02. März 2023 07:00

Staatliche Willkür Dieser Eine

Jede Herrscherclique besteht aus Individuen, die Entscheidungen treffen

von Monika Hausammann (Pausiert)

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Das Titelfoto zeigt eine Szene während der Zeit der sogenannten Corona-Pandemie und der Proteste gegen die behördlichen Maßnahmen. Es handelt sich um eine Aufnahme des Fotografen Marc Bernot, der mit dem Fotoband „Freiheit – Traum und Wirklichkeit“ ein beeindruckendes Zeitzeugnis erschaffen hat. Aber das ist hier nicht der Punkt. Der Punkt ist: Das Bild könnte überall auf der Welt aufgenommen worden sein. Und zwar zu jedem beliebigen Zeitpunkt. Es ist zeitlos und von universeller Gültigkeit in seiner Botschaft: Staat ist ab einem bestimmten Punkt immer willkürliche Gewalt von Einzelnen gegen andere Einzelne. Auf einer Seite dieser Eine – egal, ob mit anderen oder allein – mit nichts anderen als seinem Willen als Waffe, auf der anderen der bis auf die Zähne bewaffnete Vollstrecker – egal, ob mit anderen oder allein – einer Gruppe von Einzelnen, die sich „der Staat“ nennen.

Die Bilder in der Pandemie waren überall dieselben. Und auch der Hintergrund, vor dem sie entstanden sind, war immer der gleiche: die Aussetzung des Prinzips der Rechtsstaatlichkeit aufgrund von Anmaßung von Wissen und von Lügen und von Korruption. Aber es greift eben zu kurz beziehungsweise ist weichzeichnend und verschleiernd, wenn man vom „Staat“ oder von „den Menschen“ spricht. Es ist nicht „die Regierung“, die „das Volk“ betrügt. Es sind Individuen, von denen jeder Einzelne sich persönlich dafür entscheidet, die Lügen, die Anmaßung, die Korruption mitzutragen oder nicht. Und es ist auch nicht irgendeine breiige Masse, die sich durch die Straßen welcher Stadt auch immer wälzt – es sind Tausende unverwechselbarer, einzigartiger und unersetzlicher Individuen, wie der Eine auf dem Foto, die sich gegen Willkür, Lügen und Korruption auf eigenes Risiko wehren.

Man kann von dem fanatischen „Tugend“-Giganten und Adelsspross Robespierre sagen, was man will – als es aber darum ging, im Nationalkonvent das Urteil über Leben und Tod des abgesetzten Königs zu fällen, hatte er eine feines Gespür für die Feigheit der Vorsichtigen und Unentschlossenen, die gehofft hatten, durch geheime Stimmabgabe, die sie nicht als identifizierbare Einzelne, sondern nur als kleinster anonymer Teil eines schützenden Kollektivs zeigt, einer öffentlichen, verbindlichen Stellungnahme zu entgehen. Robespierre beharrte darauf, dass jeder die Verantwortung für sein Handeln offen wahrnehme durch das laute Aussprechen seines persönlichen Urteils in der Versammlung. Mit seiner Forderung traf er mit unvergleichlicher Präzision den bloßliegenden Nerv alles Staatlichen dadurch, dass er für jeden sichtbar kundtat: Seht her – nicht „der Konvent, nicht einmal „wir“ schicken den König auf die Guillotine. Nicht „die Girondisten“ oder „die Jakobiner“. Die beiden Worte „la mort“ werden öffentlich von Herrn Danton, Herrn Marat, Herrn Robespierre, Herrn Fouché et cetera ausgesprochen, werden gehört und können nie mehr aus der Geschichte getilgt werden.

Das gilt es zu begreifen. Wenn nur recht viele es verstehen wollten: Nur der Glaube daran, dass der Staat, die Politiker und ihre Experten, Berater und anderweitig Zugetanen durch Zauberhand auf einer anderen höheren Höhe leben, atmen und handeln als Sie und ich, gibt ihnen die Macht, die Willkür kübelweise über uns auszuschütten. Nur die Tatsache, dass die meisten glauben, es habe irgendwie schon seine Ordnung, dass nur wir verantwortlich seien für unsere Taten und zur Rechenschaft gezogen werden könnten, während diese Leute von jeder Verantwortlichkeit enthoben seien, macht diese zeitlose Szene, die Bernot eingefangen hat, immer wieder möglich. Nur diese schon fast mystische Verklärung des Staates und seines Personals machen den unerschöpflichen Gehorsam und dadurch auch immer wieder unbeschränkte Menschenopfer möglich.

Und weiter gilt es zu begreifen, dass das überall auf der Welt dasselbe ist. Ob die Staatsregierung in Madrid es ist, die die Armee mobilisiert, um ein Referendum in Katalonien zu verhindern, ob es die Herrscherclique in Paris ist, die die Hauptstadt militärisch abriegeln und die Leute von Soldaten und 3.000 Polizisten wie Vieh prügeln lässt, ob das Regime in Kiew und die Vollstrecker seiner Gewalt Migräne und Nichtzuständigkeit vortäuschen, wenn nationalistische Hooligans in Odessa 50 russischstämmige Ukrainer in einem Gewerkschaftshaus einsperren lassen und sie verbrennen, ob die KP in Peking Tausende zusammenknüppeln lässt, die sich nicht länger einsperren lassen wollen, ob die Bande im Kreml ihren Bürgern schlicht das Wählen verbietet und jeden brutal niederschlagen lässt und in To-go-Gerichtsurteilen zu horrenden Geldstrafen oder Gefängnis verurteilt, der dennoch wählen will, ob die Herren von Brasilia Ungezählte abtransportieren und ohne rechtsstaatliches Federlesens in Hallen pfercht – es ist immer die Handlung einzelner Menschen, die sich dazu entschließen, zum Erhalt ihrer Macht auf jede Rechtstaatlichkeit zu pfeifen. Dazu, den Gesetzesbruch aktiv zu befördern oder ihn zumindest zu dulden.

Es ist der größte Selbstbetrug heute vonseiten der Bürger, sich einzureden und einreden zu lassen, unsere Herrschercliquen des Wertewestens, unsere „Staaten“ seien nicht Gruppen von Individuen, Gruppen von raffgierigen und zum Erhalt von Position und Pfründen zu allem bereiten Einzelnen, für die der sprichwörtliche Fehler im Taktieren viel schwerer wiegt als jedes Verbrechen und in denen sich jeder hinter dem Rücken des anderen versteckt. Zu glauben, sie seien irgendwie magisch in der Gruppe aufgegangene gute Wesen, zusammen eine Art sanfter Riese, während andere Staaten, die wir gerne Autokratien oder Diktaturen nennen, bestialische Riesen seien. Nein – das ist nicht der Fall. Es sind immer noch einzelne Menschen. Menschen wie Sie und ich. Und jeder Einzelne von ihnen hat sich entschieden, Sie und mich während der sogenannten Pandemie in restlos jeder Frage zu belügen, zu berauben und zu verhöhnen und wie Vieh zu behandeln. Es gab keinen qualitativen Unterschied zwischen Indien und Deutschland, Ungarn und der Schweiz. Sie sind alle gleich. Und sie dienen nicht Ihnen und mir, nicht „dem Volk“ oder „dem Land“, sondern zwei ganz anderen Herren: der Macht und dem Geld.

Und jetzt ist also Krieg: Die Herrschercliquen der einen Gruppe von Staaten haben sich entschieden, gegen die Herrschercliquen anderer Staaten zu „kämpfen“. Nicht selber und persönlich – Gott bewahre. Man fordert bloß ein weiteres Mal billig alle Tugenden, die man nie selber miterleben muss, während man gleichzeitig auf das Leben von Hunderttausenden pfeift und nebenbei noch jeden als „Feindversteher“ betitelt, der nicht mit einstimmt in das Geheul, der nicht blind und hündisch alles glaubt, was von ihrer – diesmal ganz bestimmt ehrlichen – Seite kommt, der sich nicht sklavisch an die Mär von „Gut“ und „Böse“ kettet.

Dem Ganzen setzt aber die Krone auf, dass die Leute, die unter diesen Hohen zu leiden haben, von ihnen ausgepresst, belogen, in ihrer Freiheit und ihren Rechten beschnitten werden, sich von denselben Leuten gegeneinander aufhetzen lassen. Anstatt dass man gemeinsam gegen die Verschleuderung des Wohlstands von Generationen, gegen die sinnlose Opferung Zehntausender Einzelner für die immer an den Meistbietenden verkaufte Freiheit, gegen die Anmaßung, gegen die Korruption – gegen die Herrschaft von Menschen über Menschen – und für freiwillige, freie, friedliche Kooperation und für die persönliche Haftung von Politikern, für jedes einzelne ihrer Worte, jede ihrer Handlungen, jede Lüge und jede Anmaßung auf die Straße geht, traktiert man sich gegenseitig mit Parteinahme für jene, die knechten, opfern, rauben und lügen, und verschafft diesen damit die nötige Ruhe für ihr Weltspiel, in dem ganze Kontinente die Spieltische und Länder der Einsatz sind. Einzelne Menschen wie sie und ich sind dabei so unwichtig, dass man sie nicht einmal zu erwähnen braucht.

Und wenn dann ein weiteres Mal alles zerstört sein wird, ungezählte tot, ein Land am Boden – dann fängt für dieselben Menschen das große Fressen an. Der sogenannte Wiederaufbau der zerstörten Länder und Gebiete mit Milliarden von Ihrem und meinem Geld. Großprojekte, Infrastruktur – wird alles hingestellt, hingekarrt, aus dem Boden gestampft. Keine Kontrolle, keine Budgetzwänge. Maximale Ineffizienz, Verschwendung und Korruption werden grassieren. Und daran verdienen werden jene, die das Ganze angerichtet haben.

Und dann? Nun – dann machen wir weiter. Bis zur nächsten Lüge, zum nächsten Krieg, zur nächsten großen Vermögensumverteilung, der nächsten „Krise“. Da capo al fine. Sie glauben mir nicht? Dann sehen Sie sich noch einmal genau das Foto an und fragen Sie sich, was dieser Eine für einen Wert hat, wenn in der anderen Waagschale die Möglichkeit auf mehr Macht liegt oder jene, einen globalen Konkurrenten loszuwerden.

Marc Bernot „Freiheit – Traum und Wirklichkeit“, 38,00 Euro, ISBN 978-3-98584-236-0, Klarsicht Verlag


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