28. Dezember 2023 07:00

Agrarpolitik Wäre ohne den staatlichen Schutz der Landwirtschaft unsere Ernährung gefährdet?

Die Rolle des marktwirtschaftlichen Wettbewerbs in der Nahrungsmittelproduktion

von Olivier Kessler

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Bildquelle: Elena Dijour / Shutterstock Die Versorgung mit frischen, gesunden Lebensmitteln: Dem Staat anvertrauen?

Weil Nahrungsmittel unser Überleben sichern, werden sie oftmals als besondere Güter wahrgenommen, obwohl die Landwirtschaft einen immer geringeren Beitrag zum Bruttoinlandsprodukt leistet. Vermischt man die Furcht vor möglichen Nahrungsmittelengpässen mit einer Prise Nationaletatismus, kommt am Ende die Forderung nach „Ernährungssouveränität“ heraus – also die Vorstellung, der Staat müsse nicht nur die hiesige Landwirtschaft vom internationalen Wettbewerbsdruck abschirmen, sondern sie auch finanziell unterstützen, um so selbst in Krisenzeiten eine gesunde Ernährung sicherzustellen.

Industrialisierung und Modernisierung haben dazu beigetragen, dass mit einem immer geringeren Mitteleinsatz immer mehr Nahrungsmittel geerntet und produziert werden können. Die einen freuen sich über diese Entwicklung und die höhere Lebensqualität, die aus der Tatsache resultiert, dass immer weniger Leute im primären Sektor (Landwirtschaft) benötigt werden und sich neu im sekundären (Sachgüterproduktion) und tertiären Sektor (Dienstleistung) betätigen können. Andere wiederum beklagen das damit einhergehende „Bauernsterben“, das oft auf einer realitätsfernen Romantisierung der Naturnähe und ärmlicher vorkapitalistischer Zeiten basiert. In Tat und Wahrheit waren die Umstände vor der Industrialisierung für die Menschen äußerst prekär: Die Knappheit dominierte und Hungersnöte waren eine regelmäßige Bedrohung. Dass sich heutige Diskussionen vor allem um Themen wie Lebensmittelverschwendung und Maßnahmen gegen Übergewicht drehen, zeigt, wie stark sich die Zeiten zum Besseren verändert haben.

Klar ist, dass die Ernährung auch in der heutigen Überflussgesellschaft nach wie vor einen hohen Stellenwert einnimmt: Um zu überleben, muss sich der Mensch weiterhin ernähren. Doch bedeutet dies nun, dass wir dem Staat diese wichtige gesellschaftliche Funktion der Nahrungsmittelproduktion anvertrauen sollten?

Wer so argumentiert, negiert die elementaren Pfeiler des Fortschritts, die erst den Übertritt in die heutige Wohlstandsgesellschaft ermöglicht haben: Damit sich unsere Versorgung mit überlebenswichtigen Gütern fortlaufend verbessern konnte, brauchte es den zuverlässigen Schutz der Eigentumsrechte. Erst diese ermöglichen die Wahlfreiheit der Konsumenten und den marktwirtschaftlichen Wettbewerb, aus dem Innovationen und technologische Neuerungen hervorgingen, die sich konsequent an den Bedürfnissen der Konsumenten orientieren mussten.

Wer nun der Politik die Aufgabe der Versorgung mit Nahrungsmitteln anvertrauen will, verkennt die Natur des Staates. Dieser wird sich nur in Ausnahmefällen an den Konsumentenbedürfnissen ausrichten, weil seine Einnahmen nicht davon abhängen, ob die Verbraucher die von ihm angebotenen oder finanzierten Leistungen nachfragen. Er holt sich diese einfach mittels Besteuerung. Nicht nur fehlende Kundenorientierung ist das Resultat dieses staatlichen Eingriffs in die Marktwirtschaft: Durch seine Subventions- und Marktabschottungspolitik, durch eine planwirtschaftliche Festlegung von Preisen wie etwa für Milch und andere Eingriffe verzerrt er die Preise bis zur Unkenntlichkeit, die in einer Marktwirtschaft die wichtige Funktion der Übermittlung von Informationen wahrnehmen. Aufkommende Knappheitssignale können in einer solchen politdominierten Wirtschaft nicht mehr rechtzeitig erkannt werden, was die Anfälligkeit für Ernährungsengpässe und -krisen erhöht.

Je mehr sich der Staat für die Versorgung mit Lebensmitteln im Sinne der „Ernährungssouveränität“ verantwortlich erklärt, desto stärker sinkt tendenziell die Eigenverantwortung der Bürger, für sich selbst und ihr Umfeld entsprechend vorzusorgen. Es dürften dann beispielsweise weniger Vorräte für Krisenzeiten angelegt werden, weil man sich auf die Versprechen der Politik verlässt. Eine Verstaatlichung der Nahrungsmittelversorgung führt daher tendenziell zu einer höheren Fragilität und Verletzlichkeit.

Die Geschichte zeigt auch, wie schlecht der Staat darin ist, qualitativ gute Produkte zu günstigen Preisen anzubieten. Gibt man dem Staat die Kontrolle über ein beliebiges Gut, steigen die Preise zuverlässig, während die Qualität abnimmt. Staatsnahe Landwirtschaftsbetriebe, die hauptsächlich von Subventionen leben, achten vor allem darauf, staatliche Vorgaben zu erfüllen, anstatt sich nach den Kundenbedürfnissen zu richten. Es kann in Anbetracht dieser Mechanismen keine Rede davon sein, dass der Staat die Ernährung im Sinne der Verbraucher sichere.

Doch was ist mit Importen von ausländischen Produkten? Hat der Staat da nicht die Aufgabe, die Qualität dieser Produkte zu überprüfen und den Import im Zweifelsfall zu verhindern? Die Antwort lautet: Nein. Es gibt Marktmechanismen, die die Qualität der Ernährung viel zuverlässiger sicherstellen können als staatliche Behörden, die ihre eigene Haut mit ihren Anordnungen nicht aufs Spiel setzen, zumal sie nicht dem Wettbewerb mit einer Konkurrenz ausgesetzt sind. Staatlichen Funktionären die Kontrolle über die Einführung gewisser Güter zu überlassen, bedeutet auch, die Korruption in diesen Bereichen zu fördern. Interessengruppen wie die Bauernlobby erhalten so die Möglichkeit, mit intensivem Lobbying Einfluss auf die Entscheidungen dieser Behörden zu nehmen. Es kann so kaum erstaunen, dass die Märkte gegenüber jenen Produkten abgeschottet werden, die den hiesigen Landwirtschaftsbetrieben in irgendeiner Art Konkurrenz leisten. Dieser Landwirtschaftsprotektionismus nützt einzig einigen wenigen Privilegierten, während alle Konsumenten den Preis in Form von höheren Produktpreisen und einer geringeren Auswahl bezahlen müssen.

Doch was wäre die Alternative? Wie kann der freie Markt die Qualität der eingeführten Produkte sicherstellen? Eine mögliche Lösung wäre beispielsweise ein Wettbewerb zwischen privaten Zertifizierungsstellen, die Labels für saubere und gesunde Lebensmittel verteilen, wenn gewisse Produktestandards eingehalten werden. Die Konkurrenz zwischen diesen Zertifizierungsstellen und die für die Gewinnung von Kunden so zentrale Reputation stellen wiederum sicher, dass diese Agenturen nicht anfällig für Bestechung werden und hohe Standards aufrechterhalten. Auch vermögen andere Marktmechanismen die Produktqualität zu sichern, wie etwa das Image und der Ruf einer produzierenden Firma oder einer Produktmarke sowie strafrechtliche Maßnahmen (zum Beispiel bei vergifteten Lebensmitteln).

Die Lebensmittelversorgung ist elementar. Doch gerade, weil die Ernährung und die Versorgung mit Lebensmitteln so wichtig sind, sollte sie nicht dem Staat überlassen werden.


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