot die Roosevelt-Regierung den privaten Goldbesitz. Das Verbot wurde erst am 31. Dezember 1974 wieder aufgehoben. Derartige Geschehnisse, Verbote und Zwangsmaßnahmen sind nicht mit einer freiheitlichen und marktwirtschaftlichen Ordnung (frei von Zwang und Diktat mit Gewaltandrohung) in Einklang zu bringen und als klarer Angriff auf das Privateigentum zu werten.
Das Ende der formalen Golddeckung und die Erosion der US-Dollar-Kaufkraft
Die formale Golddeckung von 35 US-Dollar pro Unze Gold hatte bis 15. August 1971 Bestand. Vor 1971 hatten die USA kostspielige Kriege in Korea und Vietnam geführt. Darüber hinaus belasteten staatliche Sozialprogramme den US-Haushalt. Als Frankreich Ansprüche auf die Herausgabe der in den USA gelagerten Goldbestände anmeldete, musste der damalige US-Präsident Nixon das sogenannte Goldfenster schließen. Im Grunde räumte er ein, dass man im Rahmen der ausufernden Staatsverschuldung mehr US-Dollar produziert hatte, als man an Gold in der benannten Relation von 1 zu 35 (35 US-Dollar gegen eine Unze Gold) vorhalten konnte. Heute wird eine Unze Gold im Bereich von 2.000 US-Dollar gehandelt. Der US-Dollar hat gegen das Gold in den 51,5 Jahren mehr als 98 Prozent an Tauschwert eingebüßt. Die Geldverschlechterung hat in etwas über 50 Jahren unglaubliche Dimensionen erreicht. Der Staat hat seinen Machthunger, seine Kriege und seinen Einfluss durch Kaufkraftminderung finanziert.
In einem rein marktwirtschaftlichen Umfeld ist das Geld (Gold ist das Grundgeld der Menschheit), das die Menschen verwenden möchten, frei wählbar. Die Verwender entscheiden also darüber, welches Geld sie für dienlich (werthaltig) und welches sie für weniger werthaltig halten. Leider leben die Menschen auch in der westlichen Welt nicht in einem idealtypischen freiheitlichen und marktwirtschaftlichen Umfeld. Das Geld wird heutzutage staatlich/zwangsmonopolistisch aufdiktiert und in seiner Güte beziehungsweise Qualität durch die mengenmäßige Erweiterung herabgesetzt.
Die zweite Säule der Macht kommt ins Spiel: das Militär
Mit dem Ende des Ersten Weltkrieges wurde Großbritannien von den USA als die zentrale Weltmacht abgelöst. Von da an bauten die USA ihre Machtstellung aus. Nach dem Zweiten Weltkrieg und bis ungefähr 1989 sprach man bekanntlich vom sogenannten „Kalten Krieg“ zwischen dem von den USA angeführten Westen und dem durch die Sowjetunion dominierten Ostblock. Seit Ende des Kalten Krieges haben die USA die hegemoniale Machtstellung inne und stützen diese auf circa 1.000 ausländische Militärbasen, verteilt auf 80 Länder auf der gesamten Erde. Um die teure Armee zu finanzieren, ist eine permanente Ausweitung der Staatsschulden unabdingbar. Das Geldschöpfungspotenzial des US-Dollars steht und fällt mir seiner Verwendung. Die Weichen dafür wurden im Zuge des Zweiten Weltkrieges gestellt.
Am 1. Juli 1944 trafen sich die Staatslenker von 40 Nationen zur sogenannten Bretton-Woods-Konferenz. Es wurde dort die US-Dollar-zentrierte Währungsordnung (Mischung aus festen und innerhalb einer Bandbreite flexiblen Wechselkursen) beschlossen und später dann auch eingeführt. Zuvor hatten im Jahre 1940 in Großbritannien und kurz darauf in den USA Planungen für eine internationale Währungsordnung begonnen, die nach dem Zweiten Weltkrieg Anwendung finden sollte.
Der US-Dollar hatte sich als Weltreservewährung und als Hauptverrechnungseinheit für die globalen Wirtschaftsgeschäfte etabliert. Und je mehr Staaten, Unternehmen und sonstige Marktteilnehmer eine jeweilige Währung halten und sie für ihren Handel nutzen, desto größer ist der Geldschöpfungsspielraum für den jeweiligen Herausgeber dieser Einheit.
Die angloamerikanische Angst und die „sieben Geschwister“
Die große Machtbedrohung für die angloamerikanische Seite war seit dem industriellen Aufstieg Deutschlands die Sorge, deutsche Technologie/Wissenschaft könne sich mit den russischen Bodenschätzen (Öl, Erdgas und so weiter) vereinen. Der Erste Weltkrieg und die sich anschließende kommunistische Revolution im Jahre 1917 in Russland verhinderte die entsprechend tiefgreifende Allianz zwischen Deutschland und Russland. Auch durch den aktuellen Krieg in der Ukraine könnte der Keil zwischen Deutschland beziehungsweise Westeuropa und Russland nicht größer sein.
In diesem Zusammenhang verweise ich gerne auf die sogenannte Heartland- oder Herzland-Theorie. Diese besagt, dass derjenige die Welt kontrolliert, der das Herz der Welt unter seiner Kontrolle weiß. Das Herz der Welt ist nach dieser Theorie die Eurasische Platte. Hier leben kumuliert die meisten Menschen, und auch die dort befindliche Summe an Bodenschätzen ist auf anderen Erdteilen nicht vorzufinden.
Der Erste Weltkrieg beendete die Kolonialzeit Deutschlands und den Zugang zum Öl im Nahen und Mittleren Osten. Von da an und später nach dem Zweiten Weltkrieg dominierten die sogenannten „Seven Sisters“ den globalen Ölmarkt. Allesamt wurden sie von US-amerikanischen und britischen Unternehmen kontrolliert. An der Stelle sind Standard Oil (ExxonMobil beziehungsweise Rockefeller), Royal Dutch Shell, Anglo-Persion Oil Companie, British Petroleum (BP), Chevron, Texaco und Conoco Philips zu nennen. Nahezu sämtliche Öl-Transaktionen auf der Welt wurden in US-Dollar abgerechnet. Der Name Petro-Dollar war entstanden, und der US-Dollar erfuhr eben durch das schwarze Gold eine neue Rohstoffdeckung – ein Faktor, der für die Gelddruck- und Verschuldungsorgien der USA immens schwer wiegt und den die jeweiligen Machthaber mit allen Mitteln zu verteidigen versuchen.
Nächste Woche werde ich unter anderem Beispiele geben, die erkennen lassen, wie empfindlich die USA reagiert haben, wenn sich Machthaber eines Landes mit signifikanten Ölvorkommen nicht mehr an die „Spielregeln“ des Hegemonen hielten.
Mit den nachfolgenden beiden Fragen wage ich einen kleinen Vorgriff auf den kommenden Beitrag und verabschiede Sie damit in das wohlverdiente Wochenende.
Ich wünsche Ihnen und Ihren Familien ein frohes Osterfest und ein paar erholsame Tage!
- In Russland befinden sich nach heutigem Wissen die wertvollsten Rohstoffvorkommen (mehr als 65.000 Milliarden US-Dollar) der Welt. Der Wert soll mehr als das Doppelte der US-Staatsverschuldung betragen. Wie würde sich Ihrer Meinung nach ein US-amerikanischer Zugriff auf russische Bodenschätze auf das Geldschöpfungspotenzial des US-Dollars auswirken?
- Wie viele Jahrzehnte könnte das ungehemmte Gelddrucken auf dem heutigen Niveau weitergehen?
Benjamin Mudlack: „GeldZeitenwende – vom Enteignungsgeld zurück zum gedeckten Geld“
Entwicklung der US-Handelsbilanz
US-Folterskandal in Abu-Ghuraib
Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (Pendant zur Nato)
https://de.wikipedia.org/wiki/Nicaragua-Kanal
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