Säulen der Hegemonialmacht: US-Dollar-Privileg: Harte Waren gegen Illusionszettel – Teil 3
Erhöhen wirtschaftliche Gründe die Wahrscheinlichkeit für einen „großen“ Krieg?
von Benjamin Mudlack
Mit dem dritten und abschließenden Teil schließt sich nun der Kreis. Im Kern geht es heute um das Geldschöpfungsprivileg der USA, harte Zahlen/Fakten und die damit verbundenen Implikationen. Die aufgelaufenen Salden sind erheblich. Ist es an der Stelle möglich, dass Teile der Welt nicht mehr bereit sind, Autos und andere Produkte gegen US-Dollar-Schuldscheine zu tauschen?
USA finanzieren sich und ihr Militär über die Außenhandelsdefizite und die US-Dollar-Dominanz
Seit Anfang der 1980er Jahre ist zu beobachten, dass die Außenhandelsdefizite der USA stetig zugenommen haben. Die USA importieren also deutlich mehr Waren und Dienstleistungen, als sie selbst in andere Länder exportieren. Allein für das Jahr 2021 wurde ein Defizit in Höhe von 1.080 Milliarden US-Dollar ausgewiesen.
Die Weltleitwährungs- und Weltreservefunktion des US-Dollars hat in Kombination mit den Handelsdefiziten der USA zur Folge, dass sämtliche Länder mit Handelsüberschüssen exorbitante US-Dollar-basierte Forderungen gegen die USA aufbauen. Anstatt für die eigenen Exporterlöse US-amerikanische Waren zu kaufen, haben diese Länder vornehmlich US-Staatsanleihen, aber auch andere Vermögenswerte (Aktien, Immobilienpapiere und so weiter) aus den USA erworben. Die Exporterlöse flossen also nicht in US-Importware, sondern in US-Finanz- oder Vermögenswerte.
Die weltweite Position des US-Dollars stellt eine enorme Quelle finanzieller Zuflüsse für die USA dar. Provokant formuliert könnte man sagen, dass die USA die Kosten für ihr Militär, für ihre Haushaltsdefizite und so weiter den sparsamen und exportorientierten Ländern auflasten. Und diese Refinanzierungsquellen sind für die USA extrem wichtig, um die eigene, eher niedrige volkswirtschaftliche Sparquote zu kompensieren. Ein Blick auf die Summen, die damit verbundenen Dimensionen und die fortschreitende Kaufkraftentwertung des US-Dollars verdeutlicht die vorhandene Sprengkraft. Irgendwann machen die Gläubigerländer dieses Spiel nicht mehr mit. Es folgen Handelskriege, und es drohen Stellvertreterkriege oder sogar direkte kriegerische Auseinandersetzungen.
Die sich kumulierenden Salden (US-Auslandsverschuldung per Ende 2022 circa 7.250 Milliarden US-Dollar) sind Nominalwertforderungen, die der fortwährenden Geldverschlechterung zum Opfer fallen. Sie entwerten sich also real durch die Geldmengenausdehnung, und der Tauschwert der Forderungen wird sukzessive herabgesetzt – mittlerweile sogar recht dynamisch, denn allein im Zeitraum von Anfang 2020 bis Ende 2022 haben die USA ihre Geldmenge um mehr als 40 Prozent erhöht. Der rein quantitative Tauschwert der US-Dollar-Forderungen ist folglich um diesen Prozentsatz von mehr als 40 Prozent gefallen. Die Politik der Staatsschuldentilgung durch Geldverschlechterung wird auf Sicht nicht ohne Widerspruch von den Gläubigern und Gläubigerländern hingenommen werden. Insofern sind die Bemühungen, den US-Dollar vom Thron der Weltleitwährungsposition zu stoßen, durchaus nachvollziehbar. Irgendwann sind exportstarke Nationen nicht mehr bereit, Sachwerte, also werthaltige Exportwaren, zu liefern und dafür Nominalwertforderungen zu erhalten. Nominalwertforderungen sind relativ, und die Werthaltigkeit steht und fällt mit der Kreditwürdigkeit der USA und mit der Dynamik des Geldmengenwachstums.
China und andere Nationen haben ein großes Interesse daran, in harter/werthaltiger/gedeckter Währung bezahlt zu werden, wie zum Beispiel in einer rohstoffgedeckten Einheit.
Aber solange der US-Dollar als Weltleitwährung dominiert, geht die bisherige Strategie der USA zunächst noch auf. Dieser Umstand könnte sich jedoch schnell ändern: So wäre beispielsweise eine durch Gold gedeckte Währung wesentlich attraktiver, denn sie wäre in Bezug auf die Kaufkraft beziehungsweise den Tauschwert hart und stabil. Diese harte Währung würde dann verwendet, der US-Dollar (und andere Fiatgelder) gemieden werden, und der globale Einfluss der USA würde sukzessive abnehmen. Darüber hinaus würden die Importe aus den Ländern mit der goldgedeckten Währung extrem teuer werden, wenn der Fiatgeld-Westen seine Gelder durch Geldmengenerweiterung (Inflation) weiter verschlechtert. Die harte Währung würde gegen die westlichen Fiat-Währungen aufwerten und so an Einfluss/Attraktivität gewinnen. Die Volkswirtschaften der westlichen Welt würden in ihrer heutigen Form nicht mehr bestehen können. Der US-Dollar und andere westliche Währungen würden gegenüber der rohstoffgedeckten Währung erheblich an Tauschwert verlieren. Die Importwaren wären für die westlichen Länder nur schwer bezahlbar und mit exorbitanten Preissteigerungen verbunden. Die Brisanz der Lage sollte klar geworden sein. Die Welt steht am Scheideweg und möglicherweise vor einem langwährenden Prozess einer Geld-Zeitenwende in Bezug auf die Weltleitwährungsfunktion.
Interessant ist auch der Blick auf die Entwicklung der Nettoauslandsvermögenswerte der USA. Diese Statistik gibt an, ob Vermögenswerte zum überwiegenden Teil durch inländische oder ausländische Investoren gehalten werden. Bei einem negativen Saldo werden die Vermögenswerte in der Summe mehrheitlich von ausländischen Investoren gehalten. 2010 lag der Saldo in den USA bei minus 2.511 Milliarden US-Dollar und im Jahr 2021 bei minus 18.124 Milliarden US-Dollar. Zum Vergleich: Die Jahreswirtschaftsleistung betrug in Deutschland im Jahr 2022 umgerechnet etwa 3.500 Milliarden US-Dollar. Die Summen sind also gewaltig!
Im Zuge des Krieges in der Ukraine wurden Vermögenswerte aus den USA abgezogen, und so ergibt sich für das Jahr 2022 ein Saldo bei den Nettoauslandsvermögenswerten von minus 16.117 Milliarden US-Dollar. Diese Konstellation hat sich ursprünglich durch die über Jahre angehäuften Handelsbilanzdefizite der USA ergeben. Das Ausland investiert, einfach gesprochen, die Exportüberschüsse in Finanzpapiere (Vermögenswerte, Staatsanleihen, Aktien und so weiter) aus den Vereinigten Staaten von Amerika – ein unglaubliches Subventionsprogramm für die USA. Dieses wiederum resultiert aus dem Privileg der USA, den US-Dollar als Weltleit- und Weltreservewährung etabliert zu haben.
Fazit: Es gibt keine guten Kriege
Ein Weltherrschaftsanspruch atmet durchweg totalitäre Luft, und die handelnden Personen neigen nicht nur zum Größenwahn, sie sind tatsächlich größenwahnsinnig und tendieren sehr stark zu einer gottähnlichen Allmächtigkeit.
Ein Land oder mehrere dominierende Länder (auch Staatenzusammenschlüsse) oder deren Machtelite wollen ihre Art zu leben und ihre Währung (US-Dollar) anderen Ländern oder weiten Teilen der Welt aufzwängen. Der totalitäre Charakter ist ebenso offensichtlich wie die Gewalt, die sich durch Krieg oder wirtschaftlichen Druck und Sanktionen manifestiert. Der Hegemon ist ein Getriebener seines eigenen Machtanspruches. Eine Weltherrschaft ist absolutistisch, und wenn ein Land oder eine Gruppe die Macht bedroht oder durch die Eröffnung von Wettbewerb hinterfragt, sind heftige Konsequenzen zu erwarten.
Machthaber, die ihren Einflussbereich durch Kriege ausweiten oder zu erhalten versuchen, sind durchweg menschenfeindlich. Sie stellen ihr persönliches Machtbedürfnis über das Leben einzelner, für sie kriegführender und vom Krieg betroffener Menschen. Die eigenen Soldaten führen den Krieg auch selten freiwillig, sondern werden dazu meist unter Androhung von Gewalt gezwungen.
Die drei Säulen der aktuellen Hegemonialmacht USA können nicht ohneeinander stehen. Sie bedingen sich gegenseitig. Das Öl und die wirtschaftlichen Transaktionen decken den US-Dollar und ermöglichen erst die kostspieligen gigantischen Streitkräfte, die hohe Staatsverschuldung und die hohen Handelsbilanzdefizite der USA beziehungsweise das im Vergleich zu anderen Währungen hohe Geldschöpfungspotenzial. Je größer der Reserve- und Verwendungsanteil des US-Dollars, desto größer ist die gegebene Möglichkeit der Geldschöpfung, und daraus resultieren dann auch die gewaltigen Kapitalströme in Richtung USA. Durch die US-Dollar-Dominanz und die hohen US-Dollar-Reserven (und US-Staatsanleihen) sämtlicher Länder kann das Militär finanziert werden. Und das Militär verteidigt die US-Dollar-Dominanz und den Petro-Dollar.
Die aktuelle Situation rund um den Ukraine-Krieg hat den US-Dollar zunächst als Krisenwährung stärker werden lassen. Zudem locken die USA beispielsweise deutsche Unternehmen mit Subventionsprogrammen an. Deutschland ist per heute der große Verlierer. Schon vor dem Krieg war die deutsche Industrie in Bezug auf die Energiepreise, Steuern, Lohnkosten und die im internationalen Vergleich hohen Kosten für den Bürokratieerfüllungsaufwand nicht mehr wettbewerbsfähig. Die Produktivität und Wertschöpfung drohen nun in die USA und andere Länder abzuwandern. Auch die gestiegenen Exporte für Flüssiggas (LNG) und leider auch Rüstungsgüter aus den USA nach Europa stärken die USA, den US-Dollar und die Haltbarkeit beziehungsweise Geldschöpfungsmöglichkeit des US-Dollars.
Um es klar abzugrenzen, möchte ich betonten, dass ich Weltherrschaftsanspruchshaltungen und Kriege komplett ablehne: egal, ob sie aus den USA, Russland, Deutschland, Afrika oder China stammen beziehungsweise von ihnen ausgehen. Es gibt keine guten Kriege und keine friedlichen Menschen mit Weltgeltungsanspruch. Gerade wir Deutschen sollten das aus unserer Geschichte gelernt haben.
Man sollte meinen, dass sich bei den Menschen nach den Ur-Katastrophen der beiden Weltkriege des 20. Jahrhunderts ein gewisser Erkenntnisgewinn eingestellt haben sollte. Die aktuelle Realität und die Geschehnisse der vergangenen Jahrzehnte zeichnen leider ein konträres Bild.
Auch wenn die USA als aktuelle Hegemonialmacht noch nicht gefallen ist: Die Machtstellung wackelt gewaltig, und an dem Sockel wird gerüttelt. Zudem sind die USA massiv verschuldet und das Finanz-/Geldsystem ist äußerst fragil. Die gezinkten Karten des Verschuldungssystems liegen klar auf dem Tisch und stellen eine offene Flanke für die Brics-Welt dar.
Der Weltreservestatus des US-Dollars liegt aktuell bei 58 Prozent, aber es ist ein Abwärtstrend zu beobachten. So betrug der Reserveanteil des US-Dollars in der Jahrtausendwende noch über 70 Prozent. Der Abwärtstrend könnte weiter an Dynamik gewinnen und die Spannungen in der Welt vergrößern.
Kampflos werden die USA ihre Machtstellung und die des US-Dollars nicht räumen. Ich befürchte, dass wir derzeit erst den Beginn dieses Schlagabtausches sehen. Die Wahrscheinlichkeit einer Ausweitung des aktuellen Krieges in der Ukraine auf andere europäische Länder ist leider recht hoch. Die USA haben mit Fokus auf ihre Interessen und die Ölvorkommen nicht gezögert, Millionen von Menschenleben im Irak und in anderen Teilen der Welt auszulöschen. Warum sollte das nun in Kontinentaleuropa anders sein?
Ein uneingeschränkter westlicher Zugriff auf die Rohstoffe in Russland wäre für den US-Dollar und die USA eine Vitaminkur sondergleichen. Der Wert der in Russlands Boden befindlichen Rohstoffe soll, in US-Dollar gerechnet, mehr als das Doppelte der Verschuldung des US-amerikanischen Staates betragen. Vermutlich könnte das perfide Spiel des Gelddruckens im US-Dollar-Raum über Jahrzehnte weiterbetrieben werden. Die Hegemonialmachtstellung der USA wäre erst einmal abgesichert.
Am Montag, den 3. April 2023 wurde im Ersten Deutschen Fernsehen am Abend eine TV-Sendung ausgestrahlt, deren Titel nachdenklich machen sollte: „ARD Story: Können wir Krieg?“
Was ist in diesem Land geschehen, nachdem nahezu alle Augenzeugen des Zweiten Weltkriegs als mahnende Generation verstorben sind? Wer ist mit „wir“ gemeint? Ich fühle mich nicht angesprochen, denn ich kann und möchte definitiv keinen Krieg! Und überhaupt kann niemand, der bei Verstand ist, einen Krieg wollen, nur um für die Machtinteressen anderer (und anderer Länder beziehungsweise der Hegemonialmacht) zu kämpfen. Derartige Propaganda ist ein Wahnsinn sondergleichen und zeigt leider ganz deutlich, wo dieses Land schon wieder steht – nämlich ganz nah an der Schwelle zur nächsten Ur-Katastrophe.
Man kann nur hoffen, dass eine große Mehrheit dieses Kriegstreiben ablehnt und hinterfragt/erkennt, worum es hier vermeintlich gehen könnte.
Abschließend möchte ich Sie bitten, sich selbst einmal gedanklich die nachfolgenden Fragen zu stellen:
-Was muss Ihrer Meinung nach geschehen, damit die Menschheit die Gefährlichkeit und das Gewaltpotenzial von großen Imperien erkennt, von diesen Machtstrukturen Abstand nimmt und sich wieder kleinen, friedvollen Einheiten zuwendet?
-Ist die Propaganda zu groß und wird die den Krieg befürwortende Erzählung zu oft wiederholt?
-Haben die USA Frieden, Wohlstand, Privateigentum und Freiheit in die Länder gebracht, die sie in den letzten Jahrzehnten bekriegt oder „beputscht“ haben?
- Früher erzählte man den Menschen, dass die Freiheit des Westens in Vietnam verteidigt werde. Dann war dies wahlweise im Irak oder zuletzt in Afghanistan der Fall. Sind Sie der Auffassung, dass unsere Freiheit heute in der Ukraine verteidigt wird?
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