Jeder hat das Recht, sich weiterzuentwickeln: Vom Vollblut-Etatisten zum Voluntaristen – wo steckst du gerade?
Akzeptanz oder Ausgrenzung?
von Manuel Maggio
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Angeregt durch eine Nachricht auf Telegram, möchte ich heute meine Gedanken zu einem besonderen Thema mit Ihnen teilen. Rico schrieb mir folgende Zeilen:
„Hallo Manuel,
Ich finde es immer wieder schade, dass recht viele Menschen mit der Akzeptanz
der Entwicklung ihrer Mitmenschen Probleme haben. Wer nicht weiß, dass die
Politiker gekauft sind, ist ein Schlafschaf, oder wer von Geburt kein
Voluntarist ist, hat ’nen Knall. Den Zwischenschritt des Libertarismus ist
einem auch nicht mehr erlaubt. Vielleicht ein bisschen drastisch formuliert,
dennoch beobachte ich dies. Vielleicht eine Anregung für einen Artikel.“
Sofort hatte ich das Gefühl, genau verstanden zu haben, was er mir mitteilen wollte, und hatte seit dieser Nachricht auch kein anderes Thema mehr im Kopf. Ich bin also mit diesem Thema so richtig schwanger gegangen, wie man gemeinhin sagt – daher hier meine Gedanken und ein Danke an Rico für die Anregung.
In dem Zitat steckt erst mal die Behauptung, dass es eben immer einen individuellen Prozess der Erkenntnis gibt. Man könnte diesen auch „Prozess des Erwachens“ oder „Prozess des Erkennens“ nennen, aber das ist mir dann schon wieder zu schwurbelig. Wenn ich mich und mein Leben selbst als erste Referenz betrachte, kann ich dem nur zustimmen. Ich hatte im Jahr 2009 irgendwann einen Punkt des Erwachens und bin dann über Stationen wie das bedingungslose Grundeinkommen (BGE) sogar für kurze Zeit Mitglied in der Partei der Vernunft (PDV) zu Zeiten von Oli Janich gewesen, bis ich mich zu dem entwickelt habe, was ich heute bin und was mein Weltbild dieser Tage ausmacht. Wenn ich mein früheres Ich so betrachte, dann war ich natürlich staatsgläubig, zu Zeiten des BGEs sogar sozialistisch, was heute – zum Glück – undenkbar geworden ist. Es war ein langer Weg vom ersten Zweifel am Konstrukt des Staates bis hin zur festen Überzeugung, Staat und Herrschaft generell abzulehnen. Würde ich mein früheres Ich heute als „Schlafschaf“ oder „Staazi“ oder „Normi“ bezeichnen? Wahrscheinlich schon. Würde ich mir selbst, mit dem Wissen was daraus geworden ist, gerecht werden? Ich denke nicht!
Woran kann ich nun aber erkennen, ob jemand auf der Seite der Freiheit steht oder nicht? Kann ich von allen Mitmenschen verlangen, sich mit den Konsequenzen von Verantwortungsabtretung, Bevormundung und Sozialstaat so intensiv zu beschäftigen, wie ich es getan habe? Zur ersten Frage möchte ich im letzten Teil dieser Kolumne eingehen, daher direkt zu Frage zwei: Ich kann natürlich von meinen Mitmenschen verlangen, sich mit den Auswirkungen des eigenen Handels zu beschäftigen – nur werde ich dies niemals wirklich beeinflussen können. Fakt ist: Ich bin ernsthaft daran interessiert, Menschen mit der Idee der Freiheit zu infizieren und die Fratze der Gewalt, auch Staat genannt, so offensichtlich zu machen, bis man sie nicht mehr übersehen kann. Wäre es dann, wie von Rico im Zitat anfangs beschrieben, nicht sinnvoller, für die Mitmenschen, die auf dem Weg der Erkenntnis eben noch nicht so weit sind, Brücken zu bauen? Es lag mir zum Glück immer fern, mich als Wisser der Lösung hinzustellen, sondern sehe ich mich höchstens als eine Art Impulsgeber, wenn es um freiheitliche Sichtweisen geht. Mit einer Art, die von oben nach unten gerichtet ist, wird man kein Gehör finden – was kein Geheimnis ist. Noch dazu kommt es einfach sehr überheblich herüber, wenn die anderen immer die Dummen sind und man selbst scheinbar die Lösung aller Probleme für sich gepachtet hat. Daher an dieser Stelle meine Anregung: Bevor man sich von den Mitmenschen abgrenzt und aus dem Dialog geht, denken Sie an den kleinen Manuel, der das BGE toll findet – vielleicht fehlt ja nicht mehr viel, bis der Groschen fällt.
Wie versprochen, möchte ich jetzt noch auf die Frage eingehen, wie man nun aber erkennt, ob das Gegenüber an Freiheit interessiert ist. Lohnt es sich, in einen Mitmenschen zu investieren, oder lässt man es aus Selbstschutz besser bleiben? Ich denke, es spielt keine Rolle, wie weit jemand schon mit dem Gedanken der Freiheit infiziert wurde. Ganz egal, wo jemand steht und welches Weltbild auch vorhanden sein mag, gibt da einen Bereich, an dem man sehr wohl erkennen kann, ob es sich lohnt, Energie in einen Informationsaustausch zu stecken. Meines Erachtens kommt es einzig und allein darauf an, ob ein Mensch bereit ist, sich weiterzuentwickeln, oder ob jemand mit seinem aktuellen Standpunkt sofort in den Ring steigen möchte. Dies gilt für sowohl mich selbst als auch für mein Gegenüber. Erst wenn ich bereit bin, auch meine Ideen, meine Werte und meine Überzeugungen zu hinterfragen, werde ich entsprechend offen in eine Unterhaltung gehen. Für mich selbst ist der Grad der Erkenntnis über die eigene Unkenntnis das Entscheidende. Ganz egal, wie tief der Glaube an Vater oder Mutter Staat verankert ist: Sobald mein Gegenüber bereit ist, dies ernsthaft zu hinterfragen, möchte ich im Gegenzug bereit sein, meine Erkenntnis offen und ehrlich mit ihm zu teilen.
Ich merke auch hier, dass ich noch einiges zu lernen habe. Mal sehen, wo ich selbst in zehn Jahren stehen werde. Wir werden es ja sehen.
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