10. Juli 2023 20:00

Evolutionspsychologie Persönlichkeitsmerkmale politischer Ideologien (Teil 3)

Regelbasierte Ordnung versus regelbrechendes Chaos

von M 2.0 (Pausiert)

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Bildquelle: Shutterstock Sehen Sie links: Deutschlands gegenwärtiges, politisches System

Im zweiten Teil dieser Serie endete ich mit dem Hinweis, dass sich der Befund von Professor Doktor John T. Jost (New York University), wonach politische Ideologien mit Angst und Bedrohungswahrnehmungen zusammenhängen, im Einklang stehen mit der Prämisse, dass die Stimulation der Amygdala (siehe frühere Kolumnen, zum Beispiel über linke und rechte Gehirne) stark mit der jeweiligen politischen Ideologie verbunden ist.

Ein Teil des Ergebnisses jenes Befunds bestand in der Tatsache, dass die Präsentation von furchterregenden, tödlich anmutenden Reizen bei Erwachsenen den Effekt hatte, ihre ideologische Neigung in Richtung Konservatismus zu verändern. Diese ideologische Verschiebung machte sie nicht nur konservativer in Bezug auf das Thema der Bedrohung, das ihnen präsentiert wurde. Vielmehr vertraten sie auch eine konservativere Haltung in anderen Fragen, die nichts mit der dargestellten Bedrohung zu tun hatten. Interessanterweise wurden keine gegenteiligen Stimuli festgestellt, die einen Wechsel vom Konservatismus zum Linkstum auslösen würden. Das deckt sich beispielsweise auch mit meiner persönlichen Erfahrung, wonach ich viele Leute kenne, die ursprünglich eher links oder sehr links gewesen sind, heute aber libertär sind. Bis dato kenne ich keinen einzigen Fall, bei dem es umgekehrt ablief. Dies wirft die Frage auf, ob die Aufnahme und Anerkennung von realistischen Bedrohungsreizen durch Konservative zu einer erhöhten Funktionalität der Amygdala durch eine stimulationsinduzierte Entwicklung der Struktur führen können. Es stellt sich außerdem die Frage, ob eine solche Entwicklung bei zunehmend wiederholten Reizen eine Zunahme der Beständigkeit aufweist, die nicht oder zumindest nicht leicht umkehrbar ist.

Dies steht im Einklang mit der Forschung zur Funktion der Amygdala. Sobald die Amygdala für einen Reiz sensibilisiert ist, wird eine Dekonditionierung den Sensibilisierungspfad nicht auslöschen, sondern lediglich unterdrücken. Folglich lässt eine Dekonditionierung der Amygdala auf einen Reiz den Sensibilisierungspfad intakt, so dass die konditionierte Reaktion leicht reaktiviert werden kann. Infolgedessen wird eine Entwicklung der Amygdala sehr viel leichter herbeigeführt als eine Verkümmerung. Konkret bedeutet das, dass der Konservatismus eine Form der natürlichen Reifung ist, die durch das K-selektierte Umfeld ausgelöst wird und die, einmal erworben, nicht so leicht wieder verloren geht; und auch wenn mir bisher keine Studien bezüglich Amygdala und Libertarismus vorliegen, so würde es meiner Meinung nach Sinn machen, wenn es sich ähnlich mit einer libertären Haltung verhielte.

Was schließlich die Formulierung von Persönlichkeitstests auf der Grundlage dieser Theorie betrifft, so muss man verstehen, dass sowohl der „Wettbewerbsfreund“ (K-Selektion) als auch der „Wettbewerbsgegner“ (r-Selektion) wettbewerbsorientiert sind, und zwar in dem Sinne, dass sie beide konkurrieren und gewinnen wollen. Der Unterschied besteht darin, dass der „Wettbewerbsfreund“ in regelgesteuerten Wettbewerben zu gewinnen sucht, die auf eine Selektion nach Eignung ausgerichtet sind. Bei der Suche nach einem regelgesteuerten Wettbewerb ist der Wettbewerber gezwungen, eine Niederlage zu akzeptieren, wenn er eine verminderte Fitness aufweist (oder schlecht wirtschaftet), und das ist, was die Regeln (eigentlich) vorschreiben. Im Gegensatz dazu strebt der „Wettbewerbsgegner“ nach Erfolg, ohne Rücksicht auf Regeln oder seine persönliche Eignung zu nehmen. Das bedeutet nicht, dass es ihm an Wettbewerbsdrang mangelt. Seine Bereitschaft, Regeln abzulehnen, und sein Unwille, eine Niederlage zu akzeptieren, selbst wenn die Regeln dies verlangen, könnten sogar als stärker wettbewerbsorientiert bezeichnet werden als die Psychologie des „Wettbewerbsfreundes“. Somit sind auf bizarre Weise beide Psychologien wettbewerbsfähig. Die Hauptunterschiede in der Persönlichkeit sind der Wunsch des „Wettbewerbsfreundes“, sich an Regeln zu halten, die darauf abzielen, die Fähigkeit zur Fitnessselektion zu verbessern, sowie dessen Toleranz hinsichtlich fähigkeitsbedingter Ungleichheiten in den (darwinistischen) Ergebnissen.

Diese Regeln und die sich daraus ergebenden Unterschiede können sich als nachteilig für den persönlichen Vorteil des „Wettbewerbsfreundes“ erweisen, wenn er sich als weniger geeignet erweist als ein anderer Wettbewerber. Diese Eigenschaften fördern jedoch insgesamt den evolutionären Fortschritt der Träger des K-Typ-Allels sowie der gesamten Spezies, und daher ist der „Wettbewerbsfreund“ darauf programmiert, sie zu akzeptieren. Dies alles erklärt beispielsweise auch die seit geraumer Zeit anhaltende Ohnmacht so vieler (tendenziell eher konservativ tickender) Menschen angesichts des nunmehr seit vielen Jahren offen und täglich zur Schau gestellten Rechtsbruchs, des willkürlichen Regelverschiebens, aber auch angesichts von Korruption sowie schamloser Betrügereien linksgrünbunter „Regierungen“ (worunter auch die Merkel-„C“DU fiel). Letztere hingegen, so könnte man aus evolutionspsychologischer Warte argumentieren, können darin schlichtweg keinerlei Probleme erkennen, da es sich lediglich um ihren „legitimen“ Weg zum ökonomischen (und damit zumindest theoretisch auch fortpflanzungstechnischen) Erfolg handelt. „Korruption?“ – „Pff, ich erinnere mich nicht.“ Sache erledigt. „Lebenslauf-Fälschung?“ – „Pff, und wenn schon?“ Sache erledigt. „Wahlen manipulieren und rückgängig machen, Stimmen verschwinden lassen, künstlich erschaffen et cetera?“ – „Pff, so what?“ Und so weiter.

Tatsächlich können Regeln wie Loyalität gegenüber der Gruppe (selbstverständlich kann darunter auch eine „blinde Loyalität“ fallen), die Zuteilung von Ressourcen auf der Grundlage von Fähigkeiten und Leistungen, der Grad der Toleranz gegenüber weniger fähigen Menschen, die aufgrund ihrer Unfähigkeit Härten ertragen müssen, und eine Abneigung gegen die Umverteilung von Ressourcen, ungeachtet der Ungleichheiten bei den Ergebnissen, dazu verwendet werden, Populationen auf das Spektrum dieser beiden Psychologien zu verteilen.

Eine Abgrenzung von enormer Wichtigkeit ist der Umgang des „Wettbewerbsfreundes“ mit darwinistischen Themen vom „Typ K“, die auf soziale Strukturen angewendet werden. „Wettbewerbsfreunde“ fühlen sich in einem Umfeld des „Typs K“, in dem die Fitness von Konkurrenten getestet wird, wohler und erhalten je nach Erfolg im Wettbewerb sehr unterschiedliche Belohnungen. Wenn es sich K-Strategen dauerhaft zu bequem machen und ihre Toleranz beispielsweise aufgrund eines mühselig aufgebauten, doch dafür ansehnlichen Wohlstands immer weiter erweitern („Uns geht es ja gut.“), gewinnt die feindlich gesinnte Psychologie langsam aber stetig die Oberhand. „Wettbewerbsgegner“ vom „Typ r“ werden sich von Natur aus unwohl fühlen mit dem Konzept eines gesellschaftlichen Systems, das Belohnungen auf der Grundlage darwinistischer Wettbewerbe zur Prüfung der Fitness gewährt, da sie, wie gesagt, nicht für ein solches K-selektiertes Umfeld geschaffen sind. Sie werden von daher kontinuierlich versuchen, dieses System zu untergraben. Ein vorläufiges Endresultat ist unsere heutige Gesellschaft nebst entsprechender „Regierung“.

Persönlichkeitsmerkmale politischer Ideologien – Teil 2 (Freiheitsfunken)

Linke und rechte Gehirne – Teil 1 (Freiheitsfunken)

Widerstand. Warum zwischen linker und rechter Politik eine Schlacht der Gene wütet.


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