Guter Einkauf: Bücher retten: Die Sensibilitätsleser sind los
…und werden keinen Buchstaben auf dem anderen lassen
von David Andres
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Eigentlich wäre in dieser Folge des guten Einkaufs der erste Teil meines Artikels zum Erwerb von Youngtimern an der Reihe gewesen. Ich möchte jedoch den dringenden Rat des ehemaligen Netscape-Mitgründers und Tech-Milliardärs Marc Andreessen auf Twitter unterstreichen, der dort dieser Tage schrieb: „Buy paper copies of all books you ever plan to read. Do it now.“
Die Betonung liegt auf „now“, auf jetzt, es mag pathetisch klingen, aber es fühlt sich selbst für mich als vergleichsweise gelassenen Menschen noch dringender an als die Besorgung solider Autos aus den Achtziger- und Neunzigerjahren, zu denen ich Ihnen später weiter berichte. Die alten Benzer, die Volvos und die Volkswägen, die Schätzchen von Renault und Saab, sie bleiben auf den Höfen und in den Kleinanzeigen, niemand wird kommen und sie von den Kiesparkplätzen canceln. Die Bücher aber, sie sind jetzt unter Beschuss. Nachhaltig. Immer mehr.
Anlass für obigen Tweet war die Meldung, dass die noch recht neue, aber immer häufiger von Verlagen gebuchte Berufsgruppe der „Sensibilitätsleser“ nun auch die Romanfassungen von James Bond am Wickel hat, Ian Flemings Vermächtnis, das 2023 seinen 70. Geburtstag feiert. Die Herausgeber der Bücher haben die Überprüfung selber in Auftrag gegeben, um sie zu modernisieren und so „den derzeitigen Empfindungen gerecht“ zu werden. In den Neuauflagen von Klassikern wie „Leben und sterben lassen“, „Casino Royale“ oder „Octopussy“ „grunzt und keucht“ das schwarze Publikum eines New Yorker Striptease-Clubs nun nicht mehr „wie Schweine am Trog“, sondern erfüllt den Raum stattdessen „mit elektrischer Spannung“. Sämtliche N-Worte und sonstige Feindseligkeiten gegen Schwarze fallen weg, andere Ethnien wie etwa die Koreaner dürfen weiterhin diffamiert, ebenso Homosexualität als „hartnäckige Behinderung“ bezeichnet werden und „der
süße Geruch von Vergewaltigung“ darf in der Luft liegen. Mal abgesehen von der Frage, welche Figuren so etwas denken und äußern und dass Rollenrede etwas anderes ist als Autorenmeinung, fällt hier ins Auge, dass die „woke Waschmaschine“ (Epoch Times) ganz offenbar nur manche Flecken bevorzugt herauswäscht. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.
Wer sich in der Branche umhört, bekommt mit, dass vor allem die Konzernverlage derzeit tatsächlich wie besessen ihre Titel freiwillig unter das Messer der Moralwächter legen lassen. Der Musiker und Reiseautor Sören Sieg etwa berichtete kürzlich im „ePaper“ der FAZ sowie auf der Webseite der Weltwoche (leider hinter der Paywall) davon, wie sein aktuelles Afrikabuch das „sensitivity reading“ seines Verlags nur knapp überstand. Wer sich mit dem Zweig dieser Form des orwellschen „Lektorats“ einmal näher befasst, kann erahnen, was in Zukunft mit vorhandenen Büchern in deren Neuauflagen geschehen wird. Der eingangs genannte Rat lässt sich somit tatsächlich zum Einkaufstipp dieser Woche machen. Mehr noch handelt es sich womöglich sogar um eine echte Investition. Die ursprünglichen Fassungen von „Pippi Langstrumpf“, „Harry Potter“, „James Bond“ oder der Kinderbuchklassiker von Roald Dahl im Hause zu haben, könnte eines Tages Gold wert sein. Wobei im letzteren Falle der Verlag Puffin nach großer Empörung des real existierenden Publikums nun beschlossen hat, die woken Fassungen gleichzeitig zu den unzensierten anzubieten. Sobald die Unternehmen merken, dass der Slogan „Go woke, go broke!“ zu den wahrsten Feststellungen der Gegenwart zählt, offenbaren sie, dass sie in der Sache selber nicht mal ideologisches Rückgrat haben.
Quellen:
Rassismusvorwurf: Jetzt wird auch noch James Bond zensiert (Style up your Life)
James Bond-Romane in der woken Waschmaschine (Epoch Times)
"Sie reproduzieren kolonial-rassistische Machtstrukturen" (Weltwoche)
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