21. Dezember 2022 19:00

Ökologisches und ökonomisches Zusammenspiel Was ist Nachhaltigkeit?

Es geht nur mit dem Markt

von Markus Krall

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Nachhaltigkeit ist das Äquivalent unserer Tage zum Heiligen Gral. Kein Parteiprogramm kommt ohne das Modewort aus, kein Kanon von Unternehmenswerten, keine Predigt von der Kanzel, keine Zeitung, kein Magazin, keine Politikerrede und keine NGO.

Mit der regelmäßigen Verwendung des Wortes „Nachhaltigkeit“ wird Tugend signalisiert, „virtue signaling“, wie man auf Englisch so treffend begrifflich zusammenfasst. Es ist der Schlüssel für den neuen Nachlasshandel (Das Eis am Pol noch lange blinkt, wenn das Geld im Kasten klingt), das moderne Äquivalent zu 20 Ave-Maria nach der Beichte eurer Sünden.

Das Wort ist aufgeladen mit allem, was Gutmenschen für gut halten. Aber Vorsicht: Es ist usurpiert, patentiert und als Marke angemeldet. Sie dürfen es nur benutzen, wenn sie für die Klimasekte, den World Wildlife Fund, die Grün:Innen oder Greenpeace den Jubelperser geben wollen. Das meistbenutzte Wort unserer politischen Tage hat gewissermaßen Urheberschutz für die zwei Drittel der Menschen, die sich deutlich links von der Mitte verorten und deren Anliegen nicht weniger als die Rettung des Planeten darstellt.

Nachhaltig in ihrem Sinne ist alles, was die Energiewende fördert, das Bruttosozialprodukt schrumpfen lässt, das Land deindustrialisiert und den Krieg gegen Mordor, das Reich des Bösen im Osten, gewinnen hilft. Ihr Zielbild könnte man in einem Wort als Auenland zusammenfassen, gegebenenfalls ergänzt durch Windräder, Solarzellen und Lastenfahrräder, die man früher Rikschas nannte.

Die Deutschen als fahrradstrampelnde, aber unter der weisen Führung von Gandalf Habeck und Elbenkönigin Ricarda dem wahren Bösen mutig mit dem Schwert Stich entgegentretende Hobbits. Man kann es sich gut ausmalen, wenn man durchs Frankfurter Westend fährt, und möchte unwillkürlich fragen, wer in dem Schauspiel die Rolle des Gollum übernimmt. Vielleicht könnte sich ja Herr Lauterbach dafür bewerben, das spart schon mal die Kosten bei der Maske.

Um das zu verstehen, müssen wir die Gefahren verstehen, die von allem ausgehen, was in diesem Sinne nicht nachhaltig ist. Wer oder was bedroht das Auenland?

Es ist der buchstäbliche und sinnbildliche Feuerberg, die fossilen Energieträger, deren Verbrennung zur Gewinnung von Wärme, Bewegung und automatisierter Arbeit und Produktion das Megagift Kohlendioxid freisetzt, Millionen Tonnen davon. Sein Beitrag zur Zusammensetzung der Erdatmosphäre wird in ppm gemessen, in „parts per million“, also in Millionstel Anteilen. Es ist so wenig, dass man auf diesen Maßstab zurückgreifen muss und – Asche auf mein Haupt –, bevor ich damit angefangen habe, mich mit den wissenschaftlichen Grundlagen dieser Hypothese zu befassen, habe ich auch wie selbstverständlich daran geglaubt, dass die menschliche Aktivität, die es erzeugt, den Planeten messbar und deutlich erwärmt. Irgendwann kamen mir daran Zweifel, aber für den Zweck dieses Artikels müssen wir den Gelehrtenstreit zum Glück auf diesen paar Zeilen gar nicht entscheiden. Denn zu meinem und Ihrem Glück ist die Beantwortung der Frage, was wahrhaft nachhaltig ist, nicht abhängig von der Frage, ob es den „menschengemachten“ Klimawandel gibt oder nicht.

Wir unterstellen einfach an dieser Stelle, dass es konsensfähig ist, den Planeten, die Natur, die Umwelt, die Atmosphäre und die Ressourcen zu schützen und zu erhalten, weil sie gegenüber den menschlichen Systemen wie Staat, Wirtschaft und Gesellschaft ein darüberliegendes System darstellen, welches die Funktionsvoraussetzungen für die von uns betriebenen Systeme bereitstellt. Kein Planet, keine Wirtschaft. Ganz einfach.

Das heißt jedoch nicht, dass ich den Aussagen der Klimaapokalyptiker folge, die den Untergang der Welt herbeiphantasieren und dabei nur den Untergang unserer industriellen Zivilisation herbeiführen, mit dramatischen Folgen für Milliarden von Menschen.

Die Kernfrage, um die es bei dieser Ausgangslage in Wahrheit geht, ist folgende: Welche Form des Wirtschaftens schont die Ressourcen? Welche Organisation des menschlichen Zusammenlebens erfüllt also das ökonomische Prinzip am besten? Was besagt dieses Prinzip? Nachhaltig wirtschaften bedeutet dann, die Organisationsform zu wählen, die den Verbrauch von Ressourcen im Vergleich mit ihren Alternativen minimiert.

Man kann es auf zweierlei Weisen formulieren: Wie erreiche ich ein definiertes Ziel mit einem Minimum an Ressourcen? Oder wie erreiche ich eine Zielmaximierung mit definierten gegebenen Ressourcen? In beiden Fällen ist allerdings die Antwort die gleiche: Es gibt unterschiedliche Organisationssysteme, die diese Forderung umsetzen, aber nicht jedes System ist so gut wie das andere, und es gibt ein System, das alle anderen schlägt.

Klar ist auch, dass das ökonomische Prinzip auch auf das Problem der Umwelt angewendet werden muss, wenn das erklärte Ziel, nämlich die Erhaltung des Ökosystems bei gleichzeitiger Versorgung der Menschen mit Wirtschaftsgütern, optimal erreicht werden soll. Denn wie wir schon am Wort „Ressourcen“ erkennen können, geht es darum, dass ihr Verbrauch minimiert wird, um das ökonomische Prinzip in diesem Sinne zu erfüllen. Ressourcen und Umwelt sind in diesem Sinne identisch.

Wie also minimieren wir den Verbrauch von Ressourcen und erschaffen dennoch Wohlstand?

Man kann das Verhalten großer sozialer Strukturen, die dem ökonomischen Prinzip folgen, müssen mit einem riesigen Vogelschwarm vergleichen. Wer je die offenbar perfekt koordinierten Bewegungen beobachtet hat, mit denen sich ein Schwarm aus Zehn- oder sogar Hunderttausenden von Vögeln über eine topographisch unebene Landschaft wälzt, kommt nicht umhin zu fragen, wie diese Koordinationsleistung erzeugt wird. Da der Vogelschwarm ganz offensichtlich über kein zentrales Gehirn verfügt, gibt es nur eine Antwort: dezentral. Es muss die Interaktion zwischen den Vögeln sein, die nebeneinander fliegen, die in ihrer Gesamtheit das Gebilde steuert. Anders geht es nicht.

Die Alternative einer zentralen Steuerung durch einen Supercomputer biologischer Art stellt sich in diesem Fall nicht, weil wir wissen, dass er nicht vorhanden ist. Würden wir aber in einem Gedankenspiel diese Aufgabe auf ein zentrales Gehirn übertragen, könnten wir sehr schnell feststellen, dass keine Rechenleistung der Welt, vorhanden oder künftig, auch nur annähernd ausreicht, die erforderliche Koordination zu erbringen. Die Zahl der Variablen ist einfach zu hoch.

Übertragen wir diese Beobachtung auf unser ökonomisch-ökologisches Ressourcenproblem, so gilt das Gleiche: Wir müssen zwischen einer zentralen oder dezentralen Koordination, mit anderen Worten zwischen Marktwirtschaft und Planwirtschaft wählen. In der Marktwirtschaft erfolgt die Koordinationsleistung über den dezentralen Tausch zwischen Individuen. Sie sind gewissermaßen die benachbarten Vögel im Schwarm. In der Planwirtschaft gibt es einen Chef-Vogel, der jedem sagt, was er im Produktions- und Verteilungsprozess zu tun hat.

Der Wettstreit darum, welches System die Ressourcen besser schont, wurde bereits entschieden, als die planwirtschaftlich organisierte Sowjetunion den Kalten Krieg mit dem halbwegs marktwirtschaftlich organisierten Westen verlor, weil sie für die Erzeugung von geringerem Wohlstand ein Vielfaches der natürlichen Ressourcen verbrauchte und das System daher an seiner Ineffizienz scheiterte.

Dafür gab es einen entscheidenden Grund: Die Planwirtschaft verfügt nicht über wesentliche und unverzichtbare Informationen, die es ihr ermöglichen würde, die Ressourcen in der gleichen Weise an den Ort zu bringen, wo sie optimal eingesetzt werden können. Konkret verfügt sie über keine relative Knappheitsinformation jeder Ressource, jedes Produkts, jedes Könnens und jeder Technologie, die aber hierfür unverzichtbar ist.

Deshalb war der kommunistische Ostblock umwelttechnisch gesehen ein einziges Desaster und das bei gleichzeitig viel schlechterem Lebensstandard. Diese Menge relativer Knappheitsinformationen kann nur dezentral durch eine Interaktion zwischen Individuen ermittelt werden, die man freien Tausch nennt. Man tauscht in einer arbeitsteiligen Wirtschaft aber nicht Güter gegen Güter, also nicht zum Beispiel Pfeilspitzen gegen Hühner, sondern Güter gegen Geld, sodass die relative Knappheit ihren Ausdruck in dem Gleichgewichtspreis findet, der als Ergebnis von Angebot und Nachfrage zustande kommt.

Der Preis sagt jedem Teilnehmer am Wirtschaftsgeschehen, ob es sich lohnt, die Sache zu produzieren oder es nicht zu tun. So steuert er eben alle produktiven Ressourcen in die richtige Verwendung. Greifen wir in dieses filigrane System ein, wenn auch mit vermeintlichen guten Absichten, so zerstören wir die Signalfunktion der Preise als Indikatoren der Knappheit. In dem wilden Fluss von Milliarden und Abermilliarden von Verflechtungen des großen Vogelschwarms Menschheit führt das zu unvorhersehbaren Schubstangeneffekten, zum Schmetterlingseffekt, dessen finale Wirkung unmöglich vorausberechnet oder auch nur geahnt werden kann.

Was wir aber wissen, ist, dass diese Informationszerstörung immer zu Effizienzverlusten durch Fehlallokation führt. Der Ressourcenverbrauch wird in jedem Fall höher sein als ohne den Eingriff.

Die Advokaten des marktfremden staatlichen Eingriffs in die Signalfunktion der Preise argumentieren häufig mit „externen Effekten“, also Verzerrungen, die darauf beruhen, dass öffentliche und freie Güter keinen Preis haben. Das gelte im Falle des Klimaproblems insbesondere für die Atmosphäre, und daher sei die Marktlogik hier fehl am Platze, es bedürfe einer zentralen Einsicht in das Problem und dann auch einer zentralen Steuerung zu seiner Lösung.

An diesem Argument ist so ziemlich alles falsch.

Das fängt bei der Frage an, ob eine Klimapolitik, wie die Deutschen sie aktuell machen, überhaupt eine messbare Wirkung auf das wahrgenommene Problem hat. Das ist angesichts des kleinen Anteils des Menschen an der Erzeugung von CO2 und dem noch kleineren Anteil Deutschlands daran sowieso mitnichten der Fall.

Es ist aber auch in seiner Abfolge kein logisch schlüssiges Argument. Das sehen wir am Beispiel der Elektromobilität in besonders klarer Weise: Durch Subventionen der E-Autos und gleichzeitige Bestrafung der klassischen Verbrennungsmotoren durch Steuern, Einschränkungen und Verbote wird mit aller Gewalt versucht, den Anteil der E-Autos zu steigern. Dummerweise kann man gerade im Winter 2022 feststellen, dass E-Autos beim aktuellen Mix der Stromerzeugung doppelt so viel CO2 erzeugen wie Dieselfahrzeuge, von den anderen Umweltproblemen, die bei der Batterieproduktion und insbesondere dem Abbau der dafür benötigten Mineralien auftreten, ganz zu schweigen. Aber wollen wir nicht kleinlich sein, die negative CO2-Bilanz alleine sollte eigentlich ausreichen, diejenigen zu ernüchtern, die mit Inbrunst und Überzeugung von der Klimakatastrophe daherreden, als stünde das Mad-Max-Szenario „Jenseits der Donnerkuppel“ vor der Türe.

Dennoch wird mit aller Kraft daran festgehalten. Warum? Weil es nicht um das Klima geht, sondern um Subventionsabgreifen im großen Stil. Mächtige industrielle Interessen haben sich gebildet, die enorme Summen in Produktionsanlagen investiert haben, die angeblich „klimafreundlich“ sind. Die sind zwar von Anfang an unwirtschaftlich, ineffizient und schädlich für Wirtschaft und Umwelt, aber darauf kommt es nicht an. Es kommt einzig darauf an, wer die tiefsten Taschen für Lobbyismus und Propaganda hat.

Eine rein marktwirtschaftliche Ordnung mit einem schlanken Staat gibt solcher Art Korruption keine Luft zum Atmen. In ihr hat die Politik gar nicht die Mittel, die Ressourcenallokation so drastisch durch Subventionen, Verbote und Gebote zu verzerren. In einer sich immer mehr an die Staatsplanwirtschaft annähernden Welt ist das anders. Nur wo der Staat dick und fett ist, gibt es auch Korruption, insbesondere Lobbykorruption.

Klaus Kinski brachte das mal auf den Punkt, als er sagte: „Wenn wir die Regierung durch die Mafia ersetzen, haben wir halb so viel Korruption und doppelt so viel Spaß!“

Den Satz unterschreibe ich sofort.

Das Ergebnis ist, dass immer mehr Unternehmen die resultierenden falschen Preissignale für bare Münze nehmen und in Produktionskapazitäten investieren, für die in Wahrheit gar keine Nachfrage da ist. Fällt die Subvention weg oder wird sie durch eine wirtschaftliche Krise nicht mehr finanzierbar, so kommt es zur Stunde der Wahrheit. Das Unternehmen geht bankrott, denn es hat nicht im ökonomischen Sinne nachhaltig gewirtschaftet.

Deshalb ist die aggressiv vorgetragene Forderung der linksgrünen Politik, dass man den Sozialismus einführen müsse, wenn man das Klima retten wolle, schlicht sachlich falsch. Die aggressivsten Wortführer dieser Bewegung, Leute wie Luisa Neubauer, Mitglied der Milliardärs-Familie Reemtsma, versteigen sich sogar zu der Forderung, die Demokratie abzuschaffen, damit die weise Führung unseres neuen obersten Klimasowjets mit starker Hand das Klima in stalinistischer Großprojektmanier retten kann.

Das scheint in diesem Fall eine nachhaltige Familienkrankheit zu sein. Die Grundlagen ihres Vermögens wurden wohl im Dritten Reich gelegt, wo ein Vorfahr eine sehr große uniformierte Nummer war. Nach dem Krieg kam dann Reichtum durch Zigaretten („Peter Stuyvesant, der Duft der großen weiten Welt“), einem Produkt ohne irgendwelche negativen externen Effekte auf Umwelt oder Menschen, und jetzt wäre es interessant herauszufinden, wo das Family-Office dieser philanthropischen Familie seine Mittel investiert hat und welche Interessenkonflikte daraus für die Klimaprophetin resultieren. Ich frage für einen Freund.

Die so gelebte Lobbywirtschaft mag für interessengeleitete Investoren nachhaltig profitabel sein, solange es ihnen gelingt, die öffentlichen Kassen im Subventionswettlauf durch Propaganda anzuzapfen – für die Volkswirtschaft, die Bürger und die Umwelt ist es das aber nicht.

Nachhaltigkeit im ökologischen Sinne und Nachhaltigkeit im ökonomischen Sinne sind daher in Wahrheit das Gleiche. Nachhaltigen Schutz der Umwelt bekommen wir nur mit dem Markt, nicht gegen ihn, nur ohne Subventionen, nicht mit ihnen, nur mit der Freiheit, nicht ohne sie.


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