Menschenwürde: Der Heuchler und die Giganten
Marco Buschmann und das WM-Finale – die zwei Gesichter des Menschen
von Oliver Gorus
von Oliver Gorus drucken
Letztes Wochenende zeigte sich mir der Mensch anhand von zwei treffenden Beispielen in seiner höchsten Würde und in seiner unwürdigsten Verfassung.
Würdevoll war das Spiel zwischen Frankreich und Argentinien am Sonntag. Ja, es war ohne Zweifel das beste WM-Finale aller Zeiten … was das mit Würde zu tun hat?
Alle für Messi!
Für mich zeigt sich die Würde des Menschen nicht in seiner bloßen Existenz, in der sie zwar schlummert, aber nicht von alleine schon wirkt, sondern nur dadurch, dass er Werte schafft, sein Bestes gibt und in der Sache, der er sich widmet, möglichst gute Ergebnisse erzielt.
Beide Mannschaften haben am Sonntag in allen Aspekten des Spiels auf einem Niveau gespielt, das ich insgesamt so noch nie zuvor gesehen habe. Es war zum Zungeschnalzen. Eine Sternstunde. Und ich bin durchaus ein Fußball-Insider, habe selbst als junger Kerl auf Leistungssportniveau gespielt und kenne das Spiel sozusagen von innen.
Was bei diesem Endspiel an Qualität produziert wurde, vor allem vom überragenden argentinischen Mittelfeld, vor allem in der Defensive, das hat mir zeitweise den Atem geraubt. Das war Kunst. Dazu kam ein wirklich hervorragender Schiedsrichter (was wichtig ist, denn diese Zunft hat die Macht, Spiele zu zerstören), großartige taktische Leistungen beider Trainerteams, harte, aber faire Zweikämpfe, hohe Geschwindigkeit, brillante Spielzüge, wunderschöne Tore, Dramatik, Akrobatik, Technik, Athletik. Und Messi.
Menschen, die alles, was sie an Können und Willen besitzen, für eine übergeordnete Mission einsetzen und sich voll auf die Sache konzentrieren – in diesem Fall mehr Tore als der Gegner zu schießen – und dem alles andere unterordnen, können Schönheit und Freude in die Welt bringen. Dieselbe kompromisslose Hingabe für eine Sache findet sich in der Kunst, in der Wirtschaft, in der Wissenschaft. Menschen, die höchstes Niveau anstreben, ihren Gegenstand in aller Tiefe durchdringen und bestmögliche Ergebnisse erzielen, bringen dadurch nicht nur sich, sondern alle Menschen voran. Das verstehe ich unter Würde. Sie entsteht aus dem Fokus auf das Ziel, auf das Ergebnis, auf den Erfolg, auf den zu schaffenden Wert, der über seinen Schöpfer hinausweist.
Ein Heuchler
Demgegenüber tun sich die Abgründe der Menschheit auf, die sich nicht auf ihren Gegenstand, sondern alleine auf sich selbst fokussieren. Beispielhaft dafür steht für mich die unwürdige Wahrheitsverdreherei der Politiker, die opportunistische Tugendsignalisierung, die fiese Manipulation des „Menschenmaterials“ zum persönlichen Machterhalt. Zum Fremdschämen!
Ich will dafür nicht noch einmal die eklige One-Love-Binden-Show von Faeser herauskramen. Ein aktuelles Beispiel dafür lieferte nämlich am Wochenende auch Buschmann, der Justizminister, der es mit der Wahrheit nicht so genau nimmt, sondern sie offensichtlich gerne so verdreht, dass es zwar wehtut, aber seinen persönlichen Interessen dient – wie schamlose, narzisstische Politiker das eben tun.
Was war passiert? Mehrere US-amerikanische Journalisten hatten auf eine Website verlinkt, die die Echtzeit-Position von Elon Musk in seinem Privatjet anzeigte. Dieses sogenannte Doxxing stellt eine reale Gefahr für den Milliardär und seine Familie dar, denn es sind sozusagen potenzielle Mordanschlags-Koordinaten, die da verbreitet wurden.
Auch in Deutschland ist so etwas strafbar, der Paragraph 126a des Strafgesetzbuches nennt das „Gefährdendes Verbreiten personenbezogener Daten“ und bestimmt, dass derjenige, der öffentlich oder durch Verbreiten eines Inhalts personenbezogene Daten einer anderen Person in einer Art und Weise verbreitet, die geeignet und nach den Umständen bestimmt ist, diese Person oder eine ihr nahestehende Person der Gefahr eines gegen sie gerichteten Verbrechens auszusetzen, mit einer Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit einer Geldstrafe bestraft wird.
Das im Eigentum von Elon Musk befindliche Twitter reagierte auf die gezielte Aggression der doxxenden Journalisten mit deren temporären Sperrung für sieben Tage. Kurz darauf befragte Musk die Twitter-Gemeinde, ob er die Sperre der Journalisten vorzeitig aufheben solle.
Noch während die Umfrage lief, postete Buschmann über Musk mit Bezug zur Sperrung der Journalisten: „Viel über #FreeSpeech reden, sie aber sofort beenden, wenn man selbst kritisiert wird: Das ist ein seltsames Verständnis von #Meinungsfreiheit.“
Dabei tat er so, als seien die Journalisten wegen Kritik an Musk gesperrt worden, obwohl er wusste, was sie getan hatten.
Als Nächstes gab Musk das Ergebnis der Umfrage bekannt, bei der die Mehrheit für die Begnadigung gestimmt hatte: „Das Volk hat gesprochen. Die Sperrung der Accounts, die meinen Aufenthaltsort gedoxxt hatten, wird umgehend aufgehoben.“
Darauf postete Buschmann: „Es gehört mehr Größe dazu, eigene Fehler zu korrigieren, als immer alles richtig zu machen. Daher: Respekt dafür, dass @elonmusk die gesperrten Journalistenkanäle wieder frei gibt. Nicht gefällt mir, dass darüber abgestimmt wurde. Denn Meinungsfreiheit ist Minderheitenschutz.“
Dabei tat er so, als habe Musk einen eigenen Fehler zugegeben. Auch das war eine Verdrehung der Wahrheit. Und dabei stellte er sich noch oberlehrerhaft und überheblich über Musk und sprach ihm gönnerhaft von oben herunter seinen Respekt dafür aus. Wie abgehoben von der Wirklichkeit und von seiner eigenen mediokren Bedeutung kann man sein?
Riesen und Zwerge
Dieser Politiker fokussiert sich nicht auf seinen Gegenstand, es geht ihm nicht um die Sache, er versucht nicht, sein Bestes zu geben, er ordnet sich als Jurist und Justizminister nicht der Wahrheit unter, und er versucht nicht, gerecht zu sein und anderen Menschen gerecht zu werden. Sondern er manipuliert, schraubt an den Tatsachen herum, verkauft das Volk für dumm, stellt sich über Menschen, die wesentlich mehr geleistet haben als er, versucht aus den Leistungen anderer Kapital für sich und den Erhalt seines Pöstchens zu schlagen.
Wenn sich Menschen derart mies, scheinheilig und egozentrisch verhalten, dann ist das eben unwürdig. Er handelt nicht entsprechend der Würde seines Amtes, und er spricht in seiner Kleingeistigkeit auch noch anderen Menschen die Würde ab. Hier zum Beispiel missachtet er die Großzügigkeit eines Menschen gegenüber denen, die ihn in Gefahr gebracht haben.
Buschmann benützt hier Musk als Mittel zum eigenen Zweck. Genau das ist aber der Kern der Würdelosigkeit. Denn Menschen sind laut Immanuel Kant keine Sachen, sondern Personen, „weil ihre Natur sie schon als Zwecke an sich selbst, das heißt als etwas, das nicht bloß als Mittel gebraucht werden darf, auszeichnet“.
Der Mensch kann Größe und Zwergenhaftigkeit, er kann beides. Die Größe mancher Weltklassesportler, mancher Schriftsteller der Weltliteratur, mancher Philosophen, mancher Physiker und mancher Widerständler in der Geschichte löst in mir Verehrung aus.
Bei Politikern entdecke ich Größe so gut wie nie, die Zwergenhaftigkeit dafür täglich und überall. Inzwischen habe ich ein handfestes Ressentiment gegen Politiker entwickelt. Es hat seinen Grund in ihrer grenzenlosen Überheblichkeit und meiner Ohnmacht, mich gegen ihre feindseligen Übergriffe zu wehren.
Hätte ich die Macht dazu, dann genügte mir Verachtung. Wären sie nicht arrogant, dann genügte mir Feindschaft.
Kommentare
Die Kommentarfunktion (lesen und schreiben) steht exklusiv nur registrierten Benutzern zur Verfügung.
Wenn Sie bereits ein Benutzerkonto haben, melden Sie sich bitte an. Wenn Sie noch kein Benutzerkonto haben, können Sie sich mit dem Registrierungsformular ein kostenloses Konto erstellen.