28. Oktober 2023 00:00

Neutrales unpolitisches Geld – Teil 2 Mittelstandsgeld und Bitcoin als Ausweg aus der Fiatgeld-Misere

Bitcoin hatte bereits mehr als sieben Leben!

von Benjamin Mudlack

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Bildquelle: Frederic Muller / Shutterstock Fiatgeld: It’s time to say goodbye

Letzte Woche wurde die Entstehungsgeschichte des Geldes thematisiert. Im Kern ging es darum, wie sich ein Gut als das tauschfähigste herausbildet und zu Geld wird. Es wurde herausgestellt, dass Geld historisch gesehen den Menschen nicht von einer Obrigkeit per Gesetz oder durch Diktat aufgezwungen worden war. Diese Entwicklung ist eher als Phänomen der jüngeren Vergangenheit anzusehen. Ebenso trifft diese Aussage auf die Existenz und Tätigkeit einer zentralplanerischen technokratischen Geldbehörde als sogenannter Geldhüter und Kreditgeber der letzten Instanz zu.

Attribute für gutes Geld

Wichtig für stabile Kaufkraft und die Akzeptanz als absatzfähiges Tauschgut ist in erste Linie ein absolutes Knappheitsversprechen. Nur wenn die Geldeinheit in der Gesamtquantität knapp oder konstant gehalten wird, lässt sich auch eine stabile Tauschrelation im Vergleich zu anderen Gütern gewährleisten. Auf diese Weise profitieren die Geldhalter auch von den für moderne Industrienationen üblichen Produktivitätsfortschritten. Diese beinhalten durch effizientere Fertigungsmethoden und IT-Innovationen eine schrittweise Ausweitung der Summe an Gütern, Waren und Dienstleistungen. Vereinfacht gesprochen: Bei konstanter Geldmenge sinken die Preise, weil sich eine gestiegene Gütermenge auf eine gleich gebliebene oder nur langsam wachsende Geldmenge verteilt. Die Menschen profitieren auf diese Weise im Rahmen einer Art Produktivitätsdividende.

Gutes Geld sollte zwingend frei von Interessen Dritter und folglich komplett losgelöst von politischen Zielsetzungen einzelner Menschen und Gruppen sein. Eine politische oder geschäftliche Vereinnahmung einiger weniger Menschen sollte es nicht geben.

Eine konkurrenzwirtschaftliche, nicht zentralistische Geldordnung wirkt disziplinierend und verschafft den Menschen im Rahmen einer absoluten Konsumentensouveränität eine Wahlmöglichkeit, wenn ein Geldanbieter das Geld verschlechtert. In dem heutigen zwangsmonopolistischen Geldsystem sind insbesondere nicht optimal informierte Menschen der fortlaufenden Geldverschlechterung nahezu schutzlos ausgeliefert. Sie werden durch Inflation und die daraus resultierende Kaufkraftminderung monetär zur Ader gelassen. Wohlstand und Privateigentum sind in der Tendenz rückläufig.

Das Zentralismus-Dilemma

Der Goldstandard erfüllte das Knappheitsversprechen weitestgehend. Auf diese Weise profitierten die Menschen von den Produktivitätsfortschritten der jeweiligen Volkswirtschaft. So verfügte beispielsweise der US-Dollar 1914 über elf Prozent mehr Kaufkraft als zur Zeit der Gründung der USA im Jahre 1776.

Allerdings lässt sich nüchtern konstatieren, dass der Goldstandard durch die zentralistischen Strukturen und die Existenz der Zentralbanken aus der Welt geschaffen werden konnte. Er ist gewissermaßen dem Zentralismus-Dilemma zum Opfer gefallen. Die politischen Ziele der Haushalts- und vor allem Kriegsfinanzierung zu Beginn des Ersten Weltkriegs 1914 waren höher gestellt als das Interesse, der Bevölkerung kaufkrafterhaltendes Geld zur Verfügung zu stellen. Die Menschen sind in zentralistischen Systemen davon abhängig, dass dieser Apparat nicht in die falschen Hände gerät oder von Sonderinteressengruppen vereinnahmt wird. Gerade Letztere spielen hier eine enorme Rolle. Der Einfluss der Finanzoligarchie auf die Notenbanken ist selbst für Laien klar erkennbar.

Drittparteien-Risiko und mögliche Auswege

Ein großes Problem von Edelmetallgeldern und der Verwahrung eigener Wertgegenstände durch Dritte ist in der Abhängigkeit von den Verwahrern oder Anbietern der Edelmetall-Einheiten zu identifizieren. An der Stelle ist Bitcoin mit der dezentralen Struktur als Protokoll auf vielen Millionen Rechnern klar im Vorteil.

Neben dem Vertrauens- oder Drittparteien-Risiko liegt bei Edelmetallgeldern je nach Ausgestaltung auch ein zentralistisch gelagertes Risiko vor. Was geschieht bei einer Insolvenz des Anbieters? Befinden sich die Edelmetalle im Sondervermögen und sind somit nicht Teil einer etwaigen Insolvenzmasse? Selbst bei vermeintlich unabhängigen Wirtschaftsprüfern besteht ein Risiko. Sie sind möglicherweise korrumpierbar, erpressbar und vor allem Auftragnehmer des Privatgeldanbieters. Interessenkonflikte sind unvermeidbar, denn auch der Privatgeldanbieter könnte der Verlockung der Geldverschlechterung erliegen.

Bitcoin schließt diese Problematik konzeptuell aus. Bei Edelmetallgeldern könnte man allenfalls Sicherheitsmechanismen einbauen. Absolute Sicherheit gibt es an der Stelle kaum oder gar nicht.

Denkbar wäre jedoch zum Beispiel eine Art regionales nonzentralistisches Mittelstandsgeld. Mittelständische Unternehmer verschiedener Branchen entsenden je Branche ein oder zwei Vertreter, die die Interessen bei der Mittelstandsbank (als Geldanbieter) vertreten. Die Mittelstandsbank arbeitet nach dem Vorbild der Hamburger Bank und ihrer Silberverrechnungseinheit, der Mark Banco. Für je eine Mark Banco waren 8,66 Gramm Silber bei der Hamburger Bank hinterlegt. Die Hamburger Bank agierte nonzentralistisch und regional. Dieser Faktor diszipliniert in Bezug auf das Deckungsverhältnis und die Maßgabe, die Einheit knapp zu halten. Disziplinierend wirkte auch der Umstand, dass die Hamburger Kaufleute ein valides Interesse an einer stabilen Rechen- und Verrechnungseinheit hatten. Nur so war eine verlässliche Wirtschaftsrechnung möglich. Auch Vertreter der Hansestadt Hamburg waren seinerzeit übrigens in die Gründung und Führung der Hamburger Bank eingebunden. Über Generationen beziehungsweise über einen Zeitraum von mehr als 250 Jahren war die Mark Banco ein Garant für gutes Geld. Erst per Gesetz ging sie im Zuge der Reichsgründung nach 1871 in der Deutschen Reichsbank auf. Ein bedeutendes und erfolgreiches nonzentralistisches Element war den nationalstaatlichen Bestrebungen zum Opfer gefallen.

Erinnerungen an die „Notgelder“ von 1923 werden wach

Silber wäre analog zur Mark Banco ein Vorschlag, aber es wäre auch ein Korb verschiedener Vermögensgüterklassen (Silber, Gold, Bitcoin oder Ähnliches) denkbar. Frei von Interessen wäre dieses Mittelstandsgeld freilich nicht. Es würde die Interessen der angeschlossenen mittelständischen Betriebe der jeweiligen Branchen abbilden. Aus der Not der fortgeführten Geldverschlechterung könnten derartige Bestrebungen an Dynamik gewinnen. Im Jahr 1923 wütete in Deutschland die Hyperinflation. Um die wirtschaftlichen Aktivitäten und den Gütertausch wieder zu ermöglichen, wurden viele regionale Notgelder lanciert. Sie waren als vertrauensbildende Maßnahme beispielsweise durch Gold gedeckt. Auch Getreide diente im Rahmen von Roggengeldern als Deckung. Jedoch waren die Notgelder nur von kurzer Lebensdauer. Mögliche regionale und nonzentralistische Mittelstandsgelder hingegen sollten mit der Zielsetzung einer Dauerlösung antreten. Wichtig ist, dass analog zur Mark Banco gewisse Mittelstandswerte (Glaubwürdigkeit, Ehre, Verlässlichkeit, Wertbeständigkeit und so weiter) gelebt werden. Familienunternehmen schmieden über Generationen angelegte Pläne. Die heute agierenden und handelnden Familienunternehmer denken über ihren eigenen Tod hinaus. Daraus resultieren automatisch konservativere und mit hohen Eigenkapitalquoten ausgestattete Investitionsentscheidungen. Auf dieser bodenständigen Basis sollte auch die Mittelstandsbank konzipiert werden. Das heutige Bruchteilreservesystem der Fiatgeld-Bankenwelt steht dem diametral als höchst spekulativer Gegenentwurf gegenüber. Fällt ein Stein, droht der fatale Banken-Domino-Day.

Schlussbemerkung

Die Probleme der aktuellen Finanzordnung und der staatlich zwangsmonopolisierten Geldeinheiten sind im Zuge der dynamischen Teuerungsraten offensichtlich geworden. Die Zentralbanken haben den Beweis angetreten, dass Geldpolitik auf Basis von unvollständigen mathematischen Modellen nicht funktionieren kann. Die Zentralbanken haben die Geldmengen explodieren lassen und sollten folglich sämtliches Vertrauen verspielt haben.

Insofern liegt es auf der Hand, dass die Menschen und Unternehmer in den Regionen selbst aktiv werden und sich aus der maroden und augenscheinlich korrupten Fiatgeld-Welt herausbewegen. Viele Menschen haben in Bitcoin ihren Ausweg gefunden. Für andere ist Bitcoin nur schwer greifbar und wenig verständlich. Hier würde sich eventuell das Beispiel des Mittelstandsgeldes anbieten. Die Hamburger Kaufleute haben es vorgemacht. Auch wenn die Welt heute extrem zentralistisch und technokratisch „organisiert“ wird: Nichts ist unmöglich. Gerade das hat Bitcoin gezeigt. Einer Katze sagt man sieben Leben nach. Bitcoin ist schon deutlich öfter totgesagt worden.

Benjamin Mudlack: „Geld-Zeitenwende – vom Enteignungsgeld zurück zum gedeckten Geld“


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