09. Juli 2025 11:00

Dritte amerikanische Partei Musk-Laune, Augenstreu, Alternative oder Techno-Testballon?

Eine kleine Wahrscheinlichkeitsrechnung

von Axel B.C. Krauss drucken

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Bildquelle: Joshua Sukoff / Shutterstock.com Für Elon Musk hat es sich „ausgedogt“: Gründet er nun eine eigene Partei?

Gleich die erste Frage muss natürlich lauten: Braucht es wirklich noch mehr Parteien? In den USA wäre die von Musk angekündigte „dritte“ Partei eigentlich nur eine zweite – als (vorgebliche) Alternative zum Parteienkartell aus Rems und Deps (oder Dems und Reps, bleibt sich realpolitisch gleich). Die Idee dazu soll Musk während des (vorgeblichen) Streits mit Präsident Trump gekommen sein. Entsprang sie nur einem der üblichen Moodswings Musks, von dem eine seiner Ex-Freundinnen, die Pop-Sängerin Grimes, einmal behauptete, er sei „emotional unreif“? Musk ist bekannt dafür, dass er manchmal sehr unwirsch reagieren kann, wenn es nicht so läuft, wie er will.

Das muss noch kein Kritikpunkt sein. Der Mann ist Unternehmer, und was immer man persönlich von ihm halten will, so zeichnen sich solche Menschen oftmals dadurch aus, dass sie schnell ungeduldig werden können, weil sie etwas erreichen wollen. Sie wollen Ergebnisse sehen, statt sich – wie im Politrickbetrug üblich – mit endlosem Gelaber abspeisen zu lassen, das nicht selten ineffiziente bis unerfreuliche Lösungen für Probleme hervorbringt, die es ansonsten gar nicht gegeben hätte. Kurz, Unternehmer sind nun mal Macher, Politiker hingegen Schwätzer. Kein Wunder, dass sie sich so oft aneinander reiben.

Doch es griffe natürlich viel zu kurz, eine Erörterung über Musks mögliche Motive dabei stehen zu lassen. Aus mehreren Gründen. Erstens, weil Musk selber nicht ganz dem Idealbild des „freien Unternehmers“ entspricht, das manche gerne von ihm hochhalten. Er ist nachweislich ein Staatsprofiteur ersten Grades, dessen zuweilen futuristisch versponnene Projekte mit Milliarden an Steuerdollars subventioniert wurden. Zweitens: Möchte man diese vorgeschlagene neue Partei als womöglich echte Alternative zum bisherigen Politbetrieb der USA sehen, wäre leider trotzdem Vorsicht geboten – schon deshalb, weil Musk tief in ebenjene technokratische, manchmal fälschlicherweise als „technopopulistisch“ titulierte Bewegung eingebettet ist, die von „Volkes Meinung“ und „Demokratie“ bekanntlich nicht allzu viel hält. Ich hatte dazu vor einiger Zeit einen Artikel verfasst, als es um die „Dark Maga“-Bewegung und ihre politphilosophischen Hintergründe ging, also die Gruppe der sogenannten „NRx’ler“, die auch als „Neoreaktionäre“ bezeichnet werden und die auf eine Umstrukturierung des bestehenden politischen Systems hinauswollen, um eine Art „Unternehmensmonarchie“ einzuführen – einen Staat, der geführt wird wie ein Unternehmen, und zwar von einem „CEO“, der mehr oder weniger mit diktatorischen Befugnissen ausgestattet ist.

Nun ist an der Idee, staatlich-bürokratische Wildwucherungen stark zu beschneiden, um den Bürgen mehr Luft zum Atmen zu lassen, gar nichts auszusetzen – im Gegenteil. Was die „Dunklen Magas“ betrifft, wäre allerdings zu fragen, ob das technokratische System, das auf diesem „akzelerationistischen“ Wege eingeführt werden soll, wirklich die Tore zum versprochenen Freiheitsparadies aufstößt oder – wie viele Kritiker der Bewegung befürchten – eher in ein technologisch befestigtes dystopisches Panoptikum mündet. Befürchtungen dieser Art wurden jüngst durch Trumps neues „One Big Beautiful Bill“ genährt, das oberflächlich betrachtet zwar eine Menge Erleichterungen verspricht, gleichzeitig allerdings neue und stark erweiterte Überwachungsbefugnisse und -möglichkeiten eröffnet, worauf die Website „Biometric Update“ in einem Artikel vom 30. Juni hingewiesen hatte. Der Artikel kommt zu dem Schluss: „Angesichts der Geschwindigkeit und des Umfangs, mit denen das Gesetz vorangetrieben wird, könnten sich die biometrische Überwachung und der Datenschutz in den USA bald dramatisch verändern und unter der Kontrolle der Bundesbehörden weiter zentralisiert werden, wobei lokale Schutzmaßnahmen abgeschafft und KI-gesteuerte Einwanderungskontrollen tief in das System eingebunden würden.“

Leo Hohmann kommentierte in seinem Artikel „Trumps ‚BBB‘, das gerade vom Senat verabschiedet wurde, wird den digitalen biometrischen Überwachungsstaat in den kommenden Jahren massiv ausweiten“ dazu: „Dieser massive Ausbau der digitalen Überwachung wird unter dem Deckmantel der Einwanderungskontrolle und Grenzsicherheit durchgeführt. Die gleiche Technologie wird derzeit in Städten in ganz Amerika installiert. Jetzt wird sie auch an der Grenze eingesetzt und wird zu einem großen schönen Überwachungssystem zusammengeführt. Niemand wird sich mehr frei bewegen können, ohne dass seine Bewegungen verfolgt werden.“

Dies würde ganz hervorragend zu den Visionen von Technokraten wie Larry Ellison von Oracle passen, einer Firma, die – ebenso wie zum Beispiel SpaceX des NRx’lers Musk oder Palantir seines Dark-Maga-Mitstreiters Thiel – seit Jahren mit dem US-Regierungsapparat kooperiert. Wie Ellison selber einmal sagte: Sowohl Polizei als auch Bürger werden sich „von ihrer besten Seite“ zeigen, weil „wir alles aufzeichnen, was sie tun“.

Doch es geht natürlich nicht nur um einen einzigen Aspekt wie Überwachung und Kontrolle: Die durch das „BBB“ wahrscheinlich ausgelösten wirtschaftlichen Verwerfungen wären eine förmlich ideale (selbstgeschaffene) Gelegenheit, auch den beschleunigten Übergang zu digitalen Zahlungssystemen weiter zu beschleunigen. Auch dazu hatte ich bereits eine Handvoll Artikel veröffentlicht und verweise abermals auf Roger Vers Buch „Hijacking Bitcoin“, das mittlerweile dank Andy Fichte von „Berggold digital“ in hervorragender deutscher Übersetzung vorliegt, sowie auf die äußerst ausführliche „Die Kette“-Artikelreihe von Whitney Webb und Mark Goodwin, ehemals Chefredakteur des „Bitcoin Magazine“. Sie hatten detailliert aufgeschlüsselt, wie man den Kryptomarkt regelrecht kaperte und dahingehend umgestaltete, ihn als eine Art Umschuldungsinstrument sowie zur Generierung neuer Einnahmen zu benutzen – mit dem Ziel einer schrittweisen Überführung in rein digitale Zahlungssysteme, die vollständig rückverfolg- und kontrollierbar sind.

Nicht nur Musk ist Anhänger akzelerationistisch-technokratischer Ideen – er sagte einmal selber von sich, er sei ein „Dark Maga“ –, sondern auch andere Mitglieder oder Berater von Trumps Administration wie der durch seinen enormen Einfluss auf die Trump-Regierung mittlerweile etwas mehr ins Licht der Öffentlichkeit gerückte bereits erwähnte Peter Thiel, Mitglied des Lenkungsauschusses der Bilderberg-Gruppe, milliardenschwerer Tech-Start-up-Investor und Co-Gründer der „Big Data“-Datensammel- und Auswertungskrake „Palantir“, die ebenfalls sehr eng mit den Behörden, vor allem den US-Geheimdiensten, zusammenarbeitet.

Ist diese angeblich „neue“ Parteigründung also nur eine Nebelkerze? Soll sie vielleicht nur davon ablenken, dass längst die Weichen für die ohnehin geplante Ablösung der bisherigen politischen Systeme durch technokratische Regierungsführung gestellt werden? Wäre diese neue Partei dann doch nur wieder eine Scheinalternative, die sich unter der Kontrolle derselben Technokraten befände, die ohnehin schon den US-Staatsapparat „aufmischen“? Böte man den Menschen also unter dem durchaus sehr verlockend und sympathisch klingenden Vorwand, staatliche Ineffizienz radikal zu beseitigen, einen scheinbaren Ausweg an, der letztendlich aber in die Techno-Dystopie führt? Ist es nur ein Testballon, um zu prüfen, wie viele Menschen sich dahinter versammeln würden?

Bis nächste Woche.


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