04. November 2023 00:00

Neutrales unpolitisches Geld – Teil 3 Die Feinde einer guten Geldordnung

Wettbewerb als Entdeckungsverfahren

von Benjamin Mudlack

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Bildquelle: Lycoreia Blogspot Der russische Bauer Michail Schljapnikow: Kreierte mit dem Kolion eigene Kryptowährung für sein Dorf

Auf der Suche nach möglichen Lösungen für eine bessere Geldordnung kommt man sehr schnell auch auf die Spur von kritischen Faktoren, an denen die Überlegungen und alternativen Vorschläge scheitern könnten. Es ist klar und vollkommen logisch, dass große Interessen gegen besseres Geld stehen. Das heutige Geldsystem dient einer kleinen Gruppe, die sich zulasten vieler Menschen auf Basis der umverteilenden Wirkung inflationärer Geldeinheiten bereichert. Diese machtvollen Interessengruppen stehen dem Wettbewerb um das beste Geld und folglich einem evolutionären Prozess im Weg.

Privates Geld und der Gewaltmonopolist

Um beispielhaft zu verdeutlichen, wie ein Gewaltmonopolist, also der Staat, mit seinen Institutionen reagiert, wenn eine Privatperson oder ein Unternehmer privates Geld zu etablieren versucht, möchte ich den Blick auf Russland werfen. Dort versuchte ein ehemaliger Banker in einer entlegenen Region, sein eigenes Geld zu lancieren. Der Ort, in dem er wohnte, hieß Kolinovo. Dessen geographische Entlegenheit führte dazu, dass die Menschen des Ortes nur zweimal im Jahr mit Rubel ausgestattet wurden. Das Wirtschaften war also gar nicht so einfach oder nur eingeschränkt möglich. Kreditbasierte Investitionen waren ebenfalls schwer umzusetzen.

Der Name des Bankers lautet Michail Schljapnikow und er versuchte, sich eine Existenz als Landwirt aufzubauen. Die Finanzierung war, wie schon skizziert, aufgrund der Versorgungslage mit liquiden Mitteln unmöglich. Schljapnikow machte aus der Not eine Tugend und ließ 2014 eine Million Kolionen, in Anlehnung an den Ortsnamen, drucken. Die Lieferung kam per Kurier und von nun an konnte man zum Beispiel ein Ei in Kolinovo durch die eigene Währung für die Hälfte im Vergleich zum Kauf via Rubel erwerben. Der immense Discount lässt sich durch die Entkoppelung von staatlichen Abgaben et cetera erklären und bietet natürlich einen erheblichen Anreiz für die Verwendung des Kolions.

Der private Geldanbieter wird verhaftet – gibt aber nicht auf!

Im Jahr 2015 kam ein herber Rückschlag. Der Gewaltmonopolist kommt ins Spiel. Der physische Kolion wurde gesetzlich verboten und Schljapnikow verhaftet, aber nach kurzer Zeit wieder auf freien Fuß gesetzt. Auf der Suche nach einer Lösung und um der juristischen Verfolgung zu entgehen, gab Michail Schljapnikow über ein erstes öffentliches Angebot Kolion als Kryptowährung heraus. 2017 konnte er so 401 Bitcoin von 103 Investoren generieren. Technisch verwendet das Projekt die Token, die auf der Waves-Plattform ausgegeben wurden und nutzt die Dienste in der Blockchain von Emercoin.

Der Kolion ist gebunden, sodass beispielsweise ein Kolion zehn Kilogramm Kartoffeln und zwei Kolionen zehn Eiern entsprechen. Jemand, der auf dem Hof von Schljapnikow arbeitet, wird mit Kolionen entlohnt und kann dann seinerseits wieder damit einkaufen. Ein rundes, geschlossenes, sinnhaftes, dezentrales und durch Nahrungsmittel gedecktes System. Zusammenfassend kann man den Kolion als Modell für eine neue und andersartige, freiheitliche und selbstorganisierte Form der Wirtschaft bezeichnen.

Die Interessen der Finanzoligarchie und des Geldadels

Das Beispiel aus dem fernen Kolinovo zeigt, dass gewaltige Interessen gegen private Gelder stehen. Die staatlichen Entscheider sind durch ihre mangelnde Haushaltsdisziplin vom schnellen Geld abhängig. Ohne Inflation, also Geldmengenausweitung durch Staatsverschuldung, können sie ihre Politik nicht betreiben und laufen Gefahr, an Macht einzubüßen. Auch machterhaltende oder -erweiternde Kriege wären anders nicht finanzierbar. Neben den staatlichen Entscheidern sind auch mit dem Staat eng verwobene Unternehmen vom aktuellen Geldsystem abhängig.

Der größte Gegner privater Geldeinheiten ist aus meiner Sicht im Geldadel beziehungsweise in der Finanzoligarchie zu verorten. Die Banken profitieren vom System der Bruchteilreservehaltung. Sie können quasi aus dem Nichts zinsbelastetes Geld in den Umlauf bringen. Ohne Konsumverzicht (ohne echtes Sparen oder neue reale Wertschöpfung) entsteht neues Geld, und die Banken generieren Einnahmen durch die Zinserträge.

Noch einträglicher ist es für den Geldadel, mit neu geschaffenem Geld und gegen Verpfändung von Sicherheiten Sachwerte (Aktien/Dividendentitel, Immobilien) zu kaufen. Die Gewissheit der fortlaufenden Geldverschlechterung durch die Inflationierung der Geldmenge lässt die Finanzprofis ruhig schlafen. Ebenso hilft die Geldverschlechterung bei der Tilgung der in US-Dollar, Euro und Co denominierten Nominalschulden. Die Sachwerte steigen durch die gestiegene Nachfrage im Preis, und so profitiert der Geldadel. Diese Umverteilungsprozesse begünstigen einige wenige Menschen zulasten vieler anderer.

Medien, Bildung, Glaubenssätze und die perfekte Täuschung

Der faule Zauber der stillen Enteignung kann nur aufrechterhalten werden, weil die Menschen diese dargelegten Machenschaften mehrheitlich nicht durchblicken. Für sie ist klar, dass das Geld vom Staat kommt. Diese Annahmen entsprechen ihrem Weltbild. Das Vertrauen in die staatlichen Institutionen und Zentralbanken wird von Kindesbeinen durch das Bildungswesen etabliert. Später sind es die Medien, welche die Täuschung aufrechterhalten. Dies geschieht zum Beispiel durch Verharmlosung der Inflation und einseitige Berichterstattung. Weder private noch öffentliche Medien haben ein Interesse daran, dass private Gelder das Fiatgeld-Monopol aufbrechen. Die Diffamierungsberichte zu Bitcoin sind ebenso offensichtlich wie die Negativberichterstattung zum Thema Gold. Außerstaatliche Medien befinden sich oft mehrheitlich in den Händen des Geldadels. Insofern ist aufgrund der Interessenslage klar, dass dort niemals das Lied des guten Geldes oder der konkurrierenden Privatgelder gesungen werden wird.

Greshamsches Gesetz: Wettbewerb sortiert schlechte Gelder aus

Der Wettbewerb spornt die jeweiligen Anbieter an, besser zu sein als die Konkurrenz. Nicht nur das. Wettbewerb wirkt wie ein reinigendes Element. Er sortiert schlechte Produkte durch Nichtverwendung seitens der Verbraucher aus, und die guten Produkte setzen sich durch.

Die Kritik an konkurrierenden Geldeinheiten wird oft damit begründet, dass Betrüger Hochkonjunktur erfahren würden. Die Menschen rufen geradezu nach staatlicher Regulierung und Kontrolle.

Dabei sollte das Vertrauen der Menschen in staatliche oder superstaatliche/technokratische Regulierung, Aufsichtsbehörden und Wirtschaftsprüfer durch diverse Skandale (Wirecard, Lkw-Kartell, Geldwäscheskandal der Deutschen Bank, Euribor und Libor-Zinsmanipulationen,) erheblich erschöpft sein. Die Regulierung und Kontrolle haben zu oft versagt, die Verstrickungen hochrangiger Staatsvertreter (Cum-Ex-Skandal) sprechen für sich und der auf Neudeutsch als Track Record bezeichnete Arbeitsnachweis stellt ein desaströses Zeugnis aus.

Aus meiner Sicht werden Kriminelle und Betrüger immer einen Weg finden, Menschen buchstäblich über einen Leisten zu ziehen. Das lässt sich nicht verhindern – schon gar nicht durch staatliche Regulierung, sondern eher durch Eigenverantwortlichkeit. Es ist überdies auch nicht gut, wenn jeder Mensch permanent unter Generalverdacht gestellt wird.

Konkurrierende Privatgelder würden den Druck auf die zwangsmonopolistischen Staatsgelder erhöhen. Bitcoin, Silber und Gold konkurrieren bereits mit den staatlichen Geldern. In einigen US-Bundesstaaten wurde bereits die Umsatzsteuer auf Gold und Silber abgeschafft, um eine Konkurrenzsituation zu schaffen. Die Masse der Bevölkerung nimmt kaum Notiz von dem Wandel.

Das Greshamsche Gesetz beschreibt den Umstand, dass sich die Menschen auf Basis einer absoluten Wahlfreiheit (Konsumentensouveränität) das Geld aussuchen, das ihren Zielsetzungen am meisten entspricht. Auf Dauer setzen sich so die werthaltigen Gelder durch und die durch Inflation verschlechterten Gelder verschwinden vom Markt. Hoffen wir auf Erkenntnisgewinn und auf eine Renaissance marktwirtschaftlicher Strukturen und auf den Wettbewerb als evolutionsförderndes Entdeckungsverfahren.

Benjamin Mudlack: „Geld-Zeitenwende – vom Enteignungsgeld zurück zum gedeckten Geld“


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