18. Dezember 2022 13:00

Bibel für Libertäre Die frohe Botschaft

Gott und die freie Gesellschaft – geht das zusammen?

von Reinhard Günzel

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Sonntag, und erst recht der vierte Advent, das ist der Tag des Herrn. So wollen wir hier und heute nicht über Geld oder die Unzulänglichkeiten der Regierung lamentieren, blättern wir doch lieber mal durch die Bibel, dem Buch der Bücher.

Gleich am Anfang, Genesis 1-28, Gott hatte die Welt und danach Adam und Eva geschaffen, steht hier seine große Verheißung geschrieben: „Seid fruchtbar und mehret euch, bevölkert die Erde, unterwerft sie euch und herrscht über die Fische des Meeres, über die Vögel des Himmels und über alle Tiere, die sich auf dem Land regen.“ Was sich danach im Paradies ereignete, jener Wohlfühloase mit bedingungslosem Grundeinkommen und Rundumversorgung, wo die ersten Menschen, Adam und Eva, ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort hatten, davon gehe ich jetzt mal aus, ist allgemein bekannt, weshalb ich mich insoweit kurzfassen kann. Der Mensch ist eben der Mensch, egoistisch, treu und untreu, neugierig, verführbar, von Gefühlen regiert, die so oft den Verstand hintenanstellen, gewalttätig und altruistisch bis zur Selbstaufgabe und dergleichen Widersprüchliches mehr. Und so aß er entgegen Gottes Verbot vom Baume der Erkenntnis, weshalb er nach kurzer Befragung und Klärung aller Umstände umgehend des Paradieses verwiesen wurde und ihm obendrein, anstelle des bis dahin gepflegten Müßigganges, für alle Tage Mühsal und Plage aufgeladen wurden.

Aber er sollte dennoch frei sein, frei geboren und auch fürderhin nur Gott – der Atheist möge hier anstelle von Gott sein Gewissen nehmen –ward als Herrscher über ihn gesetzt. Beim Weiterlesen in der Bibel kommt bald danach die leidige Geschichte von Kain und Abel und auch eine Menge Genealogie, aber in der Genesis kein Sterbenswörtchen, das kann ich Ihnen hoch und heilig versichern, darüber, dass es Kaiser und Könige oder sonst welche irdischen Herrscher geben soll, die zwischen Gott und dem Menschen stehen.

Eine wahrhaft frohe Botschaft der Freiheit, die die Bibel hier verkündet, Wasser auf die Mühlen der Libertären, was natürlich zu der Frage führt, wie denn all die Fürsten und Könige, Tyrannen, absoluten Herrscher, Diktatoren, politischen Parteien, scheinheiligen Demokraten, all jene auf Kosten der Unterjochten und Unterdrückten lebenden Parasiten in die Welt kamen? Die Bibel schweigt sich da aus. Irgendwie scheint die Sache peinlich, denn es gibt hier nur eine Antwort: Der Teufel hatte wie immer seine Hand im Spiel. Gott der Allmächtige, der den Menschen nach seinem Bilde schuf, erscheint gerade in der Genesis auch sehr menschlich, denn trotz seiner Allmacht gelang ihm der Mensch nicht so richtig. Leicht verführbar, lässt sich dieser, inspiriert von einer Schlange, durch sein Weib dazu verleiten, einen Apfel zu essen, womit er sich über Gottes striktes Verbot hinwegsetzte. Das muss man sich mal vor Augen halten! Wäre er daraufhin nicht des Paradieses verwiesen worden, hätte sich der Mensch, was Gott natürlich sofort vorhergesehen hat, auch am Lebensbaum bedient und die Unsterblichkeit erlangt. Gott konnte nicht anders – raus aus dem Paradies mit ihnen und den Cherub mit flammendem Schwert als Wächter bestellt, Rückkehr unmöglich, wir Menschen bleiben auf ewig sterblich.

Doch Strafe, also die Vertreibung aus dem Paradies, die mit weitreichenden Bewährungsauflagen verbunden war, bessert den Menschen nur bedingt, und das Böse unter den Menschen nahm sogar zu. Gott, den jetzt alles reute, was er geschaffen hatte, beschloss die größte Klimakatastrophe aller Zeiten herbeizuführen, ließ es endlos regnen, bis alles abgesoffen war. Nur einen Gerechten, Noah mit seiner Sippe, nahm er davon aus. Der baute bekanntlich auf Gottes Geheiß ein Schiff, lud noch allerlei Getier mit ein und überlebte den Klimawandel.

Und danach, wen wundert’s, begann alles wieder von vorn. Das Böse scheint unausrottbar, die Macht des Teufels unwiderstehlich, und so ist das Alte Testament im weiteren Teil übervoll mit Ein- und Ausblicken in die Abgründe und Untiefen der menschlichen Seele, wie Machtgier, Verrat, Mord und Totschlag, die wieder Mord und Totschlag gebären – eigentlich nichts für Kinder, aber voller Lebensweisheit und lesenswert auch für Nichtchristen.

Ganz anders das Neue Testament, das dem Leben und Sterben Christi und seinem Nachwirken zu Zeiten der Spätantike gewidmet ist.

Es ist das ewig leuchtende Verdienst dieses Mannes, den wir Jesus Christus nennen und dessen Geburt wir in wenigen Tagen feierlich gedenken werden, jenes Mannes, der wandernd durch die Levante zog und eine Lehre verkündete, die es ermöglichte, das ewige zwischenmenschliche Wechselspiel von Untat und Vergeltung zu durchbrechen, indem er die moralischen Prinzipien von Reue und Vergebung als gottgewollt einführte. Ein Riesenfortschritt, verglichen mit dem alttestamentarischen Auge um Auge, Zahn um Zahn, was auch eine relativ brauchbare Rechtsgrundlage ist, wird dadurch doch immerhin der Delinquent vor Überreaktionen der Gegenseite geschützt, wie beispielsweise mehrjährige Haftstrafen für, sagen wir mal, unbequeme Äußerungen. Jesus war im wahrsten Sinne des Wortes das, was wir heute, etwas geringschätzig, einen Moralapostel nennen. Er mengte sich nicht in das politische Tagesgeschehen ein, schied vielmehr Staat und Religion: Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist. Sein Reich war eben nicht von dieser Welt. Er verkündete gottgefällige moralische Werte, nicht justiziabel, aber für das dauerhafte Gedeihen eines Gemeinwesens unabdingbar. Jesus fügte sich der weltlichen Obrigkeit, stellte sie nicht infrage, aber für ihn war Gott die innerste, die letzte Instanz, die das Handeln des Menschen bestimmt, der bei seinem Wirken stets angehalten ist, zu hinterfragen, ob dieses denn auch in Übereinstimmung mit Gottes Geboten sei. Die geistig-moralische Wende, die Jesus einforderte, war der Aufruf zur freiwilligen inneren Umkehr, zur Hinwendung zum gottgefälligen Leben mit seinen ewig gültigen Wertvorstellungen und Moralprinzipien, dem einzigen Weg, die Welt mit ihren Unzulänglichkeiten und Bedrückungen zu überwinden, um auf diesem Wege zur inneren Freiheit des eigenen Ichs zu gelangen. Menschen, die ein Mindestmaß von dieser inneren Freiheit und Unabhängigkeit innehaben, werden zwar auch nicht das Paradies auf Erden schaffen, aber sie und nur sie werden auch eine freie Gesellschaft errichten können, denn Knechtsseelen ordnen sich nur allzu gern einem Herrn unter, und an Mitbewohnern dieses Planeten, die sich zum Herrschen berufen fühlen, ist doch niemals Mangel. Die bekommt man in einem unbedachten Moment geradezu untergeschoben. So bedurfte es gewaltiger Anstrengungen Moses’, sein Volk aus dem Wohlfahrtsstaat Ägypten in die Freiheit zu führen, denn diese Freiheit war beschwerlich und entbehrungsreich, während in Ägypten die Fleischtöpfe des Pharao lockten. Es berührt einen daher, wenn einstmals Herrscher sich vor Jesus beugten und ihr Haus mit der Inschrift krönten: „Es ist in keinem andern Heil, ist auch kein anderer Name den Menschen gegeben, denn in dem Namen Jesu, zur Ehre Gottes des Vaters.“

Nun, heutzutage gibt es in Deutschland keine gekrönten Häupter mehr, absolutistische Monarchen schon gar nicht, denn wir sind modern, nicht rückwärtsgewandt, eben fortschrittlich, denn wir werden von Politikern regiert. Politiker, die sich an eben dieser Inschrift stoßen und die die Verkündigung der eingeschriebenen Botschaft mit allen Mitteln unterbinden wollen. Es sind Politiker, die nicht in der Lage waren, einen Beruf, der sie nähren könnte, zu erlernen, die aber das Spiel um Macht und Einfluss gekonnt beherrschen und sich darob zum Gottspieler berufen fühlen. Aus der Beherrschung der Völker speisen sie ihren Allmachtsglauben, auf Christi Botschaft meinen sie verzichten zu können, und so ist ihr Scheitern vorgezeichnet. Und das ist, zum Ende dieser Kolumne hin, auch eine frohe Botschaft, die Sie getrost verinnerlichen können.

Darüber, ob Jesus überhaupt noch zeitgemäß ist oder seine Lehre einer Überarbeitung bedarf, mehr in meiner nächsten Kolumne.


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