21. Februar 2023 13:00

Die Wette gilt Europäische Union oder Verbrennungsmotor?

Wer bleibt als Erster liegen?

von Christian Paulwitz

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Letzte Woche hat das sogenannte Parlament der Europäischen Union das Ziel des neuen 12-Jahresplans für die europäische Automobilindustrie verkündet: ab 2035 dürfen demnach keine Pkw und Kleintransporter (!) mehr mit Verbrennungsmotor zugelassen werden. Heute möchte ich die Konsequenzen derartiger Entscheidungen beleuchten – auch die persönlichen Konsequenzen. Denn nicht jeder hält es für selbstverständlich, dass staatliche und überstaatliche Entscheidungen weise und alternativlos sind, und dass angesichts des Zeithorizonts die unfehlbare Fähigkeit staatlicher Organisationskraft alles zum Guten wenden wird. Vielmehr denkt man bei der staatlichen Planung der Automobilproduktion unweigerlich an die suboptimale Erfolgsgeschichte des Trabanten, auf den man zehn oder gar fünfzehn Jahre warten musste, bis man ein Exemplar käuflich erwerben durfte. Schon das kommunistische Vorbild der EU dachte sich: Jedes Jahr, in dem ein potenzieller Kraftfahrer noch kein Fahrzeug zur Verfügung hat, kann er auch keinen klimaschädlichen Treibstoff verbrauchen. So clever und seiner Zeit voraus war der Staat damals schon!

Der gutmütige Autofahrer mag sich denken: stellen wir uns also auf Elektromobilität ein. Ich persönlich bin übrigens schon aus beruflicher Leidenschaft dieser gegenüber durchaus aufgeschlossen. Die Technik ist beeindruckend – für den Inverter eines 80-kW-Antriebs nimmt man mittlerweile das Volumen eines Schuhkartons ins Auge. Auch die Motoren sind klein, und vor allem: Das volle Drehmoment bereits bei niedrigen Drehzahlen. Beschleunigen am Berg, auch mit maßvoller Motorisierung – das macht richtig Spaß. Und genau das wäre eigentlich die richtige Motivation, um an die Sache ranzugehen. Der elektrische Antrieb hat definitiv seinen Markt. Ein Fahrzeug, das Spaß macht, für den, der es sich ohne Subvention als Zweitauto leisten kann, auch zum Pendeln über kurze Distanzen. Klar, warum nicht?

Die technologische Entwicklung geht immer noch rasant, die Hardware für die Fortbewegung kann komplett neu gedacht werden, und im Kapitalismus würde die Elektromobilität wohl weiter reifen und von einem Luxusgut für wenige nach und nach zu einem Alltagsgut als Option für alle werden, Aufgeschlossenheit über die Findung von Lösungen zur effizienten Reichweitenerweiterung vorausgesetzt, die ja nicht ausschließlich batterietechnologisch sein müssen. Der Plan lässt es aber nicht zu, den Markt seinen Takt finden zu lassen. Der Plan will eine Technologie verbieten, unabhängig vom Kraftstoff, und geht damit weit über das vorgebliche Ziel einer CO2-Reduktion hinaus. Auch die politisch Gutmütigen können erkennen: Das ist nicht das Ziel. Der Plan will ab einem Zeitpunkt verbieten, und das bedeutet eben Verbot einer Mobilitätsform und nicht, dass eine andere an ihre Stelle tritt. Wird das Verbot durchgezogen, werden dann viele kein Auto mehr haben, die sonst eins genutzt hätten – was im Sinne der Verbotsherrschaft ist. Viele mittelständische Geschäftsmodelle sind dann halt nicht möglich, wenn das adäquate Mobilitätsmittel nicht zur Verfügung stehen darf. Was bereits zugelassen wurde, wird dann wertvoll, lange gepflegt – solange das nicht auch verboten wird – und zum Luxusgut für wenige, was früher Alltagsgut für alle war. In den Straßenbildern von Kuba gibt es immer noch Autos aus den 40er und 50er Jahren des letzten Jahrhunderts.

Bei aller Sympathie für die moderne Leistungselektronik ist die persönliche Kaufentscheidung für ein bestimmtes Auto eine komplexe Angelegenheit unterschiedlicher Präferenzen. Für mich persönlich war die Investition in ein Neufahrzeug angesichts des hohen Wertverlusts gerade am Anfang nie besonders attraktiv. Ich habe mir immer Gebrauchtfahrzeuge angeschafft – und bin damit buchstäblich gut gefahren. Aber das ist eine Sache individueller Präferenzen, bei denen für mich im Vordergrund stand, kostengünstig ein zuverlässiges Fortbewegungsmittel zu haben. Zum Verbrenner gibt es da bisher keine Alternative, und je mehr Elektronik im Fahrzeug steckt, desto größer wird das Ausfallrisiko, ganz unabhängig von den heute gegebenen, unbehaglichen Überwachungsoptionen. Dagegen hat die Mechanik einen hohen Zuverlässigkeitsstand erreicht – zumindest bis vor der Zerstörung der Lieferketten unter dem Covid-Regime. Seitdem hört man von Qualitätsproblemen auch im Bereich der Ersatzteile. Freilich muss man bei der Präferenz für möglichst zuverlässige Gebrauchtwagen an anderer Stelle Abstriche machen – Farbe, Markenidentifikation, bestimmte Ausstattungsmerkmale, allzu enge Vorstellungen des modernsten Fahrkomforts und so weiter, das betrachte ich für mich persönlich eher als zweitrangig – aber das kann man individuell mit gutem Grund auch ganz anders sehen. Das Schöne am Markt ist, dass die unterschiedlichen Präferenzen unterschiedlich bedient werden können und sich nicht alle auf ein begrenztes Angebot stürzen müssen, weil es keine Alternative gibt. So man den Markt lässt.

Die Europäische Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken hält das Wirken des Marktes dagegen für konterrevolutionäres Teufelszeug, das zum Wohle der besseren Zukunft bekämpft werden muss. Bedauerlicherweise kommt es bei der Umsetzung des sozialistischen Plans unweigerlich zu wiederholten, harten Konfrontationen mit der Realität. Die Verbote, die die Bändigung des Marktes gegen die Befriedigung persönlicher Präferenzen begleiten, führen zu einem umfangreichen Kapital- und damit Wohlstandsverlust. Investitionen, die noch auf Grundlage eines freieren Marktes getätigt worden sind, verlieren mit der Verbotsankündigung an Wert. Das laufende Geschäft mit eingeführter Technologie wird sich zunehmend auf die noch stabilen Märkte verlagern, ebenso wie die Produktion. Der Ausbau neuer Technologie wird durch die Verunsicherung der Märkte nicht beschleunigt.

Rückschläge durch die Enttäuschung von Käufern, die aufgrund des politischen Drucks mit falscher Erwartungshaltung auf die neue Technologie zugehen, sind unvermeidbar. Gleichzeitig warten viele erst einmal ab, ob „die“ tatsächlich so bekloppt sind, ihre Ankündigung durchzusetzen, oder in welchem Zeitrahmen sie es dann tatsächlich wagen. Entgegen den allgemein verkündeten Behauptungen zu angeblich Planungssicherheit gebenden politischen Zwangsentscheidungen sind politische Märkte stets von der größten Unsicherheit geprägt. Als Gebrauchtwagenfahrer erwarte ich entsprechend anhaltende Knappheit auf dem Gebrauchtwagenmarkt und damit steigende Preise. Wer weiß, vielleicht führt das so weit, dass ein Neuwagen (natürlich ein Verbrenner) beim nächsten Mal in der Kostenrechnung die sinnvollere Variante ist, wenn auch zu einem insgesamt höheren Kostenniveau.

In der Unsicherheit politischer Märkte gibt es eigentlich nur eine vernünftige Linie: Ruhe bewahren und abwarten; die Entscheidungen dann treffen, wenn es Zeit ist, und dabei eine vernünftige, apolitische Kosten-Nutzen-Abwägung treffen auf Basis der Informationen, die tatsächlich gesichert sind, und darüber hinaus auf Basis von Risikoabwägungen; dabei sind kurzfristig sich rechnende Chancen vorzuziehen und Risiken aus Bedingungen längerfristig stabiler Umstände zu meiden. Die Entscheidung der europäischen Volkskammer bedeutet erst einmal nur, dass wir heute glauben sollen, dass ab 2030 keine Pkw mit Verbrennungsmotoren auf dem Gebiet der EU auf die Straße kommen – mehr noch nicht. Wenn wir alle dran glauben und uns darauf frühzeitig einstellen, könnte es sich sogar erfüllen. Allerdings fällt es mir trotz meiner lebhaften Fantasie ziemlich schwer, mir vorzustellen, dass in zwölf Jahren das korrupte Mafia-Konstrukt „Europäische Union“ noch existiert. Manchmal fallen solche Gebilde ziemlich schnell zusammen, wenn die Leute zu lange darauf warten müssen, sich ein Auto kaufen zu dürfen, zumal wenn sie in der Vergangenheit anderes gewöhnt waren.

Mein politisch aktives Umfeld ist da jedoch nicht so entspannt. Mit Recht wird angemerkt, dass die politischen Signale heute Entscheidungen gegen Investitionen und für Kapitalabzug bedeuten, die auch mit dem Ende der EU nicht rückgängig zu machen sind. Das stimmt – wie auch auf praktisch allen anderen Politikfeldern. Politische Oppositionsarbeit wird dies jedoch nicht verhindern – will sie eine positive Rolle spielen, kann sie nur dokumentieren, und das ist nicht wenig. Es gibt da so manchen, vor dessen Arbeit ich großen Respekt habe. Aber in Richtung Freiheit wird es erst wieder gehen, wenn der Vertrauensverlust in die Politik umfassend ist. Man kann diese Schwelle nicht (mehr) überspringen oder umgehen.

In der Zwischenzeit lohnt es sich zu beobachten, wie die Politik mit anderen politischen Weichenstellungen umgeht, wie zum Beispiel in Deutschland dem Ausstieg aus der Kernenergie. Der bereits als endgültig terminierte Ausstieg wurde erst einmal auf April verschoben, aufgrund von Zwängen, die die Realität gesetzt hat. Sollte der Termin noch einmal verschoben werden, können Sie daraus schließen, dass politische Fristensetzungen nicht so ernst zu nehmen sind, wenn der Realitätsdruck entgegensteht, – wie auch beim Ausstieg aus der Verbrennertechnologie. Sollte das Ende der Kernkraft in Deutschland hart durchgezogen werden, werden Sie anschließend beobachten können, wie auch die Politik mit dem resultierenden Realitätsdruck Schwierigkeiten bekommt. In beiden Fällen werden Sie mit Ihren Beobachtungen nicht alleinstehen, mit Auswirkung auf die weitere Umsetzung politischer Pläne.

Für mich steht die Realität des Verbrennungsmotors als allgegenwärtiges, produktives Werkzeug und eine der ausgereiftesten Spitzentechnologien, die die Menschheit hervorgebracht hat, gegen das junge, von Beginn an ständig gegen die Realität kämpfende unproduktive, korrupte und kriminelle Konstrukt der Europäischen Union. Wenn ich mich festlegen soll, von welchem Modell ich erwarte, als Erstes vor dem anderen auf der Strecke liegenzubleiben, zögere ich keine Sekunde.


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