Personalprüfung zu Felix Magath: Der fleißige Freigeist
Betrachtungen zum letzten Trainer alter Schule
von David Andres
von David Andres drucken
Bis kurz vor dem Abpfiff war Hertha BSC Berlin trotz einer Niederlage gegen Borussia Dortmund noch gerettet. Dann jedoch fiel ein Tor in Stuttgart und die Schwaben warfen den Hauptstadtverein auf Platz 16 und somit in die Relegation. Jeder, der diesen Sport liebt, dankte am vergangenen Samstag dem Fußballgott für solch ein spannendes Saisonfinale. Jeder, der die Freiheit liebt, drückt nun für die Relegationsspiele einem körperlich kleinen, doch vom Format her riesengroßen Mann die Daumen – Felix Magath.
Er ist einer der erfolgreichsten Fußballcharakterköpfe, die dieses Land jemals hervorgebracht hat. Als Spieler erlangte er Kultstatus beim Hamburger SV. Neun Jahre Vereinstreue, 46 Tore, dreimal deutscher Meister mit dem damals noch unabsteigbaren Gründungsmitglied der Bundesliga. Zweimal Vizeweltmeister mit der Nationalmannschaft. Als Trainer führte er den VfB Stuttgart zum ersten Mal in dessen Vereinsgeschichte in die Champions League, mit den Bayern gewann er zweimal das Double und im Jahre 2009 gelang ihm eine der unvergesslichsten Sensationen in der Bundesliga-Historie – die Meisterschaft mit dem VfL Wolfsburg.
Felix Magath ist ein Trainer der ganz alten Schule. Sein Spitzname lautet „Quälix“, über seine Methoden ranken sich Legenden. In dem extrem hörenswerten „Bild“-Podcast „Phrasenmäher“, dessen Moderator in zwei Teilen insgesamt satte fünf (!) Stunden mit Magath spricht, berichtet dieser, wie er nach seiner Rückkehr von einem Engagement in China in Deutschland das erste Mal wieder Trainer bei einer Pressekonferenz hörte und sich angesichts des taktischen Neusprechs fragte, von welchem Sport sie eigentlich reden. Jedenfalls nicht mehr von dem, was für ihn Fußball im Kern ausmacht – Disziplin, Leistung, Fitness und Kampfbereitschaft.
Leistung – das stellt für Magath ohnehin den Kern aller beruflichen Existenz dar. Mit seiner Frau und den „drei jungen Kindern“ (drei längst erwachsene leben in Hamburg) hat er vor allem deshalb München als Lebensmittelpunkt gewählt, weil die Kids in einem Bundesland zur Schule gehen sollen, in dem Leistung noch eine gewisse Bedeutung hat. Privat hingegen sagt er, „kann bei mir jeder machen, was er will“, denn er sei „freiheitlich denkend“ und räume den Menschen alle Entscheidungen ein, inklusive der „zur Selbstzerstörung, zum Beispiel durch Tabak und Alkohol“, dem er als junger Mann auch gefrönt habe. Im Spätherbst 2021 gehörte er zu den wenigen prominenten Stimmen, die sich explizit hinter Deutschlands damals berühmtesten (und mittlerweile eingeknickten) Impfverweigerer Joshua Kimmich stellten. Hört man ihm zu, schwingt die mit Abstand beste Definition von Freiheit mit, die einst Roland Baader aufgestellt hat: „Das einzig wahre Menschenrecht ist das Recht, in Ruhe gelassen zu werden – von jedem, den man nicht eingeladen hat oder den man nicht willkommen heißt.“
„
Magath redet nicht nur beim „Phrasenmäher“ der „Bild“, sondern auch bei Roland Tichy. Mehrfach war er bereits dort zu Gast, die alte libertäre Eiche, die es wenig stört, wenn politisch korrekte Twitterer, die sehr wahrscheinlich bislang weder sechs Kinder noch irgendwelche relevanten Leistungen vorweisen können, darüber schreiben, dass der Felix „verzweifelt“ sein müsse, wenn er jetzt schon zu solchen Rechtspopulisten gehe. Aus dem Fußball war Magath eigentlich schon raus und zuletzt als Berater für die Online-Druckerei Flyeralarm tätig, mitten in der freien Marktwirtschaft. Doch dann kam im März der Anruf aus Berlin, wo man seit dem Einstieg von Multimillioneninvestor Lars Windhorst und der realsatirisch gescheiterten Verpflichtung von Jürgen Klinsmann in den letzten Monaten vor der neuen Normalität anstrebt, jener „Big City Club“ zu werden, der in der Zwischenzeit der Konkurrent 1. FC Union Berlin geworden ist. Magath sollte – und soll – die Hertha vor dem Abstieg bewahren und findet sich in der Relegation nun ausgerechnet gegen seinen ursprünglichen Club als Spieler wieder – den Hamburger SV. Eine Konstellation, so sagte er es mit seinem furztrockenen Humor, den wohl auch nur Freigeister begreifen, die ihm „im Grunde schon klar“ gewesen sei, als er bei der Hertha vor zwei Monaten unterschrieben habe.
Eine Anekdote aus der Kindheit zeigt, was dieser Mann für einer ist, der in Beruf und Berufung Leistung verlangt und im Privaten lebt und leben lässt. Als Siebenjähriger, wenn er den Schulbus verpasste, lief er die vielen Kilometer des Weges nach Hause und stellte sich dabei vor, für Deutschland bei der Olympiade zu rennen. „Und raten Sie mal“, fragt er den Moderator Kai Traemann im „Phrasenmäher“, und dieser reagiert richtig: „Sie haben immer gewonnen?“ – „Korrekt. Und kurz vor der Haustür habe ich noch mal einen Schlussspurt hingelegt.“
Phrasenmäher #63 | Felix Magath I
Phrasenmäher #64 | Felix Magath II
Tichys Einblicke | Felix Magath: Wieder kämpfen, statt über Taktik reden
Tichys Ausblick Talk | „Der Fall Kimmich: Jetzt kommt der Impfzwang oder was?“
Sport1 | Magath verteidigt Kimmich! „Warum gönnen wir ihm seine Meinung nicht?“
Kommentare
Die Kommentarfunktion (lesen und schreiben) steht exklusiv nur registrierten Benutzern zur Verfügung.
Wenn Sie bereits ein Benutzerkonto haben, melden Sie sich bitte an. Wenn Sie noch kein Benutzerkonto haben, können Sie sich mit dem Registrierungsformular ein kostenloses Konto erstellen.