Boykott: Die Macht des Marktes
Absatz von Bud Light bricht ein
von Sascha Koll
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Die letzten Wochen sorgte die US-amerikanische Bier-Marke Bud Light für Aufsehen in den Medien. Nachdem die für das Marketing zuständige Alissa Heinerscheid eine Kooperation mit einer Trans-Influencerin absegnete, wehte ein Sturm der Entrüstung über den Braukonzern Anheuser-Busch, der in Deutschland unter anderem die Marke Beck’s vertreibt. Die Kooperation kam gerade in konservativen US-Kreisen nicht gerade gut an, was einen Boykottaufruf und einen Absatzrückgang im Endkundengeschäft von bis zu 26 Prozent zur Folge hatte. Selbst Finanzanalysten warnen bereits: „Wenn die Muttergesellschaft Anheuser-Busch nicht die Kurve kriegt, ist Bud Light in diesem Jahr in ernsthaften Schwierigkeiten“, so Bump Williams im Interview mit der „New York Post“. Der Börsenwert des Konzerns sackte um knapp fünf Milliarden Dollar ein, bei einem Jahresumsatz von 4,8 Milliarden Dollar. Anheuser-Busch kündigte laut dem US-Sender Fox eine große Medienkampagne an, um sich von dem Fiasko zu erholen. Wie Bud Light versucht, die vergrämten Kunden zurückzugewinnen, bleibt erst mal offen, und ich bleibe gespannt, wie sie sich aus dem Schlammassel retten wollen.
Für mich ist nicht spannend, warum die Kunden so empfindlich auf diese Kooperation reagieren – vermutlich, weil ihnen der ganze Trans-Kram langsam zu den Ohren heraushängt –, mich beeindruckt vielmehr die Machtdemonstration, die mit diesem Boykott einhergeht. Er verdeutlicht, dass im freien Markt die Kunden die Zügel in den Händen halten. Verhält sich ein Unternehmen nicht entsprechend den Kundenwünschen, wird es seine Kunden verlieren. Der Boykott ist eine mächtige Waffe: Entziehen wir den Querulanten unsere Mittel (unser Geld), sind sie dazu gezwungen, tätig zu werden, um ihren Ruf wiederherzustellen und Fehler einzugestehen. Das wäre übrigens auch bei einem Steuerboykott der Fall. Wir als Kunden haben die Macht, die Konzerne und Unternehmen in ihre Schranken zu weisen. Wir können Coca-Cola dafür abstrafen, dass sie ihren Mitarbeitern nahelegen, „weniger weiß“ zu sein, Anheuser-Busch klarmachen, dass man nicht jedem Modetrend folgen sollte, und sogar die Fußball Weltmeisterschaft boykottieren, weil man genug von der Diskussion hat, welche Binde der Kapitän tragen sollte. Wir haben es in der Hand, „gute“ Unternehmen zu unterstützen und „schlechte“ Unternehmen zu meiden.
Wenn wir als Kunden die Macht haben, einen weltweit agierenden Konzern in die Knie zu zwingen, warum machen wir das nicht häufiger? Der Boykott lässt sich praktisch unbegrenzt ausweiten: Gefällt mir nicht, wie Amazon und Zalando mit ihren Mitarbeitern umgehen, bestelle ich dort nicht. Ist mir Netflix zu woke, schließe ich dort kein Abonnement ab. Schaut mir der Bäcker Lutze zu oft auf das Balance Sheet der EZB und erhöht deshalb seine Preise, backe ich meine Bitcoin-Brezeln halt selbst. Wir haben es in der Hand, doch wir müssen auch konsequent sein. Ich selbst bin es nicht. Ich habe ein Netflix-Abo und ich wähle bei McDonald’s immer noch die Coca-Cola. Doch wenn ich mir meiner Macht als Kunde bewusst werde, sollte ich anders handeln. Selbstverständlich ist es immer noch eine individuelle Frage, ob man auf das Produkt verzichten kann oder ob man es trotz der miesen Unternehmensphilosophie erwirbt. Dennoch stellt sich mir die Frage, ob es vielleicht sinnvoll ist, auch in diesen scheinbar wirkungslosen („Was soll mein persönlicher Boykott schon bewirken?“) Boykott zu gehen. Immerhin könnte ich beim nächsten Boykott-Aufruf gegenüber einem meiner persönlich boykottierten Unternehmen sagen: „Ich habe sie schon boykottiert, bevor es cool war.“
Wie sehen Sie das? Bringt Boykott etwas? Oder unterstützen Sie auch noch Unternehmen, die Sie eigentlich aufgrund Ihrer Werte boykottieren sollten? Lassen Sie es mich in den Kommentaren wissen.
Kommentare
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