22. Februar 2023 13:00

Meinungsmanipulation Seymour Hersh und die übliche bauernschlaue Impertinenz ganz ausgezeichneter Fahrer

Narrativkontrollmethoden reloaded

von Axel B.C. Krauss

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Die Überschrift deutet es schon an: Es geht mir hier nicht um den Inhalt der „Hersh-Leaks“ zu Nord Stream. Das lasse ich in diesem Beitrag außen vor.

Stattdessen werde ich noch einmal einige der bauernschlausten Methoden auseinandernehmen, mit denen man Leser für dumm zu verkaufen versucht und die offenbar nicht tot zu kriegen sind.

Man kann niemandem erklären, was die „Medienmatrix“ ist. Man muss ihre Schlagzeilen selber gelesen und ihre Aktionärslisten genauer durchleuchtet haben. Erst dann versteht man, wie Narrativkontrolle funktionieren. Dazu werde ich am Ende dieses Beitrags ein äußerst eindrückliches Beispiel geben. Doch zunächst gehe ich auf eine der beliebtesten Kontrollmethoden ein und darauf, was das mit Rilkes „Panther“ zu tun hat.

Der von der hiesigen Presse stets als „Experte“ für „Sicherheits“-Fragen zitierte Wolfgang Ischinger sagte in einem Interview mit der „Welt“ zum Habermas-Essay über den Krieg in der Ukraine: „Ich kann diesem Beitrag nichts entnehmen, was ich nicht schon ungefähr 35-mal von anderen gehört habe.“

Das macht überhaupt nichts. Denn ich habe von Ischinger auch noch nie etwas gehört oder gelesen, was ich nicht schon vorher gefühlt hunderttausendmal in den Strategiepapieren oder auf den Websites von Denkfabriken gelesen hätte wie zum Beispiel der „Trilateralen Kommission“ (deren Mitglied Ischinger ist), der „Atlantikbrücke“ (deren Mitglied Ischinger ist), des „European Council on Foreign Relations“ (dessen Mitglied Ischinger ist) oder der „American Academy in Berlin“ (deren Mitglied Ischinger ist).

Ich bewundere seinen Mut. Es gehört eine Extraportion Chuzpe dazu, anderen Leuten einen Mangel an eigenständigen, originellen oder innovativen Gedanken vorzuwerfen, während man selber alles sagt, was die Nato-Führungsebene hören will, wenn sie einem auf den Bauch drückt – und seine Zuhörer oder Leser dann auch noch für zu antriebsschwach hält, mithilfe einer gerade mal fünfminütigen Recherche den Grund für dieses merkwürdig teddybärenartige Verhalten ausfindig zu machen. Wie heißt es doch so schön? „Bei manchen ist es schon eine Frechheit, wenn sie ‚Ich‘ sagen.“

Ich weiß gar nicht mehr genau, wie lange ich schon für ef schreibe. Pi mal Daumen würde ich sagen, nunmehr fast zehn Jahre? Und in dieser Zeit habe ich in zahllosen Beiträgen erläutert, wie Narrativkontrolle funktioniert. Und da kommt Rilkes „Panther“ ins Spiel. Denn es handelt sich bei eben erwähntem Beispiel, um es so einfach wie möglich zu erklären, um den geschmeidig gatekeependen Gang publizistischer Schritte, der sich im allerkleinsten gegenseitigen Zitierkreise dreht, in dessen Mitte ein machtelitärer Narrativkontrollwille steht.

Doch nun zu Hersh: Was man ihm angedeihen ließ, würde man im Amerikanischen als „adding injury to insult“ bezeichnen: Wie fügt man einer Beleidigung eine Verletzung hinzu? Zunächst zur Beleidigung: Einer der Hauptvorwürfe seitens amerikanischer und auch einiger deutscher Mainstream-Mülltüten lautete, Hersh habe den Artikel ja „nur“ auf seinem Blog veröffentlicht und nicht in einer der „großen“ oder „führenden“ Publikationen.

Bei diesen beiden Scheinargumenten handelt es sich um die zwei Hauptstützpfeiler der Kontrolle der „öffentlichen Meinung“ im Massenzeitalter, genauer: um zwei völlig falsche Suggestionen. Sie lauten:

Erstens: Es bestünde eine zwangsläufige Korrelation zwischen dem Wert beziehungsweise der Qualität von Informationen und der Zahl ihrer „Konsumenten“, was natürlich völliger Quatsch ist und

Zweitens: Nur wer in einem der „großen“ oder „führenden“, sprich: kontrollierten Medienkanäle veröffentlicht, ist legitim und glaubwürdig.

Was das Pseudo-Argument betrifft, allein die Zahl der Leser oder „Follower“ sei ein Kriterium für die Qualität von Informationen („Wer ist der größere Tor? Der Tor oder der, der ihm folgt?“ – Obi Wan Kenobi) und um es zurückhaltend auszudrücken: Um Scheiße kreisen auch viele Fliegen. Das macht sie aber noch nicht zu einer Delikatesse, deshalb ist sie noch kein Beluga.

Ergo? Ergo: Das „Massenargument“ ist haltlos. Es besitzt keine Aussagekraft, keine Substanz. Es ist eine hohle Floskel. Mag sein, dass manche US-amerikanischen oder deutschen Quatschblättchen mehr Leser erreichen als „irgendein Blog“: irrelevant. Entscheidend ist ausschließlich die Qualität, die Substanz der präsentierten Informationen – und sonst gar nichts.

Im Idealfall geht beides Hand in Hand: Qualität und „Massenerfolg“. Die Welt ist aber kein Idealfall.

Ist es überhaupt möglich, dass ein Nur-Blog bessere, wertvollere, nützlichere, richtigere Informationen liefert als eine ganz doll viel bekannte Zeitung? Selbstverständlich. Der Beweis? Die Existenz von Websites, die in den letzten drei Jahren der Rezessionsverschleierungs- und Weltneuordnungs-Pandemie hundertmal bessere Arbeit geleistet und gründlichere Tiefenrecherchen über die Hintergründe geliefert haben als die ganz doll großen „Meinungsführer“.

Folgende Fragen sollten zur Fake News der vermeintlichen Überlegenheit der größeren „Followerschaft“ gestellt werden:

Wie setzt sich die Leser-/Zuschauerschaft des jeweiligen Presseorgans zusammen? Kann ich wirklich davon ausgehen, dass sämtliche ihrer Konsumenten die nötigen Kenntnisse besitzen – den nötigen Bildungshintergrund –, um die Informationen (oder Desinformationen), die ihnen von der betreffenden „großen führenden“ Zeitung oder dem „Sender mit Millionenpublikum“ vorgesetzt werden, überhaupt richtig einordnen zu können?

Gibt es darüber hinaus womöglich Unterschiede im Zielpublikum verschiedener Publikationen? Konkretes Beispiel: Leserschaft A „folgt“ einer Zeitung mit ganz doll hoher Auflage, die ihr stets einredet, sie würde alle vier Jahre „demokratisch wählen“ gehen. Leserschaft A glaubt daran, mit anderen Worten: Sie steckt leider immer noch in der analen Phase des Bildungsbürgertums fest.

Leserschaft B hingegen bezieht ihre Informationen aus einem Nur-Blog, der echte, gute, wertvolle journalistische Arbeit leistet: Dort klärt man Leser über die Tatsache auf, dass es keine Rolle spielt, wen man „wählt“, da die Führungsebenen der Parteien mit „Stallpferdchen“ besetzt sind, mit politisch gestriegelten und behuften Agenda-Followern, die a) gerade durch die permanenten Verweise auf „unsere Demokratie“ die Illusion der „demokratischen Teilhabe“ aufrechterhalten sollen (eine Lüge muss nur oft genug wiederholt werden, dann wird sie geglaubt) und b) ungeachtet ihres Mundgefurzes in Nothing-but-Talk-Shows oder ihres – ganz wichtig! – „vielbeachteten“ (bitte endlos wiederholen, um Relevanz und Wichtigkeit anzukünsteln) Gastgeschmiers in den Schäferblättchen zum Gassiführen der „öffentlichen“ (gleich veröffentlichten) Meinung „merkwürdigerweise“ über alle Partei-„Grenzen“ hinweg eigentlich dieselbe Politik betreiben, wenn es zum Beispiel um die Rettung des Erdklimas geht.

Kein Wunder also, dass Leserschaft A zur „normalen“ Bevölkerung gehört und sich den Hinterkopf blutig kratzt: Wie kann es denn sein, dass ich immer wieder demokratisch wähle, sich aber an wesentlichen Punkten bestimmter politischer Vorhaben trotzdem nichts ändert? Aber das sind doch ganz verschiedene Menschen aus ganz verschiedenen Parteien? Wir leben doch in einem freien Land mit einer freien Presse und politischem Pluralismus? Wer hat von meinem Tellerchen gegessen?

Leserschaft B hingegen, also diejenige des Nur-Blogs, weiß, worauf sie achten muss, führt ein paar ganz einfache Recherchen durch und lächelt dann verständnisvoll: Ah, jetzt ja, Parteiführer A kommt von der Trilateralen Kommission, Parteiführer B von BlackRock, Parteiführer C ging über sieben Atlantikbrücken, und Parteiführer D wurde vom CFR gebrieft. Ergo? Ergo: Die sind ganz ausgezeichnete Fahrer, ganz ausgezeichnete Fahrer sind die.

So viel zur injury, nun adde ich den insult: Natürlich weiß man bei den „großen“ Feigenblättchen sehr genau, dass ein Hersh (ungeachtet der Richtigkeit seiner Behauptungen im Einzelnen) schon wegen seiner Widerworte gegen die offizielle Nato-Linie nie ein Forum für seine Nur-Blog-Thesen geboten bekäme. Man fügt der Beleidigung also noch die Verletzung hinzu: Erst schließen wir dich aus unserer Krabbelgruppe aus, dann verhöhnen wir dich, indem wir suggerieren, aufgrund dieser (unsererseits verhängten) Nichtmitgliedschaft könntest du eigentlich nur falschliegen. Das ist nun mal die Bauernschläue ganz ausgezeichneter Fahrer.

Merke: Es gibt dumme und etwas klügere Zensur. Die dumme Zensur zeigt sich offen, zum Beispiel in dummen Diktaturen. Das ist deshalb doof, weil man dann ja ein offen und klar erkennbares Feindbild abgibt. Menschen in einer dummen Diktatur mit dummer Zensur wissen: Ja, ich lebe in einer Diktatur. Hier herrscht Totalitarismus. Ich muss aufpassen, was ich sage oder schreibe. Diese klare Erkennbarkeit, diese klar konturierten totalitären Strukturen ermöglichen natürlich die Entwicklung von Abwehr- und Widerstandsstrategien seitens der Bevölkerung. Das ist aus herrschaftsmethodischem Blickwinkel ungeschickt.

Die im „freien“ Westen heuer übliche Zensur geht klüger vor: Sie muss keine Bücher mehr verbrennen – es genügt, sie nicht zu erwähnen. Totschweigen genügt. Man braucht sie nur nicht auf die „Lese-Empfehlungslisten“ der „meinungsführenden“ „Leitmedien“ zu setzen: Was wir lesen (sollten), was wir nicht lesen (weil wir’s gar nicht kennen, da stets durch absichtliches Verschweigen aus dem „Bewusstsein der Öffentlichkeit“ herausgehalten) – feddich.

Sie braucht keine dummen Sturmtruppen oder ähnliche Nutzidioten polternd und prügelnd durch die Straßen marschieren zu lassen, weil sie längst in den Köpfen auf Patrouille gehen: Zahlreiche, sehr deutlich statuierte Exempel in den Schäfermedien über einen längeren Zeitraum genügen. Wehe, wenn du abweichst. Karriere-Aus. Du hast hier fertig, Buddy. Allerdings hat auch diese Methode ihre Nachteile, denn man kann ja nicht davon ausgehen, dass alle Menschen zum Beispiel nur den „Spiegel“ abonnieren, das Sturmgeschütz der Gates-Monogamie – oder sonst irgendein Käseblatt. Es gibt schließlich auch solche, die mental etwas fortschrittlicher sind und deshalb spitzkriegen, warum Artikel 5 des Grundgesetzes eher ein Papiertiger ist. Dort besitzt er Gültigkeit. In der Realität gibt es sehr wohl Zensur, wenn auch „nur“ eine indirekte: Aussparen, Verschweigen, Ignorieren von allem, was wir nicht glauben sollten. Merke: Das Schaf grast bitte weiter auf der Weide, lässt sich scheren und reibt sich die Haut mit Qualitätsdruckerschwärze ein.

Diese Form der Zensur braucht keine dummen Gummiknüppel, denn sie hat dumme Gummibegriffe wie zum Beispiel „Verschwörungstheoretiker“, „wirres Gerede“, „krude Thesen“ – ohne dabei ins Detail gehen und erklären zu müssen, was genau diese Begriffe eigentlich bedeuten sollen. Inwiefern handelt es sich um eine „Theorie“? Warum soll es „wirres Gerede“ sein? Wieso ist diese oder jene These „krude“? Nicht umsonst wird das in den allermeisten Fällen nicht erklärt. Es bleibt bei Gebell der Qualitäts-Schäferhunde.

Und zum Schluss das versprochene schrille Beispiel für perfektionierte Narrativkontrolle: Die Zeitung Die „Welt“ hat sich zur Hochzeit der katalytischen Technokratenparty-Pandemie durch besonders willfährige Berichtbestattung hervorgetan. Immer auf Linie, 100-prozentig und ganz offiziell.

„BlackRock“ und „Vanguard“, die größten Vermögensverwalter der Welt, brauche ich gewiss nicht mehr vorzustellen. BlackRock hat seine Finanzfinger tief in allem, was mit der Transformations-Pandemie verknüpft ist und durch diese beschleunigt werden sollte. Schön und gut, aber was hat denn die „Welt“ mit BlackRock zu tun? Wieso schweife ich jetzt ab?

Tue ich nicht. Die gemeinhin sogenannte „Springerpresse“ befindet sich heuer mehrheitlich im Besitz eines Konzerns namens „KKR“: Kohlberg, Kravis und Roberts.

„Horizont.net“ berichtete am 26. November 2020 darüber: „Springer zog sich in diesem Jahr von der Börse zurück. Das Unternehmen will mit der 2019 geschlossenen strategischen Zusammenarbeit mit KKR schneller wachsen. Der Investor hatte sich nach und nach rund 47,6 Prozent der Anteile gesichert. Nun kommt der Streubesitz hinzu. Der Springer-Konzern, der für seine journalistischen Marken ‚Bild‘ und ‚Welt‘ bekannt ist, strebt an, Weltmarktführer bei digitalem Journalismus und digitalen Classifieds – also Rubrikengeschäften – zu werden.“

Und weiter? Nun, zu den größten Aktionären von KKR wiederrum zählen, was soll ich Ihnen sagen, BlackRock und Vanguard.

Am 29. Dezember 2022 veröffentlichte besagte „Welt“ das Ergebnis einer Umfrage, durchgeführt von einem Meinungs-„forschungs“-Unternehmen namens „YouGov“. Schlagzeile: „Mehrheit der Bevölkerung gegen Ende der Pandemiemaßnahmen“.

Einer der größten Aktionäre von YouGov ist BlackRock.

Sie können jetzt demokratisch zwischen den drei Worten wählen, die Ihnen am besten gefallen: „So geht Narrativkontrolle“ oder „Geliefert wie bestellt“.

Die sind ganz ausgezeichnete Fahrer.

Bis nächste Woche.


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