17. August 2024 06:00

Computerspiele: ein Zufluchtsort für Jungs Fehlende Freiheit wird beim Zocken kompensiert

Virtuelle Welten und die Gaming-Sucht der Jugend

von Manuel Maggio

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Bildquelle: Leonard Zhuskovsky / Shutterstock „Fortnite“ und andere Computerspiele: Haben enormes Suchtpotenzial – vor allem für Jungs

Als ich ein kleiner Junge war, gab es noch keine Computerspiele. Ich erinnere mich noch genau an das Lagerbauen im Wald, Indianer- und Cowboyspielen und Tunnelgraben in der Kiesgrube. Erst als ich dann in der Grundschule war, bekam ich meinen ersten Computer: einen Commodore 64. Nach meinem Verständnis bin ich so aufgewachsen, wie es sich für einen Jungen gehört, und konnte mich auch immer wie solcher verhalten. Das Computerspielen war damals noch etwas sehr Besonderes, und für mich gab es keinen Grund, hier komplett einer Sucht zu verfallen. Das Internet war damals noch nicht vorhanden; somit beschränkte sich das Gamen auf Sessions im Kinderzimmer – seien es die Olympic Games, bei denen man oft die Joysticks zu sehr beanspruchte, oder mein Lieblingsspiel „Giana Sisters“. Die Computerspiele waren zwar eine Alternative zu Brettspielen oder zu Bandenkriegen mit den Nachbarskindern im Hof, aber sie boten damals keinen Ersatz für die Realität.

Bevor ich in einem weiteren Abschnitt auch meine eigene Karriere als Hardcore-Gamer etwas beleuchten werde, möchte ich auf den Ist-Zustand in unserer Gesellschaft eingehen. Für mich ist die Flucht in Computer- beziehungsweise Onlinewelten ganz klar mit dem Verlust von Freiheit in der Realität zu erklären. Jungs werden nicht nur durch den ganzen Genderwahn in die Ecke gedrängt – nein, in dieser verrückten Zeit sind Eltern auch oft nicht mehr in der Lage, einen Jungen entsprechend aufwachsen zu lassen. Man behütet zu sehr, man lässt sich von außen zu viel in die Erziehung einreden, und man traut den Kindern immer weniger zu. Die heutige Kindheit ist vor allem durch die vielen Regeln und Verbote nicht mehr dazu geeignet, eigene Erfahrungen zu machen, die doch für eine Entwicklung hin zu einem Mann so notwendig wären. Die Computerspiele sind somit oft der einzige Zufluchtsort, wo man als Kind noch wirklich Kind sein darf. Denn hier sind keine Erwachsenen, die einem den Spaß verderben. Hinzu kommt natürlich auch, dass wir alten Hasen auch keinen Zugang mehr zu den neuen Onlinespielen haben; man nehme da als Beispiel „Fortnite“: eine Welt voller Helden in bunten Kostümen, frei von Vorschriften und Grenzen. Hier kann man als Junge noch Held sein. Man kann Abenteuer erleben, die einem in der realen Welt oft nicht mehr erlaubt sind. Wenn ich so überlege, was ich in sehr jungen Jahren alles so angestellt und erlebt habe – davon ist vieles heute undenkbar. Ja, die Zeiten haben sich geändert, ich weiß. Daher ist es auch kaum verwunderlich, dass sich vor allem Jungs in diese virtuellen Welten zurückziehen und somit ihre Bedürfnisse nach Abenteuern auch nur noch dort ausleben.

Ist es verwerflich, wenn Eltern ihren Kindern das Zocken erlauben? Ich würde sagen: Nein. Wenn es aber darum geht, die Kids vom Bildschirm wegzulocken, dann kann das auf keinen Fall mit einem Zock-Verbot funktionieren, sondern nur mit einer Alternative, die mehr Spaß und Abenteuer bringt, als es der Flimmerkasten bieten kann.

Nun zu mir. Wir springen nun etwas in der Zeit und schreiben das Jahr 2005. In Deutschland erscheint ein Online-Computerspiel mit dem Namen „World of Warcraft“, das erste große MMOG (Massively Multiplayer Online Game). Da ich seit dem Commodore 64 nie mehr ganz die Finger von Computern lassen konnte, entschlossen wir uns im Freundeskreis, diese neue Art von Computerspiel zu testen. Am Ende habe ich das gesamte Jahr 2006 nur mit Zocken verbracht. Ja, es war wirklich extrem, denn auch in mir steckte damals trotz meiner bereits 27 Jahre noch ein Kind auf der Suche nach dem Abenteuer in einer Welt, in der man auch ein Held sein konnte. Zu dieser Zeit hatte ich meinen Job verloren und war nach einer Umschulung auch erst mal ins Hartz IV gerutscht. Ein ganzes Jahr meines Lebens bestand nur aus Zocken, Essen und Schlafen. Teilweise habe ich mir sogar einen Wecker gestellt, damit ich frühzeitig, so gegen elf Uhr morgens, online sein konnte, um meinen Status in dieser Spielwelt nicht zu verlieren.

Niemand war da, der mich aus dieser Sucht herausgeholt hat. Irgendwann war es einfach genug und ich hatte das Bedürfnis, wieder in der echten Realität zu leben. Ich möchte diese Zeit der ersten Online-Games auf keinen Fall missen, auch wenn ich in dieser Zeit sicherlich einiges verpasst habe. Bis heute habe ich noch Kontakt zu Menschen, die ich damals im Spiel kennengelernt habe. War es eine Flucht aus der Realität? Ja, das war es bestimmt. Kann man Jungs, die nicht mehr als solche aufwachsen können, einen Vorwurf dafür machen, wenn sie in die virtuellen Welten fliehen, um dort wieder Helden sein zu können? Ich denke nicht! Daher mein Tipp: mehr Freiheiten und speziell mehr Abenteuer für Jungs im echten Leben, dann wird auch weniger gezockt – garantiert!


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