01. März 2023 19:00

Die Cyborgisierung des Menschen Was ist Transhumanismus?

Der (Alb-) Traum einer Fusion von Mensch und Technologie

von Markus Krall

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Heute befassen wir uns mit einem Begriff aus dem Werkzeugkasten des „Great Reset“, des großen Neustarts, wie er einigen Gesellschaftsingenieuren und planwirtschaftsbeseelten Mitgliedern unserer globalen „Elite“ vorschwebt. Lassen Sie mich vorausschicken, dass der Great Reset keine Verschwörung ist, demzufolge ist es auch keine Verschwörungstheorie, sich mit ihm auseinanderzusetzen. Dem Reset fehlt nämlich ein konstitutives Merkmal jeder Verschwörung: Sie muss im Geheimen stattfinden. Und auch wenn Elemente dieses Konzeptes im Geheimen vorangetrieben wurden und werden, so ist doch die gesamte Programmatik dieses neuen sozialistischen Experimentes für jeden sichtbar, offen dargelegt, publiziert und propagiert.

Der Great Reset ist nämlich keine Verschwörung, sondern ein klassisches politisches Programm, das seine Wurzeln aus einer Melange aus sozialistischen, faschistischen und oligarchischen geschichtlichen Vorbildern nährt. Wie alle sozialistischen Bewegungen vor ihm hat er bestimmte konstitutive Merkmale: Da ist zunächst die Identifikation einer Bedrohung oder eines Problems, das geeignet ist, den Menschen Angst zu machen und das so gewählt beziehungsweise konstruiert werden muss, dass es mit den selbstregulierenden Kräften des Marktes per definitionem nicht gelöst werden kann. Bei den klassischen Formen des Sozialismus, die wir im 19. und 20. Jahrhundert gesehen haben, war dieses Problem die vermeintlich ungerechte Verteilung des Wohlstands als Ergebnis der Marktwirtschaft, die man als bösen „Manchaster-Kapitalismus“ verunglimpfen musste. Die Definition des vermeintlichen Problems als Ergebnis des Marktes hob seine ebenso vermeintliche Lösung auf eine Metaebene, die dem Markt, also der freiwilligen Interaktion der Individuen entzogen sein musste, nämlich dem Staat und seiner postulierten unendlichen Weisheit.

Diese Form des Sozialismus hat sich durch Völkermord, Armut und Elend so gründlich desavouiert, dass er geringe Chancen hat, noch einmal das Gehör der „Massen“ zu finden, wenngleich er seit Jahrzehnten auf den Samtpfoten des überbordenden Sozialstaates versucht, sich als Gutmenschenphilosophie in unser Leben zurückzuschleichen.

Das neue Bedrohungsmodell heißt Klimakatastrophe. Der Planet ist angeblich bedroht vom CO2, und das ist – wie könnte es anders sein? – erneut die Schuld des Marktes, da das aus ihm abgeleitete Gewinnstreben der Urgrund für die Nutzung „fossiler“ Energiequellen sei. Wieder wird nach einem außermarktlichen Regulativ gerufen, dieses Mal aber nicht auf Ebene des Staates, sondern bitte schön global. Denn die Sozialisten haben aus ihrer letzten Niederlage etwas gelernt: Es darf kein Alternativmodell geben. Der Sozialismus muss global sein, denn wenn ein Konkurrenzmodell existiert, werden die Menschen mit den Füßen abstimmen und die Absurdität des sozialistischen Wolkenkuckucksheims erkennen.

Es gibt eine weiteres Funktionsmerkmal aller sozialistischen Ideologien, das je nach Bedarf in unterschiedliche Formen zu morphen in der Lage ist. Dabei handelt es sich um das Menschenbild. Der kommunistische Sozialismus propagierte den „neuen Menschen“, der nationale Sozialismus den „Übermenschen“, der sich abgrenzte gegen den „Untermenschen“, dem nach einer rassistischen Willkürdefinition jedes Recht auf Würde und Existenz abgesprochen wurde. Beiden gemeinsam war die ihnen innewohnende Misanthropie, die Feindschaft gegenüber dem Menschen, so wie er ist beziehungsweise wie er von Gott geschaffen wurde. Der Mensch, so wie er ist, ist nicht akzeptabel, denn sein Verhalten, seine Sehnsüchte, sein Wollen, sein ganzes Sein stehen im Widerspruch zu ihrer Ideologie.

Dieser Baustein der sozialistischen Ideologie ist die notwendige Voraussetzung für die Genozidalität des Sozialismus, die sich im 20. Jahrhundert mit weit mehr als 100Millionen ermordeten Opfern austobte.

Damit standen und stehen diese Ideologien im Konflikt mit dem christlich-jüdischen Menschenbild der Aufklärung, seinem Fokus auf den freien Willen des Menschen als Gottesgeschenk und daraus abgeleitet der unveräußerlichen Würde des Individuums, die aus sich selbst heraus existiert und die nicht der Zuerkennung durch Dritte, auch nicht des Staates bedarf, um sich Recht und Gehör zu verschaffen. Dieses Menschenbild nennt man gemeinhin Humanismus. Und obwohl auch der Humanismus-Begriff zeitweilig von linken Theoretikern gekidnappt wurde, konnten sie ihn nicht usurpieren.

Dies muss man historisch nachvollziehen, um Genese und Begriff des Transhumanismus zu verstehen und damit auch den Zweck hinter diesem neuen Versuch der Abschaffung des Menschlichen.

Transhumanismus als Begriff entstand ursprünglich aus einer Schule der evolutionären Technologieanalyse, die von Ray Kurzweil und anderen in den Neunzigerjahren formuliert wurde. Sein Buch „Homo Sapiens“ (Deutsche Ausgabe: „Das Zeitalter der intelligenten Maschinen“, Fortsetzung: „Das Zeitalter der spirituellen Maschinen“) fokussierte sich Ende der 90er Jahre darauf, technologische Wachstums- und Konvergenztrends zu verstehen. Sein wichtigstes analytisches Instrument war die Fortschreibung von „Moores Gesetz“, welches das exponentielle Wachstum der Rechenkapazität von Mikrochips beschreibt. Diese verdoppelt sich seit Jahrzehnten alle zwölf bis 24 Monate mit der Tendenz zur Beschleunigung. Ähnliche Beobachtungen machte Kurzweil bei der Speicherkapazität, der Geschwindigkeit der Datenübertragung (Bandbreite) und der Miniaturisierung anderer Technologien (Nanotechnologie) zur Herstellung von Mikromaschinen und Robotern.

Kurzweil prophezeite zudem die Konvergenz von Informations- und Biotechnologie, die zu einer immer umfassenderen Anwendung technischer Prothesen im menschlichen Körper führen würde, was einen schleichenden Prozess zur Entwicklung des Menschen vom rein biologischen zu einem technologisch-biologischen Zwitterwesen vorantreiben würde. In Verbindung mit künstlicher Intelligenz (KI) werde das die Möglichkeit schaffen, menschliche und maschinelle Intelligenz miteinander zu verschmelzen, das Bewusstsein auf Maschinen herunterzuladen und so Unsterblichkeit zu erlangen.

Der exponentiell verlaufende technische Fortschritt und die dabei immer größere Rolle der Maschinen bei der Entwicklung der nächsten, noch besseren Generation von künstlicher Intelligenz werde schließlich den Entwicklungsprozess vom Menschen entkoppeln und das Tempo wie auch die Richtung der Entwicklung an einem bestimmten Moment ins Unvorstellbare steigern. Diesen Moment nannte Kurzweil die „Singularität“. Niemand könne sagen, was hinter ihr passiere und welche Form die Fusion aus Mensch und Maschine annehme. Eine neue Stufe der Evolution sei damit erreicht. Diese Stufe sei jenseits des biologischen Menschen angesiedelt, mithin „transhuman“. Die große Unbekannte dieser transhumanistischen technologischen Gleichung ist allerdings offen: Was ist Bewusstsein? Die Erkenntnis des eigenen Ich, die Fähigkeit sich als Entität zu erkennen, in den Spiegel zu sehen und zu sagen „Cogito ergo sum“ – „Ich denke, also bin ich“ –, ist das ganz große ungelöste Rätsel. Niemand weiß, was Bewusstsein überhaupt ist. Es entzieht sich der wissenschaftlichen Betrachtung per definitionem, denn diese erfordert intersubjektive Nachprüfbarkeit einer empirischen Beobachtung, mithin Erfahrung. Das Selbst kann aber nicht durch Dritte nachgeprüft werden. Und der Geist in der Maschine füllt zwar viele Seiten der Science-Fiction-Literatur, aber er kann nicht erfasst, geschweige denn bewiesen werden. Der berühmte Turing-Test, nach dem Bewusstsein vorhanden sein muss, wenn eine Testperson bei der Unterhaltung mit einer künstlichen Intelligenz diese nicht von einem Menschen unterscheiden kann, sagt nichts über die KI, sondern nur etwas über die kognitiven Fähigkeiten der Testperson aus. Das ist die Lücke, die die Scheinwissenschaft des Transhumanismus nicht füllen kann, obwohl sie diesen Anspruch erhebt. Denn der Funke des Selbst ist göttlicher Natur. Die Maschine reflektiert nur, was wir vorher in sie hineingesteckt haben. Sie ist und bleibt ein Automat.

Man muss Kurzweil immerhin zugestehen, dass seine Detailprognosen zur Entwicklung der Computertechnologie, der Nanotechnologie und vieler Aspekte ihrer Anwendung, die er auf Basis dieser Technik abgeleitet hat, von bestechender Treffsicherheit und Präzision sind. Ob virtuelle Realität oder neue Geschäftsmodelle im World Wide Web – Kurzweil hat nicht nur ihr Eintreten vorausgesehen, sondern oft auch die Form, die sie annehmen würden.

Für Technokraten jedweder Couleur ist diese Vorstellung natürlich maximal verführerisch. Wer den freien Willen für eine Illusion hält, die nur das Resultat von Algorithmen und damit numerischen Rechenprozessen sei, der kann seine Vorstellungen einer idealen, von ihm selbst beherrschten Welt viel leichter argumentativ durchsetzen. Es war daher nur eine Frage der Zeit, wann dieses Narrativ von einer neuen sozialistischen Philosophie gekapert und für die eigenen ideologischen Zwecke instrumentalisiert werden würde.

An dieser Stelle betrat ein Mann die Bühne, der es verstand, die originär nicht von ihm entwickelten Hypothesen Kurzweils und dessen Singularity-Theorie zu vereinnahmen. Das Buch „Sapiens: A Brief History of Humankind“ von Yuval Noah Harari bedient sich im Wesentlichen beim großen Vorbild aus Silicon Valley und verkauft sich als Prophet einer neuen Zeit. Allerdings reicherte er den Begriff des Transhumanismus ideologisch an, indem er postulierte, „Die Zeit des Humanismus ist vorbei“. Den Humanismus sieht er als nostalgisches, gefühlsdusseliges Relikt einer überkommenen Idee der Sonderstellung des Menschen in der Schöpfung. Der Mensch, so Harari, sein ein „hackable animal“, ein Tier, das – um es in der Sprache der Informationstechnologie zu sagen – „gehackt“ werden könne, dessen Geist und Seele von Maschinen und Chemie manipulierbar seien.

Es ist natürlich völlig klar, dass ein derartiges Welt- und Menschenbild mit der unveräußerlichen Würde des Menschen in unversöhnlichem Konflikt steht. Der Transhuman ist die neue Inkarnation des sozialistischen „neuen Menschen“, wahlweise des nationalsozialistischen „Übermenschen“. Der Transhuman rekrutiert sich natürlich aus der Klasse der Superreichen und Oligarchen, dem Homo Davosensis, der sich am Sitz des Weltenhirns in den Schweizer Alpen trifft, um über die glorreiche Zukunft seiner neuen Spezies zu beraten. Es war von daher nur eine Frage der Zeit, wann der gehypte Harari zum Berater des World Economic Forum WEF und seines Chefs und Great-Reset-Papstes Schwab aufsteigen würde. In dieser Position verkündet er nun in schöner Regelmäßigkeit neue Wahrheiten für das neue Zeitalter. Die vorerst letzte dieser Einsichten: „Der freie Wille war gestern.“

Nichts Neues unter der Sonne möchte man konstatieren. Das ist das Interessante am Sozialismus: Er hat keine neuen Ideen. Er ist diesbezüglich nicht kreativ. Aber er ist umso kreativer, dabei seinen alten Ideen neue Gewänder anzuziehen. Übermensch ist gleich neuer Mensch ist gleich Transhuman. So einfach und doch offenkundig so schwer für die meisten zu erkennen. Das alte Biest hat nun, was es braucht für seine neue Revolution, die es neue Weltordnung nennt: eine Bedrohung (den Klimawandel), ein neues Menschenbild (den Transhuman) und die Koalition aus staatlichen, korporativen und oligarchischen Gottspielern, die über die Mittel verfügen, das neue Parteiprogramm des Ökosozialismus voranzutreiben. Und das geschieht eben nicht im Geheimen, auch wenn der Sozialismus, wie Schafarewitsch nachweisen konnte, aus geheimen Ketzersekten entstanden ist. Es geschieht offen, denn wie schon am Anfang des 20. Jahrhunderts weiß der sozialistische Berufsrevolutionär, dass die Festung der bürgerlichen Demokratie sturmreif geschossen ist. Damals war der Erste Weltkrieg das auslösende Element der Unzufriedenheit, heute ist es die Verdummung eines großen Teils der Menschen durch Bildungskatastrophe und die Gehirnwäsche des Kulturmarxismus nach Bauart der Frankfurter Schule. Unser Glaube an Demokratie, Rechtsstaat, Freiheit und Marktwirtschaft ist bis zur Unkenntlichkeit erodiert und in weiten Teilen pervertiert. Freiheit wird heute zum Beispiel begriffen als Freiheit, die eigenen ungeborenen Kinder nach Gutdünken töten zu lassen. Für die Opfer dieser Art von „Freiheit“ ist der Transhumanismus bereits Realität. Ihnen wird das unveräußerliche Menschsein einfach abgesprochen, wegdefiniert, sie werden zur Verfügungsmasse utilitaristischer Entscheidungen. Es ist aber ein Irrtum zu denken, diese neue Form des Inhumanen mache vor den Geborenen halt.

Eine Gesellschaft, die so tief gesunken ist, hat dem Angriff des neuen Sozialismus nicht viel entgegenzusetzen. Der Zustand unserer Gesellschaft ist nicht gut. Das sind schlechte Voraussetzungen für die Verteidigung des Humanismus und der Menschenfreundlichkeit. Der Rechtsstaat ist in weiten Teilen zum Opfer einer vorauseilend gehorsamen, unterwürfigen Richterschaft geworden, die weiß, wie sie politisch links-korrekt Recht sprechen muss. Die Diskussion um die Impfung hat ein Maß von Inhumanität offenbart, wie wir es uns seit dem Ende der Nazi-Herrschaft über Europa nicht mehr vorstellen konnten. Das vermeintliche Wohl der vielen wurde in einer Weise verabsolutiert, dass das Wohl des Einzelnen vom Tisch gefegt wurde. Masse ersetzt Individuum und das noch nicht einmal mit dem Versuch rationaler Argumentation.

Als ich vor drei Jahren, im Frühjahr 2020, auf dem Roland-Baader-Treffen in Kirrlach sagte, dass ich überzeugt bin, dass der Ökosozialismus sich als die genozidalste, also die völkermörderischste aller Sozialismusformen erweisen werde, war vieles davon noch nicht sichtbar. Ich halte an dieser Prognose fest. Der Grund ist einfach: Der Ökosozialismus betrachtet den Menschen als Schädling, der den Planeten befallen hat. Und stellvertretend für den Planeten schreiten die grünen Richter und Henker zum Angriff – der Planet muss schließlich gerettet werden, koste es, was es wolle. Technologischer Transhumanismus und ideologisch verbogenes Menschenbild fusionieren und gehen eine unheilige Allianz ein.

Dieser Transhumanismus ist das Menschenbild der sozialistisch-oligarchischen Anbeter des Great Reset. Er ist intellektuell am Ende leer, aber er ist gefährlich, und er ist eine neue Verkleidung des alten Menschenfeindes. Wir sollten uns wappnen.


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