Kampf um kulturelle Hegemonie: Sommerliches Schlittenfahren mit alten Medien
Der Propagandaarm des politindustriellen Komplexes scheitert zunehmend grandios und rohrkrepierend
von Robert Grözinger
Die gegenwärtige Aufregung der politindustriellen Managerkaste im deutschsprachigen Raum um den Hashtag „Stolzmonat“ ist ein Indiz unter vielen, dass im Kulturkrieg um die Werte der westlichen Zivilisation eine Wende stattfindet. Auch im englischsprachigen Raum tut sich etwas, allerdings nicht explizit als Persiflage des „Pride Month“. Hier findet die Machtverschiebung speziell in der Behandlung von im weitesten Sinne „herausragenden“ Internetpersönlichkeiten ihren Ausdruck. Auch hier also sehen wir einen Kampf zwischen alten und neuen Medien, wobei in jedem der jüngsten Fälle die alten unterliegen. Und zwar nicht nur ein bisschen, sondern in geradezu stalingradesken Dimensionen katastrophal.
Vor einigen Wochen schon verarbeitete der neue Eigner von Twitter, Elon Musk, einen Interviewer von der altehrwürdigen, den Weltstandard im Journalismus beanspruchenden BBC zum Hanswurst und stellte das ganze Interview online. Auf verschiedendsten Plattformen wurde dieses Blutbad millionenfach gesehen, insbesondere die Stelle, wo Musk dem planlosen Reporter nachweist, ihn gerade angelogen zu haben. Es ging um „Hassrede“ auf Twitter, die der Brite gesehen haben wollte, aber dann kein einziges Beispiel nennen konnte und zugeben musste, seit Wochen Twitter nicht aufgerufen zu haben. Musk ließ ihn all seine Verachtung spüren, indem er mit dem BBC-Vertreter Katz und Maus spielte. Er fragte ihn, ob er BBC mag. Der Journalist wusste, was das hieß und wich aus. So formuliert steht BBC für „big black cock“. Später twitterte der Tesla-Hersteller, gespielt enttäuscht: „Jetzt werden wir nie erfahren, ob er BBC mag!“
Nach dem Gespräch gab Musk bekannt, dass die BBC ihn seit Monaten um dieses Interview angebettelt hätte. Das, wie sich gleich herausstellen wird, ist signifikant. Bevor ich aber darauf eingehe und zum nächsten Beispiel einer krachenden Niederlage der britischen Rundfunkanstalt komme, sei kurz erwähnt, dass seither auch ein anderer, ein amerikanischer Altsender, nämlich CNBC, versuchte, Musk schlecht aussehen zu lassen – und ebenfalls grandios scheiterte. Als der Interviewer den Milliardär fragte, ob er nicht seine Anzeigenkunden vergraulen würde, wenn er „umstrittene“ Tweets abgibt, etwa solche, die George Soros kritisieren, antwortete Musk, nach einer zwölf (!) Sekunden währenden Pause, er sei an eine Szene im Spielfilm „Die Braut des Prinzen“ erinnert, in welcher der Held seinem Widersacher gegenüber sagt: „Biete mir Geld, biete mir Macht – ist mir egal!“ Übrigens: Unmittelbar danach murkst der Held den Widersacher ab. Musk weiß, die Medien zu spielen, die neuen wie die alten, als seien sie seine Geigen.
Einer anderen medial zum Schreckgespenst aufgebauten Person gelingt das ebenso souverän wie Musk, nämlich Andrew Tate. Tate ist ein schwerreicher, amerikanisch-britischer „Influencer“ mit Millionenpublikum, der, glaubt man den alten Medien, „toxische Maskulinität“ verbreitet und gegen den in Rumänien ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren läuft, unter anderem wegen des Vorwürfe der Vergewaltigung und der Freiheitsberaubung. Seit seiner Entlassung aus der Untersuchungshaft – nach sechs Monaten – steht er in seiner Wohnung im südosteuropäischen Land unter Hausarrest. Er bestreitet jeden Vorwurf. Noch während des Interviews, das die BBC mit ihm führte und das, unglaublich aber wahr, noch katastrophaler für den Sender ausging als ihr Musk-Interview, sagte Tate das gleiche wie der Twitter-Milliardär: Die BBC habe ihn seit Monaten um ein Gespräch geradezu angebettelt.
In einem Folgevideo verkündete Tate, keinem weiteren Mainstreammedium oder, wie er es formulierte, Vertreter der „Matrix“ ein Interview gewähren zu wollen. Es sei denn, es zahle einer von ihm finanzierten karitativen Organisation – die sich um die Fütterung von Kindern in Krisenregionen kümmert – 50.000 Dollar pro Interview. Und, fügt er hinzu, während er lächelnd in die Kamera blickt: Eine Schachtel Pralinen sei ebenfalls mitzubringen. Die Pralinen gedenke er während des Interviews zu verzehren. „Mit jemandem Schlitten fahren“, sogar im Sommer, ist dagegen Ringelpiez mit Anfassen.
Tate nutzte dieses Statement, um der BBC und anderen alten Medien vorzuwerfen, eine „extremistische Ideologie“ zu verbreiten, die eine zum Ausdruck gebrachte Freude an der eigenen Leistung – und damit den gesunden Ausdruck von Männlichkeit – schmäht. Aus diesem Grund, „um den Geisteszustand junger Männer zu schützen“, sehe er sich verpflichtet, die Zusammenarbeit mit solchen „extremistischen Organisationen“ eng zu beschränken.
Tate nannte ein paar alte Medien, darunter CNN und die „New York Times“, die nach dem BBC-Interview alle bei ihm Schlange stünden. Sie alle wollten, behauptet der ehemalige Kickboxer, das gleiche von ihm: Mit seinem Millionenpublikum die Einschaltquote erhöhen. Und: Sie würden ihn alle mit Fangfragen auf die Matte legen wollen. Das würde ihnen aber nicht gelingen, dafür sei er „zu intelligent“.
Das Interview und das Folgevideo sollte man sich gönnen – siehe Links unten. Tate beherrscht im Interview die Dynamik von der ersten Sekunde an und verliert die Oberhand in keinem Moment. Die Interviewerin dagegen wirkt wie eine ungenügend vorbereitete Hilfspolizistin im Verhör. Oder wie eine die Situation verkennende Alphahenne vor einem – freudlich grinsenden – Wolf.
Tate verabschiedet sich von der BBC-Dame mit den Worten: „Danke Lucy, es war mir ein Vergnügen. Nett, Sie kennengelernt zu haben.“ Lucy dagegen sieht aus, als sei ihr speiübel und sagt, erwartungsgemäß, nichts mehr. Sie verweigert ihm sogar die Hand. Auf Youtube ließ die BBC ihre Version des Interviews für Zuschauer in Großbritannien wenige Stunden nach dem Hochladen sperren. Auch hier also eine stalingradeske Katastrophe.
Währenddessen strömen die von den Interviewten – Musk und Tate – gleichzeitig gedrehten eigenen Videos in die Geräte, Augen und Hirne von Millionen Menschen weltweit. Die alten Medien scheinen sich in einer psychischen Zwangslage zu befinden: Sie brauchen Leute wie Musk und Tate in ihren Programmen, „um relevant zu bleiben“, wie es Tate im Interview ausdrückt. Besonders unter jungen Menschen, die kaum noch alte Medien konsumieren. Die alten Medien halten aller anderslautenden Signale aus der Realität zum Trotz an ihrem bröckelnden Status als „Torwächter der Informationen“ fest, während die Informationen an ihnen so massenhaft vorbeiströmen wie das Wasser durch einen zerstörten südukrainischen Staudamm.
Wie sehr die alten Medien jetzt in der Zwickmühle stecken, sieht man aktuell auch am Fall Tucker Carlson. Der bei Fox News geschasste beliebteste Moderator und Kommentator des konservativen amerikanischen Senders wurde mit seinen kritischen Äußerungen zu Corona-, Klima- und Ukrainepolitik seines Landes den großindustriellen Werbekunden offenbar zu unbequem. Auf Twitter aber, wo er vor der Übernahme der Plattform durch Musk keine Chance gehabt hätte, steigt seine ohnehin schon millionenfache Reichweite auf ein geradezu stratosphärisches Niveau.
Zwei weiter aktuelle Ereignisse seien genannt, die auf eine existenzielle Krise der alten Medien hindeuten. Zum einen die Entlassung von Chris Licht, dem Vorstandsvorsitzenden von CNN – vermutlich weil das kürzlich stattgefundene Interview mit Donald Trump genau so krachend schief ging – aus Sicht des Senders – wie die BBC-Interviews mit Musk und Tate. Zum anderen die Tatsache, dass Jordan Peterson seit kurzem bei Youtube nach eigenen Angaben sagen kann, was er will – und nicht verwarnt oder gar gesperrt wird. Sogar das mehrfache „Deadnaming“ einer Transperson lässt ihn die vom Wokismus unterwanderte – und somit als „altes“ Medium geltende – Videoplattform durchgehen. Vermutlich weil der Psychologe und Koloss der gegenkulturellen Widerstandsbewegung die größte Attraktion der konservativen Video-Bezahlplattform Daily Wire ist. Haben die Youtube-Betreiber vielleicht Angst, dass, wenn sie Peterson sperren, seine Fans millionfach zur Konkurrenz rübergehen werden?
Musk, Tate, Carlson, Peterson – der Versuch der alten Medien, diese und andere Internetpersönlichkeiten klein zu halten und in die „Matrix“ einzubinden, scheitert vor unseren Augen. Spektakulär und rohrkrepierend. Immer schneller scheint den alten Medien die Hegemonie über das Narrativ zu entgleiten. Das heißt nicht, dass die neuen Medien plötzlich hegemonial werden – dazu sind sie viel zu heterogen. Es bedeutet aber, dass dem globalistischen, politindustriellen Komplex, der „Martix“, dem „Wokismus“, dem Weltregierungsprojekt, dem amorphen Etwas, das zutreffend internationaler Neofaschismus genannt werden könnte, das für seine Machtausübung unverzichtbare Instrument der Propaganda abhanden zu kommen droht. Dank technologischem Fortschritt – und den Marktkräften, die sich nie langfristig bändigen lassen.
Quellen:
BBC-Interview mit Andrew Tate (YouTube, englisch, mit englischen Untertiteln)
Offizielles Statement von Andrew Tate nach dem BBC-Interview (Rumble, englisch)
Kommentare
Die Kommentarfunktion (lesen und schreiben) steht exklusiv nur registrierten Benutzern zur Verfügung.
Wenn Sie bereits ein Benutzerkonto haben, melden Sie sich bitte an. Wenn Sie noch kein Benutzerkonto haben, können Sie sich mit dem Registrierungsformular ein kostenloses Konto erstellen.